ITM Isotope Technologies Munich SE hat die Ergebnisse seiner Phase-3-COMPETE-Studie zur Bewertung von ITM-11, einer zielgerichteten radiopharmazeutischen Therapie, bei Patienten mit gastroenteropankreatischen neuroendokrinen Tumoren (GEP-NETs) bekannt gegeben. Die Therapie zeige einen statistisch signifikanten Vorteil beim progressionsfreien Überleben im Vergleich zu einer molekularen Standardbehandlung. Was bedeutet dies für die behördliche Zulassung, den Markteintritt und die Position von ITM bei radiopharmazeutischen Innovationen? Dazu sprachen wir mit CEO Dr. Andrew Cavey.

ITM erreicht Meilenstein in der GEP-NET-Behandlung mit positiven Ergebnissen der Phase-3-Studie

In der Studie wurde ITM-11 (n.c.a. 177Lu-Edotreotid) bei Patienten mit progressiven gastroenteropankreatischen neuroendokrinen Tumoren (GEP-NETs) der Grade 1 oder 2 untersucht. ITM-11 zeigte eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) im Vergleich zu Everolimus, einer zielgerichteten Standard-Molekulartherapie, und markiert damit einen wichtigen Fortschritt in der Behandlungslandschaft für diese seltene Krebsart. An der COMPETE-Studie nahmen weltweit 309 Patienten teil, die randomisiert entweder ITM-11 oder Everolimus erhielten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ITM-11 eine praktikable Erstlinientherapie für Patienten mit diesen schwer zu behandelnden Tumoren darstellt. Das Unternehmen plant, die vollständigen Daten auf einer der nächsten medizinischen Konferenzen vorzustellen, und beabsichtigt, 2025 einen Zulassungsantrag bei der FDA einzureichen.

Dr. Cavey, wie sehen die nächsten Schritte für ITM aus, nachdem der primäre Endpunkt erreicht wurde?

Dr. Andrew Cavey: Wir konzentrieren nun darauf, die FDA-Zulassung für ITM-11 anzustreben und unsere Präsenz auf dem US-Markt auszubauen. Parallel dazu nutzen wir unser umfangreiches Know-how in der Isotopenherstellung sowie unsere breite klinische Pipeline, um ITM-11 für andere Tumorarten, wie zum Beispiel Glioblastom und Nierenzellkarzinom, weiter zu erforschen. Wir sind zuversichtlich, dass ITM-11 in der Zukunft eine wertvolle Therapieoption für eine Vielzahl von Krebsarten darstellen könnte.

Wie ist ITM derzeit finanziell aufgestellt, um laufende und geplante klinische Studien sowie regulatorische Kosten für ITM-11 in den USA zu finanzieren? Ziehen Sie weitere Finanzierungsrunde oder neue Partner in Betracht?

Finanziell sind wir sehr stabil aufgestellt. Im Gegensatz zu vielen Biotech-Unternehmen verfügen wir über starke Einnahmequellen, da wir als führender Anbieter Radioisotope an Ärzte, Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen und andere Unternehmen verkaufen. Diese Einnahmen finanzieren unser laufendes Geschäft und unsere zukünftigen Vorhaben. Zusätzlich haben wir in den letzten zwei Jahren rund 400 Millionen USD eingeworben, davon 200 Millionen USD allein im Sommer 2024. Diese Kombination aus Einnahmen und Kapital ermöglicht es uns, unsere bisherige Strategie, uns als führender, vertikal integrierter Anbieter in der Radiopharmazie weiter zu etablieren, umzusetzen. Unsere vertikale Integration umfasst die Herstellung und Vermarktung von Isotopen sowie eine breite Pipeline. Mit den positiven Phase-3-Daten für ITM-11 planen wir, dieses Produkt als eigenständiges ITM-Produkt in den USA – vorbehaltlich der regulatorischen Zulassung – selbst zu vermarkten. Wir arbeiten dabei mit Partnern an verschiedenen Elementen der Kommerzialisierung. Wir verfügen über eine starke Basis von Investoren, darunter viele Blue-Chip-Investoren. Unsere letzte Finanzierungsrunde wurde von Temasek angeführt, unter Beteiligung von BlackRock und QIA, hinzu kamen Family Offices und andere Biotech-Investoren. Derzeit verfügen wir über etwa 13 Assets in unserer klinischen Pipeline – die größte Pipeline der Branche. Natürlich erfordert das perspektivisch weiteres Kapital, aber wir sind derzeit gut finanziert, um diese Assets in den klinischen Studien voranzutreiben.

ITM verfügt über eine breite Pipeline mit mehreren Phase-3-Studien. Wie priorisieren Sie diese?

Während die „COMPETE-Studie“ einen Meilenstein für ITM darstellt, treiben wir mehrere, weitere klinische Programme voran. Dazu gehören die „COMPOSE-Studie“ für aggressive neuroendokrine Tumoren der Grade 2 und 3, die „KinLET-Studie“ für Kinder, die „LEVEL-Studie“ für neuroendokrine Tumoren der Lunge und des Thymus. Hinzu kommt das „ITM-31-Programm“ für Glioblastome in einer Phase-1-Studie. Letztere wird in Zusammenarbeit mit der Universität Münster und dem Helmholtz Zentrum München durchgeführt und zeigt das Engagement von ITM für die Erforschung neuer Behandlungsmöglichkeiten bei schwer behandelbaren Krebserkrankungen. Unser Fokus liegt darauf, deren innovativen Assets weiterzuentwickeln – sei es durch Verbesserungen bei den Radioisotopen, den Peptiden oder den Targets. Die nächsten Wendepunkte der klinischen Studien werden zeigen, welche Assets das größte Potenzial für Verbesserungen in Bezug auf Wirksamkeit und Sicherheit haben. Diese werden wir dann bevorzugt weiterentwickeln. Der Schwerpunkt unserer Pipelines liegt aber klar auf ITM-11.

Können Sie uns etwas über den Wettbewerbsmarkt erzählen, in den Sie nun verstärk eintreten? Wie vergleichen Sie sich mit potenziellen anderen Therapien?

Wir betrachten den Wettbewerb in zwei Kategorien: Erstens bei den neuen Medikamenten, die wir entwickeln, und zweitens bei der Herstellung und Vermarktung von Radioisotopen, wo wir führend sind. Im Bereich der Krebsmedikamente ist der ungedeckte Bedarf enorm. Es gibt viele Unternehmen, die neue Medikamente für Krebspatienten entwickeln. Dennoch bleibt es traurige Realität, dass die derzeit verfügbaren Behandlungen oft nur begrenzte Wirksamkeit und Verträglichkeit aufweisen. Wir glauben, dass Radiopharmazeutika ein enormes Differenzierungspotenzial in Bezug auf Wirksamkeit und Sicherheit haben. Unsere Medikamente decken sieben verschiedene Tumortypen ab, in denen es jeweils mehrere Wettbewerber gibt. ITM-11 richtet sich speziell gegen gastroenteropankreatische neuroendokrine Tumoren (GEP-NETs). Unsere Phase-3-Studie zeigte einen Vorteil gegenüber Everolimus, dem bisherigen Standard in der Behandlung von Grad-1- und Grad-2-Endokrintumoren. ITM-11 unterscheidet sich durch die Verwendung von nicht-trägergebundenem Lutetium-177, was eine effizientere Abfallentsorgung in Krankenhäusern ermöglicht, sowie durch ein patientenfreundliches Dosierungsschema mit längeren Behandlungsintervallen. Diese Aspekte könnten dazu beitragen, ITM-11 als Therapie in diesem Bereich zu etablieren.

Wie beurteilt ITM das aktuelle regulatorische Umfeld in den USA? Gibt es strategische Anpassungen aufgrund politischer oder regulatorischer Veränderungen?

Die Entwicklung von Medikamenten ist in jedem Land ein stark regulierter Prozess. Wir verfügen über ein erfahrenes Regulatory-Affairs-Team im Bereich, das eng mit den Behörden zusammenarbeitet. Für Radiopharmazeutika gibt es zusätzlich spezielle Vorschriften im Strahlenschutz. In den USA planen wir, in den kommenden Wochen mit der FDA Gespräche zu führen und eine Einreichung vorzunehmen. Wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit der FDA, unabhängig von möglichen Änderungen der politischen oder regulatorischen Rahmenbedingungen. Mit der Fast-Track-Designation für ITM-11 haben wir einen offenen Kommunikationskanal und sind in einer guten Position, um unser Ziel zu erreichen, unsere Medikamente auf den Markt zu bringen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Urs Moesenfechtel.

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at  | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.