MMaarrcc SSppeeiiddeell Geschäftsführer LLeewwiissffiieelldd DDeeuuttsscchhllaanndd GGmmbbHH Danziger Straße 64 | 10435 Berlin +49 3044 3361 58 info@lewisfield.de www.lewisfield.de Wir beraten den deutschsprachigen Mittelstand bei Alternativ- und Kapitalmarktfinanzierungen: unabhängig, nachhaltig. Profitieren Sie von unserer Expertise, um Ihre unternehmerischen Ziele zu erreichen. individuell und

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 4 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen 3 Editorial: It’s the ecology, stupid! Grundlagen & Einführung 6 Anleiheinvestments: Warum ein grüner und nachhaltiger Anstrich nicht ausreicht Evariste Verchere, BlueOrchard Finance 8 Mehr als eine Verpflichtung – Green Bonds zwischen KMU-Anleihen und Retailinvestoren Axel Rose, BankM 10 Das S und G in ESG: Herausforderungen und Chancen von Diversität Jessica Kung, Eaton Vance Management 12 „Nachhaltigkeit bedeutet, Lösungen für die drängendsten Probleme unserer Zeit zu finden“ Interview mit Jürgen Koppmann, UmweltBank 14 Der Green-Bond-Zug in eine nachhaltige Zukunft – und seine Trittbrettfahrer James Rich, Aegon Asset Management Platzierung & Kapitalmarkt 16 Verantwortungsbewusste Investoren kommen um ESG-Bonds nicht herum Isabelle Meyer, Insight Investment Management 18 „2021 kommen auch erste echte Zukunftstechnologien“ Interview mit Markus Dietrich, DICAMA 22 Nachhaltige Beratung erfordert nachhaltiges Mindset Dr. Thomas Schulz, EBS Executive School, Dr. Andreas Wagner, HypoVereinsbank 26 „Auf die konkrete ESG-Ratingagentur kommt es nicht an“ Interview mit Frank Günther und Marius Hoerner, One Square Advisors 30 Ein besseres ESG-Rating in vier Schritten Michael Diegelmann, Justus Fischer, cometis Investment 32 Mittelstand hat Nachhaltigkeit in den Genen Hans-Jürgen Friedrich, KFM Deutsche Mittelstand 34 „Verantwortliches Investieren ist ein langfristiger Megatrend, an dem heute keiner mehr vorbeikommt“ Interview mit Karsten Reetz, reconcept, und Marc Speidel, Lewisfield Deutschland 38 Mental Accounting: Warum ESG-affine Anleiheinvestoren mit einer Underperformance rechnen müssen Peter Thilo Hasler, Sphene Capital 42 Sustainability-Linked Bonds – Green Capital for Brown Industries Prof. Dr. Dirk Schiereck, TU Darmstadt, Julia Dißmann, BayernInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft 44 Lock-in-Effekte vermeintlich grüner Klimainvestitionen Elisa Foerster, Patrick Weltin, imug | rating Isabelle Meyer Insight Investment Management S. 16 Dr. Thomas Schulz EBS Executive School S. 22 Karsten Reetz reconcept S. 34

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 6 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG von Evariste Verchere, Head of Public Debt Portfolio Management, von Name, Funktion, Unternehmen BlueOrchard Finance Ltd. Anleiheinvestments: Warum ein grüner und nachhaltiger Anstrich nicht ausreicht Grünes und nachhaltiges Investieren entwickelt sich derzeit zum Mainstream und erreicht einen Wendepunkt. Diese Entwick- lung wird vor allem von der Zunahme an grünen, sozialen und nachhaltigen Anleihen getragen, deren Emissionsrate in den vergangenen zwei Jahren an Fahrt aufgenommen hat: Laut Moody‘s ist sie 2019 und 2020 um jeweils rund 50% gestiegen und hat sich über die „traditionellen“ Green-Bond-Frameworks hinaus verbreitet. Wohl als Reaktion auf die Pandemie stieg die Emission nachhaltiger Anleihen 2020 um ein Vielfaches auf ein Volumen von über 100 Mrd. USD. Davon haben wie- derum Staatsanleihen profitiert: Die Emission von grünen Staatsanleihen ver- doppelte sich auf über 40 Mrd. USD, wobei die Einnahmen für Wiederaufbau- pläne nach der Pandemie und für den Umweltschutz vorgesehen sind. Deutsch- land, Italien und Schweden begannen mit der Emission grüner Anleihen, Groß- britannien ist vor Kurzem gefolgt. Frank- reich und die Niederlande legten indes weitere Bonds auf. Mehr als nachhaltiger Investmentansatz Auch in Schwellenländern nimmt die Emission von grünen und sozialen Evariste Verchere leitet seit 2017 das Portfoliomanagement für börsennotierte Anleihen bei BlueOrchard Finance Ltd. Vor seinem Wechsel zu Blue- Orchard war Verchere über zwölf Jahre Portfoliomanager im Fixed-Income-Bereich bei BlackRock/Barclays Global Investors. Foto: © Davizro Photography – stock.adobe.com Anleihen zu. Vorreiter wie Chile haben den Bestand an Green Bonds auf über 6 Mrd. USD erhöht und wie auch Mexi- ko die erste Sozialanleihe aufgelegt. Auch im Unternehmensbereich waren über verschiedene Branchen hinweg so- wohl in Industrie- als auch Schwellen- ländern einige Erstemissionen zu ver- zeich nen. Eine willkommene Entwick- lung ist, dass sowohl die Mode- als auch die Lebensmittel- und Getränkeindus trie erste nachhaltige Anleihen aufgelegt ha- ben – obwohl gerade diese Sektoren von einigen Kontroversen betroffen waren. Generell scheint sich der Fokus auf- grund der weltweiten Pandemie, welche die bestehenden sozialen Probleme ver- schärft hat, zu verschieben. Die Notwen- digkeit, die Klimakrise anzugehen, wächst unaufhaltsam. Die 26. UN-Klimakonferenz (COP 26) findet noch in diesem Jahr statt – und Länder wie auch Unterneh- men sind bestrebt, die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens zur Redu- zierung der Kohlenstoffemissionen ein- zuhalten. Kann der Trend zu grünen und nachhaltigen Anleihen dazu beitragen, die Ziele des Abkommens zu erreichen? Die Entwicklung von ESG-Anleihen Green Bonds stellen den größten Teil der Anleihen aus dem Bereich Environ- mental, Social and Governance (ESG). Seit ihrer erstmaligen Auflage 2007 sind ihnen verschiedene weitere Arten von ESG-Anleihen gefolgt.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 8 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG von Axel Rose, Corporate Actions & Documentation, BankM AG Mehr als eine Verpflichtung – Green Bonds zwischen KMU-Anleihen und Retailinvestoren Grüne Anleihen boomen, doch Privatanleger sind außen vor. Aufgrund der großen institutionellen Nachfrage werden sie von den führenden Konzernen und supranationalen Institutionen schlicht nicht gebraucht. Anders ist das im KMU-Bereich. Dies eröffnet neue Vermarktungschancen, darf aber nicht dazu verleiten, frühere Fehler zu wiederholen. Eine 20 Mio. EUR schwere Anleihe für ein Unternehmen mit gerade einmal drei Jahren Historie und 2,6 Mio. EUR Jah- resumsatz? Nicht jeder Investor war auf den ersten Blick von der Debt Story der ACTAQUA GmbH überzeugt. Eine intel- ligente Technik für die Digitalisierung von Gebäudetechnik zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene? Ach ja. Nachgewie- sene Leistungsfähigkeit durch erfolgrei- che Projekte mit bekannten Immobilien- gesellschaften? Na gut. Ein berechen- bares und hochskalierbares Geschäfts- modell mit einer EBITDA-Marge von über 40%? Hört, hört. Spätestens mit dem folgenden Argument aber war die volle Aufmerksamkeit vieler Investoren sicher: messbarer Beitrag zur CO2-Reduzierung durch Senkung des Energieverbrauchs um bis zu 16%, dokumentiert durch eine Second Party Opinion der Nachhaltig- keitsratingagentur imug. Die Entdeckung des grünen Gewissens Keine Frage – spätestens 2020 sind Green Bonds auch am KMU-Anleihe- markt angekommen. Mit ACTAQUA, Greencells und ForestFinance gab es allein im Dezember drei grüne Emissio- nen. Fast gleichzeitig feierte der Gesamt- markt das Überschreiten der 1-Bio.-USD- Marke. Immer mehr institutionelle Inves- toren orientieren sich bei ihren Anlage- entscheidungen an Umweltaspekten (En- vironment), sozialen Standards (Social) und Grundsätzen der Unternehmens- führung (Governance) – kurz: ESG. 85% berücksichtigen ESG-Kriterien in ihrer An- lagestrategie, 46% messen ihnen sogar eine hohe Bedeutung bei, so das Ergeb- nis einer Umfrage des Beratungsunter- nehmens bfinance aus dem März 2021. Bei allem ehrlichen Nachhaltigkeitsbe- wusstsein ist es aber nicht allein das grüne Gewissen, das die Investment- profis treibt. Rund 55% der Befragten der Schroeders Institutional Investor Study 2020 gaben an, den Portfolioanteil nachhaltiger Investments zu erhöhen, so- fern Daten belegten, dass entsprechen de Strategien höhere Renditen einbringen. Tatsächlich ist die Ausfallwahrschein lich- keit bei Bondemittenten mit dem schlech- testen ESG-Rating laut einer Fidelity- Studie anderthalbmal so hoch wie bei jenen mit der höchsten Bewertung. Auch in puncto Volatilität schneiden nachhal- tige Unternehmensanleihen besser ab. Was fördert nachhaltige Investitionen: Rendite wichtigstes Argument Nachweis für bessere Renditen 55% Axel Rose ist ausgebildeter Bankkaufmann und Diplom- Volkswirt mit den Schwerpunkten internatio- nale Wirtschaftsbeziehungen und Finanzen. Seit 2013 ist er bei der BankM AG im Projekt- geschäft tätig. Als Hausbank für den Kapital- markt unterstützt BankM mittelständische Unternehmen mit einem breiten Dienstleis- tungsportfolio und gehörte 2020 zu den Top-Three-Banken in der Begleitung von KMU-Anleihen. Höhere Transparenz der Emittenten 45% Mehr Daten und Benchmarks 40% Mehr Investmentoptionen 27% Quelle: Schroeders Institutional Investor Study 2020

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 10 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG von Jessica Kung, Chief Human Resources Officer, Eaton Vance Management Das S und G in ESG: Herausforderungen und Chancen von Diversität Historisch gesehen hat die Finanzdienstleistungsindustrie nicht zum Aufbau einer vielfältigen Belegschaft beigetragen, da nicht genug verschiedene Geschlechter und Ethnien vertreten sind. Damit die Branche relevant bleibt und erfolgreich vorankommt, muss sich das jedoch ändern – und sie muss Teil der Lösung dieses Problems sein, denn Diversität ist für das Ergebnis eines Unternehmens und der Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung. So haben vielzählige Studien Diversität sowohl mit einer höheren Unternehmensrentabilität als auch mit wirtschaftlichem Wachstum in Verbindung gebracht. Zahlreiche Trends bieten Chancen und Herausforderungen für Beschäftigte im Bereich Finanzdienstleistungen. Dazu zählt etwa der generationenübergrei- fende Vermögenstransfer von den Baby- boomern und der Generation X zu den Millennials und der Generation Z, die sich sehr für globale Themen wie Gleich- berechtigung, sauberes Wasser und Men- schenrechte interessieren. Wir müssen in der Lage sein, auf deren Bedürfnisse und Werte einzugehen und Lösungen anzubieten, die mit ihrer Vision überein- stimmen. Jessica Kung ist seit März 2020 Chief Human Resources Officer von Eaton Vance Management. Sie kam nach einer 15-jährigen Karriere bei Goldman Sachs zu Eaton Vance. Zuletzt war sie Senior HR Talent Advisor für Gold- man Sachs’ 10.000 Mitarbeiter umfassende Consumer & Investment Management Divi- sion. Kung startete ihre Karriere als Finanz- analystin in der Investment Banking Divisi- on von Goldman Sachs. Sie erwarb einen B.A. mit Auszeichnung in Wirtschaftswis- senschaften an der Harvard University. Foto: © absolutimages – stock .adobe.com Generation Z mag ESG Ein weiterer Trend ist die zunehmende Konzentration des Vermögens in den Händen von Frauen. Zwar ist die Zahl der Frauen im oberen Management gestie gen, doch insgesamt sind sie als CEOs, CIOs und im Verwaltungsrat nach wie vor dürftig vertreten – und die ethnische Vielfalt ist in diesen Gruppen sogar noch geringer. Um dies zu ändern, muss die Branche sowohl mit externem Druck über die Medien als auch mit inter nem Druck in Fragen der Vielfalt rechnen. Wir beobachten eine zuneh- mende Nachfrage insbesondere von ins titutionellen Anlegern nach mehr Bericht erstattung und Daten der Finanz- unternehmen über die Vielfalt ihrer Be- legschaft und ihre Politik der Inklusivität sowie Druck von Regulierungsbehörden wie der SEC, ESG-Daten offenzulegen, was die direkte Rechenschaftspflicht weiter fördert. Diversität als zentraler Unternehmenswert Eine umfassende Diversitätsstrategie ist entscheidend für den Geschäftserfolg und die Fähigkeit, talentierte Arbeits- kräfte anzuziehen und zu halten. Sie muss gut definiert sowie auf allen Ebenen der Organisation sichtbar sein, vom CEO über die Personalabteilung bis hin zu den Mitarbeitergruppen und gemeinnütziger Arbeit. Um Engage- ment zu demons trieren und Fragen der Vielfalt anzugehen, müssen Unterneh- men mit externen Organisationen in Verbindung treten. Die Branche muss Systeme und Kulturen untersuchen und

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 12 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG Interview mit Jürgen Koppmann, Sprecher des Vorstands, UmweltBank AG „ Nachhaltigkeit bedeutet, Lösungen für die drängendsten Probleme unserer Zeit zu finden“ Als Pionier im Bereich der nachhaltigen und grünen Geldanlage präsentiert sich die UmweltBank AG bereits seit 1997 in 100% grünem Gewand. Wie sich „Deutschlands grünste Bank“ vor dem Hintergrund der noch immer grassierenden Pandemie ent- wickelte und welche Sensibilität das Thema Nachhaltigkeit heutzutage nicht nur als Geldanlage erfährt, erläutert Vorstands- sprecher Jürgen Koppmann im neuerlichen Gespräch mit BondGuide. BondGuide: Herr Koppmann, zum Ein- stieg vielleicht die Frage: Wie ist es der UmweltBank seit unserem letzten Ge- spräch im November 2019 ergangen? Koppmann: Natürlich war auch für uns das vergangene Jahr geprägt durch die Coronapandemie. Dabei ist die Umwelt- Bank gut durch die Krise gekommen. Wir finanzieren ausschließlich nachhal- tige Vorhaben – schwerpunktmäßig er- neuerbare Energien sowie das ökologi- sche und bezahlbare Wohnen. Gewohnt wird immer, der Wind weht weiter und auch die Sonne scheint unermüdlich. Das Kreditgeschäft war nahezu nicht von Corona betroffen, weshalb unsere Risikovorsorge auf dem niedrigen Be reich der Vorjahre liegt. BondGuide: … also operativ nur High- und keine Lowlights für die Bank im Jahr von Corona? Koppmann: Die UmweltBank ist auch im vergangenen Jahr stark gewachsen. Wir konnten viele neue Talente begrüßen, haben durch die Pandemie einen enor- men Digitalisierungsschub erfahren und konnten neue Produkte auf den Markt bringen. Aufgrund der guten Geschäfts- entwicklung war es uns 2020 guten Ge- wissens möglich, eine Dividende auf Vorjahresniveau auszuschütten – keine Selbstverständlichkeit in diesen Zeiten. Zu den absoluten Highlights gehört aller- dings der Start unseres ersten eigenen nachhaltigen Fonds. Inzwischen hat der UmweltSpektrum Mix schon ein Volumen von knapp 60 Mio. EUR. Auch die Wert- entwicklung kann sich sehen lassen: Seit Auflage beträgt das Plus rund 24%, zusätzlich konnten sich Anlegerinnen und Anleger über eine Ausschüttung von 1 EUR zum ersten Geburtstag des Mischfonds freuen. BondGuide: Dank Digitalisierungsschub und Produktoffensive geht’s also mühe- los weiter voran – trotz anhaltender Pandemie und gefühlter Dauer-Lock- down-Beschränkungen? Koppmann: Auch wenn unser operati- ves Geschäft nicht unter Corona leidet, so belastet die Pandemie natürlich den Arbeitsalltag und das Privatleben jeder Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters. Es fehlen die spontanen Gespräche auf dem Flur, das gemeinsame Mittagessen oder die Unternehmensfeiern. So wichtig und hilfreich digitale Tools sind – sie können die Distanz nur verringern, jedoch nicht komplett überwinden. BondGuide: Hat sich das Thema Nach- haltigkeit bzw. nachhaltige Geldanlage in den vergangenen Monaten und ins- besondere vor dem Hintergrund von Corona Ihrer Ansicht nach weiter ver- stärkt? Jürgen Koppmann folgt privat wie beruflich dem Motto „Machen ist immer besser als Meckern“. Auch deshalb hat er seit 1996 die UmweltBank mit aufgebaut. Von 2002 bis 2014 war er Mitglied des Vor- stands, bevor er 2015 ein Büro zur Entwicklung von ökologisch-sozialen Bauprojekten grün- dete. Seit 2017 ist Koppmann wieder für die UmweltBank tätig und gegenwärtig Sprecher des Vorstands. Koppmann: In den letzten Jahren sehen wir ein immer stärker werdendes Inte- resse an nachhaltigen Geldanlagen. Die Coronakrise hat uns eindrucksvoll ver- deutlicht, wie fragil das Verhältnis zwi- schen Mensch und Umwelt ist. Daher sehe ich Corona als Beschleuniger der Nachhaltigkeitsdebatte. BondGuide: Corona hat sicher einen nicht-unerheblichen Anteil an der all- gemein zunehmenden Sensibilität für Nachhaltigkeitsthemen. Was sind Ihrer

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 14 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG von James Rich, Senior-Portfolio-Manager, Aegon Asset Management B.V. Der Green-Bond-Zug in eine nachhaltige Zukunft – und seine Trittbrettfahrer Anleger von Rentenfonds bringen häufig folgenden Einwand vor: „Können Anleihegläubiger Unternehmen bei nachhaltigen Themen wirklich so beeinflussen, wie es Aktieninhaber können?“ Das ist eine berechtigte Frage – schließlich stellen Anleger den Unternehmen Kapital zur Verfügung, besitzen aber keine Aktien und haben demzufolge auch keine Stimmrechte. Investoren in Festverzinsliche sind jedoch mehr als bloße Zaungäste, denn Unternehmen erkennen schnell, dass Kreditinvestoren durchaus einen direkten Einfluss auf ihre Fremdkapitalkosten haben. Als Ergebnis des Engagements im Be- reich Fixed Income stieg das Emis- sions volumen von nachhaltigen Anlei- hen spürbar an. Im Laufe des letzten Jahres hat sich der Markt von haupt- sächlich sogenannten grünen Anleihen, die an positive Wirkungsprojekte ge- bunden sind, hin zu nachhaltigkeits- gebundenen Anleihen entwickelt, bei denen die Kupons in Abhängigkeit von der Erreichung vordefinierter Nachhaltig- keitsziele der Unternehmen angepasst werden können. James Rich ist Senior-Portfolio-Manager der Sustainable- Fixed-Income-Strategie und Mitglied des Sustainable Investment Committee. Er ist außerdem Senior-Portfolio-Manager bei den Credit-Opportunities-Strategien. Vor seiner jetzigen Tätigkeit arbeitete er im Bereich Private Equity bei Madison Dear- born Partners und im Private Equity und Invest ment Banking bei Morgan Stanley. Er ist seit 2003 in der Branche tätig und seit 2008 bei Aegon Asset Management. Auch die Nachfrage von Investorenseite nach solchen Green Bonds ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Die weltweiten Emissionen haben sich von nur 38 Mrd. USD anno 2015 auf 226 Mrd. USD im letzten Jahr versechs- facht. Im dritten Quartal 2020 erreichten die Emissionen laut Bloomberg einen Rekordwert von 85 Mrd. USD, was einem Wachstum von 69% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Effizienz CO2-neutraler Technologien längst kein Wunschdenken mehr Während die Politik versucht, Aktivitä- ten zur Klimaneutralität investierbar zu machen, werden kohlenstoffarme Tech- nologien immer wirtschaftlicher. Die Ent- wicklung des Stromsektors beispiels- weise, der für den größten Anteil des Verbrauchs fossiler Brennstoffe verant- wortlich ist, macht mehr als ein Drittel der gesamten globalen Nachfrage aus. 2019 erreichten Solar- und Windenergie laut Bloomberg New Energy Finance 67% der neuen Stromkapazitäten welt- weit, während der Anteil fossiler Brenn- stoffe auf 25% sank. Die Wirtschaftlich- keit wird unwiderlegbar – die Preise für Solarmodule sind seit 2008 um mehr als 90% gefallen. In einigen Regionen hat sich die Wirtschaftlichkeit so stark in Richtung CO2-Neutralität entwickelt, dass der Sektor auch dann einfach wei- terlaufen würde, wenn die Politik morgen nicht mehr eingreifen würde. Steigendes Greenwashing-Risiko Das steigende Emissionsvolumen von Anleihen ermöglicht Investoren mehr Auswahl – doch dies bedeutet auch, dass sie kritischer sein müssen, um Green washing zu vermeiden. Viele Emit- tenten, die zum ersten Mal eine Anleihe mit einem Gütesiegel ausgeben, tun dies jedoch opportunistisch, um von den nied- rigeren Zinssätzen im Vergleich zu norma- len Finanzierungen zu profitieren. Infolge- dessen wächst das Risiko von Green- washing durch sogenannte gelabelte Anleihen, was darauf hindeutet, dass Inves toren jede Emission von Fall zu Fall sorgfältig prüfen müssen. In Abwesenheit eines gemeinsamen Indus triestandards können Emittenten von „gelabelten“ Anleihen anfällig für fal- sche Versprechen sein. Zahlreiche Unter- nehmen versäumen es, versprochene Berichte über ihre „gelabelten“ Anleihen zu veröffentlichen, oder berichten nur unzureichend über die Kennzahlen, die für die Messung des Erfolgs der identi- fizierten Projekte am wichtigsten sind. Da keine branchenweiten Standards für solche Anleihen existieren, liegt die

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 16 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen PLATZIERUNG & KAPITALMARKT von Isabelle Meyer, Fixed Income Specialist, Insight Investment Management Ltd. Verantwortungsbewusste Investoren kommen um ESG-Bonds nicht herum Institutionelle Investoren wie Pensionsfonds und Versicherer schätzen Fixed Income als Anlageklasse aufgrund der vertraglich zugesicherten Rendite. Im Gegensatz zu Aktienanlegern wird die ESG-Integration in diesem Bereich jedoch zu Unrecht als problematisch wahrgenommen. Anleiheinvestoren haben nicht die Einflussmöglichkeiten von Aktionären, die über Stimmrechte verfügen. Ihr Einfluss überwiegt aber bei Weitem den von Aktienanlegern, da der Zugang zu Finanzmitteln aus dem Bondmarkt für viele Institutionen eine permanente Notwendigkeit dafür darstellt, neue Projekte zu finanzieren oder alte Schulden zu verlängern. Anleihen sind eine Kernallokation in den Portfolios vieler, wenn nicht der meisten Investoren. Ihr jährliches Emissions- volumen übersteigt das der Aktienmärkte um das 40-Fache. Die Anleihenmärkte bieten Finanzierungsmöglichkeiten für eine große Anzahl von Unternehmen, Staaten, supranationalen Organisationen und Konzernen. Der demokratische Berater der Clinton- Ära, James Carville, brachte die Bedeu- tung der Anleihenmärkte auf den Punkt: „Früher dachte ich, wenn es eine Reinkar- nation gibt, möchte ich als Präsident oder Papst zurückkommen. Aber jetzt möchte ich als Anleihenmarkt zurückkommen. Denn dieser kann jeden einschüchtern.“ Möglichkeiten der Einflussnahme Unternehmen sind für direktes Engage- ment und Feedback aufgeschlossen. Schließlich werden Corporate Bonds öf ter ausgegeben als Aktien, was den Anle gern die Möglichkeit verleiht, häu- figer Rück meldungen zu geben. Durch Engagement activity by theme die Regelmä ßigkeit der Emission von Schuld ver schrei bungen in Verbindung mit der Mög lichkeit der Investoren, die Bedingun gen und die Struktur zu be- einflussen, haben festverzinsliche An- lagen das Poten zial, einen bedeutenden Einfluss auszuüben. Meist werden bei diesen Beratungen Fra- gen der Corporate Governance erörtert. Doch auch die Unternehmensstrategie und ganzheitliche ESG-Themen stehen hierbei zunehmend im Mittelpunkt: 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Any ESG Environmental issues Social issues Governance issues Quelle: Insight; Stand: Ende Januar 2021 Business Policies/ Strategy Results/ General New issue/ Refinance Other issues Isabelle Meyer ist seit März 2017 Investmentspezialistin mit Fokus auf Euro Fixed Income und ESG sowie Sustainable Investing bei Insight Investment. Sie begann ihre Laufbahn bei Insight im Oktober 2012 im European Business Development Team, im Bereich Kundenservice und Vertrieb. Sie hat einen MA in Management der Universität St. Andrews und einen Doppel-MSc in Management der London School of Economics und HEC Paris.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 18 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen PLATZIERUNG & KAPITALMARKT Interview mit Markus Dietrich, Sprecher des Vorstands, DICAMA AG „ 2021 kommen auch erste echte Zukunftstechnologien“ Die Misere des Mittelstandsanleihenmarkts 2016 hat zu einer ziemlichen Konsolidierung auch der Dienstleister und Banken geführt. BondGuide sprach mit Markus Dietrich von der DICAMA AG, dem aktuellen Marktführer im Bereich Advisory, über die Trends der letzten Zeit und die der kommenden – Dietrich erwartet, dass diese nachhaltig sein dürften, also keineswegs „Eintagsfliegen“. BondGuide: Herr Dietrich, wie verlief denn das Coronajahr 2020 für den Marktführer im Bereich Advisory? Dietrich: Das ist in der Tat eine gute Frage. Aus dieser Sicht war es nicht nur ein außerordentlich erfolgreiches Jahr mit Rekordergebnissen für die DICAMA AG selbst, sondern sicher für die ganze alternative Finanzierungsbranche. Die Gründe hierfür sind, dass die klassischen Banken ihre Aktivitäten leider deutlich einschränken mussten. Die bestehende Coronakrise beschleunigt u.a. weiterhin massiv den Trend hin zur Alternativ- finanzierung. DICAMA ist sehr erfolgrei- cher Financial Advisor im Kapitalmarkt, wie auch Finanzierer über Private Debt Fonds. Ergänzt wird unser Dienstleis- tungsportfolio durch strukturierte Finan- zierungen von weitestgehend allen al- ternativen Finanzierungsquellen in der DACH-Region sowie Länder, die an Deutschland angrenzen – deshalb er- warten wir zukünftig auf beiden Ebenen sehr positive Jahre. BondGuide: Der Dienstleistermarkt scheint inzwischen geschrumpft zu sein: DICAMA liegt in unseren League Tables jetzt vor „Residuen“ aus Pionierzeiten wie Conpair oder FMS. Gibt es über- haupt noch mehr als zwei oder drei Dienstleister in Ihrem Business in Bezug auf KMU-Anleihen? Dietrich: Wir begrüßen diese Konsoli- dierung ausdrücklich, da die von Ihnen angesprochenen Veränderungen positiv für den Emittenten- und auf den Inves- torenmarkt wirkt. Die Gründe hierfür sind, dass sich Advisor und Finanzierer in diesem Bereich nur mit einem positiven Track Record ihrer Emittenten und Kun- den am Markt halten können. Sie haben sicher die qualitative und standardisierte Foto: © Melinda Nagy – stock.adobe.com Markus Dietrich ist Sprecher des Vorstands der DICAMA AG, des aktuellen Marktführers für alternative Finan- zierungen im Bereich Small- und Mid Caps in der DACH-Region. Frühe(re) Stationen seiner Karriere waren Brokerworld, AM/Fürst Fugger und CEG AG Zug. Konsolidierung dieses Markts in den letzten Jahren verfolgt, die zu einer aus heutiger Sicht insgesamt sehr positiven Entwicklung des KMU-Markts geführt hat. Es ist also erfreulich und positiv, dass durch diesen Konkurrenzdruck Ver- gleichs mög lichkeiten für die Investoren entstanden sind. Somit wird gute Arbeit für die Advisory und die Finanzierer nachhaltig belohnt. BondGuide: Im vergangenen Jahr gab es ja eine gewisse Beschleunigung bei Emissionen mit Bezug zu Green & Sus- tainable Finance, das bisherige Jahr 2021 scheint in die gleiche Richtung zu stoßen mit „grüner Wandelanleihe“ oder Sustai- nable Bond. Welche Entwicklung beo- bachten Sie da persönlich?

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 20 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen von Wohnraum in den Ballungszentren kommt. Insbesondere im Immobilien- markt wird eine weiter massive Nach- frage nach alternativen Finanzierungen zu beobachten sein, da sich das Enga- gement der klassischen Banken auf- grund der Basel-Regulierung weiter ein- schränken wird. BondGuide: Heißt dies indirekt, dass „grüneres Denken“ in zunehmende Ver- städterung und damit notwendigerweise zunehmend höhere Gebäude mündet? Dietrich: Der Druck der Bevölkerung und die Tendenz in eine nachhaltigere und grünere Welt können dazu führen, dass zukünftig weniger neue Grünfläche be- baut wird und mehr Lückenbebauung bzw. höhere Gebäude in Stadtzentren Ausgleich schaffen. Deshalb achten wir bei der Auswahl der Emittenten im Immo- bilienbereich sehr genau darauf, ob die Geschäftsfelder in den Top-Kernlagen der größten deutschen Städte liegen. Von Entwicklern oder Immobiliendienst- leistern, die sich auf C- und D-Standorte konzentrieren, würden wir aktuell eher abraten, da wir glauben, dass durch eine aus unserer Sicht leicht abnehmende Gesamtkonjunktur der nächsten Jahre die Immobilienpreise in diesen Stand- orten insgesamt nicht massiv weiter steigen werden bzw. wir sie aktuell schon recht teuer einschätzen. BondGuide: Was sehen Sie als die weite ren Themen für dieses Jahr? Dietrich: Wir glauben, dass sich die posi- tive Entwicklung fortsetzt. Nach dem außerordentlichen Ergebnis von 2020 haben wir bereits im ersten Quartal an- nähernd das Geschäftsvolumen aus unse rem Rekordjahr 2020 erreicht. Wir freuen uns also auf ein überaus erfolg- reiches Jahr mit unseren Kunden und den Investoren im KMU-Anleihenmarkt und sind sehr gespannt auf die neuen Branchen, die wir in den nächsten Mo- naten am KMU-Markt verfolgen dürfen. BondGuide: Herr Dietrich, besten Dank für Ihre Zeit und die Einblicke aus erster Hand! Das Interview führte Falko Bozicevic. Foto: © Arcansél – stock.adobe.com Dietrich: Die Auswahl der Emissions- und Transaktionsbegleiter ist für jeden Emittenten und Investor weiterhin das A und O, und wir freuen uns, dass sich so- mit der Gesamtmarkt weiterhin profes- sionalisiert entwickeln kann und muss, da wir nach wie vor in Deutschland bzw. in der DACH-Region einen der besten mittelständischen KMU-Märkte welt- weit vorfinden. Stabile politische Struk- turen, nachhaltig innovative Märkte und vor allem Zukunftsmärkte im Krypto-, Space-, Green- und Fintechmarkt finden tatsäch lich mitten in Europa und in Deutschland statt, was uns für den Wirt- schaftsstandort DACH und Europa ext- rem positiv stimmt. BondGuide: Wünschen sich Investoren denn auch ESG-Themen? – Seine Im- mobilienquote dürfte mittlerweile jeder Investor, egal ob institutionell oder pri- vat, bereits überstrapaziert haben … Dietrich: Wir haben mit den ESG-Ratings durchweg positive Erfahrungen ge- macht, sowohl auf der Emittenten- als auch der Investorenseite. Wir glauben, dass eine weitere Überprüfung seitens externer Institutionen grundsätzlich den Markt weiter professionalisiert. Außer- dem wün schen wir uns, dass gerade die Themen Nachhaltigkeit, CO2-Ein- spa rungs poten ziale und diverse weitere Mechanismen unumgänglich für eine stabile, nachhaltige und lebensfähige Welt sind, und werden deshalb solche Bewertungs- und Analysemodule wei- ter forcieren. BondGuide: Fan von Immobilienemit- tenten sind Sie nicht und werden Sie auch nicht mehr, oder? Dietrich: Zum Thema Immobilien haben wir in der Tat vor allem in den letzten drei bis vier Jahren einige Emissionen im Baudienstleistungssektor gesehen. Hier muss man allerdings beachten, dass sich der Immobilienmarkt aufgrund der aktuellen Geldpolitik der EZB zu einer sehr wichtigen Assetklasse entwickelt hat. Wir gehen kurz- bis mittelfristig wei- terhin von einer Niedrigzinspolitik der EZB aus, was aus unserer Sicht mittelfristig betrachtet einen weiterhin positiven Im- mobilienmarkt entwickeln lässt. Deshalb ist es wichtig, nur die Emittenten zuzu- lassen, die qualitativ, strukturell und bilan- ziell in der Lage sind, erfolgreich zu agieren, auch wenn der Immobilienmarkt seitwärts läuft, oder es zu Marktkon- solidierungen mit leicht abnehmenden Ten denzen kommt. BondGuide: Also genau oder noch genauer hinschauen erforderlich, mit ande ren Worten? Dietrich: Der Immobilienmarkt an sich – der Anlageliebling des Deutschen – wird aus unserer Sicht mittelfristig tendenziell weiter positiv bleiben. Getrieben durch die Tatsache, dass Nachhaltigkeit und grünes Denken auch auf der politischen Ebene Machtverhältnisse verschieben, glauben wir außerdem, dass zukünftig grundsätzlich weniger neue Grünfläche in Randgebieten erschlossen wird und es deshalb zu weiteren Verknappungen

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 22 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen PLATZIERUNG & KAPITALMARKT von Dr. Thomas Schulz, Akademischer Leiter Nachhaltigkeitsprogramme, EBS Executive School, und Dr. Andreas Wagner, Leiter Sustainable-Finance-Initiative der UniCredit in Westeuropa Nachhaltige Beratung erfordert nachhaltiges Mindset Bei den Themen Nachhaltigkeit und Sustainable Finance richtet sich die Aufmerksamkeit oft auf die großen Konzerne und die prominenten Transaktionen. Inwieweit der Übergang zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft in Deutschland gelingt, entscheidet sich aber hauptsächlich woanders: im Mittelstand. Denn mittelständische Unternehmen erwirtschaften mehr als jeden zweiten Euro und stellen deutlich über die Hälfte aller Arbeitsplätze in Deutschland. Ohne sie wird der Umbau der deutschen Wirtschaft keinen Erfolg haben. Umgekehrt müssen auch viele Mittel- ständler ihre Geschäftsaktivitäten künftig nachhaltiger und klimaschonender aus- richten – denn die 2022 in Kraft tretende EU-Taxonomie definiert die künftigen Stan dards für nachhaltige Wirtschafts- aktivitäten. Ihre Einhaltung wird zu ei- nem entscheidenden Faktor für den Zu- gang zu Kapital und die Wett be werbs- fähigkeit von Unternehmen. Zahlreiche Großunternehmen müssen zudem für eine nachhaltige Wertschöpfungskette sorgen und nehmen dabei ihre Zuliefe- rer in die Pflicht, selbst nachhaltig zu Dr. Thomas Schulz (li.) ist Akademischer Leiter Nachhaltigkeits- programme an der EBS Executive School. Das Angebot mit Sustainable-Finance- Fokus umfasst berufsbegleitende Kom- paktstudiengänge und maßgeschneiderte Inhouse-Trainingsprogramme. Dr. Andreas Wagner leitet den Geschäftsbereich Sonderfinan- zierungen und damit die Förderkredit- sowie die Gründungs- und Nachfolgefi- nanzierung der HypoVereinsbank. Er ist auch verantwortlich für die Sustainable- Finance-Initiative der UniCredit in ganz Westeuropa. wirtschaften. Um Teil der Liefer kette zu bleiben, ergeben sich dadurch gerade für Mittelständler branchenspezifische Fragestellungen im Bereich der Nach- haltigkeit, die eine Anpassung des Ge- schäftsmodells erfordern. Segmentspezifisches Produkt- und Beratungsangebot Mit diesem Transformationsprozess geht neben einem hohen Finanzierungs- auch ein großer Beratungsbedarf einher, denn insbesondere bei mittelständischen Unternehmen besteht in puncto Nach- haltigkeit nach wie vor Informations- bedarf. Das hängt auch damit zusammen, dass sich viele Unternehmen während der COVID-19-Pandemie auf ihr Kernge- schäft konzentrieren mussten und zu- dem oft die Kapazitäten, sich mit neuen Regularien und Gesetzen zu beschäfti- gen, durch kleinere Nachhaltigkeits- und Finanzabteilungen begrenzt sind. Das zeigt, wie wichtig es für Banken in Sachen Nachhaltigkeit ist, keinen „One- Size-fits-All-Ansatz“ zu verfolgen, sondern auf die individuellen Anforderungen der unterschiedlichen Kundengruppen ein- zugehen. Deshalb setzt etwa die Hypo- Vereinsbank beim Thema Nachhaltigkeit auf ein segmentspezifisches Produkt- und Beratungsangebot. Mit dem Sustainable-Finance-Advisory- Team kombiniert die HypoVereinsbank ihre Nachhaltigkeits- und Kapitalmarkt- expertise, um multinationale Unterneh- men und gehobene Mittelständler an die nachhaltigen Kapitalmärkte zu begleiten. Neben ESG-gebundenen Konsortialkre- diten kommen für diese Unternehmen etwa ESG-Anleihen oder Schuldscheine infrage, um vom wachsenden Interesse nachhaltig orientierter Investoren zu pro- fitieren. Auch nachhaltige Absicherungs- instrumente wie ESG-gebundene Zins- swaps oder Nachhaltigkeitskomponen- ten in der Lieferantenfinanzierung (auch Sustainable Supply Chain Finance ge- nannt) haben für diese Unternehmen eine wachsende Bedeutung. Im breiten Mit- telstand bleiben Förderkredite – etwa von der KfW – ein wichtiges Instrument im Werkzeugkasten nachhaltiger Finan- zierungen. Und auch für Unternehmen, die noch über kein Nachhaltigkeitsrating oder -reporting verfügen, lassen sich nach- haltige oder grüne bilaterale Kre dite strukturieren, bei denen sich die Marge in Abhängigkeit von bestimmten Nachhal- tigkeitskennzahlen verändert. Daneben braucht es punktuell weitere Produkt- innovationen. So hat die HypoVereins- bank mit dem „Real Estate Green Loan“ einen grünen Immobilienkredit ent wickelt, um Nachhaltigkeit beim Bau und Betrieb von Gewerbeimmobilien voranzutreiben. Mit solchen Finanzierungen können Un- ternehmen nicht nur Nachhal tig keits pro- jekte finanzieren – sie signalisie ren da- durch auch sehr deutlich ihr Enga ge ment bei Ökologie und Nachhaltigkeit.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 24 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Konzeption des HVB-Schulungsprogramms Nachhaltigkeit und Sustainable Finance Schulungsthemen • Podcasts • Webinare • Präsenzveranstaltungen 1. Transformation der Wirtschaft 2. Klimawandel als zentrales Nach- haltigkeitsrisiko im Unternehmen 3. Regulatorische Rahmenbedingungen 4. Nachhaltigkeitsorientierte Außenfinanzierungsinstrumente 5. Kapitalanlagen: Sustainable & Responsible Investments (SRI) 6. Nachhaltigkeit im Immobiliengeschäft 7. Materielle Nachhaltigkeitsthemen in HVB-Kundenbranchen (I) 8. Materielle Nachhaltigkeitsthemen in HVB-Kundenbranchen (II) f ü r j e d e s d e r a c h t T h e m e n Schulungsformate Zielgruppe: 550+ Generalisten Zielgruppe: 200+ Spezialisten Audiosequenzen Videosequenzen Podcasts Webinare Präsenzveranstaltungen Einführung Impulsvortrag Fachvortrag • durch Fachjournalisten • durch den selben Fachexperten wie im Podcast • mit Folienunterstützung • Thema aus der Adlerperspektive • keine Interaktivität • weiterführende Literatur • Überblick, Einordnung, aktueller Aufhänger Aufzeichnung, je 5 min. Interview • Fachjournalisten mit externem Fachexperten • kritische Fokussierung auf einzelne Themen Aufzeichnung, je 10 min. Aufzeichnung, je 15 min. • durch den selben Fachexperten wie in Podcast und Webinar • mit Folienunterstützung • umfassender vertiefter Themeneinblick • hoher Anteil an Diskussion Live-Vortrag gemäß Stundenplan, je 180 min (halbtags). Prüfung • Online-Klausur (Open Book-Verfahren) • eine Prüfung über alle acht Themen Quelle: EBS Executive School Zwei Zielgruppen, zwei didaktische Konzepte Das Programm „Nachhaltigkeit und Sustainable Finance“ richtet sich an HVB-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter im Firmenkundengeschäft mit auf deren Klientel zugeschnittenen Schulungsin- halten. Die besondere Herausforderung bestand in der Gestaltung unterschied- licher Qualifizierungsintensitäten der zwei Zielgruppen: zum einen die Spezialisten aus unterschiedlichsten Marktbereichen, die bei tiefer gehenden Kundengesprä- chen hinzugezogen werden, und zum anderen die Generalisten, die die kom- plette Produktpalette eines Bereichs kompetent offerieren müssen, aber bei Spezialfragen interne Unterstützung anfordern können. Die HypoVereinsbank hat sich für eine Konzeptionsvariante entschieden, die durch eine intelligente Mischung didaktischer Ansätze den täg- lichen Anforderungen beider Zielgruppen gerecht wird. Die beiden Zielgruppen werden in acht Themen geschult, die von den Planeta- ry Boundaries über nachhaltige Kapital- anlagen (SRI) bis hin zum Klimawandel als unternehmerische Risikokategorie reichen. Alle Themen sowie die beiden konzeptionellen Ansätze sind in der Ab- bildung dargestellt. Medienmix für die Generalisten Die über 550 Generalisten durchlaufen für alle der acht Themen ein jeweils 30-minütiges Web-based Training, das medial und bezüglich Setting aus drei Teilen besteht: • Podcast (I): Thematische Einführung durch einen Fachjournalisten (fünf Mi- nuten) • Podcast (II): Interview zwischen einem Fachjournalisten und einem externen Fachexperten, wie z.B. Berater, Wis- senschaftler, ESG-Ratingagentur (zehn Minuten) • Webinar: Impulsvortrag durch den exter nen Fachexperten (15 Minuten) In der Summe hat damit jeder Genera- list ein vierstündiges Onlineprogramm durchlaufen, das alle acht Themen abdeckt und durch systematischen Medien wechsel eine hohe Lernbereit- schaft fördert. Grundsätzlich ist das Ange bot des EBS eCampus für alle Mit- arbeiter zugänglich, denen das Thema Sustainable Finance in ihrer täglichen Arbeit begegnet oder die sich hierzu weiterbilden wollen. Intensivtraining für die Spezialisten Bis Ende 2021 werden 230 Spezialisten am Intensivtraining teilgenommen haben. Ein Durchlauf ist wie folgt strukturiert: • 20 bis 25 Teilnehmer • acht halbtägige Themenmodule • schriftliche Onlineprüfung Fazit Das Schulungsprogramm der EBS Exe- cutive School wird von den HVB-Mitar- beiterinnen und -Mitarbeitern aus dem Firmenkundengeschäft hervorragend auf- genommen. Es wird weitergeführt und um ein Programm für das Privatkunden- geschäft erweitert. Auf diese Weise wird eine breite und stabile Kompetenzbasis gelegt, die eine unbedingte Vorausset- zung für den notwendigen Transforma- tionsprozess innerhalb und außerhalb der Bank darstellt.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 26 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen PLATZIERUNG & KAPITALMARKT Interview mit Frank Günther, Managing Director, und Marius Hoerner, Senior Advisor, One Square Advisors GmbH „ Auf die konkrete ESG-Ratingagentur kommt es nicht an“ Die One-Square-Gruppe hat sich in den vergangenen zwölf Monaten mit der Strukturierung von Anleihen mit ESG-betontem Bezug hervorgetan: Momentaufnahme oder Trend? Und Corona hin oder her – einige Baustellen werden uns die nächsten Quartale auf Trab halten. BondGuide im Gespräch mit Marius Hoerner und Frank Günther, One Square Advisors GmbH. BondGuide: Herr Hoerner, Herr Gün- ther, Anfang Februar gab es ja eine um- fangreiche Personalmeldung, die One Square Financial Engineers GmbH be- treffend. Ist das jetzt die finale Spielauf- stellung? Günther: Aktuell sind wir gut aufge- stellt, aber weiter auf Wachstumskurs – die Personalplanung hängt vom konkre- ten Geschäftsverlauf ab. Die Kompetenz und das Kernteam haben wir auf jeden Fall bereits an Bord. BondGuide: Sprechen wir über das aktu elle Jahr für KMU-Anleihen. Sind Sie von der regen Aktivität schon im ersten Quartal überrascht oder ist das einfach noch eine Bugwelle aus 2020? Man muss als Investor noch genauer hin- schauen, welche Rolle einem bei einer Anlage zuteilwird. Marius Hoerner Hoerner: Da kommen einige Faktoren zusammen. Im Herbst hatte sich eine entsprechende Welle aufgebaut, die sich noch in das erste Quartal dieses Jahres hinein fortsetzte. Zum einen ist das ganz klar der Stau aus dem ersten Lockdown 2020. Zum anderen zeigt sich aber, dass aktuell eine ganze Reihe von Unterneh- men versucht, sich unabhängiger zu fi- nan zieren – ob mit oder ohne Corona- einfluss. Das heißt aber auch, dass man als Investor noch genauer hinschauen muss, welche Rolle einem bei einer Anlage zuteilwird. Günther: Einige Emittenten befinden sich innerhalb ihrer turnusmäßigen Refinan- zierung, andere stocken auf und wieder andere wollen womöglich ein coronabe- dingtes Loch in den Geschäftszahlen fül- len. Man muss sich in jedem Falle anse- hen, wie der einzelne Corona-Impact ist und was man da auf kurze und mittlere Sicht erwarten darf. BondGuide: Geschäftszahlen vieler Wie- derholungsemittenten schienen bis dato relativ glimpflich durch die Lockdowns gekommen zu sein. Hoerner: Als schon angezähltes Unter- nehmen mit einer Emission zu kommen, speziell falls zum ersten Male, ist min- destens schwierig – und wahrscheinlich unmöglich, wenn Investoren eine große Auswahl an Emissionen zur Verfügung steht. Ich würde daher sagen, dass wir – Aufstockungen mal außen vor gelassen – zuletzt Emittenten gesehen haben, die durch die Pandemie relativ unbeschadet oder mit wenig nachhaltigem Einfluss gekommen sind. Frank Günther (li.) ist Managing Director und Marius Hoerner Senior Advisor der One Square Advisors GmbH. BondGuide: Die One Square Financial Engineers war zuletzt schon bei mehr als einer Emission in der Strukturierung aktiv. Welche Erfahrungen haben Sie sammeln können? Hoerner: Richtig, das waren Pentracor, jüngst blueplanet und im Dezember Be- lano Medical … BondGuide: … aber Emissionszeit- raum Dezember wirkte vergleichsweise ungewöhnlich … Hoerner: Ja, dies war uns natürlich bewusst. Das hatte spezielle Gründe, u.a. institutionelle Adressen, die einen Emissionsstart noch im Dezember wünsch ten. Es war von Beginn an geplant, dass die Emission peu à peu im Laufe dieses Jahres an den Markt gebracht würde. Zugleich sind wir der jüngsten

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 28 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen viel an Büroflächen künftig gebraucht werden, wird uns noch eine ganze Weile beschäftigen; die ist nicht kurzfristig vom Tisch. Und die aktuellen Beispiele zeigen, dass Corona tiefe Löcher in die Bilan zen gefressen hat – bis hin zur Auf- zehrung des Eigenkapitals. Das ist eine echte Bedrohung, und zwar nicht nur für einzelne Emittenten, sondern für das gesamte Segment. Die aktuellen Beispiele zeigen, dass Corona tiefe Löcher in die Bilanzen gefressen hat – bis hin zur Aufzehrung des Eigenkapitals. Frank Günther BondGuide: 2020 hatten wir auch einige Ausfälle, obgleich nicht sonderlich viele. Herr Günther, Sie plädierten in unserem Gespräch vor rund einem Jahr schon zei- tig für notwendige Laufzeitverlängerun- gen. Wie sieht es mit diesem Thema in diesem Jahr nun aus? Günther: Eines ist deutlich geworden: Corona verschafft der gesamten Restruk- turierungsbranche eine vorher überhaupt nicht erkennbare Sonderkonjunktur – das betrifft nicht nur uns bei der One Square Advisory. Und die geht jetzt eigent- lich überhaupt erst los. Persönlich glaube ich nicht an einen „Insolvenztsunami“, wie ja in den Medien zitiert, aber es wird eine deutlich über Normal erhöhte Zahl geben. Finanzielle Restrukturierungen werden unausweichlich. Businesspläne Foto: © 4th Life Photography – stock.adobe.com von Unternehmen, deren Kredite ja auf einen Normalbetrieb ausgelegt waren, sind für mindestens mal 18 Monate unter- brochen. BondGuide: Also Alarmstufe Rot für viele Emittenten von KMU-Anleihen? Günther: Nicht pauschal, nein – aber nicht alle angedachten Fälligkeiten wer- den sich so halten lassen. Und sichtbar wird das bei unseren börsennotierten Anleiheemittenten, denn im Moment der Börsennotierung benötigt man aufgrund des erweiterten Investorenkreises ja eine Vereinbarung einer Mehrheit der Anleger. Das ist etwas anderes als beim bilatera- len Gespräch mit der Hausbank oder beim Schuldschein. Die Möglichkeiten zu diesem Veränderungsprozess, z.B. Laufzeitveränderung bei ausstehenden Anleihen, gibt es und sie haben sich in der Praxis bewährt: TUI, SANHA, ETERNA, Takko, um nur mal jüngere Beispiele zu nennen. Zudem kommt mit dem StaRUG1 1 StaRUG = Unternehmens-Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz/deutsches Gesetz zur EU-Restrukturierungsrichtlinie Sogenannte Störer haben jetzt viel weniger Möglichkeiten, eine notwendige Sanierung durch juristische Kniffe aufzuhalten, wenn sie sich nur ihren Lästigkeitswert abkaufen lassen wollen. Frank Günther passenderweise ein Gesetz, das sich genau an diesen bewährten Prozessen orientiert bzw. diese aufgreift, auch für z.B. Schuldscheine. So haben soge- nannte Störer viel weniger Möglichkei- ten, eine notwendige Sanierung durch juristische Kniffe aufzuhalten, wenn sie sich nur ihren Lästigkeitswert abkaufen lassen wollen. BondGuide: Sind Ihrem Plädoyer, sich rechtzeitig um Laufzeitverlängerungen zu kümmern, denn Ihrer Ansicht nach ge- nügend Unternehmen nachgekommen? Günther: Ja und nein. Die eben Genann- ten haben sich rechtzeitig um das The- ma gekümmert. Dann gab es aber auch andere, die sich stattdessen um irgend- eine Art von Refinanzierung bemühten, oder beides parallel. So war es unter Umständen für einen geordneten Prozess zur Mehrheitsbeschaffung zu spät – und wir haben deshalb auch Insolvenzen gesehen, die meines Erachtens nicht hätten passieren müssen. Aktuell haben wir drei oder vier Emittenten, mit denen wir über dieses Thema sprechen. Wer das außer Acht lässt, ist in akuter Ab- stiegsgefahr, denn Finanzierungen sind nur sicher, wenn sie sicher sind. BondGuide: Herr Hoerner, Herr Günther, ganz herzlichen Dank für die interessan- ten Einblicke und die Zeit, die Sie sich für unser Gespräch genommen haben! Das Interview führte Falko Bozicevic.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 30 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen PLATZIERUNG & KAPITALMARKT von Michael Diegelmann, Gründer und Geschäftsführer, und Justus Fischer, Berater, cometis AG Ein besseres ESG-Rating in vier Schritten Investoren wollen die ESG-Performance von Unternehmen vergleichen, um wohlüberlegte Investitionsentscheidungen treffen zu können. ESG-Ratingagenturen versprechen diese Vergleichbarkeit. Ihre Bewertung hat zwar Schwächen – dennoch sollte jedes Unternehmen wissen, wie es sein ESG-Rating verbessern kann. Die ESG-Leistung eines Unternehmens spielt eine immer größere Rolle bei Inves- titionsentscheidungen. Eine schlechte ESG-Performance wird gleichgestellt mit höheren finanziellen Risiken. Dafür sorgen u.a. neue Regularien wie bei- spielsweise die EU-Taxonomie oder CO2- Steuern für umweltverschmutzende Un- ternehmen. Um die eigene ESG-Leistung darzustel- len, legen Unternehmen Nachhaltigkeits- berichte vor. Für Finanzkennzahlen die- nen die internationalen IFRS-Kriterien da- zu, die Daten in einer geeigneten und ein- heitlichen Form darzustellen. Zwar wird ein ESG-Reporting-Standard aktuell durch die IFRS-Foundation vorangetrieben – bisher ist für die nicht-finanziellen Infor- mationen aber kein internationaler Stan- dard verfügbar. Umfang und Detailtiefe der berichteten ESG-Informationen vari- ieren dadurch stark, sodass es für die Marktteilnehmer schwierig ist, Unterneh- men einzig auf Basis ihrer Berichte zu vergleichen. Das zeigt auch der aktuelle Global ESG Monitor von cometis und dem Marktforschungsinstitut KOHORTEN: Selbst die ESG-Berichte der weltweit größten börsennotierten Unternehmen sind lückenhaft, oberflächlich und wenig transparent. ESG-Ratingagenturen in der Kritik So entscheiden Investoren oft nach den Bewertungen von ESG-Ratingagenturen wie MSCI ESG, Sustainalytics oder ISS ESG, die alle öffentlichen Daten von Un- ternehmen mithilfe von Algorithmen und spezialisierten Analysten aus- und be- werten. Allerdings variieren Ratingagenturen stark in der Kriterien- und Themenauswahl, die sie für ihr Urteil heranziehen. Dadurch können Bewertungen für ein und das- selbe Unternehmen sehr unterschied- lich ausfallen. Für Investoren sind die Informationen der Ratingagenturen mo- mentan trotzdem die schnellste Metho- de, Unternehmen im Bereich ESG ein- zuschätzen: Denn obwohl die größeren Investoren ihre eigenen Bewertungs- Michael Diegelmann (li.), Gründer und Geschäftsführer der cometis AG, hat Erfahrungen in über 150 Kommuni- kationsprojekten (Börsengänge, Investor Relations, M&A, Krise) gesammelt und ist seit 1997 im Bereich Kapitalmarktkom- munikation tätig. Er ist Autor von 16 kapitalmarktrelevanten Buchpublikationen und war vormals Projektleiter bei einem internationalen Beratungsunternehmen und einem Frankfurter Brokerhaus. Justus Fischer, Berater bei der cometis AG, hat Erfahrungen in verschiedenen Investor-Relations- und Unternehmenskommunikationsprojekten gesammelt. Für einen internationalen Tech- nologiekonzern hat er eine crossmediale Content-Marketing-Kampagne koordiniert. Fischer studierte Medienwissenschaft, Rhe- torik und Literaturwissenschaft an den Uni- versitäten Tübingen, Bielefeld und La Plata (Argentinien). Foto: © Mediaparts – stock.adobe.com

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 32 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT von Hans-Jürgen Friedrich, Vorstandsvorsitzender, KFM Deutsche Mittelstand AG Mittelstand hat Nachhaltigkeit in den Genen Investoren sind durch neue EU-Vorgaben gehalten, auf die Nachhaltigkeit ihrer Anlagen zu achten. Unabhängig davon lohnt sich das für Anleger – denn Investitionen in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen entwickeln sich langfristig besser. Der Mittelstand macht dies seit jeher vor. Investments müssen allerdings genau geprüft werden, inwieweit sie z.B. ESG-Kriterien erfüllen. Seit 10. März ist die Katze aus dem Sack. An diesem Tag trat die EU-Ver- ordnung „über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienst- leistungssektor“ in Kraft. Die Europäische Union verfolgt damit ein Klimaziel: Fi- nanzmittel sollen in nachhaltig wirk- same Investitionen gelenkt werden, und die neue Offenlegungsverordnung soll hier für Transparenz sorgen. In einigen zentralen Punkten gebe es noch Unklar- heiten, beklagt man bei der Bundesan- stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), aber so viel ist schon klar: Fi- nanzberater, Banken, Wertpapierfirmen und Assetmanager müssen darüber in- formieren, wie sie Nachhaltigkeitsrisi- ken in der Beratung und bei den Aus- wahlprozessen ihrer Assets berück- sichtigen. externen Institutionen mit gutem Ruf bestätigt werden, wie etwa von der Agentur imug | rating. Sie zählt zu den tonangebenden deutschen Nach hal tig- keits ratingagenturen, deren Stimme in der Finanzbranche Beachtung findet. Mit ihren Ratings haben Assetmanager ebenso wie Investoren nachvollziehbare Instrumente für ihre Anlageentscheidun- gen zur Hand. E-S-G in ESG Ob ein Investment in Aktien oder Anlei- hen nachhaltig ist, sollte nicht nur am Beitrag zur Erfüllung von Klimazielen festgemacht werden. Die ESG-Kriterien umfassen noch viel mehr: Neben den Klima- und Umweltaspekten (Environ- ment) sind auch soziale Kriterien (Social) zu berücksichtigen, etwa bei den Arbeits- bedingungen. Darüber hinaus hängt viel von der guten Unternehmensführung (Governance) ab. Erst der Dreiklang E-S-G sagt etwas darüber aus, ob ein Unternehmen, in das Anleger investieren, nachhaltig orientiert ist. Klare Kriterien wichtig Natürlich dürfte unter den neuen Regu- lierungsanforderungen die Versuchung wachsen, auf viele Assets einfach das Etikett „Nachhaltig“ zu kleben – die „Dis- ziplin“ Greenwashing bekommt somit weiteren Aufschwung. Umso wichtiger sind klare Auswahlkriterien, die transpa- rent kommuniziert und idealerweise von Jedes Jahr analysieren die ESG-Analys- ten von imug | rating z.B. das Portfolio der von der KFM Deutsche Mittelstand AG initiierten Fonds und stellen ein Testat aus. Die Fonds der KFM investieren in Anleihen deutscher und europäischer Mittelstandsunternehmen. Anleihen und Unternehmen werden von den Rating- experten in einer tiefgehenden Untersu- chung darauf geprüft, ob sie die ESG- Kriterien erfüllen. Die Analyse geht über reine Formalchecks hinaus: Einbezogen werden z.B. ebenso das Lieferketten- management oder Kontroversen in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Kor- ruption, die das Unternehmen belasten könnten, aber auch die Herstellung und der Vertrieb von Produkten und Dienst- leistungen mit positiven Nachhaltigkeits- wirkungen. Sollten die Analysten Warn- hinweise geben, werden diese vermerkt, und die Fondsmanager reagieren bei- spiels weise durch eine Reduzierung oder sogar Aussonderung der Anleihe aus dem Portfolio. Hans-Jürgen Friedrich ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der KFM Deutsche Mittelstand AG. Die KFM AG hat zwei Fonds initiiert: 2013 den Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS und im April 2019 den Europäischen Mit- telstandsanleihen FONDS. Der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS wurde 2018 und 2019 als Hidden-Champion-Fonds und 2020 mit fünf von fünf Falken von der GBC AG ausgezeichnet und zum Kauf empfohlen. 2020 wurde der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS mit dem „Transparenten Bullen“ prä- miert und er erfüllt laut imug | rating rele- vante Nachhaltigkeitskriterien. Friedrich unterstützt ehrenamtlich als Vize-Präsident den KMU-Verband und wurde Oktober 2020 als Berater in die TESG-Arbeitsgruppe der EU-Generaldirektion (FISMA) berufen.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 34 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT Interview mit Karsten Reetz, Geschäftsführer, reconcept GmbH, und Marc Speidel, Geschäftsführer, Lewisfield Deutschland GmbH „ Verantwortliches Investieren ist ein langfristiger Megatrend, an dem heute keiner mehr vorbeikommt“ Der Markt der nachhaltigen, grünen Geldanlagen wächst seit Jahren kontinuierlich. ESG-Faktoren gewinnen immer mehr an Bedeutung und werden zum neuen Maß- stab für Investoren. Die Hamburger reconcept-Gruppe setzt als Assetmanager und Projektentwickler im Bereich der erneuerbaren Energien bereits seit über 20 Jahren auf Nachhaltigkeit. Über Green Bonds beteiligt der Energieexperte private wie ins- titutionelle Investoren an seiner erfolgreichen Unternehmensentwicklung. Der erste reconcept Green Bond wurde schneller als erwartet vollplatziert.Gemeinsam mit der Lewisfield Deutschland GmbH als Financial Advisor ist derzeit ein Nachfolge- angebot in Planung. Grund genug für BondGuide, den beiden Geschäftsführern – Karsten Reetz, reconcept, und Marc Speidel, Lewisfield Deutschland – in puncto Nachhaltigkeit, Green Finance sowie aktueller und künftiger EE-Projekte auf den Zahn zu fühlen. BondGuide: Meine Herren, Green Bonds und ESG als Investmentkriterium sind derzeit in aller Munde – zu Recht oder handelt es sich doch nur um einen vo rü- bergehenden Hype? Speidel: Verantwortliches Investieren ist ein langfristiger Megatrend, an dem heute kein Investor und auch kein Finanzinter- mediär mehr vorbeikommt. Das hat ver- schiedene Gründe: Zum einen hat sich in den letzten Jahren die Nachfrage nach nachhaltigen Investitionszielen deutlich erhöht. Ein besonderes Wachstumsfeld sind nachhaltige Publikumsfonds. Das in nachhaltigen Fonds angelegte Vermögen hat laut Statistik des Fondsverbands BVI für 2020 inzwischen die Marke von 150 Mrd. EUR knapp erreicht. Im letzten Jahr floss mit netto 20,6 Mrd. EUR knapp die Hälfte des Neugeschäfts von Publikumsfonds auf nachhaltige Fonds. 2017 lag der Anteil am Neugeschäft noch bei 6%. Diese Dynamik hat das Volumen nachhaltiger Fonds binnen weniger Jahre rasch wachsen lassen. Der gesamte deutsche Fondsmarkt be- nötigte laut BVI von seinen Anfängen 1950 rund 40 Jahre, um eine vergleich- bare Größe zu erreichen. Reetz: Der Trend zu nachhaltigen Geld- anlagen wird sich gewiss fortsetzen. Nachhaltigkeit ist in der Mitte der Ge- sellschaft angekommen. Noch vor nicht allzu langer Zeit war die Frage von öko- lo gischer und sozialer Verantwortung bei der Geldanlage oder der Vermögens- verwaltung nur wenigen Vordenkern wich tig; heute wird bereits jeder zehnte Euro nachhaltig angelegt und Green Banking ist begehrt. BondGuide: Dieses wachsende Poten- zial haben Sie nun in Ihrem Green Bond aufgegriffen. Was bieten Sie Investoren hierfür und wie reagiert der Markt? Speidel: Der reconcept Green Bond I hat einen Kupon von 6,75% p.a. bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Die An- leihe ist handelbar, u.a. auch an der Frank- furter Börse (ISIN: DE000 A289R8 2). Karsten Reetz (li.) ist Geschäftsführer und zudem Gesellschafter der reconcept GmbH. Nach Eintritt in die reconcept GmbH baute der gelernte Bank- kaufmann das Unternehmen kontinuierlich aus und stellte die entscheidenden strategi- schen Weichen für den Start der reconcept- Gruppe als bankenunabhängiges Emissions- haus und Assetmanager im Jahr 2009. Unter seiner Führung wuchs der Bereich Projekt- entwicklung zur zweiten Einkommenssäule der Unternehmensgruppe, zudem öffnete sich das ursprünglich auf Windenergie in Deutschland fokussierte Unternehmen weiteren windreichen Regionen Europas sowie neuen Produktsparten – u.a. der Windenergie und Wasserkraft in Kanada. Marc Speidel ist Geschäftsführer der Lewisfield Deutsch- land GmbH. Das Team von Lewisfield Deutschland verfügt gemeinschaftlich über mehr als 30 Jahre Erfahrung im Bereich alter- native Finanzierungsprodukte und -lösungen sowie Beratung und Strukturierung derselben, mit Fokus auf den Kapitalmarkt für KMU. Speidel ist Dozent an der Dualen Hoch- schule Baden-Württemberg für „Alternative Finanzprodukte“ und hält einen Master of Business Administration (MBA) sowie einen Certified Financial Modeler (CFM). Die Investorennachfrage bei privaten wie ins titutionellen Anlegern war von Anbeginn außerordentlich hoch und bleibt kontinuierlich auf hohem Ni- veau. Das geplante Anleihevolumen von zunächst 10 Mio. EUR wurde daher

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 36 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Investments in nachhaltige Investment-/Spezialfonds in Deutschland institutionelle Investoren private Investoren +27% 121,7 +48% 82,3 +96% 18,3 +11% 9,4 8,5 154,3 160 140 120 100 80 60 40 20 0 R U E . d r M 2017 2019 Angaben enthalten Rundungsdifferenzen; Quelle: FNG Forum Nachhaltige Geldanlagen: Marktbericht 2020 2018 2017 2018 2019 im Fondsmanagement des größten Fonds für Mittelstandsanleihen. U.a. analysierte auch die auf Nachhaltigkeit spezialisierte Ratingagentur imug den reconcept Green Bond I – und zeichnete ihn mit der Bestnote „exzellent“ für seine Nachhaltigkeitsperformance aus. Die im Auftrag des Mittelstandsfonds durch- geführte qualitative Analyse überprüfte relevante Nachhaltigkeitsaspekte sowie eventuelle ESG-Risiken der Einzelinvest- ments auf deren mögliche materielle Aus- wirkung auf die Performance des „Deut- schen Mittelstandsanleihen FONDS“. Reetz: Insgesamt wurden 60 Titel im Anleihenportfolio analysiert, nur vier erhiel ten die Bestnote „exzellent“ – da- runter der reconcept Green Bond I. Auch von der Fachpresse wurden unsere Erneuerbare-Energien-Pro jekte bereits mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem renommierten Financial Advi- sors Awards 2020 für unsere Gezeiten- kraftprojekte in Kanada. Der Award be- stätigt unser Anlagekonzept, attrak tive Renditechancen mit einem inno vativen wie nachhaltigen und grünen Invest- ment zu verbinden, auf wunderbare Weise. Reetz: Impact Investing ist unsere Ant- wort auf die große Herausforderung des Klimawandels. Unsere Investments zie- len auf eine solide finanzielle Rendite und haben darüber hinaus messbare positive Auswirkungen auf die Umwelt. Wir schaffen Angebote für Kapitalanleger, die mit ihrem Geld einen aktiven Beitrag zum Schutz und Erhalt der Umwelt leis- ten wollen. Allein unser Windenergie- portfolio spart jedes Jahr 50.000 Tonnen an CO2 ein – das entspricht dem jährli- chen CO2-Fußabdruck von rund 5.000 Deutschen. Als mittelständisches Unter- nehmen hat reconcept schon früh die Bedeutung der erneuerbaren Energien und deren Chancen aus Investorensicht erkannt. Seit einem knappen Vierteljahr- hundert verfolgen wir ein grünes Ge- schäftsmodell. Wir konzipieren und mana- gen grüne Geldanlagen seit 1998. Gleich- zeitig entwickeln, bauen und betreiben wir Wind- und Solarenergie- wie auch Wasser- und Gezeitenkraftanlagen – teils in Eigenregie und teils in Kooperation mit erfahrenen Partnern. So bieten wir Investoren die Möglichkeit, sich an unse- ren Projekten mittelbar zu beteiligen. BondGuide: Welche Belege bietet recon- cept Investoren in Sachen Nachhaltigkeit? Speidel: Der reconcept Green Bond I durchlief bei mehreren institutionellen Investoren vor Aufnahme in deren Port- folio einen Nachhaltigkeitscheck – u.a. bei einer großen grünen Stiftung sowie Jährliches Emissionsvolumen global 280 240 200 160 120 80 40 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Quellen: Climate Bonds Initiative, Helaba Volkswirtschaft/Research, März 2020 D S U . d r M

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 38 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT von Peter Thilo Hasler, Gründer und Analyst, Sphene Capital GmbH Mental Accounting: Warum ESG-affine Anleiheinvestoren mit einer Underperformance rechnen müssen In den vergangenen Jahren hat sich ESG zu einer der tragenden Säulen der Kapitalanlage entwickelt und das traditionelle Dreieck aus Rendite, Risiko und Liquidität zu einem Viereck aufgestockt. Doch zahlt sich diese Erweiterung für Anleger überhaupt aus? Profitieren Investoren z.B. von einem besonders umweltkonformen Verhalten „ihres“ Unternehmens? Eine Antwort auf diese Frage könnten die zahlreich vorhandenen wissenschaftlichen Studien und Metastudien zur Sinnhaftigkeit von ESG- Investing liefern. Diese analysieren allerdings mehrheitlich die Aktienmärkte, für die gezeigt wird, dass sich die Einhaltung von ESG-Kriterien für Unternehmen lohnt, weil dadurch die Erreichung der ausgegebenen Finanzziele wahrscheinlicher wird, was für Anleger mit einem positiven Alpha – also einer risikoadjustierten Outperformance der Benchmark – verbunden ist. Von weitaus geringerer Bedeutung ist indes die Untersuchung des Einflusses von ESG auf die Performance von An- leiheemittenten und -investoren. Dies liegt Peter Thilo Hasler ist seit Anfang der 1990er-Jahre als Ak tienanalyst und Unternehmensberater tätig. Er ist Gründer und Finanzanalyst der Sphene Capital GmbH, die ausgewählten Unternehmen hochwertiges Aktienresearch und Dienstleistungen in der Unternehmens- bewertung anbietet. 2015 gründete er zu- dem die sphaia advisory GmbH, die mit- telständischen Unternehmen in Corporate- Finance- und Kommunikationsfragen berät. Hasler ist zudem Vorstand und Referent der DVFA sowie Dozent an Münchner Hoch- schulen zu Unternehmensbewertung und -finanzierung sowie Kapitalmarktforschung. Er ist Autor zahlreicher Blogs, Artikel und Bücher zu Unternehmensbewertung und -anleihen, Corporate Finance, Kapitalanlage und Investor Relations. nicht nur daran, dass für viele Anleihe- fondsmanager ESG-Prinzipien nach wie vor eine nur untergeordnete Rolle spielen, zumal deren kompromisslose Anwen- dung etwa bei Anleihen öffentlich-recht- licher Emittenten zum Ausschluss oder zu einer Untergewichtung ausgerechnet jener Länder führen kann, die an den Anleihemärkten eine besonders hohe Liquidität aufweisen. Was die Aktie von der Anleihe unterscheidet Unterschiede ergeben sich aber auch aus der Stellung der Investoren: Aktio- näre sind Eigentümer eines Unterneh- mens. Ihr Anliegen besteht darin, dass ein Unternehmen kurzfristig gut gemanagt wird, um den langfristigen Erfolg sicher- zustellen. Ihre Rendite auf das ein- gesetzte Kapital ist ex ante unbekannt, hohe Risiken werden jedoch mit der Aussicht auf hohe Kurssteigerungen akzep tiert. Anleiheinvestoren hingegen sind die zukünftigen Cashflows und die erwartete Verzinsung des eingesetzten Kapitals bekannt. Angesichts eines feh- lenden Upside-Potenzials – mehr als die ausgewiesene Verzinsung können sie nicht erzielen, wenn sie eine Anleihe bis zum Laufzeitende halten – verfolgen sie einen strengen Risikovermeidungs- ansatz: Ein Ausfall vor Fälligkeit einer Unternehmensanleihe muss unbedingt vermieden werden. Wenn sich nun der Corporate-Gover- nance-Score-Wert verschlechtert und deshalb die Reputationsrisiken steigen, wenn ein sinkender Umwelt-Score die Transformations- oder Klimarisiken erhöht oder wenn ein rückläufiger Social-Score dazu beiträgt, dass ein Unternehmen mittelfristig eine höhere Mitarbeiterfluk- tuation aufweist und schwerer qualifi- zierte Mitarbeiter findet, dann verschlech- tern sich auch seine Geschäftsaussich- ten. Davon betroffen sind zunächst nur die Aktionäre: Weil der ESG-Score als Fama- French-Factor in die Berechnung der Eigen kapitalkosten einfließt, hat ESG un- mittelbare Auswirkungen auf die lang fris- tig ausgerichtete, klassische Unterneh- mensbewertung. Eine Verschlechterung des ESG-Ratings führt dann zwangs- läufig zu einer Verringerung des fun- damentalanalytisch abgeleiteten Unter- nehmenswerts. Demgegenüber bleiben

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 40 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen höheren Finanzierungskosten rechnen müssen als Emittenten mit guten ESG- Ratings, wird ESG auch für Anleiheemit- tenten den notwendigen Stellenwert einnehmen. Mental Accounting des Anleiheinvestors Anleiheinvestoren ohne einen solchen eigenentwickelten ESG-Ansatz dürften dagegen eine Art „Mental Accounting“ betreiben, indem sie für ihre Transaktio- nen verschiedene Konten „einrichten“, die sie nach unterschiedlichen Maßstä- ben behandeln. Beispielsweise könnte der Großteil des Portefeuilles weiterhin nach traditionellen Maßstäben bestückt, die ESG-Komponente des Depots aber in einem „separaten“ Konto abgelegt wer- den: dem Konto des Impact Investing. In dieses werden jedoch keine gewöhn- lichen Unternehmensanleihen gepackt, selbst wenn sie einen guten ESG-Score aufweisen, sondern ausdrückliche Cli- mate- bzw. Green Bonds, denen dieses Label nur verliehen wird, wenn sie spe- zifische Klimaziele fördern. Damit sind sie aber auf das Projekt be- zogen und nicht auf den Emittenten selbst – woraus sich eine veritable Nachfragelücke ableiten lässt, denn als vergleichsweise neue Assetklasse liegt der Anteil der Green Bonds mit einem gesamten jemals begebenen Emissions- volumen von etwa 1 Bio. USD bei unter 1% des gesamten aktuell im Umlauf befind lichen Anleihevolumens. Aus dem hohen Nachfragedruck nach Green Bonds wiederum ergibt sich für die Emittenten eine deutlich abgesenkte Zinsbelastung – letzten wissenschaft- lichen Untersuchungen zufolge liegt das Green Bond Premium bei durchschnitt- lich minus zwei Basispunkten. Und für die Investoren? Für ESG-bewusste Anle ger ohne proprietären ESG-Ansatz, die sich auf Green Bonds beschränken müssen, ergibt sich eine deutliche Under performance gegenüber konven- tionellen Unternehmensanleihen. Foto: © Teeranon – stock.adobe.com Anleiheinvestoren in ihrer Gläubigerpo- sition so lange unbeeindruckt, wie das Unternehmen seinen Zinszahlungs- und Kreditrückzahlungsverpflichtungen nach- kommt. Demzufolge ist es nachvollzieh- bar, wenn Aktien wesentlich empfindlicher auf eine Veränderung der extra-finan- ziellen Risiken reagieren als Anleihen. Ohnehin dürfte ein aktives Rebalancing vonseiten der Anleihebesitzer nach einem Aufleuchten von ESG-Warnlampen kaum wahrscheinlich sein, zumal der Zusam- menhang zwischen einer Verschlechte- rung des ESG-Scores und einer höheren Zinsforderung des Kapitalmarkts unein- deutig ist. Zwar haben die führenden Ratingagenturen S&P, Moody’s und Fitch inzwischen, nicht zuletzt auf politischen Druck, damit begonnen, ESG-Kriterien in ihre holistischen Ratingmethodologien aufzunehmen. ESG ist darin aber wei- terhin nur eines von vielen die Rating note bestimmenden Kriterien – bestenfalls gleichrangig mit zentralen Finanzierungs- eckdaten wie Gearing, Kapitalumschlag oder Zinsdeckungsgraden. Verbesserun- gen an anderer Stelle können so eine Verschlechterung des ESG-Scores über- tünchen. Das Rating bleibt in diesem Fall per Saldo unverändert. Angesichts der Trägheit der Rating- metho dologien bleibt Anleiheinvestoren also nichts anderes übrig, als das zu tun, was sie bei ihren Aktienportfolios auch getan haben: ihren proprietären ESG- Ansatz nicht nur auf Aktien-, sondern auch auf Zinsportfolios anzuwenden. Auch Anleiheinvestoren werden ESG- Anlageprinzipien wie Positiv-Screening nach dem Best-in-Class-Ansatz oder Negativ-Screening nach dem Ausschluss- verfahren definieren und umsetzen, etwa indem in einer ESG-Long-Short-Strate- gie Unternehmensanleihen mit hohem ESG-Score gekauft und solche mit schlechtem ESG-Score gemieden wer- den – was wiederum ein starkes Signal an die Emittenten sendet und die Akzep- tanz von ESG fördern wird, denn Unter- nehmen refinanzieren sich nun einmal ungleich häufiger am Fremdkapital- als am Eigenkapitalmarkt. Und wenn Emit- tenten mit schlechteren ESG-Ratings auch am Fremdkapitalmarkt mit deutlich

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 42 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT von Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung, TU Darmstadt, und Julia Dißmann, ESG Investment Strategist, BayernInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH Sustainability-Linked Bonds – Green Capital for Brown Industries Während Nachhaltigkeit immer stärker als Entscheidungskriterium in das Blickfeld institutioneller Investoren rückt, droht Unterneh men in vielen braunen Industrien der Zugang zum Kapitalmarkt verloren zu gehen. Hier setzt eine Finanzinnovation aus dem Jahr 2019 an, als erstmals ein Sustainability-Linked Bond (SLB) vom italienischen Energieversorger Enel am Anleihe- markt platziert wurde. Das Emissionsvolumen von SLBs erreichte im Jahr 2020 weltweit bereits 8,9 Mrd. USD. J.P. Morgan, einer der größten Underwriter für diese Gattung, rechnet für 2021 sogar mit einem Emissionsvolumen von bis zu 150 Mrd. USD. Sustainability-Linked Bonds grenzen sich von den etablierten „Use-of-Proceed- Bonds“ wie Green- oder Social Bonds dadurch ab, dass die Mittelverwendung das gesamte Unternehmen betreffen kann und nicht projektgebunden ist. SLBs können somit auch Emittenten nutzen, deren mögliche Investitionspro- jekte nur äußerst selten den Green Bond Prof. Dr. Dirk Schiereck ist Leiter des Fachgebiets Unternehmens- finanzierung im Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt. Seine aktuellen For- schungsschwerpunkte liegen im Bereich der (kapitalmarktorientierten) Unternehmens- finanzierung, des Assetmanagements und der Digitalisierung der Finanzindustrie. Julia Dißmann, CFA, ist als ESG Investment Strategist bei der BayernInvest Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH im Bereich Portfoliomanagement tätig. Sie profitiert von über sechs Jahren Berufs- erfahrung im Assetmanagement sowie einem Bachelor- und Masterstudium der Volkswirt- schaftslehre. Principles entsprechen, allein schon, weil sie in kritischen Industrien tätig sind. Hier definiert der Emittent den Inves toren ein verbindliches Nachhal- tigkeitsziel über die Anleihelaufzeit so- wie entsprechende Anreizmechanismen zu dessen Erreichung. So ist in der Regel ein Step-up im Kupon (Kupon- steigerung) oder eine Zusatzzahlung an die Anleihegläubiger nach einem ver- einbarten Zeitraum die Konsequenz. Die Rahmenbedingungen werden u.a. in den im Juni 2020 veröffentlichten Sustainability-Linked Bond Principles durch die International Capital Market Association (ICMA) beschrieben. Klimaschutz von allen für alle? Die meisten SLBs legen den Fokus auf Klimaziele – sicherlich auch, weil der Klimawandel aktuell einen großen Teil der öffentlichen Diskussion einnimmt. Gerade Unternehmen CO2-intensiver Sektoren wie Öl und Gas, Zement oder der Stahlindustrie tun sich in der Regel schwer, Projekte für Green Bonds zu identifizieren, können aber durch Inves- titionen dennoch zu einer starken Reduk- tion von Treibhausgasen beitragen. Zudem sind gerade große Unterneh- men, die oft auch große Mengen CO2 produzieren, auf eine Finanzierung über Anleihen am Kapitalmarkt angewiesen. Neben stark steigendem regulatorischem Druck auf die vermeintlichen „Klima- schädlinge“ könnte in Zukunft auch die Investorennachfrage sehr konzentriert Richtung klimafreundliche Invest- ments tendieren und manchen Indus- trien mit traditionellen Unternehmens- anleihen den Marktzugang nahezu un- möglich machen. Selbst für Investorengruppen, die derzeit dem ESG-Trend nicht folgen, können gute Gründe dafür sprechen, die Port- folioausrichtung weg von CO2-intensiven Sektoren zu lenken. So hat Anfang 2021 S&P vor Downgrades im Energiesektor wegen eines erhöhten Risikos für die Branche z.B. von regulatorischer Seite gewarnt. Mitte Februar folgte auf die Ankündigung die Umsetzung. Am Ren- tenmarkt erholten sich die Kreditspannen der betroffenen Emittenten zwar relativ schnell – den ausgedehnten laufenden QE-Programmen der Zentralbanken und der noch immer anhaltenden Corona- pandemie dürften dabei aber eine ent- scheidende Rolle zukommen. Sobald die Zentralbanken ihre Käufe reduzieren, wird eine Ausweitung der Spreads sol- cher Papiere wieder wahrscheinlicher. Die Analyse klassischer, nicht mit Nach- haltigkeit verbundener Risikofaktoren

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 44 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT von Elisa Foerster, Sustainability Analyst, und Patrick Weltin, Sustainability Analyst, imug | rating Lock-in-Effekte vermeintlich grüner Klimainvestitionen Wer heute in vermeintlich grüne Anlagen wie Gaskraftwerke investiert, stellt damit die Weichen für eine Pfadabhängigkeit von fossilen Ressourcen, die den Einsatz nachhaltigerer Alternativen in der Zukunft möglicherweise völlig ausschließen. Jetzt, da das Ende der Kohle- und Atomkraftwerke zumindest in Deutsch- land offiziell besiegelt wurde, wird der Ruf nach Übergangs- bzw. Brücken- technologien laut, der vor der Nuklear- katastrophe von Fukushima lange Zeit der Atomenergie galt. Doch kann eine Brückentechnologie eine Technologie der Zukunft sein? „From brown to green“ Der Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise wird im Finanzsektor gerne mit der Formulierung „from brown Elisa Foerster ist als Sustainability Analyst bei imug | rating spezialisiert auf die Erstellung von Second Party Opinions für nachhaltige Anleiheemissionen. Sie hat Umweltwissen- schaften mit dem Schwerpunkt Nachhaltig- keitsmanagement in Lüneburg und Lima sowie Sustainable Business & Innovation in Utrecht und Hamburg studiert. Patrick Weltin ist als Sustainability Analyst bei imug | rating u.a. zuständig für die Erstellung von Nachhaltigkeitsratings und Second Party Opinions. Er hat Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Finanzmarktpolitik, So- ziologie und Ethnologie an der Universität Trier studiert. to green“ beschrieben. Als braun wer- den Unternehmen, Aktivitäten und Ver- mögenswerte bezeichnet, die für große Mengen an Treibhausgasemissionen ver- antwortlich sind. Besonders diese Un- ternehmen benötigen finanzielle Unter- stützung in der Übergangsphase (engl. „Transition“) zu einem „grüneren“ Ge- schäftsmodell. Instrumente wie etwa Transition Bonds sollen diese Finanzie- rungslücke für die folgenden „braunen“ Branchen schließen: • Stahl, • Öl & Gas, • Plastik/Kunststoff auf Erdölbasis und • Zement. Was bedeutet der „Lock-in-Effekt“ in Bezug auf vermeintlich grüne Finanzierungen? Im Entwurf der EU-Taxonomie des letz- ten Jahres waren Geschäftsaktivitäten mit Gas eingeschlossen, aber mit solch hohen Schwellenwerten versehen, dass kein konventionelles Gaskraftwerk sie einhalten konnte. Dagegen sind Ende 2020 zehn EU-Staaten vorgegangen und haben die EU-Kommission bedrängt, diese Schwellenwerte zu lockern. Jetzt sickern immer mehr Informationen durch, wonach die EU-Kommission die Schwel- lenwerte senken will und damit die Glaubwürdigkeit und Sinnhaftigkeit der EU-Taxonomie untergräbt. Akteure aus dem Sustainable-Finance-Bereich haben sich in einem offenen Brief mit der For- derung zum Ausschluss konventionel- len Erdgases direkt an die EU-Kommis- sion gewandt.1 Auch NGOs wie beispiels- weise die Deutsche Umwelthilfe fordern den kompletten Ausschluss von Erdgas.2 Kritische Stimmen äußern sich auch da- zu, dass bei Bestands- und Neuanlagen dieselben Schwellenwerte angesetzt wer- den, z.B. in der Zementindustrie. Solche Großanlagen haben in der Regel eine lange Lebensdauer und könnten, auch wenn sie heute mit den Schwellenwer- ten der EU-Taxonomie übereinstimmen, bald in Widerspruch mit dem EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 stehen.3 Damit bergen auch neue Produktions- anlagen die Gefahr von Lock-in-Effekten, denn eine Finanzierung von Brü cken- technologien mit zu niedrigen Schwellen- werten könnte langfristig dazu führen, dass emissionsintensive Technologien und deren fossile Infrastruktur für wei- tere folgende Generationen verankert werden („Carbon-Lock-in-Effekt“).4 1 Vgl. Giegold, S./Jeromin, K./Eickhout, B. (2021): Open Letter to the EU Commission for credible Sustainable Finance Rules. https://actionnetwork.org/petitions/ open-letter-sustainable-finance-rules/, abgerufen am 26. März 2021. 2 Vgl. Deutsche Umwelthilfe e.V. (2021): Regeln für nach- haltige Investments müssen sauber bleiben: Deutsche Umwelthilfe fordert Ausschluss von Erdgas aus der EU-Taxonomie. https://www.presseportal.de/pm/ 22521/4871124, abgerufen am 26. März 2021. 3 Vgl. Schütze, F./Stede, J./Blauert, M./Erdmann, K. (2020): EU-Taxonomie stärkt Transparenz für nachhal- tige Investitionen. In: DIW Wochenbericht, 2020(51), doi:10.18723/diw_wb:2020–51-1, S. 973–981. 4 Vgl. Unruh, G. C. (2000): Understanding carbon lock-in. In: Energy Policy, 28(12), doi:10.1016/s0301- 4215(00)00070-7, S. 817–830; vgl. Mattauch, L./Creutzig, F./Edenhofer, O. (2015): Avoiding carbon lock-in: Policy options for advancing structural change. In: Economic Modelling, 50, doi:10.1016/j.econmod.2015.06.002, S. 49–63.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 46 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek ESG – Umwelt, Soziales und die Unternehmensführung mit großen Schritten Im Jahre 20181 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen mit zehn Schritten. Anschließend hat sie zudem das Ziel ausgerufen, dass die EU bis 2050 zum ersten klimaneutralen Wirtschaftsraum der Welt werden soll. Diese Ziele erfassen Umwelt, Soziales und die Unternehmensführung. Nunmehr werden immer mehr Regelungen in diesem Bereich veröffentlicht. Wesentliche Aspekte sind Transparenz, einheitliche Begriffe und Anforderungen an nachhal- tige Produkte. Im Ergebnis der Regulierung sollen Finanzströme in nachhaltige ökonomische Aktivitäten gelenkt werden. Wesentliche Regelungen sind dabei die folgenden – allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Taxonomie-Verordnung ab 1. Januar 2022 Die Taxonomie-Verordnung2 bildet ein Klassifizierungssystem für nachhaltige ökonomische Aktivitäten. Durch einheit- liche Begriffe und Verständnisse soll die Gefahr eines Greenwashing reduziert werden. Ziele nach der Taxonomie- Verordnung sind Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, Schutz Dr. Anne de Boer ist Partnerin und Rechtsanwältin im Bereich Kapitalmarkt & Corporate bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Stuttgart. Sie berät insbe- sondere bei der Emission von Anleihen, Genussscheinen und weiteren Kapitalmarkt- produkten, bei Fragen der Wertpapiertechnik und zur Kapitalmarkt-Compliance. von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung der Umweltverschmutzung und Biodiversität. Damit eine Tätigkeit als nachhaltig gelten kann, muss sie vier Kriterien genügen: substanzieller Beitrag zu einem der Ziele, keine erhebliche Verlet- zung eines anderen Ziels, Erfüllung der Mindestanforderungen an Governance, Menschenrechte und Arbeitnehmer- rechte sowie Compliance mit den durch die EU-Kommission vorgegebenen Technical Screening Criteria. Ergänzend können auch Unterstützungsaktivitäten (z.B. Datenservice) und Übergangs- tätigkeiten (bessere Alternativen) unter bestimmten weiteren Voraussetzungen als nachhaltige Tätigkeiten eingestuft werden. Eine einheitliche Klassifizierung bzw. Terminologie soll Transparenz über den Nachhaltigkeitsgrad von Unternehmen und Finanzprodukten schaffen. Zudem werden Offenlegungspflichten definiert; dies gilt insbesondere für kapitalmarkt- orientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Details vor allem im Hinblick auf die ein- zelnen Ziele werden in Umsetzungs- regelungen sukzessive ausgeführt. Offenlegungsverordnung seit 10. März 2021 Die Offenlegungsverordnung3 verpflich- tet Marktteilnehmer, ESG-bezogene Informationen zur Verfügung zu stellen. Dies trifft sowohl die Unternehmen und ihre Strategien als auch Produkte. Zudem werden Vorgaben für mit Nach- haltigkeit beworbene Produkte sowie für sogenanntes Investing aufgestellt. Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter müssen offenle- gen, inwieweit Nachhaltigkeitsrisiken im Investitionsentscheidungsprozess be- rücksichtigt werden. Durch die Harmo- nisierung von offenzulegenden Informa- tionen soll Anlegern eine Vergleichbar- Impact 1 8. März 2018. 2 Verordnung (EU) 2020/852. 3 Verordnung (EU) 2019/2088.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 48 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Thoralf Herbold, Rechtsanwalt und Partner im Bereich Energiewirtschaftsrecht, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB European Green Deal – Status quo der Umsetzung in Deutschland Zu Beginn des Jahres 2021 steht die Bundesrepublik Deutschland unter den Auswirkungen der Coronapandemie mehr denn je vor der Herausforderung, die Energiewende strategisch klug, wirtschaftlich effizient und zugleich sozial ausgewogen voran- zutreiben. Wegweisend hierfür wird der Ende 2019 vorgestellte European Green Deal sein, mit dem die Europäische Union unter der Federführung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Ziel verfolgt, die Nettoemissionen von Treib- hausgasen in der Union bis 2050 schrittweise auf null zu reduzieren. Was der European Green Deal beinhaltet und welche Schritte zu dessen Umsetzung in Deutschland bereits ergriffen wurden, soll nachfolgend zusammengefasst werden. Inhalt des European Green Deal Das Ziel eines klimaneutralen Europas bis 2050 soll nach der Konzeption des European Green Deal durch die Wieder- herstellung der Biodiversität, die Be- kämpfung der Umweltverschmutzung sowie die Förderung einer effizienteren Ressourcennutzung mittels des Über- gangs zu einer sauberen und kreislauf- orientierten Wirtschaft erreicht werden. Thoralf Herbold ist Leiter der Praxisgruppe Energie wirt schaft bei GÖRG Partnerschaft von Rechtsan- wälten mbB. Er ist spezialisiert auf Erneuer- bare-Energien-Projekte (Offshore- und Onshore-Windparks, PV-Anlagen), berät seit Jahren zum regu latorischen Rahmen der Energiewirtschaft und hat bereits zahlreiche M&A-Transaktionen in diesem Bereich erfolgreich begleitet. Zu seinen Mandanten zählen Investoren, Projekt- entwickler und Anlagenbetreiber. Als konkret zu unternehmende Schritte sieht der Aktionsplan verschiedene regu- latorische Maßnahmen in den Berei- chen Energie, Handel, Verkehr, Indus- trie, Land- und Forstwirtschaft sowie Finanzmärkte vor. Dazu zählen der wei- tere Ausbau erneuerbarer Energien, die Ausweitung des Emissionshandelssys- tems, die Schaffung eines CO2-Grenz- ausgleichssystems sowie die Produk- tion von „grünem Stahl“. Umgesetzt werden sollen diese Projekte durch ein Zusammenspiel zahlreicher europäi- scher und mitgliedstaatlicher Maßnah- men. Der European Green Deal legt zu- dem den Grundstein für den Erlass eines euro päischen Klimagesetzes, mit dem die Ziele des Konzepts – insbe sondere die CO2-Neutralität bis 2050 – in verbindliches europäisches Recht überführt werden sollen. Der erste Gesetzesentwurf der Kommis- sion liegt zurzeit dem Europäischen Par lament und dem Rat zur Beratung vor. Der Abschluss des Gesetzge- bungsverfahrens dürfte in den nächs- ten zwei bis drei Jahren zu erwarten sein. Umsetzung in Deutschland In Deutschland wurden bereits wichtige Weichen zur Umsetzung des European Green Deal gestellt: Im Dezember 2020 verabschiedete der Bundestag eine umfassende Überarbeitung des Erneu- erbare-Energien-Gesetzes („EEG 2021“). Mit zahlreichen Änderungen im Detail wurde das EEG 2021 novelliert und den aktuellen Bedürfnissen des Energie- markts angepasst. Dem zentralen Ziel des Gesetzes, den Anteil des aus er- neuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 65% zu steigern, wurde zu einer stärkeren Verbindlichkeit verhol- fen, jede Erneuerbare- Energien- Technologie konkrete Mengen- ziele für den jährlichen Zubau festgelegt wurden. So soll der erzeugte Strom aus Windenergieanlagen an Land beispiels- weise im Jahr 2022 57 GW betragen und auf 71 GW im Jahr 2030 gesteigert werden. indem für Zusätzlich traten mit dem bereits am 5. November 2020 beschlossenen Gesetz zur Beschleunigung von Investitionen („Investitionsbeschleunigungsgesetz“) verfahrensrechtliche Erleichterungen

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 50 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Philipp Melzer, Rechtsanwalt und Partner, CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB Green Bonds und europarechtliche Vorgaben Nachhaltiges Investieren ist zurzeit in aller Munde. Es rückt mehr und mehr in den Fokus institutioneller wie privater Investo- ren. Ein Baustein nachhaltiger Investitionen bilden sogenannte Green Bonds. Es handelt sich dabei um Anleihen, für die ein Mittelverwendungszweck vorgesehen ist, der als ökologisch wertvoll angesehen wird. Rechtlich verbindliche Vorgaben beste- hen in diesem Bereich nicht, aber es haben sich bestimmte Standards herausgebildet, deren Einhaltung empfohlen wird. Der wohl prominenteste dieser Stan- dards stammt von der International Capital Market Association (ICMA): die „Green Bond Principles“ (GBP). Diese Standards sollen dem Problem des sogenannten Greenwashings begeg- nen. Unter Greenwashing versteht man die Vermarktung einer Anleihe oder eines sonstigen Finanzinstruments als grün, ohne dass dieses Kriterium tatsächlich erfüllt ist. Europäische Green Bond Standards Die EU hat sich des Themas in Form der Green Bond Standards (GBS) ange- nommen. Man folgt dabei dem Ansatz, keine verbindlichen Vorgaben zu Foto: © Grecaud Paul – stock.adobe.com machen. Die den GBS folgenden EU Green Bonds sollen als „Qualitätsstan- dard“ etabliert werden. Das bedeutet, dass die Vorgaben nur dann verbindlich sind, wenn ein Emittent seine Anleihe als EU Green Bond deklariert und damit den Investoren signalisiert, dass er die sehr stringenten Anforderungen der GBS einhält. Die verschiedenen Green-Bond-Regel- werke basieren im Wesentlichen auf den nachfolgenden vier Säulen: Erlösverwendung Erlöse aus einem Green Bond dürfen nur zur Finanzierung bestimmter Pro- jekte verwendet werden, etwa zur Finanzierung oder Refinanzierung öko- logischer Projekte (inkl. zugehöriger Ausgaben, z.B. für Forschung und Ent- wicklung). Dabei orientieren sich die GBS an der ebenfalls europäischen Taxonomie-Verordnung. Sie enthält Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. Philipp Melzer ist Rechtsanwalt und Partner bei der inter- nationalen Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle in Frankfurt am Main und dort zustän- dig für den Bereich des Kapitalmarktrechts. Er begleitet ECM- und DCM-Transaktionen und berät regelmäßig zu nachhaltigen Anlageformen und der Umsetzung von ESG-Standards.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 52 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG Interview mit Lubomila Jordanova, CEO, PlanA.Earth GmbH „ Falsch, irreführend oder sogar unlauter“ Das Berliner Greentech Plan A hat eine Petition gestartet, um dem sogenannten Greenwashing in der EU ein Ende zu bereiten – eine Mammutaufgabe, ist die Büchse der Pandora doch schon geöffnet. BondGuide im Gespräch mit der CEO von PlanA. Earth GmbH, Lubomila Jordanova. BondGuide: Frau Jordanova, zunächst einmal direkt zu Plan A: Was macht ein „CO2-Emissions- und ESG-Manager“ konkret? Jordanova: Der Carbon Manager von Plan A ist eine End-to-End-SaaS-Platt- form, die es Unternehmen ermöglicht, ihren ökologischen Fußabdruck zu messen, zu überwachen, zu reduzieren und zu berichten und gleichzeitig ihre ESG-Performance verbessern. Unsere Software berechnet den Carbon Footprint eines jeden Unternehmens mithilfe einer automatisierten Daten- erfassung nach einer anerkannten und wissenschaftlich fundierten Methodik. zu BondGuide: Wie geht das? Jordanova: Die Plattform überwacht die Emissionen im Laufe der Zeit, sodass die Nutzer ihre Fortschritte nachvollziehen und sehen können, wie ihre Unternehmen im Vergleich zu Bran- chenbenchmarks abschneiden. Um unseren Kunden zu helfen, wirksame Schritte zu unternehmen, erstellt unsere Software maßgeschneiderte Pläne, die Dekarbonisierungsmaßnahmen und In- itiativen zur Mitarbeiterbeteiligung bein- halten. BondGuide: Mit der Kampagne „Make 2021 Count“ setzen Sie sich für einheit- liche und verbindliche Transparenzstan- dards bei der Bilanzierung von CO2- Emissionen ein. Wen, d.h. Behörde, Verband, privates Unternehmen oder auch welches Land, sehen Sie in der Hauptrolle, in der Bringschuld, bei der Schaffung von Standards – wer soll oder muss sich als Meinungsführer durchsetzen? Jordanova: Wir haben Plan A aus der Überzeugung heraus gegründet, dass jedes Unternehmen die Macht hat, den Weg in eine nachhaltigere Zukunft zu ebnen. Deshalb sehen wir private Unter- nehmen als wichtigstes Vehikel, wenn es darum geht, den Transformations- prozess entscheidend und nachhaltig voranzutreiben. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die EU und staatliche Stel- len als Gesetzgeber einen einheitlichen und verbindlichen Ordnungsrahmen errichten, um Transparenz zu schaffen und dem Greenwashing ein für alle Mal Quelle: PlanA.Earth GmbH Lubomila Jordanova ist Mitbegründerin und CEO der PlanA.Earth GmbH, eines Berliner Start-ups, das eine End- to-End-Plattform entwickelt, mit der Unterneh- men ihren ökologischen Fußabdruck messen, überwachen und reduzieren sowie ihre ESG- Leistung verbessern können. einen Riegel vorzuschieben. Aus diesem Grund richten wir unsere Petition an die EU. BondGuide: Waren Sie im vergangenen November irgendwie erleichtert? Nach dem Ausgang der US-Wahl. Jordanova: Es ist kein Geheimnis, dass Donald Trump den Klimawandel und seine Folgen vehement bestritten hat. Joe Biden hingegen hat schon früh deutlich gemacht, dass er von der Poli- tik der Trump-Ära radikal abweichen wird. Ein erster Schritt war, die USA zurück in das Pariser Klimaabkommen zu führen. Ein anderer ist der Multi-Billi- onen-Dollar-Plan, sich zu ehrgeizigen Klimaschutzzielen zu verpflichten. Das

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 54 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Roman Teufl, Geschäftsführer, Deutsche Lichtmiete Vertriebsgesellschaft für ethisch-ökologische Kapitalanlagen mbH EU-Taxonomie macht Nachhaltigkeit messbar Die Coronakrise ist omnipräsent. Aber nicht nur diese Krise dominiert uns – denn die Klimakrise bleibt allgegenwärtig. Genau hier setzt die ab 1. Januar 2022 geltende EU-Taxonomie an. Sie ist die Grundlage für die Definition ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten und hat zum Ziel, die Kapitalflüsse stärker in nachhaltige Investitionen zu lenken. Im Mittelpunkt stehen Offenlegungs- und Berichtspflichten von Marktakteuren sowie der Schutz von Anlegern vor Greenwashing. Einen Vorteil haben schon jetzt jene Unternehmen, deren Finanzprodukte nicht nur grün beworben werden, sondern sich nachweislich auch an den von der EU in der Taxonomie definierten sechs Umweltzielen orientieren. Was heute zukunftsfähig sein will, muss nachhaltig sein. Der Begriff Nachhaltig- keit existiert tatsächlich schon viel länger, als nachhaltige Ansätze in der Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft unserer Zeit vermuten lassen. Bereits 1713 wird er im Bereich Waldwirtschaft erwähnt und begründet den nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen – ein Prinzip, an dem sich nachhaltiges Denken und Handeln auch im 21. Jahrhundert orien- tiert. Dafür stehen die Ziele für nachhal- tige Entwicklung der Agenda 2030 der Roman Teufl ist seit zehn Jahren Geschäftsführer der Deutsche Lichtmiete Vertriebsgesellschaft für ethisch-ökologische Kapitalanlagen mbH. Der gebürtige Münchner ist über- zeugt von der Idee des ökologischen und nachhaltigen Wirtschaftens. Teufl ist seit über 30 Jahren spezialisiert auf den Bereich Refinanzierungen (Schiffs-, Immobilien- und Unternehmens finanzierung) und hat zahlrei- che i nnovative Geschäftskonzepte entwickelt, begleitet und erfolgreich etabliert. Vereinten Nationen, deren Umsetzung die EU-Kommission mit dem Green Deal von 2019 bekräftigt hat. Grünes Klassifikationssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten Die langfristige Sicherung der Wett- bewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der Union ist für die EU untrennbar mit Nachhaltigkeit und einer klimaneutra- len, klimaresilienten, ressourceneffizi- enteren und stärker kreislauforientierten Wirtschaft verbunden. In ihrem Aktions- plan „Finanzierung nachhaltigen Wachs- tums“ ist die Neuausrichtung von Kapi- talflüssen hin zu nachhaltigen Investiti- onen ein Schlüsselelement, um nach- haltiges und integratives Wachstum zu schaffen. Die Einführung des weltweit ersten grünen Klassifikationssystems für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten, der Taxonomie, auf Unionsebene ist die wichtigste Maßnahme in diesem Akti- onsplan. Transparenz fördern, Anlegervertrauen stärken Zwei neue Verordnungen des Europäi- schen Parlaments und des Rates der EU sollen hier einen verbindlichen Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen schaf- fen. In der sogenannten Offenlegungs- verordnung definiert die Europäische Union nachhaltigkeitsbezogene Offen- legungs- und Berichtspflichten, die bereits heute zu erfüllen sind. Die Taxo- nomie-Verordnung definiert die Umwelt- ziele der Europäischen Union und wie die Marktteilnehmer einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können. Geeinigt hat sich die EU darauf im Dezember 2019, anwendbar sind sie schon ab 1. Januar 2022. Dennoch steht das Thema nicht bei allen Unternehmen auf der Agenda. Das sollte es aber – denn ein wesentlicher Aspekt der EU-Taxo- nomie ist, das Anlegervertrauen und das Bewusstsein für die Umweltaus- wirkungen von Finanzprodukten oder Unternehmensanleihen zu stärken. Anleger sollen nachhaltige Investments besser erkennen und sie von Green- washing unterscheiden können. Nach- haltigkeit wird daher ein noch stärkeres Selektions- und Erfolgskriterium für Unternehmen. Sechs Umweltziele definieren ökologische Nachhaltigkeit Mit der Taxonomie will die EU Kapital- ströme verstärkt und gezielt in ökolo- gisch nachhaltige Wirtschaftstätigkei- ten lenken. Der Aspekt der Nachhaltig- keit muss sich dabei an den von der EU genannten und definierten sechs Umweltzielen orientieren:

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 56 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Rosl Veltmeijer, Portfoliomanagerin, Triodos Investment Management B.V. EU-Taxonomie darf nicht verwässert und verzögert werden Die Europäische Kommission nahm eine mutige und wichtige Herausforderung an, als sie 2018 mit der Entwicklung der EU- Taxonomie begann. Die Absicht hinter dem nicht bindenden Leitfaden für die Finanzierung von nachhaltigem Wachstum war es, „grüne“ und „nicht grüne“ wirtschaftliche Aktivitäten zu definieren. So soll die EU-Taxonomie Investoren dabei helfen, fun- dierte Entscheidungen zu treffen, und die EU dabei unterstützen, ihre Klima- und Energieziele für 2030 zu erreichen. Klingt einfach, nicht wahr? Ist es aber nicht. Anstelle eines geradlinigen Klassifizierungsplans gab es endlose Debatten und Streitig- keiten, und die Reise, die vor uns liegt, scheint alles andere als geradlinig zu sein. Der Prozess entwickelt derzeit eine pre- käre Dynamik, und jeder möchte einbe- zogen werden. Die einzelnen Branchen und die Mitgliedstaaten streiten über den Entwurf und kämpfen darum, die Grenzen dessen, was als „grün“ gilt, zu erweitern. Glaubt man den Greenwa- shing-Lobbyisten, so ist schon jetzt praktisch alles „grün“. Aber im Ernst: Rosl Veltmeijer ist bereits seit 2001 für Triodos Investment Management tätig, seit dem 1. Juli 2020 in der Position als Portfoliomanagerin Fixed Income für die nachhaltigen diskretionären Portfolios der Triodos Bank Private Banking. Bis 2017 war sie als Head of Research für die Entwicklung und Anwendung nachhaltiger Anlagekriterien sowie für die Engagement- Aktivitäten von Triodos IM verantwortlich. Veltmeijer hat einen Master-Abschluss in Social Banking und Social Finance von der University of Plymouth. Können fossile Brennstoffe als ökolo- gisch sinnvoll angesehen werden? Mit Blick auf wissenschaftliche Erkenntnis- se aus der Klimaforschung geht das meiner Meinung nach nicht. Leider gelang es den Lobbyisten, die Umset- zung der Taxonomie bis Sommer 2022 zu verzögern, aber die Welt kann sich diese Verzögerung nicht leisten. Zudem dürfen die Kriterien keinesfalls verwäs- sert werden. Die Taxonomie kann Unter- nehmen wirksam dabei unterstützen, die Umstellung auf eine kohlenstoffar- me Wirtschaft zu planen und Investitio- nen sowie Aktivitäten entsprechend zu verlagern. Anspruch und Realität klaffen weit auseinander Nehmen wir den land- und forstwirt- schaftlichen Sektor als Beispiel. Eine Vielzahl von Agrarunternehmen fordert mehr Zeit für die Anpassung und mehr Flexibilität, als die vorgeschlagenen Kriterien zulassen – aber das steht im Widerspruch zu dem, was die Welt jetzt braucht. Der Sektor muss sich von den derzeitigen produktionsorientierten Systemen abwenden, hin zu solchen, die ökologisch und sozial widerstands- fähig sind und auf ausgewogenen Öko- systemen basieren. Ich weiß, das ist eine gewaltige Aufgabe – aber wir dürfen keine Zeit verlieren, wenn wir sicher- stellen wollen, dass die wachsende Bevölkerung jederzeit Zugang zu gesun- den und nahrhaften Lebensmitteln hat. Auch wenn der Einsatz von Pestiziden kurzfristig zu höheren Erträgen führen kann, zerstört er auf lange Sicht unsere Böden und unsere Artenvielfalt. Um die Landwirtschaft zukunftssicher zu gestalten, muss in regenerative Sys- teme investiert werden, was nur über faire Lebensmittelpreise möglich wird; allerdings sind die Preise für Lebensmit- tel alles andere als fair. Landwirte brau- chen ein ausreichendes Einkommen, um in langfristig tragfähige, nachhaltige Verfahren investieren zu können. Die Forderung nach fairen Lebensmittel- preisen muss gestellt werden, darf dabei jedoch keinesfalls die vorgeschla- genen Taxonomiekriterien verwässern. Alle wirtschaftlichen Folgen einer Umstellung müssen unbedingt identifi- ziert, aber mithilfe anderer Mechanis- men gelindert werden. In unserem Bei- spiel könnte der Einsatz von Pestiziden besteuert werden, um mit dem einge- nommenen Geld Landwirte zu unter-

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 58 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN Interview mit Dr. Wolfgang Bohner, Leiter Finanzen und Treasury, und Robert Allen Strehl, Leiter Investor Relations und Sustainable Finance, Deutsche Bahn AG „ Investoren erwarten heute deutlich mehr von einem Geschäftsbericht als nur Daten zur Finanzlage“ Die Deutsche Bahn AG (DB) steht für nachhaltige Mobilität. Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz. So bekannt, so gut. Auch als regelmäßiger Anleiheemittent steht die DB für Nachhaltigkeit. Ihre aktuelle Euro-Benchmark-Anleihe zeigt dies eindrücklich. Sie ist die erste Emission des Unternehmens an der Luxemburger Börse innerhalb des neuen Berichtssegments Luxembourg Green Exchange (LGX). Erst im Februar wurde die DB als einziges deutsches Unternehmen in dieses neue Segment für beson- ders klimafreundliche Emittenten aufgenommen. Bei der Präsentation ihrer Geschäftszahlen hat die DB langjährige Erfahrung darin, wesentliche Nachhaltigkeitsthemen mit wichtigen Finanzkennzahlen zu verknüpfen. Ende März stellte die DB ihren aktuel- len Integrierten Bericht 2020 vor, dieses Jahr unter dem Motto „Ein starkes Team für eine starke Schiene“. Dr. Wolfgang Bohner, Leiter Finanzen und Treasury, sowie Robert Allen Strehl, Leiter Investor Relations und Sustainable Finance, Deut- sche Bahn AG, erläutern im BondGuide-Interview, wie sich die DB aktiv als grüner Emittent aufstellt. BondGuide: Herr Dr. Bohner, Herr Strehl, was bedeutet es für die Deutsche Bahn, ein grüner Emittent zu sein? Bohner: Für uns als DB ist Nachhaltigkeit wesentlicher Bestandteil unserer DNA. Das, was wir als Konzern machen – kli- mafreundliche Mobilität und Logistik –, ist grün. Unser nachhaltiges operatives Geschäft ist Ansporn für uns, in allen Bereichen des Konzerns noch grüner zu werden. Diesen Prozess der grünen Foto: © Deutsche Bahn AG Transformation der DB unterstützen wir treasuryseitig durch unsere Finanzie- rungsmaßnahmen – und das gilt nicht nur für einzelne Projekte, sondern über- greifend. Deswegen ist Investieren in Bahn-Anleihen aktiver Klimaschutz. Strehl: Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns nicht neu – deshalb berichten wir z.B. auch bereits seit sieben Jahren inte griert. Für uns ist eine integrierte Bericht erstattung mehr als reine Zusam- menführung von Geschäfts- und Nach- haltigkeitsbericht. Unser Ziel ist, einen umfassenden Überblick zu geben über den DB-Konzern und die Leistungen in den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökonomie, Soziales und Ökologie. Ge- schäftszahlen werden in ihren jeweiligen Kontext gesetzt, Informationen miteinan- der verknüpft und Wechselwirkungen in- nerhalb des DB-Konzerns aufgezeigt. Wir bieten damit ein sehr transparentes Bild über alle wesentlichen Aspekte der DB. BondGuide: Was waren die Gründe dafür, auf einen integrierten Bericht um- zustellen? Strehl: Bis zum Jahr 2014 haben wir noch einen separaten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Das war für uns eine Über- gangsphase, in der wir Kennzahlen er- Dr. Wolfgang Bohner (li.) kam vor über 25 Jahren zur Deutschen Bahn und war damit Teil des Treasury-Gründungs- teams bei dem Staatskonzern. Dr. Bohner baute im vergangenen Jahrzehnt die Abteilung Corporate Finance auf. In dieser Funk tion war der promovierte Wirtschaftsmathematiker maßgeblich mit den Vorbereitungen des geplanten Börsengangs befasst. Im Okto ber 2015 folgte die Beförderung zum Bereichs- leiter Finanzen und Treasury. In dieser Funktion berichtet Dr. Bohner direkt an den Vorstand Finanzen und Logistik der Deutschen Bahn, Dr. Levin Holle. Robert Allen Strehl ist bereits seit 2001 im Bereich Investor Relations der Deutschen Bahn tätig und übernahm Ende 2009 die Leitung des fünf- köpfigen IR-Teams. Neben der Betreuung von Investoren, Analysten und Ratingagen- turen stehen die integrierte Berichterstattung und das Thema ESG in seinem Fokus. Im Jahr 2014 verantwortete er die Einführung des integrierten Berichts der Bahn, der u.a. 2019 von der Wirtschaftsprüfungsgesell- schaft PwC mit dem „Building Public Trust Award“ ausgezeichnet wurde. Seit Anfang 2021 gehört auch das Thema Sustainable Finance zu seinem Verantwortungsbereich.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 60 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Zusammensetzung von Nachhaltigkeitsthemen bei der DB AG Quelle: Deutsche Bahn AG und die Politik. Unsere Mitarbeitenden und Führungskräfte sind ebenfalls ein- bezogen. Unsere wesentlichen Nachhal- tigkeitsthemen setzen sich als Basis aus den wesentlichen Themen nach den Anfor derungen der Global Re- porting Ini tiative (GRI) zusammen. Hin- zu kommen Themen, die für die DB zu- sätzlich wichtig sind, wie etwa eine nachhaltige Lieferkette oder gesell- schaftliches Engagement. Weitere rele- vante Themen leiten sich aus unserem Wunsch ab, gegenüber den Stakehol- dern besonders trans parent zu sein. Hier- zu zählen z.B. Kunden sicherheit, Daten- schutz oder das Thema Lärm. In Sum- me berichten wir konkret und umfas- send über 14 Nachhaltigkeits themen. Diese Liste wird jährlich aktualisiert. BondGuide: Wie zeigt sich für Sie die zunehmende Bedeutung von ESG-The- men und wie gehen Sie damit um? Bohner: Die Abdeckung von ESG-The- men ist mittlerweile zu einem Must-have geworden. Das heißt nicht, dass sich alles nur noch um ESG-Themen dreht, aber es gibt schon die klare Erwartung der Investoren und Ratingagenturen, dass diese Themen mit abgedeckt werden. Sie haben erkannt, dass neben der Bonität auch die Nachhaltigkeit ein essenzieller Risikofaktor für das Invest- ment ist. Unser integrierter Bericht ist hierfür ein ganz wesentlicher Baustein für Transparenz, aber nicht der einzige. So stellen wir in unserem Onlineauftritt, aber auch in unseren regelmäßigen Up- dates für Investoren weitere Informatio- nen zur Verfügung. BondGuide: Derzeit wird in der Finanz- welt die Vielfalt von ESG-Beurteilungen diskutiert – welche Bedeutung haben ESG-Ratings für Sie? Bohner: Wir benutzen ESG-Ratings be- reits seit einem längeren Zeitraum aktiv im Emissionsprozess als Indikator für unsere nachhaltige Ausrichtung. Ein Vor- teil ist, dass ESG-Ratingagenturen das ganze Unternehmen im Blick haben. Das unterstreicht unseren Anspruch als nachhaltiger Emittent. Strehl: Wir verfolgen natürlich die allge- meine und auch zu Recht kontrovers geführte Diskussion rund um die ESG- Ratings sehr genau. In diesem Markt ist aktuell noch einiges in Bewegung. Da wir bei uns Credit- und ESG-Ratingagentu- ren aus einer Hand betreuen, wissen wir, dass sich beispielsweise bei den Prozes- sen rund um ESG-Ratings noch das eine oder andere verbessern lässt. Dazu ge- hören u.a. auch regulatorische Aspekte. BondGuide: Was können wir von der DB in Sachen grüne Finanzierungen in Zukunft noch erwarten? Bohner: Nachhaltigkeit ist für uns mehr als eine Überzeugung – sie bestimmt unsere konkrete tägliche Arbeit. Inter- nationale Ratings und Rankings bestäti- gen die Rolle der DB als Klimaschützer. Unser integrierter Bericht wurde mehr- fach ausgezeichnet. Dass wir mit dieser Ausrichtung nicht falsch liegen, zeigt der in der Regel sehr hohe Anteil grüner Investoren bei unseren öffentlichen An- leiheemissionen. Zudem hat uns die Luxem burger Börse in ein neues Seg- ment für besonders klimafreundliche Anleihen aufgenommen. Wir sehen uns daher insgesamt mit unserem grünen Profil auch am Kapitalmarkt bereits sehr gut wahrgenommen und positio- niert. Das heißt aber nicht, dass wir zukünf tig nicht noch andere grüne Fi- nanzierungsformen nutzen werden. Wir beobachten die Entwicklungen sehr aufmerksam. BondGuide: Meine Herren, ich danke Ihnen sehr für diesen interessanten Ein- blick in das nachhaltige Gewissen des Deutsche-Bahn-Konzerns. Das Interview führte Michael Fuchs.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 62 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN von Peter Alex, Head of Investor Relations & Corporate Communications, Energiekontor AG Power Purchase Agreements (PPAs) – Motor der weltweiten Energiewende Die Erkenntnis setzt sich immer mehr durch, dass erneuerbare Energien weiter massiv ausgebaut werden müssen, um eine Chance zu haben, die auf der UN-Klimakonferenz von Paris im Jahr 2015 vereinbarten Klimaziele doch noch zu erreichen. Nicht zuletzt der herrschende Zeitgeist als auch der Druck der Straße, der beispielsweise über die Menschen der Bewegung Fridays for Future Ausdruck findet, werden dazu beitragen, Corona und Co. als das dominierende Thema abzulösen. Gleich- zeitig hat sich die Wirtschaftlichkeit der Projekte auf breiter Front verbessert, sodass zunehmend mehr Regierungen auf Subventio nen und/oder Förderprogramme verzichten und den Kräften des Marktes vertrauen. Um zukünftig weiter effizient zu agieren, sollte die Lösung in Power Purchase Agreements (PPAs) liegen: oft langfristige Stromlieferverträge zwischen zwei Par- teien, meist zwischen einem Strompro- duzenten und einem Stromabnehmer. Im PPA werden alle Konditionen geregelt – etwa der Umfang der zu liefernden Strom- menge, die ausgehandelten Preise, die bilanzielle Abwicklung und die Entschä- digungsregelungen bei Nichteinhaltung Peter Alex, Head of Investor Relations & Corporate Communications bei der Energiekontor AG, verfügt über fast 30 Jahre Kapitalmarkter- fahrung, davon 18 als Verantwortlicher für den Bereich Investor Relations in vier ver- schiedenen Unternehmen. Den erneuer- baren Energien ist er seit rund zwölf Jahren beruflich wie auch als Investor eng verbun- den. Die Energiekontor AG ist börsennotiert und emittiert regelmäßig Anleihen, mit denen Wind- und Solarprojekte finanziert werden. des Vertrags. Da es sich um einen bilate- ralen Vertrag handelt, kann er individu- ell auf die Vertragspartner abgestimmt werden. Stromlieferungen können phy- sisch oder bilanziell erfolgen. Da mit hilfe von PPAs Marktpreisrisiken reduziert werden können, finden sie insbesondere bei großen Stromverbrauchern sowie bei geplanten großen Investitionen in den Aufbau oder Weiterbetrieb von Anlagen der erneuerbaren Energien Anwendung. Für neue Parks werden üblicherweise PPAs mit einer Laufzeit von mindestens zehn bis 15 Jahren geschlossen. Nicht zu- letzt die finanzierenden Banken fordern eine möglichst langfristige Vertrags- beziehung mit einem solventen Partner. PPAs für Post-EEG-Windparks Ende 2020 sind die ersten Onshore- Windparks mit einer Gesamtleistung von rund 6 GW aus dem 20-jährigen EEG-Förderzeitraum herausgelaufen. In den Jahren 2021 bis 2025 werden wei- tere Windenergieanlagen mit einer Leis- tung von rund 12 GW der gesetzlichen Förderung entwachsen. Um diese Parks weiterhin wirtschaftlich betreiben zu können, wurde für diese in den letzten Monaten eine Vielzahl von PPAs abgeschlossen; zahlreiche wei tere werden ihnen zwangsläufig folgen (müssen). Für diese Parks wer- den selbst verständlich deutlich kürzere PPA-Laufzeiten vereinbart als für neue Solarparks. Je nach Einschätzung der Marktpreisentwicklung zum Vertrags- abschluss sind PPAs mit einer Dauer von nur einem Jahr, aber auch über Zeiträume zwischen drei und fünf Jah- ren denkbar. Sinnvolle Alternative bei PV-Projekten In Deutschland finden PPAs noch rela- tiv wenig Beachtung. Energiekontor war das erste Unternehmen, das schon 2019 ein PPA für ein sehr großes PV-Pro- jekt (85 MW) abschließen konnte. Seit- dem ist von einer ganzen Reihe weiterer PV-Projekte auf PPA-Basis zu lesen – sowohl bei Energiekontor als auch bei anderen Projektierern von erneuerbaren Energien. Das ist auch kaum verwunder- lich, hat sich doch der in den Ausschrei- bungen der Bundesnetzagentur zur Er- mittlung der finanziellen Förderung von PV-Anlagen entwickelte Preis inzwischen dem Niveau angenähert, das auch bei langfristigen PPAs verhandelt werden kann. Da die nach dem EEG geförderten Projekte hinsichtlich der Größe (zuletzt auf 20 MW erhöht) und der zu nutzen-

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 64 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN Interview mit Gerald Evans, persönlich haftender Gesellschafter, GECCI Gruppe „ Austausch mit Kapitalmarktakteuren ist wichtiges Sparring für uns“ GECCI ist seit Herbst 2020 Kapitalmarktemittent mit aktuell zwei börsennotierten Unternehmensanleihen. Das Geschäfts- modell der Niedersachsen hat Rückenwind: Massivbauweise, neueste Energiestandards und das finanziell attraktive Modell der Mietübereignung. BondGuide sprach zum Update mit Geschäftsführer Gerald Evans. BondGuide: Herr Evans, sich am Kapi- talmarkt öffentlich darzustellen bedeutet für viele Firmen eine gewisse Umstel- lung. Mit Ihren beiden ersten börsenno- tierten Anleihen stehen auch Sie jetzt in der öffentlichen Wahrnehmung. Welche Umstellungen brachte das mit sich, ggf. welche Probleme? Evans: Natürlich ist es ein Schritt in eine neue Welt. Man steht deutlich mehr im Rampenlicht. Ich sehe dies als positive Weiterentwicklung, denn dem höheren Arbeitsaufwand und den Kosten, bei- spiels weise für Emissionsberatung und Wirtschaftsprüfer, steht auch ein Nutzen gegenüber. Abgesehen von dem Kapital zur Wachstumsfinanzierung ist zum einen der Austausch mit den unterschiedlichen Kapitalmarktakteuren ein sehr nützliches Sparring. Zum anderen hilft uns die Anleiheübersicht – GECCI Anleihe I 2020/25 Öffentlichkeitsarbeit natürlich auch im operativen Geschäft weiter. BondGuide: Im Sektor Immobilien war ja zu hören, dass viele notwendige Ämter – z.B. für Baugenehmigungen etc. – auf- grund des Lockdowns derzeit Auszeit hatten oder sogar noch haben. Stimmt das? Welche Hürden gibt es da derzeit? Evans: Von Auszeit kann keine Rede sein. Wir haben die Erfahrungen gemacht, dass sich alle Beteiligten der Herausfor- derungen bewusst sind und schnellst- möglich arbeiten. Beispielsweise sind wir derzeit mit einer Gemeinde im Aus- tausch bezüglich der Umwandlung von Grundstücken in Bauland. Natürlich dauert alles – vom Kaufvertrag bis zur Baugenehmigung – etwas länger, aber damit muss man halt umgehen. Emittent ISIN/WKN Emissionsvolumen Kupon Stückelung Laufzeit Rückzahlung Status GECCI Investment KG DE000 A3E46C 5 bis zu 8 Mio. EUR 5,75% p.a. (jährliche Zahlung) 1.000 EUR 5 Jahre, 1.8.2020 bis 31.7.2025 am 1.8.2025 zu 100% des Nennwerts nicht nachrangig, nicht besichert Vorzeitiges Kündigungsrecht des Emittenten nein Covenants Börse Banken/Sales Internet Negativklausel Notierung im Frankfurter Freiverkehr Open Market Eigenemission www.gecci-investment.de/investieren Gerald Evans ist Gründer und persönlich haftender Gesell- schafter der GECCI Gruppe. BondGuide: ESG-Themen sind seit ei- niger Zeit national und international im Kommen, haben großen Rückenwind. Adressieren Sie dieses Thema auch an- gesichts der hochmodernen Bauweise nach aktuellem Stand der Technik? Evans: Erneuerbaren Energien und nach- haltigen Materialien gehört die Zukunft – auch bei bezahlbarem Wohnraum. GECCI baut ausschließlich Massivhäuser, die mindestens dem Energiestandard KfW-55 entsprechen. Mit Ziegelwänden, moder- nen Fotovoltaikanlagen und Energiespei- chern können wir auch KfW-40 und über 90% energieautarke Immobilien realisie- ren – egal ob Neubau oder Sanierung. Trotzdem sind unsere Objekte preislich sehr attraktiv. Im aktuellen Research von GBC zur Aufnahme von GECCI in

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 66 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN von Bernhard Engl, geschäftsführender Gesellschafter, ForestFinance Capital GmbH Anspruch und Wirklichkeit: Warum ein echter Green Bond eine Herausforderung ist Green Bonds sind eine moderne und absolut zeitgemäße Form der Geldanlage, denn darin verbergen sich bekannte Kapital- marktmechanismen einerseits sowie innovative und nachhaltige Themenschwerpunkte andererseits. Anleihen sind seit jeher fester Bestandteil einer diversifizierten Anlage- und Portfoliostrategie. Neu ist dagegen, dass die grünen und nachhaltigen Themen und Inhalte jetzt in den Vordergrund dieser Anlageform rücken. Green Bonds haben jedoch mit dem Image von nachhaltigen Anlagen zu kämpfen – es erscheint vielen Marktteil- nehmern noch immer etwas unheimlich, wenn mit ökologisch ausgerichteten oder nachhaltig adressierenden Angeboten eine gute Rendite erwirtschaftet werden kann. Dem steht unterstützend gegen- über, dass der Zeitgeist, begünstigt durch die Pandemie, das wachsende Bewusst- sein für ökosoziale Fragen und Bewegun- gen wie „Fridays for Future“, die Idee von nachhaltigen Investments schlicht gut findet, sogar sympathisch. Leider nutzen einige Anbieter diese Grundsympathie aus und versorgen ihre Angebote mit Bernhard Engl ist geschäftsführender Gesellschafter der ForestFinance Capital GmbH und Senior Key Account Manager bei der ForestFinance Service GmbH. Engl ist seit vielen Jahren im Bereich Nachhaltigkeit und Waldinvest- ments tätig und unterstützt Stiftungen, Fa- mily Offices wie auch andere institutionelle Investoren bei Investitionsentscheidungen für nachhaltige Projekte und Konzepte. einem „grünen Anstrich“: Da wird gewor- ben mit gut klingenden Werbeaussa- gen, die umweltfreundlich und nachhaltig sein sollen, während gleichermaßen die negativen Auswirkungen auf das Ge- samtsystem kleingeredet oder sogar ver- schwiegen werden. Wenn das geschieht, wird eine ganze Anlageklasse in Mitlei- denschaft gezogen. Leuchttürme und „grüne Anstreicher“ Genau hinsehen ist also wichtiger denn je, damit Leuchttürme Platz zum Strah- len bekommen und „grüne Anstreicher“ keine Chance erhalten. Das ist alles an- dere als simpel, aber es lohnt sich. Und wir wissen, was das heißt – mit unserem ersten Green Bond haben wir nämlich genau diesen mühsamen Prozess durch- lebt. Auch wir mussten abwägen, analy- sieren und hinterfragen. Wir haben aber auch erlebt: Es lohnt sich, denn es gibt gute Projekte mit attraktiven Ertragspo- tenzialen. Und wenn man diese dann gut mischt und ein ausgewogenes Port- folio zusammenstellt, das regionale Ri- siken und unterschiedliche Projektclus- ter berücksichtigt, dann ist ein Green Bond, der seinen Namen verdient, eine absolut konkurrenzfähige Konstruktion. Wir haben aber auch gelernt: In der Beschrei bung des Angebots ist es zwin- gend notwendig, die Wahrheit über das Produkt in aller Klarheit zu formulieren. Dazu gehört, offen über vorhandene Risi ken zu sprechen und nicht nur die Chancen zu benennen; dazu gehört ebenso, verständlich zu erläutern, damit die Inhalte des Projekts klar und transpa- rent vermittelt werden. Das ist eigentlich auch nicht wirklich ungewöhnlich, wenn man sein Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns betreibt. Taxonomie und der europäische Wert von Nachhaltigkeit Angesichts der sich verändernden Rah- menbedingungen im europäischen Markt ist die Präsenz von nachhaltigen Geld- anlagen keine Überraschung. Schon lange arbeitet die EU an einem Rege- lungswerk. Neu ist möglicherweise das Tempo, mit dem auf europäischer Ebene vorgegangen wird. Dabei arbeiten die Gremien schon lange Zeit vor dem be- rühmten „Green Deal“ der EU-Kommis- sion für eine europäische Neuordnung auch der Finanzthemen. Inzwischen wurde die Taxonomie ver- abschiedet und das europäische Rah- menwerk ist auf dem Weg. Es werden noch zahlreiche Entwicklungen folgen. Schon jetzt ist aber klar: Die alten Zei- ten sind vorbei. Jedes Finanzprodukt, jegliche Art von Anlageberatung muss das Thema der Nachhaltigkeit berück- sichtigen. Alle Marktteilnehmer müssen

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 68 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen weniger „exotisch“ als die Direktinvest- ments, die aus Gründen der besseren Wachstums- und Klimabedingungen vor- wiegend in den Tropen realisiert werden. Außerdem begründeten viele das Unter- nehmen freundlich begleitende Kunden ihre Zurückhaltung damit, dass die natur- gemäß lange Anlagedauer für die meisten Angebote einen Hinderungsgrund dar- stellte. Nicht alle Interessenten waren bereit, ihr Investment bis zu 25 Jahre ununterbrochen in ein Projekt zu tätigen. Anleihen als solche sind für diese Kun- den eine ideale Lösung, denn mit der Handelbarkeit an der Börse werden Zugangs barrieren abgebaut und die Pro- jekte näher an die Kunden gebracht. Was im ForestFinance Green Bond 2020/30 steckt Mit der Entwicklung des ForestFinance Green Bond 2020/30 wurde die nachhal- tige Konzeption früherer Projekte bei- behalten und in ein modernes Gewand gehüllt. Dazu ermöglicht der Green Bond die Chance, mit seinem Gesamtvolumen verschiedene Projekte zu bündeln, so- dass Länderrisiken verteilt und verschie- dene Wirtschaftsbereiche zusammen eine gute Lösung ergeben. In dem nun angebotenen Green Bond stecken das Potenzial von Agroforst in Panama und Marokko, innovative Technologie zum Modell der Karbonisierungsanlage der carbonauten; Foto: © ForestFinance ClimateCarbon GmbH Olivensetzlinge werden in Marokko gepflanzt; Foto: © ForestFinance Capital GmbH Klimaschutz in Deutschland, Panama und Kolumbien sowie ein Entwicklungs- projekt für Verpackungen von flüssigen Lebensmitteln, das von Deutschland aus seinen erfolgreichen Weg in die Welt gehen wird. Insgesamt sieben Projekte, jedes einzelne erfüllt mindestens eines der SDGs, stellen ein breites Angebots- portfolio für die konzipierten zehn Jahre dar – und das alles mit einer attraktiven, aber nicht überambitionierten Verzin- sung von 5,1% p.a. Externe Bewertung durch imug | rating Nun müssen neutrale Beobachter die Begeisterung für das eigene Produkt nicht zwangsläufig teilen. In einer Second Party Opinion durch die Nachhaltigkeits- Ratingagentur imug | rating in Koope- ration mit V.E (Vigeo Eiris) wurden von externer Stelle die Nachhaltigkeitsziele der finanzierten Projekte und die Über- einstimmung mit den Green Bond Prin- ciples (GBP) überprüft. So können An- leger sicher sein, dass die gewünschten Effekte auch im Konzept vorgesehen sind. Wenn jedes Angebot im Bereich der Green Bonds einer solchen Überprüfung stand hält, wird es weniger Greenwa- shing geben. Auch das schließt selbst- verständ lich Risiken nicht aus, aber es schützt doch vor grünem Anstrich und oberfläch lichen Konzepten. Es ist eine ideale Kombination, wenn das vorhan- dene Ka pital dort allokiert wird, wo Natur, Klima, Ökologie und Biodiversität einen Vorteil erhalten. Die Zeit ist reif für gute und ehrliche Angebote. So trägt Kapital zu einer besseren Zukunft bei – mit Rendite. Und so führen Green Bonds zu einer Win-win-Situation.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 70 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen BondGuide: Und in Deutschland? In Ihrem Heimatland Baden-Württemberg haben Sie seit 2016 mit einer Grünen- geführten CDU-Grünen-Koalition ja ein interessantes Pilotprojekt, das möglicher- weise in diesem Jahr auch auf Bundes- ebene Realität werden könnte. Hamann: Daran musste ich auch denken, als ich gesehen habe, dass die CDU in den Umfragewerten schon hinter Bünd- nis 90/Die Grünen zurück gefallen sein soll. Noch würde ich nicht so viel auf ak- tuelle Prozentzahlen geben, aber inter- essant wäre diese Konstellation womög- lich schon für die weitere Transforma- tion zu erneuerbaren Energien. BondGuide: Wie lautet denn generell Ihre Wachstumsstrategie? Hamann: Wir haben in diesem Jahr eine ganz entscheidende strategische Wei- chenstellung vorgenommen, da wir die Projektentwicklung in der Early-Stage- und Active-Development-Phase nun auf eigene Rechnung durchführen. In die- sen Phasen gibt es deutlich mehr Pro- jekte am Markt als in den nachfolgen- den. Und was noch viel wichtiger ist: In diesem Bereich lassen sich erheblich attraktivere Margen erzielen. Tschirf: Vor diesem Hintergrund planen wir, rund 75% der Anleihemittel für die Finanzierung und den Erwerb zukünf- tiger Fotovoltaikprojekte in der Early- Wir wollen von den attraktiven Rahmen- bedingungen für den Solarmarkt in den USA spürbar profitieren. Thomas Tschirf Stage- und Active-Development-Phase zu verwenden. Der Rest ist für das Wor- king Capital zum Auf- und Ausbau der hep vorgesehen, um das weitere Wachs- tum zu ermöglichen. BondGuide: In Late Stage fallen z.B. Netzanschlussverträge und dergleichen. Was genau ist kapitalintensiv? Hamann: In der Late-Stage-Phase, wenn das Projekt also all seine Genehmigun- gen etc. hat und es auf den Baubeginn zugeht, gibt es stets zwei kritische Punkte: zum einen die Frage, ob es einen Stromabnehmer gibt, und zum zweiten, zu welchen Kosten die Einspeisung er- folgt. Tschirf: Wenn z.B. in den USA der Netz- anschlussvertrag unterschrieben ist, müssen die Netzanschlusskosten auf einem Treuhandkonto hinterlegt oder an den Netzbetreiber überwiesen werden. Es müssen Transformatoren oder Um- spannwerke gebaut werden. Das können schon mal einige Millionen US-Dollar sein. Die Stromabnehmer wiederum for- dern Garantien, dass sie den Strom später auch beziehen können – diese Garantien müssen ebenfalls auf einem Treuhandkonto werthaltig abgesichert werden. BondGuide: Je nach Projektphase lie- gen die Realisierungsquoten zwischen 50% im Bereich Early Stage und 95 bis 98% im Bereich Late Stage/Notice to Proceed. Was sind denn typische Stör- faktoren, die ein Solarprojekt noch schei- tern zu lassen vermögen? Hamann: Ganz generell gesprochen sind das in der Early-Stage-Phase alle erdenklichen genehmigungsrechtlichen Themen. Das geht von unerwarteten Arte fakt-Funden bis zum Schutz der Jagdgründe eines seltenen Bussards. In Japan haben wir mal einen alten Samu- rai-Schrein gefunden – da mussten wir letztlich drum herum bauen. Tschirf: In den Phasen Late Stage und Notice to Proceed können in Ausnah- mefällen aktualisierte, meist zusätzliche Umweltauflagen noch zu Störungen führen. Und schließlich auch gänzlich unerwartete Dinge wie Corona – also al- les, was unter ‚höhere Gewalt‘ fällt. Exemplarischer Verlauf eines 80-MWp-Solarprojekts Quelle: hep global GmbH

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 72 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN von Dr. Martin Siddiqui und Christoph Strasser, Co-CEOs, Pacifico Renewables Yield AG Eine Plattform zum Kapitalmarkt für Wind- und Solarparkentwickler Kleine und mittlere Wind- und Solarparkentwickler können von börsennotierten Plattformen profitieren. Sie finanzieren die Energiewende und ermöglichen einen schnellen, einfachen Abnahmekanal aus Projekten. Der Trend geht hin zu Partnerschafts- modellen. Die Projektentwicklung im Bereich er- neuerbare Energien ist Triebfeder der Energiewende. Zur Erreichung der Pari- ser Klimaziele müssen bis 2030 welt- Dr. Martin Siddiqui (li.) ist seit Oktober 2019 Co-CEO der Pacifico Renewables Yield AG. Innerhalb des Vor- stands ist er für Unternehmensfinanzierung, Rechnungswesen und Personal verantwort- lich. Er ist zudem ehemaliger Associate in J.P. Morgans Corporate & Investment Bank mit vier Jahren Erfahrung in der Betreuung deutscher und österreichischer Finanzinsti- tute sowie großer deutscher Firmenkunden, u.a. bei nachhaltigen Finanzierungsmodellen und der Emission grüner Anleihen. Dr. Siddi qui hat einen Diplom-Abschluss in Volkswirt- schaftslehre an der Universität Mannheim und ist promovierter Volkswirt der Zeppelin Universität. Christoph Strasser ist seit Oktober 2019 Co-CEO der Pacifico Renewables Yield AG. Innerhalb des Vor- stands ist er für Investitionen, Unternehmens- entwicklung und Assetmanagement zuständig. Er ist zudem ehemaliger Associate in J.P. Morgans Corporate & Investment Bank mit fast vier Jahren Erfahrung in der Betreu- ung großer deutscher und österreichischer Firmenkunden, u.a. bei der Finanzierung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim sowie einen Master-Abschluss in Management an der Universität Mannheim und der ESSEC Business School. weit neue emissionsfreie Kraftwerke mit einer Leistung von ungefähr 1.000 GW gebaut werden (Irena (2020)). Ein großer Teil davon sollen neue Wind- und Foto- voltaikanlagen sein. Risiken bei der Entwicklung – stabile Cashflows beim Betrieb In der Entwicklungsphase von Wind- und Fotovoltaikanlagen stehen Investo- ren regelmäßig vor einer Reihe nicht zu unterschätzender Risiken. Gutachten, Genehmigungen und Netzanschlüsse sind notwendige Meilensteine, von de- nen abhängig ist, ob und wie ein Projekt sich entwickelt. Beträchtliche Verzöge- rungen oder der Verlust eines Projekts sind keine Seltenheit. Der Betrieb hingegen ist von stabilen Cashflows geprägt, welche durch lang- fristige Stromabnahmeverträge oder Sub- ventionen sichergestellt werden können. Der Betreiber nimmt überwiegend kalku- lierbare Risiken in Kauf, wie z.B. meteo- rologische Schwankungen. Techni sche Risiken können u.a. durch langfris tige Wartungsverträge mit einer technischen Mindestverfügbarkeitsgarantie abgesi- chert werden. Lebenszyklus von Wind- und Fotovoltaikanlagen Es ist zunächst wenig überraschend, dass vielzählige Geschäftsmodelle im Bereich erneuerbare Energien die Ent- wicklung und den Betrieb der Anlagen kombinieren, um auf Basis eines ausge- wogenen Risikoprofils an bessere Finan- zierungsmöglichkeiten zu gelangen. Die Vermischung beider Risikoprofile – Entwicklung auf der einen und Betrieb auf der anderen Seite – ist jedoch nicht immer eine effiziente Lösung. Aus Inves- torensicht lässt sich ein Risikoprofil, das Risiken sowohl bei der Entwicklung als auch beim Betrieb berücksichtigen muss, Lebenszyklus von Wind- und Fotovoltaikanlagen Quelle: Pacifico Renewables Yield AG

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 74 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN von Marcel Goldmann, Finanzanalyst, und Manuel Hölzle, Chefanalyst und Vorstandsvorsitzender, GBC AG GBC Mittelstandsanleihen Index (GBC MAX) trotzt Coronakrise auf Allzeithoch – ESG und Nachhaltigkeit auch im Anleihenindex immer bedeutsamer Mit einem Kursniveau von aktuell rund 146,0 per Mitte März 2021 konnte der Qualitätsanleihenindex GBC MAX (ISIN: DE000 SLA1MX 8) seine Kurserholung nach dem Beginn der Coronakrise weiter fortsetzen und dabei im Februar mit 147,96 Indexpunkten sogar ein neues Allzeithoch erreichen. GBC MAX – Indexentwicklung (ISIN: DE000 SLA1MX 8) 160 150 140 130 120 110 100 90 80 16.9.19 28.1.20 8.6.20 12.10.20 19.2.21 Im aktuellen Jahr (YTD) beträgt das Plus bereits +2,32%. Trotz einer durch die Coronasituation bedingt höheren Vola- tilität von 15,12% innerhalb der letzten zwölf Monate konnte in Kombination mit einer hervorragenden Performance (über die letzten zwölf Monate: 24,65%) ein deutlich positives Sharpe-Ratio von 1,65 erzielt werden. Änderungen seit dem letzten Indexupdate im Juni 2020 Mit dem Anleihenindex Mibox (Juli 2016) und dem Entry Standard Corporate Bond Index (März 2017) wurden in der Ver- gangenheit zwei wichtige Vergleichsin- dizes aufgelöst, sodass der GBC MAX laut unseren Recherchen seither der Quellen: ariva.de, GBC AG Daneben zeigte sich auch, dass die zuvor aufgenommenen Anleihen, wie z.B. die der Bilfinger SE und der Otto GmbH & Co. KG, durch ihre positiven Kurseffekte und Kupons die Gesamt- performance des GBC MAX beflügelt haben. Zudem haben aber auch die bestehenden Anleihen und sonstigen Wertpapiere zu einer positiven Gesamt- entwicklung des Qualitätsanleihenindex beigetragen. GBC MAX – kumulierte Renditeentwicklung zwölf Monate (ISIN: DE000 SLA1MX 8) 20% 10% 0% -10% -20% -30% 16.3.20 28.5.20 7.8.20 16.10.20 29.12.20 11.3.21 Quellen: ariva.de, GBC AG Marcel Goldmann, M.Sc., (li.) ist Finanzanalyst bei der GBC AG. Manuel Hölzle, Dipl.-Kfm., ist Chefanalyst sowie Vorstandsvorsitzender der GBC AG. Historische Kursentwicklung 6 Monate 12 Monate YTD seit Auflage 01.02.2013 GBC MAX +6,22% +24,65% +2,32% +27,84% Quellen: ariva.de, GBC AG; Stand: 15.3.2021

BondGuide – Special „Anleihen 2020“ • Seite 76 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Die Effektivrendite des aktuellen Portfo- lios beträgt 5,82% (Stand: 15. März 2021), die gewichtete Duration derzeit 3,88 Jahre. Überblick über die im GBC MAX enthaltenen Anleihen (inkl. Anpassungen) ISIN Unternehmen DE000A3H2TU8 ACTAQUA GMBH XS1713464524 ADLER REAL ESTATE AG DE000A289R74 AVES ONE AG DE000A2YN2H9 AVES SCHIENENLOGISTIK GMBH XS1695284114 BAYWA AG DE000A2YNQW7 BILFINGER SE DE000A2NBF25 DEAG DEUTSCHE ENTERTAINMENT AG DE000A2LQF20 DEUTSCHE ROHSTOFF AG DE000A2YN3Q8 DEUTSCHE ROHSTOFF AG DE000A2GSCV5 DIC ASSET AG DE000A2NBY22 DIOK REALESTATE AG XS1251078009 DOUGLAS GMBH DE000A2YNR08 EKOSEM-AGRAR GMBH DE000A2GSL68 EUROBODEN GMBH DE000A2YNXQ5 EUROBODEN GMBH DE000A2GSSP3 EYEMAXX REAL ESTATE AG DE000A2TSB16 FCR IMMOBILIEN AG SE0011167972 FERRATUM CAPITAL GERMANY GMBH SE0012453835 FERRATUM CAPITAL GERMANY GMBH DE000A3E46C5 GECCI INVESTMENT KG XS2087647645 GRENKE AG DE000A14KEZ4 HEIDELBERGER DRUCKMASCHINEN AG DE000A3H2V19 HOMANN HOLZWERKSTOFFE GMBH DE000A255DH9 HORNBACH BAUMARKT AG DE000A19S801 HYLEA GROUP S.A. DE000A2GSD35 INSOFINANCE INDUSTRIAL REAL ESTATE HOLDING DE000A254UR5 KARLSBERG BRAUEREI GMBH DE000A2TST99 KATJES INTERNATIONAL GMBH & CO. KG NO0010872864 MUTARES SE & CO. KGAA XS1713474168 NORDEX SE XS1853998182 OTTO GMBH & CO KG DE000A2GSB86 PARAGON GMBH & CO. KGAA DE000A2YPFY1 PCC SE DE000A254TZ0 PCC SE XS1555774014 PORR AG XS1785474294 UBM DEVELOPMENT AG DE000A2GSTP1 VEDES AG Quelle: GBC AG; KW: 11 (2021) Die Hinweise zum Disclaimer/Haftungsausschluss finden Sie unter: www.gbc-ag.de/rechtliches/disclaimer Weitere Hinweise finden Sie zudem im Internet unter folgender Adresse: www.gbc-ag.de/de/Offenlegung Indexaufnahme im Fokus: GECCI Investment KG – innovatives Immobilienfinanzierungskonzept mit Nachhaltigkeitsansatz Emittent: GECCI Investment KG* 5a,11 ISIN: DE000 A3E46C 5 Kupon: 5,75% Mindestanlage: 1.000 EUR Laufzeit: fünf Jahre Wir haben die GECCI Investment KG neu in den GBC Mittelstandsanleihen Index aufgenommen. GECCI befindet sich derzeit in der Emissionsphase einer Unternehmensanleihe. Die Gruppe plant, Ein- und Mehr- familienhäuser zu bauen und diese mit einem innovativen Finanzierungskonzept anzubieten. Zur Finanzie- rung und Umsetzung des von der Gesellschaft selbst entwickelten Konzepts wird derzeit eine Inhaberschuld- verschreibung mit einem geplanten Volumen von bis zu 8 Mio. EUR und einem Kupon von 5,75% emittiert. Das an der Börse Frankfurt gelistete Wertpapier hat eine Laufzeit von fünf Jahren (1. August 2020 bis 31. Juli 2025) und eine Stückelung von 1.000 EUR. Mit den eingeworbenen Mitteln soll der Eigenkapitalanteil beim Bau von Immobilien abgedeckt werden, welche dann über die Mietübereignung an Kunden verkauft werden sollen. Durch Mietübereignung langfristig zu neuem Wohneigentum Das Finanzierungskonzept von GECCI nennt sich Mietübereignung und ist ein Neologismus der Gesellschaft. Hierbei mietet ein Kunde ein Haus oder eine Wohnung über einen vorher festgelegten Zeitraum von 23 bis 32 Jahren. Anschließend geht die Immobilie in sein Eigentum über. Die monatliche Belastung für den Kunden ist mit den ortsüblichen Mieten vergleichbar. Von dem Kunden wird weder Eigenkapital am Anfang der Laufzeit noch eine Abschlussrate am Ende verlangt. Zudem ist die Kaltmiete über die gesamte Laufzeit fest. Hierdurch sollte eine breite Kundenschicht angesprochen werden, welche entweder über kein ausreichendes Eigenka- pital verfügt oder das lange Risiko einer Immobilienfinanzierung scheut. Aus unserer Sicht ist das Konzept insbesondere für mittlere Einkommensschichten attraktiv, die noch nicht über größere Ersparnisse verfügen. Das Risiko dieses Geschäftsmodells ist unseres Erachtens für beide Parteien als niedrig einzustufen. Bei Zah- lungsausfällen würde GECCI eine Vertragskündigung vornehmen und die Immobilien anderweitig vermieten oder zu Marktpreisen verkaufen; der Kunde wiederum ist durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch abgesichert, behält trotzdem die volle Flexibilität und kann während der Vertragslaufzeit, wie bei einem klas- sischen Mietvertrag, jederzeit kündigen und ausziehen. Er würde dabei das Recht für den Eigentumsüber- gang zum Ende der Laufzeit verlieren. Für den Aufbau dieses neuen Geschäftsmodells stehen dabei sowohl Einfamilienhäuser als auch Mehrfamilien- häuser im Fokus. Gemäß Unternehmensmeldung vom Februar 2021 können zudem auch bestehende Immo- bilien erworben, energieeffizient saniert werden und dann in die Mietübereignung übergehen. Dadurch soll der Aufbau des Wohnimmobilienportfolios schneller umgesetzt werden, als dies mit dem Neubau möglich ist. Aber auch für den Neubaubereich hat die GECCI-Gruppe bereits ein Grundstück in der niedersächsischen Stadt Bockenem erworben. Auf rund 8.500 qm sollen noch in diesem Jahr zehn Einfamilienhäuser entste- hen, wovon bereits fünf reserviert sind. Anleihe im Fokus Zur Analyse der Attraktivität der Anleihe haben wir zwei Szenarien ausgearbeitet. Im ersten Szenario unter- stellen wir die Vollplatzierung der aktuell in der Emission stehenden Anleihe. Im zweiten Szenario, welches das Management für sehr realistisch hält, unterstellen wir für die kommenden fünf Jahre eine neue Anleihe- emission p.a. Hierdurch könnten ein deutlich schnelleres Wachstum erzielt, ein höherer Mietcashflow erzeugt und weitere Leverage-Effekte gehoben werden. In beiden Szenarien haben wir dabei einen jeweils positiven Zinsdienst ermitteln können. Über die gesamte Laufzeit der aktuellen Unternehmensanleihe wäre GECCI gemäß unseren Schätzungen in der Lage, die Finanz- aufwendungen zu entrichten. Durch die hohe Planbarkeit der Mieteinnahmen sollten zuverlässige Cashflows erzeugt werden, welche unseres Erachtens eine zuverlässige Zinstilgung gewährleisten sollten. Darüber hinaus würde die Gesellschaft einen als marktkonform einzustufenden Verschuldungsgrad aufweisen. Auch das Thema ESG/Nachhaltigkeit nimmt die Gesellschaft laut eigener Aussage sehr ernst. So erfüllen alle Objekte mindestens den KfW-55- oder KfW-40-Energieeffizienz-Standard und durch die Integration von Fotovoltaikanlagen mit Speichermöglichkeit können die Häuser bei Kundenwunsch zu über 90% energie- autark realisiert werden. Unternehmensangaben zufolge erfüllt GECCI damit die UN-Nachhaltigkeitsziele sieben, neun, elf und dreizehn. Fazit Ausgehend vom innovativen und vielversprechenden Geschäftsmodell mit entsprechender Nachhaltigkeits- komponente und den aus unseren Prognosen abgeleiteten Bonitätskennzahlen, die im Wesentlichen über dem Marktdurchschnitt liegen, in Verbindung mit den marktkonformen Anleihekonditionen, stufen wir die GECCI-Anleihe als „überdurchschnittlich attraktiv“ ein und vergeben daher vier von fünf Falken. Wir nehmen die GECCI-Anleihe neu in den GBC MAX auf. *) Hinweis gemäß Finanzanalyseverordnung: Bei den analysierten Unternehmen sind die angegebenen möglichen Inte ressenkonflikte gemäß Katalog möglicher Interessenkonflikte gegeben. Ein Katalog möglicher Interessenkon- flikte ist auf folgender Webseite zu finden: www.gbc-ag.de/de/Offenlegung.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 78 Partner der Ausgabe im Portrait Partner der Ausgabe im Portrait Foto: © metamorworks – stock.adobe.com GECCI Gruppe Die GECCI Gruppe verfügt über 20 Jahre Erfahrung bei der Realisierung unterschiedlichster Bauprojekte. Seit 2020 rea- lisiert und saniert sie Ein- und Mehrfamilienhäuser und bietet einen einzigartigen Weg ins Eigenheim an. GECCI finanziert sich über langfristige Bank- und Förderban- kendarlehen sowie zwei Immobilienanleihen (ISIN DE000 A3E46C 5, ISIN DE000 A289QS 7). Die Wertpapiere mit ei- nem Festzins von 5,75% p.a. und 6,0% p.a. können u.a. an der Börse Frankfurt gehandelt werden. Die künftigen Eigentümer erhalten alles aus einer Hand: Erschließung der Grundstücke, schlüsselfertige Entwicklung moderner Objekte in hochwertiger Massivbauqualität und mit einer innovativen Finanzierungsalternative. Kontakt: Gerald Evans Geschäftsführer Alleinstellungsmerkmal ist der Erwerb über die Mietübereig- nung und damit ohne Bankkredit, ohne Eigenkapital und ohne Restkaufbetrag. Das Geschäftsmodell ermöglicht gut plan- bare Mieterträge und stabile Cashflows. GECCI GbR Nordasseler Str. 5 31185 Nettlingen Telefon: 05123 – 407 355 1 E-Mail: geraevans@gecci.net

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 80 Partner der Ausgabe im Portrait One Square ist der Spezialist und Marktführer für Corporate- Finance-Beratung bei Schuldscheinen, Anleihen sowie deut- schen Distressed Assets mit kreativen Lösungen für kom plexe und grenzüberschreitende Situationen. Alle Partner und Team- mitglieder verfügen über jahrzehntelange Erfahrung sowohl in Corporate Finance, M&A und der Strukturierung von Kapital- lösungen als auch in der Restrukturierung und waren in füh- ren den Beratungsgesellschaften, Investmentbanken sowie in geschäftsführenden Positionen tätig. Beratung von Kapitalgebern Beratung und Vertretung von Anleihegläubigern, Banken, Emit- tenten oder Gesellschaftern; Verhandlungsführung & -unter- stützung; Liquiditätsreview, Ad-hoc-Finanzprüfung Distressed M&A Beratung von Käufern und Verkäufern von Unternehmen in Sondersituationen (außer- & innerhalb der Insolvenz); Ver- handlung mit Insolvenzverwaltern; Aufbereitung der Finanz- daten, Businessplanung und Unternehmensbewertungen; Beratung zur Verhandlungstaktik; M&A-Prozessmanagement Debt Capital Markets Unterstützung und Beratung von institutionellen Investoren und Unternehmen bei der Planung und Umsetzung von Finan- zierungstransaktionen; Prozesssteuerung von der Anbahnung bis zum Closing Beratung bei Finanzrestrukturierungen Entwicklung von Restrukturierungs- und Verhandlungsoptionen; Entwicklung, Umsetzung und Bewertung von Anpassungs- bzw. Vollstreckungsszenarien; Finanzanalyse (u.a. Kapitalstruktur, Verschuldung, Value-Break, Kapitaldienstfähigkeit); Liquiditäts- planung & -management Kontakt: Frank Günther Telefon: +49 89 159 898 0 E-Mail: fg@onesquareadvisors.com www.onesquareadvisors.com Impact Investing ist unsere Antwort auf die große Herausforde- rung des Klimawandels. Wir sind Experten für Investitionen in erneuerbare Energien mit inzwischen über 22-jähriger Markterfahrung. reconcept ist aber mehr als das. Neben der Projektfinanzierung agieren wir auch als Projektentwickler. Eigene Joint-Venture-Unternehmen mit Projektentwicklern bieten uns einen exzellenten Marktzugang und die Basis für solide Investitionen – und dies weltweit. So verbinden wir erfolg reich seit 1998 neue Energieprojekte mit Investoren. Wir bieten ausschließlich ökologische, nachhaltige Kapitalanlagen an Wir schaffen für unsere Kunden Investitionen, die mit einem ökologischen Nutzen einen ökonomischen Erfolg bringen. Unsere Anleger – private wie Großinvestoren – beteiligen sich mittelbar am Bau und Betrieb von Wind-, Solar- und Wasser- kraftwerken, im Gegenzug erhalten sie attraktive Auszahlun- gen bzw. Zinsen, die deutlich über dem aktuellen Zinsmarkt liegen. Breit diversifiziertes EE-Anlagen-Portfolio Gemeinsam mit derzeit mehr als 11.000 Privatanlegern haben wir über unsere grünen Anleihen und Beteiligungsangebote rund 240 Erneuerbare-Energien-Anlagen im In- und Ausland realisiert. In Summe entstand so eine installierte Leistung von 376 Megawatt. Kontakt Sven Jessen Leiter Vertrieb Telefon: 040 - 325 21 65 66 Fax: 040 - 325 21 65 69 E-Mail: sven.jessen@reconcept.de reconcept. Green Global Investments ABC-Straße 45 20354 Hamburg www.reconcept.de/ir

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 82 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen LITERATURHINWEISE „Inside WHO“ Biologe, sogar Immunologe (!), aber eben auch Politiker Dr. Tedros Adhanom Ghe- breyesus, seit 2017 Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), gilt als das Gesicht deren Versagens im Zuge der aufkommenden Coronapan- demie – die sie selbst zunächst erst nicht derart einzustufen vermochte. Just in Zeiten der Krise stellte sich die WHO als Papiertiger heraus, meilenweit entfernt vom eigenen Gründungsan- spruch, für alle Völker das bestmögliche Gesundheitsniveau zu erreichen. Die grundlegende Konstruktion der WHO, ihre Abhängigkeit von der Geo- politik, ihr permanenter Geldmangel, der sie empfänglich macht für groß- zügige Spender, und ihre gigantische Bürokratie trügen die gleiche Schuld wie Dr. Tedros, analysiert Dripke. Das knapp gehaltene Büchlein ist eine Art Manifest gegen alles, was in der WHO falsch läuft – und aufgrund ihres aktuellen Set-ups: Zustandsverbesse- rung unwahrscheinlich. Informativ und rasch konsumierbar. [fb] Andreas Dripke ist seit über 30 Jahren als Autor, Chefredakteur und unabhängi- ger Journalist tätig. Er hat mehr als zehn Bücher geschrieben. Beim Diplomatic Council, einem globalen Think Tank, der die Vereinten Nationen berät, hat er als CEO to the United Nations an vielen auch nicht-öffentlichen UNO-Konferen- zen teilgenommen. „Was sich am Fleisch entscheidet“ Wie mit Nahrungstellertieren innerhalb unserer Gesellschaft umgegangen wird, ist eigentlich gemeinhin bekannt – Wissen kann Appetit gehörig verderben, häufiger darüber nachzudenken. Autor Dr. Thilo Hagendorff zeigt sämtliche Missstände, die genau genommen ein einziges gro- ßes Missverständnis sind, schonungs- los auf. Es geht in diesem Buch um zahlreiche zusätzliche Aspekte wie Kriege, menschliche Evolution, Moralpsycho- logie, Persönlichkeitsforschung, Um- weltzerstörung und vieles andere mehr, was alles zu der heutigen Definition unse res Tierbilds führte. Zu diesem Thema existiert natürlich schon zahlreiche Literatur. Dr. Hagendorff ana- lysiert indes die Ursachen, weniger die Symptome der gegenwärtigen Tier fabrik- industrie – die natürlich auch nicht aus- gespart werden können. Das Buch macht naturgemäß traurig. Kritikpunkte sind eine kleine und damit unnötig schwer lesbare Serifenschrift sowie die Abwesenheit jedweder Bebil- derung/Grafiken zur Auflockerung – im wahrsten Sinne des Wortes schwere Lesekost also. [fb] Dr. Thilo Hagendorff ist Experte für ange- wandte Ethik, insbesondere Technik- und KI-Ethik, und Autor mehrerer Sach- bücher sowie Projektleiter. Er arbeitet u.a. am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften an der Universität Tübingen. Darüber hinaus ist er Lehrbeauftragter u.a. am Hasso-Platt- ner-Institut der Universität Potsdam. „Inside WHO – Dr. Tedros und die Weltgesundheitsorganisation“ Von Andreas Dripke et al.; DC Publishing, 2021; 124 Seiten, 12,99 EUR „Was sich am Fleisch entscheidet – Über die politische Bedeutung von Tieren“ Von Dr. Thilo Hagendorff; Büchner-Verlag, 2021; 300 Seiten, 18 EUR

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 84 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen SERVICE Glossar ESG (Environmental, Social, Governance) Der international etablierte Begriff soll ausdrücken, ob und wie sich (Anlage-) Entscheidungen von Kapitalmarktteilnehmern an Umweltaspekten (Environ- mental), sozialen Standards (Social) und Grundsätzen positiver Unternehmens- führung (Governance) orientieren. Unter dem breit gefassten Akronym werden oftmals nur zentrale Kriterien zu Umwelt, Soziales und Unternehmensführung erfasst. EU-Taxonomie Vorschlag der EU, Finanzanlagen an Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen. Das Regelwerk schafft erstmals einen Rechtsrahmen für die Definition von Nach- haltigkeit im Finanzsektor und befähigt die EU, wissenschaftliche Kriterien fest- zulegen, nach denen Investitionen in wirtschaftliche Aktivitäten und Produkte als „ökologisch nachhaltig“ klassifiziert werden können. Das Klassifizierungs- system gibt damit transparente und verlässliche Rahmenbedingungen vor, wie nachhaltige Finanzierungs- und Anlageprodukte künftig auszusehen haben. Ziel ist es, in Politik, Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft ein gemeinsames Verständnis dafür zu schaffen, was als nachhaltig gilt und was nicht. Green Bond (Fest-)Verzinsliche Schuldverschreibung, deren Emissionserlös für die Finan- zierung konkreter nachhaltiger, ökologischer (umweltfreundlicher) Projekte und Lösungen verwendet werden soll, um dadurch zur Verringerung bzw. Verhin- derung von Umwelt- und Klimaschäden beizutragen. Green Bond Principles (GBPs) Unverbindliche Prozessleitlinien der International Capital Market Associa tion (ICMA), die Emittenten zu Transparenz und Offenlegung anhalten, um die Integrität bei der Weiterentwicklung des Green-Bond-Marktes zu fördern. Dazu geben sie eine klare Vorgehensweise bei der Emission von Green Bonds vor. Die GBPs sind für den breiten Einsatz im Markt vorgesehen: Sie stellen eine Orien tierungshilfe für die wichtigsten Prozessschritte bei der Emission eines glaubwürdigen Green Bonds dar; sie unterstützen Investoren, indem die Bereit- stellung von wichtigen Informationen zur Evaluierung des ökologischen Nut- zens der Investments gefördert wird; außerdem helfen sie Konsortialbanken, indem der Markt zu einer ausgeprägteren Offenlegung bewegt wird und so- mit Transaktionen erleichtert werden. Die vier Kernkomponenten der GBPs sind: (1) Verwendung der Emissionserlöse, (2) Prozess der Projektbewertung und -auswahl, (3) Management der Erlöse und (4) Berichterstattung.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (2. Jg.) • Seite 86 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Second Party Opinion (Nachhaltigkeitsgutachten) Eine unter Nachhaltigkeitskriterien erstellte, unabhängige Analyse zu einer Emis- sion bzw. über einen Emittenten durch eine spezialisierte (Rating-)Agentur. Die (Nachhaltigkeits-)Bewertung soll dabei u.a. die Erlösverwendung der aus der Emission des Finanzinstruments erlösten Mittel nachvollziehbar darstellen sowie unter Einbeziehung von Nachhaltigkeitskriterien verbal und in Form eines Ratings beurteilen. Daneben werden auch die Tauglichkeit der Auswahl pro- zesse für die Finanzierungen, die Wirksamkeit des ESG-konformen Nutzens und ggf. die Übereinstimmung mit internationalen Standards (z.B. den Green Bond Principles der ICMA) sowie die Nachhaltigkeitsleistung des Managements (i.w.S. des Emittenten selbst) mit einbezogen. Social Bonds Schuldtitel, die neben der Finanzierung von ökologischen Projekten auch Kon- zepte aus den Bereichen Soziales Wohnen, öffentliche Versorgung, Gesundheit und Pflege, Bildung und Forschung sowie Inklusion finanziell unterstützen. Sustainable Finance Nachhaltige Finanzwirtschaft bzw. Finanzierung; bezieht sich auf ein Spektrum finanzwirtschaftlicher Ansätze und Instrumente, die sich nicht nur an ökonomi- schen Aspekten orientieren, sondern auch ökologische und soziale Belange über Nachhaltigkeitskriterien wie etwa die Verringerung von Umwelt- und Klima- schäden, die Förderung von sozialer Teilhabe oder gute Unternehmensführung mit einbeziehen. Der Begriff ist allerdings nicht einheitlich definiert. Impressum Redaktion: BondGuide Media GmbH: Falko Bozicevic (V.i.S.d.P.), Michael Fuchs (stellv. Chefredakteur; Projektleiter) Mitarbeit an dieser Ausgabe: Peter Alex, Dr. Anne de Boer, Michael Diegelmann, Julia Dißmann, Bernhard Engl, Justus Fischer, Elisa Foerster, Hans-Jürgen Friedrich, Marcel Goldmann, Peter Thilo Hasler, Thoralf Herbold, Manuel Hölzle, Jessica Kung, Philipp Melzer, Isabelle Meyer, James Rich, Axel Rose, Prof. Dr. Dirk Schiereck, Dr. Thomas Schulz, Dr. Martin Siddiqui, Christoph Strasser, Roman Teufl, Rosl Veltmeijer, Evariste Verchere, Dr. Andreas Wagner, Patrick Weltin Interviewpartner: Dr. Wolfgang Bohner, Markus Dietrich, Gerald Evans, Frank Günther, Christian Hamann, Marius Hoerner, Lubomila Jordanova, Jürgen Koppmann, Karsten Reetz, Marc Speidel, Robert Allen Strehl, Thomas Tschirf Verlag: BondGuide Media GmbH, c/o Global Shares, Mainzer Landstraße 254 60326 Frankfurt am Main, HRB: 104008, Amtsgericht Frankfurt/Main Mobil: 0177 - 422 52 91, redaktion@bondguide.de; www.bondguide.de Gestaltung: Holger Aderhold Lektorat: Benjamin Eder Bilder: stock.adobe.com Titelbild: adam121– stock.adobe.com Erscheinungstermine Online-Newsletter 2021: 21.5., 4.6., 18.6., 2.7., 16.7., 30.7., 13.8., 27.8., 10.9., 24.9., 8.10., 22.10., 5.11., 19.11., 3.12., 17.12. (14-täglich) Kostenlose Registrierung unter www.bondguide.de Nachdruck: © 2021 BondGuide Media GmbH, Frankfurt. Alle Rechte, ins- besondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung der BondGuide Media GmbH ist es nicht gestat- tet, dieses Magazin oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfäl tigen. Unter dieses Verbot fallen auch die Aufnahme in elektronische Datenbanken, Internet und die Ver- vielfältigung auf externen Speichermedien. Disclaimer: Die BondGuide Media GmbH kann trotz sorgfältiger Auswahl und ständiger Verifizierung der Daten keine Gewähr für deren Richtigkeit übernehmen. Informationen zu einzelnen Unternehmen bzw. Emissionen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Ver kauf von Wertpapieren dar. Wertpapiere von im BondGuide genannten Unternehmen können zum Zeit- punkt der Erscheinung der Publikation von einem oder mehreren Mitarbei- tern der Redaktion und/oder Mitwirkenden gehalten werden, hier wird jedoch auf potenzielle Inte ressenkonflikte hingewiesen. Weitere Informationen zum Haf tungsausschluss und v.a. zu Anlage- entscheidungen finden Sie unter www.bondguide.de/impressum. Ansprechpartner Anzeigen: Falko Bozicevic, BondGuide Media GmbH; Tel.: 069/7408 7668; gültig ist die Preisliste Nr. 1 vom 1. Juli 2016 Datenschutz: Der Schutz Ihrer Daten ist uns wich tig. Es gilt die Daten- schutzerklärung der BondGuide Media GmbH, ebenfalls abrufbar auf un- se rer Website www.bondguide.de/datenschutz. Festzins 5,75%p.a.

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