Bildnachweis: Formycon AG, stock3.com.

Das TecDAX-Unternehmen Formycon (Xetra, ISIN: DE000A1EWVY8, WKN: A1EWVY) meldet erhebliche Fortschritte in der klinischen Entwicklung eines Nachahmerprodukts für das umsatzstärkste zugelassene Krebsmittel. Bei Umsatz und Ergebnis für 2024 musste das Unternehmen jedoch deutliche Abstriche machen, nachdem sich die Marktbedingungen für Biosimilars in den USA deutlich verschlechtert haben. Der Marktwert beträgt derzeit 423,06 Millionen EUR. Formycon will bis 2027 die Gewinnzone erreichen. Die negativen Nachrichten in diesem Jahr sind auf dem zuletzt deutlich gesunkenen Kursniveau eingepreist. Von Stefan Riedel

 

Formycon hat im Geschäftsjahr 2024 aufgrund hoher Abschreibungen einen Verlust eingefahren. Das Unternehmen verbuchte ein negatives EBITDA von 13,7 Mio EUR und schnitt damit besser als erwartet ab. Auch beim Konzernumsatz hat das Unternehmen mit 69,7 Mio. EUR die zuletzt kommunizierte eigene Prognose getoppt. Unter dem Strich summierte sich der Konzernverlust auf 125,7 Mio. EUR, nachdem Formycon noch im Vorjahr aufgrund von Sondereffekten fast 76 Mio. EUR Gewinn eingefahren hatte.  

Schwierige Preisbildung

Im laufenden Geschäftsjahr 2025 erwartet das Unternehmen ein negatives EBITDA von 10 bis 20 Mio EUR. Der Umsatz soll sich in der Größenordnung von 55 bis 65 Mio. EUR bewegen. Das ist ein weiterer Rückgang gegenüber den Erlösen von 2024, die bereits ein Minus von 10% gegenüber dem Vorjahr bedeuteten. Der Grund dafür ist, dass Partner Sandoz aufgrund der rückläufigen Preise in den USA eine einjährige Vermarktungspause für FYB201 einlegt. Das Marktumfeld in den USA gestaltet sich stark kompetitiv und unter den gegebenen Rahmenbedingungen des amerikanischen Gesundheitssystems sind die Geschwindigkeit der Biosimilar-Marktdurchdringung wie auch die wirtschaftlichen Konditionen derzeit schwer vorhersehbar“, äußert sich Formycon vorsichtig zur Umsatzprognose für 2025. 

Für die europäischen Märkte erwartet Formycon steigende Verkäufe, begünstigt durch die 2025 beabsichtigte Einführung der Fertigspritze für die Verabreichung der Substanz. FYB201 ist ein Nachahmerprodukt von Lucentis, einem von Novartis entwickelten Medikament zur Behandlung von altersbedingter Makuladegeneration, einer Augenerkrankung, die zur Erblindung führen kann.  

Eine Schlüsselfrage der Investoren bleibt, wann Formycon die Gewinnzone erreicht. Nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Stefan Glombitza will die Firma „idealerweise bereits im Jahr 2026, spätestens jedoch 2027“ ein positives EBITDA erreichen. Entscheidend dafür ist auch, ob Formycon mit FYB2023, seinem dritten zugelassenen Produkt, ab 2026 steigende Einnahmen erzielt. Voraussetzung dafür ist eine Einigung mit Regeneron Pharma, dem Hersteller des Originalprodukts Eylea zur Behandlung einer Augenerkrankung. Aktuell läuft ein Gerichtsverfahren von einigen Biosimilarhersteller gegen den Patentinhaber Regeneron, der sich gegen die Biosimilar-Konkurrenz wehrt. 

Aktienkurs der Formycon AG. Stand: 28.3.25, 11:29 Uhr. Quelle: stock3.com
Aktienkurs der Formycon AG. Stand: 28.3.25, 11:29 Uhr. Quelle: stock3.com

Ein Krebsmittel als Hoffnungsträger

Formycon hat mit FYB2021, FYB202 und FYB2023 mittlerweile drei zugelassene Produkte. In der Entwicklungspipeline setzt das seit Jahresanfang im TecDAX gelistete Unternehmen vor allem auf FYB206, ein Nachahmerprodukt des weltweit umsatzstärksten Krebsmedikaments Keytruda, dessen Schlüsselpatente 2028 auslaufen. Hinsichtlich des zu erwartenden Wettbewerbs, welches Biosimilar-Produkt als Erstes die Zulassung erhält, hat Formycon gute Karten. Im Februar erhielt das Unternehmen von der US-Behörde positive Rückmeldung von der US-Behörde FDA zu FYB206. Demnach sind die bislang vorliegenden Daten einer klinischen Phase-3-Studie in Verbindung zu den positiven Resultaten einer parallel laufenden Phase-1-Studie ausreichend, um eine therapeutische Vergleichbarkeit mit Keytruda zu dokumentieren.  

Formycon hat daraufhin die Phase-3-Studie vorzeitig beendet. Nach dem wahrscheinlichen Abschluss dieser Phase-1-Studie im nächsten Jahr will Formycon zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Zulassungsantrag einreichen. Mit dieser Maßnahmen spart das Unternehmen auf Sicht der nächsten vier Jahre auch 75 Mio. EUR an Entwicklungskosten, die stattdessen in die Weiterentwicklung der Moleküle fließen sollen, die sich noch im präklinischen Stadium befinden. 

Zu den Einnahmen aus den drei zugelassenen Produkten könnten Vorabzahlungen aus einem Lizenzdeal kommen, den Formycon für die Vermarktung von FYB206 in einzelnen Märkten abschließen wird. Wichtigster Umsatztreiber ist aktuell FYB202, ein Biosimilar des Schuppenflechtemittels Stelara von Johnson&Johnson. Allerdings wird auch FYB202 bei der Preisbildung mit einem schwierigen Marktumfeld zu kämpfen haben. Auf dieses Produkt hatte Formycon im Vorjahr aufgrund „angepasster Preis- und Mengenprognosen“ vor der Ende Februar 2025 erfolgten US-Einführung durch Partner Fresenius Kabi 107 Mio. EUR an Abschreibungen verbuchen müssen.  

Das Negativszenario ist eingepreist

Die Aktie reagierte auf die Zahlen mit kräftigen Kursverlusten. Seit Jahresanfang hat der Titel rund 60% seines Börsenwerts eingebüßt. Die aktuelle Marktkapitalisierung liegt bei rund 430 Mio. EUR. Auf diesem Kursniveau hatte sich die Aktie zuletzt 2020 erreicht. Die negativen Nachrichten vom Februar wie auch die Unsicherheitsfaktoren im Hinblick auf die Umsatzentwicklung in diesem und im nächsten Jahr sind auf diesem Bewertungsniveau eingepreist. Die Bilanz ist überaus solide. Die Eigenkapitalquote liegt bei fast 60% und die liquiden Mittel beliefen sich Ende 2024 auf 41,8 Mio. EUR. 

Schafft es Formycon, in den nächsten Quartalen die prognostizierten stabilen Umsätze abzuliefern und die Verluste nicht weiter zu vergrößern, sollte das den Aktienkurs wieder beflügeln. Die Aktie bleibt ein spekulatives Investment. Eine charttechnische Bodenbildung eröffnet die Option, erste Positionen aufzubauen.

Autor/Autorin

Stefan Riedel
Freier Redakteur at Büro für Kommunikation

Stefan Riedel ist freier Autor bei GoingPublic Media und selbständiger Redakteur mit Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaft.