Zwar steht die Medizintechnik zuweilen weniger im grellen Rampenlicht wie die rote, pharmazeutische Biotechnologie. Doch gerade in Deutschland tummeln sich viele Hidden Champions. Auch international sorgte reges M&A-Geschehen im Medtech-Sektor zuletzt für Aufsehen.

 

Nach einer aktuellen Analyse der Wirtschaftsprüfer von KPMG hat sich die Anzahl der angekündigten Transaktionen im internationalen Life Science-Bereich allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Vergleich zu 2016 um rund 1% auf 1.231 erhöht. Das Transaktionsvolumen betrug demnach 143 Mrd. USD und damit 2% mehr als im Vorjahr. Sechs der zehn größten angekündigten Life Sciences-Deals entfallen auf den Medtech-Bereich.

Damit ist ein klarer Trend erkennbar: Medtech-Unternehmen setzen derzeit weltweit rund 392 Mrd. USD um, bei einer prognostizierten jährlichen Wachstumsrate von 5,2%. In diesem Bereich wurden im ersten Halbjahr 2017 509 Übernahmen und Fusionen in einem Gesamtvolumen von 60 Mrd. USD angekündigt. Der Löwenanteil entfällt dabei auf das 24 Mrd. USD-Angebot von Becton, Dickinson & Co. zur Übernahme von C.R. Bard Inc., einem Unternehmen, dessen Fokus auf Urologie, Gefäßerkrankungen und Onkologie liegt. Allein dieser Deal umfasst rund 40% des gesamten M&A-Volumens im ersten Halbjahr 2017. Bereits in 2015 hatte Becton das Unternehmen Care Fusion für knapp über 12 Mrd. USD übernommen. Und auch die kommenden Monate versprechen interessante News, so hat doch unlängst Siemens Healthineers seinen Gang an die Börse angekündigt.

Konsolidierung der Branche

Life Sciences-Unternehmen, so eine Aussage der KPMG-Studie, hätten in den vergangenen Jahren konsequent ihre Schulden abgebaut und so die Gunst der Stunde nutzen können, um die Lücken in ihren Produktpipelines zu schließen, die durch drohende Patentverluste verursacht wurden. Doch nicht immer geht es um neue Technologien und Patente, auch der Konsolidierungsdruck in der Branche ist ein Motivator bei Übernahmen. Dahinter steckt auch ein verstärktes Agieren der Einkaufsverbände und vor allem der Krankenkassen.

Neue Technologien – neue Player

Als wesentliche Treiber des anhaltenden M&A-Trends im Bereich der Medizintechnik werden die zunehmende Digitalisierung und neue Technologien genannt. Immer weiter entwickelt sich die Medizintechnik dabei zu einer Querschnittstechnologie und vereint mehr denn je Technologien und Experten aus den Bereichen Maschinenbau, IT, Nanotechnologie, Biologie und anderen Industriezweigen.

Dazu kommen vermehr Konzerne wie Apple oder Google, die sich immer häufiger im Medtech-Bereich engagieren. Vor allem im E-Health- und Digital-Health-Bereich tummeln sich Software-Firmen, die man vor Jahren noch vergeblich im in der Medizintechnik gesucht hat. Namhafte IT-Konzerne und Start-ups gehen Kooperationen mit Big Pharma ein, beispielsweise SAP und Roche im Kampf gegen Diabetes. Allein die Cloud erhält eine immer größere Bedeutung in der Sammlung und Bearbeitung von Daten, deren Menge immer größer wird.

Somit beschränkt sich die Medizintechnik längst nicht mehr nur auf OP-Bestecke, Dialysegeräte und vergleichbare Apparaturen in den Operationssälen und Behandlungszimmern. Vor diesem Hintergrund sieht sich nicht zuletzt die stark mittelständische Medizintechnik-Industrie in Deutschland einem verstärkten Innovationszwang ausgesetzt.

Auswirkungen der neuen MDR

Eine besondere Bedeutung kommt dabei der inzwischen verabschiedeten EU-Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation, MDR) zugute. Sie soll die Patientensicherheit nach internationalen Standards verbessern und garantieren. Doch wie so häufig sind damit für die Hersteller umfangreiche bürokratische Herausforderungen und Hürden und vor allem Kosten verbunden. Nicht jeder Hersteller zeigt sich vor diesem Hintergrund mit den Vorgaben aus der Politik einverstanden. Vor allem auf Seiten der KMU’s, aber auch bei Gründern und Start-ups regt sich manch Widerstand. Bereits jetzt sorgen sich Experten um die nachhaltige Innovationsfähigkeit einer ganzen Branche, zumal die finanzielle Aufwand für Forschung und Entwicklung vor diesem Hintergrund in den kommenden Jahren spürbar ansteigen wird. Bis Mitte 2020 läuft noch eine Übergangsfrist. Absehbar ist jedoch, dass Kooperationen künftig eine immer größere Rolle spielen werden, liegen hier doch wertvolle Ressourcen, vor allem in der Einsparung von Kosten und kürzeren Entwicklungszeiten verborgen.

Rege Aktivitäten – wie lange noch?

Doch nicht zuletzt Investoren werden sich in Zukunft noch intensiver mit Art und Höhe ihrer finanziellen Unterstützung auseinandersetzen müssen. Auch Konzerne dürften in den kommenden Jahren häufiger als Kapitalgeber auftreten. Doch auch hier lauert die Crux, könnte sich doch der „Druck“ der Großen mitunter nachteilig auf die Innovationskraft gerade kleiner Unternehmen und Start-ups auswirken.

Alle Player, ob große oder kleine Unternehmen und natürlich die Vielzahl von Finanzinvestoren, werden sich ihr Engagement in der Medizintechnik daher künftig noch sorgsamer überlegen. Die regen M&A-Aktivitäten belegen allerdings, die Branche ist in Bewegung. Viele Firmen und Konzerne bringen sich in Stellung. Auch in den kommenden Monaten ist daher mit weiteren interessanten Neuigkeiten zu rechnen.

Autor/Autorin

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