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Die ESG-Ziele von Unternehmen stehen zunehmend im Fokus von Investoren, Mitarbeitern und Kunden. Der Frage, wie Unternehmen den mit diesen Zielen einhergehenden Anforderungen auch tatsächlich gerecht werden, kommt dabei eine immer größere Bedeutung zu. Unternehmen sollten nicht nur aufgrund äußerer Erwartungen handeln, sondern auch aus innerer Motivation. Sie müssen selbst zu den Hauptakteuren der Bewältigung globaler Herausforderungen werden. Wie das gelingen kann, ist bei Umwelt- und Governance-Aspekten bereits etabliert. Doch wie verhält es sich dabei, dem „S“ in ESG gerecht zu werden, insbesondere im Kontext von Gesundheit, Bildung und sozialer Gerechtigkeit?
Ein konkretes Beispiel ist die weltweite Bekämpfung von Tuberkulose, einer oftmals vernachlässigten und inzwischen abermals der tödlichsten Infektionskrankheit der Welt. Die Krankheit trifft vor allem Menschen in Gebieten mit hohen Armutsraten und schlechter Hygiene, da ihre sozioökonomischen und umweltbezogenen Lebensbedingungen sie besonders vulnerabel machen. Übergreifende Tuberkulose-Screening-Programme in diesen Gebieten können dazu beitragen, die Krankheit einzudämmen.
Innovative Modelle für nachhaltige Investitionen
Um beispielsweise eine Krankheit wie Tuberkulose zu bekämpfen, müssen neue Modelle für nachhaltige Investitionen entwickelt und implementiert werden. Unternehmen sollten dabei eine führende Rolle übernehmen, neue Instrumente und Technologien, aber auch wirtschaftliche Modelle entwickeln.
Ein vielversprechendes Modell wäre beispielsweise eine „Cost-Plus-Investition“, bei der Unternehmen ihre Produkte für den Einsatz in ressourcenarmen Gebieten zu einem konzessionierten Preis knapp über ihren eigenen Kosten anbieten. Dieses Modell erweitert den Zugang zu wichtigen Produkten und macht sie erschwinglich für alle, die ihrer bedürfen. Dabei bleibt eine Gewinnspanne, die es den Unternehmen ermöglicht, in künftige innovative Forschung und Entwicklung zu reinvestieren, um Tests weiterzuentwickeln, mehr Menschen zu erreichen, mehr Krankheiten zu bekämpfen – und vor allem: mehr Leben zu retten. Mit Cost-Plus-Pricing wäre es möglich, sowohl soziale als auch finanzielle Renditen zu erzielen.
Zusammenarbeit mit lokalen und internationalen Partnern
Damit innovative Investitionsmodelle, die das „S“ im Fokus haben, aber auch wirklich erfolgreich sind, muss ein weiterer Faktor hinzukommen: die Zusammenarbeit mit lokalen Regierungen, Gesundheitsbehörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen. So lässt sich sicherstellen, dass die Investitionen von Unternehmen effektiv und nachhaltig sind. Gemeinsam können so weitreichende Initiativen auf den Weg gebracht werden, z.B. die Entwicklung diagnostischer Lösungen für die Bekämpfung weitverbreiteter und neu auftretender Krankheiten.
Vorbereitung auf zukünftige Pandemien
Wir müssen uns bewusst machen, dass Frühwarnungen für zukünftige Pandemien wahrscheinlich aus Regionen mit begrenzten Ressourcen kommen werden. In ärmeren Ländern ist das Risiko von Krankheitsausbrüchen häufig größer, da die Gesundheitssysteme unzureichend sind und die Bevölkerung oftmals nur geringen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und Präventionsmaßnahmen hat. Diese Situation stellt nicht nur ein Risiko für die betroffenen Länder dar, sondern auch für die globale Gemeinschaft: Denn durch die Globalisierung und die damit verbundene Erhöhung des Handels, des Tourismus und der Mobilität auf internationaler Ebene, können sich Krankheiten heute schneller und einfacher über Grenzen hinweg verbreiten.
Durch Investitionen in den Aufbau von Gesundheitssystemen und eines robusten Überwachungsnetzwerks in ressourcenschwachen Ländern können Unternehmen dazu beitragen, die Kapazitäten dieser Länder zu stärken, um Krankheiten effektiv zu bekämpfen und ihre Ausbreitung zu verhindern. Dies ist nicht nur im Interesse der betroffenen Länder, sondern auch ein Anliegen der internationalen Gemeinschaft und somit auch der investierenden Unternehmen selbst.
Nachhaltigkeitshandeln sichert Renditen
Die Coronapandemie hat einmal mehr verdeutlicht, wie eng Gesundheit und Wirtschaft miteinander verknüpft sind. Sie hat gezeigt, wie wichtig eine funktionierende globale Gesundheitsinfrastruktur für die Stabilität unserer Welt ist. Unternehmen können und sollten eine wichtige Rolle dabei spielen, diese Infrastruktur zu stärken und damit eine nachhaltige und gerechte globale Gesundheitsversorgung zu fördern. Dabei ist es wichtig, langfristige Perspektiven einzunehmen, starke Partnerschaften aufzubauen und eine geduldige und proaktive Koordination zwischen allen Beteiligten zu gewährleisten. So können Unternehmen nicht nur ihre soziale Verantwortung wahrnehmen, sondern auch nachhaltige und greifbare Renditen erzielen. Hiervon profitieren sie selbst – ebenso wie die globale Gemeinschaft.
Mit gutem Beispiel vorangehen
QIAGEN hat in den vergangenen Jahren mehr als 100 Mio. Tuberkulosetests in über 130 Ländern zur Verfügung gestellt und daran mitgewirkt, das Tuberkulosescreening in viele nationale Strategien zu integrieren. Das Unternehmen unterstützt darüber hinaus unter anderem ein vom Wellcome Trust co-finanziertes Projekt mit der London School of Hygiene & Tropical Medicine und dem Malawi Liverpool Wellcome Clinical Research Programme für ein landesweites Tuberkulosescreening für Kinder in Malawi. Diese Aktivitäten sind nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern so gestaltet, dass sie ihre eigenen Kosten decken und eine Reinvestition in eben jene Programme und Projekte ermöglichen. QIAGEN möchte durch die Betonung der sozialen und wirtschaftlichen Vorteile dieser Aktivitäten andere Unternehmen im privaten Sektor dazu ermutigen, ebenso aktiver in den sozialen Bereich zu investieren.
Der Artikel ist in der Plattform Life Sciences-Ausgabe „25 Jahre Biotechnologie – What’s next?“ erschienen.
https://www.goingpublic.de/wp-content/uploads/epaper/epaper-Life-Sciences-3-2023/#132
Autor/Autorin
Roland Sackers
Roland Sackersist Chief Financial Officer und Managing Director vonQIAGEN, einem führenden Anbieter von Probenvorbereitungs- und Testtechnologien für die molekulare Diagnostik und Forschung. Er fungiert zudem als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Wirkstoffforschungsunternehmens Evotec und leitetdort den Prüfungsausschuss (Audit Committee).