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Nach den eher enttäuschenden und lange vorab erwarteten Börsengängen von Birkenstock, Instacart oder Klaviyo – das ARM-IPO bildete die Ausnahme – im Herbst hat sich das IPO-Fenster für das restliche Jahr mehr oder weniger geschlossen. Auch die übrigen Börsendebüts verliefen tendenziell mit mehr Schatten als Licht. Die Prognosen für 2024 bleiben vorsichtig – eine Vielzahl an Unternehmen ist dennoch in der Pipeline.

Der Urlaubsmonat August hat bei ­lediglich sechs Börsengängen mit einem Gesamtemissionsvolumen von nur 156 Mio. USD seinem Namen wieder alle Ehren gemacht. Im Vorjahr waren es noch zwölf IPOs, die allerdings auch nur 195 Mio. USD einspielten. Auch die Zeichnungsgewinne waren mit gut 4% recht ­unscheinbar ausgefallen. Die beste Performance mit 28% nach dem ersten Handelstag war das IPO von Sezzle (Zahlungsplattform für Onlinehandel).

ARM führt September als bislang aktivsten IPO-Monat an

Den drei größten Börsengängen im September wurde bereits im Vorfeld medial große Aufmerksamkeit geschenkt, da sie als Gradmesser für weitere Tech-IPOs angesehen wurden. Das IPO von ARM (Chipdesigner) war mit einem Emissionsvolumen von 4,9 Mrd. USD dann auch der größte Techbörsengang seit Slack (Messagingdienst/Teamkommunikation) im Juni 2019 mit 7,4 Mrd. USD, die knapp zwei Jahre später von Salesforce (Cloud; CRM-Software) für knapp 28 Mrd. USD gekauft und wieder von der Börse genommen wurde. ARM dominiert in der Branche. Das Unternehmen gibt an, dass seine energieeffizienten CPUs 2022 in 99% aller Smartphones weltweit installiert seien.

*) Stand: 01.12.2023; Quelle: GoingPublic Research

Das Emissionsvolumen aller 14 Börsengänge betrug stolze 6,9 Mrd. USD, was bislang auch Jahresbestwert ist. Die meisten davon waren eher klein bis mittelgroß, ­lediglich Klaviyo (Marketingplattform für E-Commerce) und Instacart (Onlineplattform für Lebensmittel) erzielten mit 576 Mio. bzw. 660 Mio. USD noch größere Volumina. Von allen IPOs im Monat haben aber nur fünf Zeichnungsgewinne erzielt. Neben ARM verzeichnete allerdings nur noch RayzeBio (Krebs-Biotech) mit einem Zugewinn von 33% nach dem ersten Handelstag einen nennenswerten Zuwachs. Die IPOs von Klaviyo und Instacart müssen den Erwartungen erst noch gerecht werden. Deutliche Verluste hinnehmen mussten z.B.: Courtside Group (Podcastproduzent/-58%/aktuell: -75%); Gamer Pakistan (E-Sports-Veranstalter/-44%/-88%) oder Adlai Nortye (Krebs-Biotech/-43%/-51%).

Licht und Schatten auch im Oktober

Insgesamt zwölf IPOs brachten ein Emissionsvolumen von knapp über 2 Mrd. USD zusammen, immerhin noch der drittstärkste Monat des Jahres. Der Löwenanteil entfiel dabei auf den ebenfalls lang erwarteten Börsengang von Birkenstock (Schuhe/Mode) mit knapp 1,5 Mrd. USD. Das Unternehmen musste aber 13% Verlust nach dem ersten Handelstag einstecken; aktuell steht nur ein leichtes Plus zu Buche. Nach ARM und Kenvue im Mai (3,8 Mrd. USD) ist Birkenstock noch das drittgrößte IPO 2023.

*) Stand: 10.12.2023; Quelle: GoingPublic Research

Die Zeichnungsgewinne des Monats waren äußerst durchwachsen bzw. teils deutlich im roten Bereich. Zudem war es mit ­reAlpha Tech (Immobilieninvestor) erneut ein IPO (Zeichnungsgewinn von 900%, ­aktuelles Kursminus indes 71%), das die durchschnittlichen Gewinne des Monats stark verzerrte. Der Median im Oktober beträgt dann auch nur -6%.

Allerdings gab es eben auch erfolgreiche IPOs, die derzeit eine starke Performance aufweisen. Hervorgehoben haben sich insbesondere Alpha Technology Group (Softwareentwickler/Hongkong; +258%), Maison Solutions (Spezialist für asiatische Lebensmittel; +245%), Global Mofy Meta­verse (Digitalmarketing; 158%) und Northann (3D-Drucker/Heimwerkerbranche; +126%).

*) definiert als Differenz zwischen Schlusskurs des ersten Handelstags und Emissionspreis; Quelle: GoingPublic Research

Abwärtstrend im November

Mit einem Volumen von nur 709 Mio. USD bei insgesamt elf IPOs war der Monat der bislang viertschwächste des Jahres. Abheben konnten sich hier insbesondere CARGO Therapeutics (Krebs-Biotech) mit 282 Mio. USD und die Hamilton Insurance Group (Versicherer) mit 225 Mio. USD. Beide notieren aktuell aber nur minimal positiv. Ein immerhin mittleres Volumen mit 100 Mio. USD konnte Lexeo Therapeutics (Herz-Nieren-Biotech) erzielen. Die rest­lichen IPOs waren allesamt winzig.

Die durchschnittlichen Zeichnungsgewinne wie auch die IPO-Performance waren insgesamt mit einer Ausnahme durchweg mau bis misslungen. Der rühmliche Außenseiter ist Garden Stage (Broker) mit +82% respektive +88%. Ansonsten haben auf der Skala nach unten insbesondere ausgeschlagen: ELEVAI Labs (Hautpflegeprodukte: -15%/-49%), Globavend Holdings (Reederei/Logistikservices: -36/-69%) und Signing Day Sports (Recruiter für Sportstudenten: -61%/-76%).

Ausblick

Trotz einiger interessanter Börsengänge war die IPO-Performance seit August eher glanzlos. Verschärfte Kapitalmarktbedingungen, einschließlich höherer Zinsen im Vergleich zum IPO-Boom 2020/2021, tragen weiterhin zum herausfordernden Umfeld bei. Der Zinstrend ist zwar seit geraumer Zeit zumindest nach oben gedeckelt, aber allein angesichts des anhaltenden geopolitischen Umfelds bleiben die Prognosen derzeit vage.

In der ersten Dezemberwoche fand mit INNO Holdings (Stahlbearbeitung/10 Mio. USD) erst ein kleines IPO statt. Für die Wochen vor Weihnachten wird nicht mehr mit großer Aktivität gerechnet, die Pipeline für 2024 ist aber gefüllt. Medialer Vorabwirbel wird auch um Shein (Mode/China) gemacht, spekuliert wird über eine Marktkapitalisierung von 60 Mrd. USD. Das Unternehmen gilt unter anderem wegen Vorwürfen des Diebstahls geistigen Eigentums als umstritten.

Weitere Beispiele sind Reddit (Social Media) mit einer erwarteten Marktkapitalisierung von 20 Mrd. USDGuardian Pharmacy Service (Pharma-Management-Services), PHI Group (Helikoptertransporte), Panera (Bäckerei-/Kaffeekette), Kim Kardashians Skims (Bekleidung) oder auch das von Microsoft finanzierte Unicorn Rubrik (Cloud-Datenmanagement).

Autor/Autorin

Ike Nünchert

Ike Nünchert ist freier Autor für das GoingPublic Magazin sowie für GoingPublic Online.