GoingPublic-Schweiz-2019-d

Editorial

Schöne neue Welt?
Inhaltsverzeichnis
Kühlen Kopf bewahren

Trotz wirtschaftlicher Eintrübung im Euroraum zeigt sich die Schweiz kämpferisch
„Kapitalkräftige Investoren schaffen eine gute Basis für Börsengänge“

Interview mit Valeria Ceccarelli, Head Primary Markets, SIX
Nachhaltiges Investment in der Schweiz

Marktwachstum von 72% im Jahr 2018
ICOs vs. STOs vs. IEOs
Dr. Reto Luthiger, Dr. Wolfgang Müller, Dr. Alexander Vogel, Meyer lustenberger Lachenal
Immer mehr digitale Assets erobern die regulierte Finanzwelt
Fintech – die Rettung der Schweizer Finanzindustrie?
Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Denis Bieri, Hochschule Luzern
Traditionelle Banken müssen sich positionieren und bereit für Innovation sein
„Plattformbasierten Geschäftsmodellen gehört die Zukunft der Finanzbranche“

Interview mit Stefan Mühlemann, CEO & Founder, Loanboox
Proxy Fights
Hans-Jakob Diem, Dr. Patrick Schleiffer, Lenz & Staehelin
Nicht nur bei aktivistischen Aktionären werden „Kampfabstimmungen“ immer beliebter
„Die UPC-Transaktion ergibt Sinn“

Interview mit André Krause, CFO, Sunrise Communications
In wenigen Sekunden um die Welt
Cédric Baumgartner, EQS Group
Effiziente und zielgenaue Kommunikation über ein Newswire
„Kommunikation in Zeiten der Internationalisierung“

Interview mit Marlen Schrader, Vorstandsmitglied und Vertriebsleiterin, EnglishBusiness
Berichterstattung als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung
Prof. Dr. Thomas Berndt, Universität St. Gallen
Nachhaltigkeitsberichte müssen stimmig, ehrlich und glaubwürdig sein
Viel Kapital und attraktive Rahmenbedingungen

Emittentenbefragung unter Schweizer Unternehmen
Partner der Ausgabe im Portrait
Impressum

2019 Pﬂichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen September 2019 – 12,50 EUR (D) – www.goingpublic.de Das Kapitalmarktmagazin GoingPublic Magazin Special Kapitalmarkt Schweiz (7. Jg. 2019) Zukunftsmodell Plattform? Ohne CSR geht’s nicht Sicherer Heimathafen Wie sich die Finanzbranche Bedeutung von nachhaltigen Schweizer Emittenten über die künftig entwickeln wird Investments nimmt weiter zu Qualitäten ihrer Heimatbörse

Editorial Editorial Schöne neue Welt? Liebe Leserinnen und Leser, Svenja Liebig, Redakteurin GoingPublic Magazin bereits zum siebten Mal halten Sie die Specialausgabe „Kapitalmarkt Schweiz“ in Ihren Händen. In Ehejahren würde man jetzt vom „verﬂixten siebten Jahr“ sprechen – in diesem Fall sind die berühmt-berüchtigten sieben Jahre allerdings alles anderes als verﬂucht. Im Gegenteil. So hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass der schweizerische Kapitalmarkt so viel zu bieten hat, dass eine jährlich erscheinende Specialausgabe dem beinahe nicht gerecht wird. Wir bemühen uns aber. Angefangen vom durchweg soliden IPO-Markt, der selbst in turbulenten, von geopolitischen Unsicherheiten geprägten Zeiten beweist, dass durchaus Milliarden-Transaktionen zu stemmen sind (siehe u.a. Stadler Rail), bis hin zum absoluten Massentrendthema schlechthin, der Digitalisierung in der Finanzbranche, kurz: Fintech. Wie stark sich in der Schweiz die alte mit der neuen Welt miteinander vernetzt – was auch notwendig ist, um international wettbewerbsfähig zu bleiben –, zeigt ein ganz junger Fall: Erst im August dieses Jahres hat die FINMA den beiden Schweizer Krypto-Start-ups SEBA und Sygnum eine Banklizenz erteilt. Und tatsächlich gibt es darüber hinaus immer mehr etablierte, klassische Schweizer Bankhäuser, die sich vermehrt – oft mittels Dienstleister – an das Kryptogeschäft heranwagen. Vielleicht kein schlechter Ansatz: Um Krypto-Assets aus ihrer Grauzonenecke etwas herauszuführen und zunehmend zu etablieren, bedarf es offenbar eines gewissen Grades an staatlicher Kontrolle. „Der Markt der digitalen Assets hat sich […] stark weiterentwickelt und dringt mit dem verstärkten Fokus auf Anlagetoken schnell in die regulierte Welt der Finanzierungsmöglichkeiten ein“, betonen die Rechtsanwälte Dr. Luthiger, Dr. Müller und Dr. Vogel von Meyerlustenberger auf den Seiten 18–20. Apropos Regulierung: Die Schweiz hat trotz ihres Non-EU-Status leider auch immer stärker mit der Regulierungsﬂut zu kämpfen – mit der Folge, dass es u.a. ähnlich wie im Nachbarland Deutschland Probleme gibt, kleinere und mittlere Unternehmen an den Kapitalmarkt zu attrahieren. Wenngleich die Schweizer Börse SIX seit einigen Jahren mit ihrem Programm „Stage“ versucht, eben jenen KMU den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern (siehe u.a. SIX-Interview, S. 10–12). Denn: Der Mittelstand gehört ebenso zur Schweiz wie kapitalstarke Unternehmen à la Richemont. Immerhin ein EU-Äquivalenzgesetz wäre im Zeitalter steigenden Umweltbewusstseins und unternehmerischer Verantwortung ggf. auch für die Schweiz nicht verkehrt: So ist in EU-Ländern seit 2017 die CSR-Richtlinie bereits verpﬂichtend, in der Schweiz hingegen noch freiwillig. Besonders größere Unternehmen machen davon schon Gebrauch – denn schließlich legen immer mehr internationale Investoren Wert auf nicht-ﬁnanzielle Aspekte bei ihren Investmententscheidungen. Mehr zum Thema Nachhaltigkeitsberichte erörtert Prof. Thomas Berndt von der Universität St. Gallen in seinem Fachartikel ab Seite 40. Sie sehen: Wir versuchen, dieser Hülle und Fülle an spannenden Themen, die den Schweizer Finanzmarkt aktuell bewegen, gerecht zu werden, und hoffen, dass wir Ihnen auch dieses Jahr wieder eine adäquate Auswahl an Themen zusammenstellen konnten. In diesem Sinne: Viel Spaß bei der Lektüre! Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ 3

Inhalt Der Schweizer Börsenplatz genießt international ein hohes Ansehen – und versucht auch in Sachen Digitalisierung immer auf dem neuesten Stand zu sein. Interview mit Valeria Ceccarelli, SIX Seiten 10–11 Proxy Fights sind in der Schweiz immer häufiger geworden. Der Verwaltungsrat behält jedoch dank wesentlicher Vorteile diesbezüglich die Oberhand. Hans-Jakob Diem, Lenz & Staehelin Seiten 28–31 Viel los beim Telekommunika tions- anbieter Sunrise: So plant das Unter- nehmen, den Kabelnetzbetreiber UPC zu übernehmen – trotz des Widerstands von Großaktionär freenet. Interview mit André Krause, Sunrise Seiten 32–33 4 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ 3 Editorial Schöne neue Welt? Einführung & Hintergrund 6 Kühlen Kopf bewahren Trotz wirtschaftlicher Eintrü- bung im Euroraum zeigt sich die Schweiz kämpferisch 10 „Kapitalkräftige Investoren schaffen eine gute Basis für Börsengänge“ Interview mit Valeria Ceccarelli, Head Primary Markets, SIX Finanzierung & Investment 14 Nachhaltiges Investment in der Schweiz Marktwachstum von 72% im Jahr 2018 18 ICOs vs. STOs vs. IEOs Immer mehr digitale Assets erobern die regulierte Finanzwelt Dr. Reto Luthiger, Dr. Wolfgang Müller, Dr. Alexander Vogel, Meyer lustenberger Lachenal 22 Fintech – die Rettung der Schweizer Finanzindustrie? Traditionelle Banken müssen sich positionieren und bereit für Innovation sein Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Denis Bieri, Hochschule Luzern 26 „Plattformbasierten Geschäftsmodellen gehört die Zukunft der Finanzbranche“ Interview mit Stefan Mühle- mann, CEO & Founder, Loanboox Being Public/Investor Relations 28 Proxy Fights Nicht nur bei aktivistischen Aktionären werden „Kampf- abstimmungen“ immer beliebter Hans-Jakob Diem, Dr. Patrick Schleiffer, Lenz & Staehelin 32 „Die UPC-Transaktion ergibt Sinn“ Interview mit André Krause, CFO, Sunrise Communications 34 In wenigen Sekunden um die Welt Effiziente und zielgenaue Kommunikation über ein Newswire Cédric Baumgartner, EQS Group 38 „Kommunikation in Zeiten der Internationalisierung“ Interview mit Marlen Schrader, Vorstandsmitglied und Vertriebs- leiterin, EnglishBusiness 40 Berichterstattung als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung Nachhaltigkeitsberichte müssen stimmig, ehrlich und glaubwür- dig sein Prof. Dr. Thomas Berndt, Universität St. Gallen 42 Viel Kapital und attraktive Rahmenbedingungen Emittentenbefragung unter Schweizer Unternehmen Service 46 Partner der Ausgabe im Portrait 47 Impressum

Danke.* *) Das Special „Kapitalmarkt Schweiz“ entstand mit freundlicher Unterstützung von:

Einführung & Hintergrund Kühlen Kopf bewahren Trotz wirtschaftlicher Eintrübung im Euroraum zeigt sich die Schweiz kämpferisch Es ist kein Geheimnis, dass der Schweizer Kapitalmarkt insbesondere eines ist: schwergewichtig. Bei rund 200 Aktienemittenten kommt der Leitindex SMI auf eine Market Cap von rund 1 Bio. bzw. 1.000 Mrd. CHF – er ist also ähnlich groß wie der DAX. Auch sonst ließ der Schweizer Leitindex DAX & Co. in den vergangenen Monaten ziemlich blass aussehen. Zunehmende Herausforderungen wie geopolitische Krisen und technologische Disruptionen beschäftigen jedoch auch die krisensicheren Eidgenossen. Von Svenja Liebig M itte Juni dieses Jahres gab es Grund zum Feiern am Schweizer Kapitalmarkt: Erstmals in seiner mehr als 30-jährigen Geschichte hat der führende Schweizer Leitindex SMI die 10.000er-Marke und damit einen neuen Rekordwert geknackt. Kurz zur Erinne- rung: Neben dem SPI, dem Swiss Perfor- mance Index, bildet der Swiss Market Index die 20 größten Schweizer Aktien ab – darunter „Promis“ wie Nestlé, Swatch oder Schokospezialist Lindt & Sprüngli. Der SMI repräsentiert zudem zwischen 80% und 85% des Aktienmarkts und dient so als Basis für Assets wie Optionen, Futures oder ETFs. Doch nicht nur kurzfristig konnte der Leitindex punkten – auch im internationa- len Vergleich kann sich der SMI durchaus sehen lassen: So stieg der eidgenössische Hauptindex innerhalb von zwölf Monaten um mehr als 10%, während sein deutsches Pendant, der DAX, im gleichen Zeitraum sogar leicht ins Minus rutschte. Fels in der Brandung Wie so oft zeigt sich der Schweizer Finanz- platz erstaunlich robust – und das, ob- wohl die Schweizer Börsenäquivalenz per 1. Juli von der EU-Kommission aufgehoben wurde. Die Folge: Schweizer Aktien sind an der Frankfurter Börse und anderen europäischen Börsenplätzen vorerst nicht mehr handelbar. Folgenschwere Auswir- kungen spürte die Schweizer Börsen- betreiberin SIX jedoch nicht – ganz im Gegenteil: Der Umsatz im Handel mit Aktien ist seitdem sogar deutlich gestie- gen, eben da sich der Handel ausschließ- I X S © : e l l e u Q lich auf den heimischen Kapitalmarkt konzentriert. Finanzmarktteilnehmer sind sich allerdings allesamt einig, dass die Börsenäquivalenz langfristig wieder auf- genommen werden sollte – von einer guten Beziehung zwischen der Schweiz und der EU proﬁtieren schließlich beide Parteien. Am IPO-Markt zeigt sich in der Schweiz derweil ein ähnliches Bild wie im Rest Europas: In die Geschichte eingehen wird das IPO-Jahr 2019 mit bisher insgesamt vier Börsengängen wohl kaum. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte es zur gleichen Zeit rund doppelt so viele Neunotierungen gegeben. Dafür brachten die Schweizer mit dem Schienenfahrzeug- hersteller Stadler Rail einen der größten europäischen Emittenten aufs Börsen- parkett – und bis Ende des Jahres werden weitere Börsengänge erwartet, so z.B. von SoftwareONE oder dem Snackautomaten- hersteller Selecta. Das bisherige Gesamt- emissionsvolumen von 2,3 Mrd. CHF zeigt indes, dass der Schweizer Primärmarkt mit hoch kapitalisierten Unternehmen durchaus erprobt ist. „Bezogen auf die erste Jahreshälfte sind wir in Europa gemessen am IPO-Transaktionsvolumen die Nummer zwei – direkt nach der LSE- Gruppe“, betont Valeria Ceccarelli im Interview mit dem GoingPublic Magazin (siehe S. 10). Krisen belasten 2019 – gute Aussichten 2020 Auch wenn die Schweiz auf weltwirt- schaftlicher Ebene gerne als sicherer Hafen gilt – gänzlich unberührt von kon- junkturellen oder geopolitischen Krisen bleibt die Alpenrepublik leider nicht. So erwartet das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) für das restliche Jahr 2019 ein moderates BIP-Wachstum von dünnen 1,2%. Die generelle Abschwä- chung könnte besonders den Schweizer Außenhandel bremsen; darüber hinaus beeinträchtigt der nunmehr bereits erstarkte Franken die Exportwirtschaft. Die Nachfrage nach der Weltkonjunktur 6 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Einführung & Hintergrund IPOs in der Schweiz 2019 – alle Neuzugänge in der Übersicht Alcon Inc. / ALC Aluflexpack AG / AFP Medacta Group SA / MOVE ISIN Branche Erstnotiz Market Cap Emissionserlös CH0432492467 ISIN Pharmazie 9. April Branche Erstnotiz CH0453226893 ISIN Industrieverpack. Branche 28. Juni Erstnotiz 29,5 Mrd. CHF Market Cap (zum IPO) 389 Mio. CHF Market Cap Zweitlisting Emissionserlös 169 Mio. CHF Emissionserlös CH0468525222 Medtech 4. April 4,3 Mrd. CHF 1,5 Mrd. CHF Performance seit Erstnotiz +7% Performance seit Erstnotiz +2,3% Performance seit Erstnotiz -18% Umsatz 1. Hj. 2019 1,9 Mrd. CHF Umsatz 2018 202 Mio. CHF Umsatz 2018 298 Mio. CHF Stadler Rail / SRAIL ISIN Branche Erstnotiz Market Cap Emissionserlös CH0002178181 Schienenfahrzeuge 12. April 4,3 Mrd. CHF 1,5 Mrd. CHF Performance seit Erstnotiz +15% Umsatz 2018 2,0 Mrd. CHF SMI – Swiss Market Index ISIN Zusammensetzung CH0009980894 20-Top-Werte Schweiz Start Market Cap 1 Ein-Jahres-Performance 2 30. Juni 88 1.044 Mrd. CHF +14% 1) basierend auf der Marktkapitalisierung aller SMI-Werte, Schlusskurs 6.9.2019 2) im Zeitraum September 2018 bis September 2019 Schweizer Produkten könnte laut SECO damit im Jahresverlauf abﬂachen. Die sinkende Auslastung bei gleichzeitig großen Unsicherheiten könnte zudem die Investitionen der Unternehmen in ihre Produktionskapazitäten hemmen. Unsi- cherheiten bilden vor allem der (immer noch!) ungewisse Ausgang des Brexit, der Handelskonﬂikt zwischen den USA und China sowie die unsichere wirtschaftliche und ﬁnanzielle Situation Italiens. Für 2020 erwartet die Expertengruppe jedoch wie- der ein Anziehen der Konjunktur in der Schweiz, bei einem prognostizierten BIP- Wachstum von rund 1,7%. Schweiz steht für Biotech Krisensicherheit, hoch kapitalisierte Unternehmen und wirtschaftliche Ro- bustheit sind in der Schweiz genauso selbstverständlich wie das Amen in der Kirche. Als ebenfalls typisch schweize- risch gilt die Biotech- und Pharma- branche: Mit Roche, Novartis und Lonza sind gleich drei Biotechgiganten im SMI gelistet. Die Branche erlebt dabei einen stetigen Aufwind: Laut des im Mai veröffentlichten Swiss Biotech Reports konnten die Branchenumsätze Schweizer Biotechs im Vergleich zu 2017 um 6% auf 4 Mrd. CHF gesteigert werden. Die Kapitalinvesti- tionen in börsennotierte Biotechunter- nehmen erlebten zudem ebenfalls einen eindeutigen Aufschwung. Die Grundlage für dieses seit Jahren anhaltende Wachstum legt die Branche laut Erhebung mit Investitionen in For- schung und Entwicklung (F&E), die seit Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ 7

Einführung & Hintergrund Abb. 1: Drei Megatrends bestimmen Schweizer Finanzmarkt Wirtschaftspolitische Unsicherheiten sind unverändert hoch Marktstrukturen verändern sich dynamisch Steuerliche und regulatorische Rahmenbedingungen sind elementar Tiefzins- regime Trend der Digitale Abschottung Innovationen Wettbewerb durch Nicht- banken Steuerlast Markt- zugang Quelle: SwissBanking Medienkonferez Bankenbarometer, 29.8.2019 Jahren ansteigen und sich 2018 um weitere 32% erhöht haben. Damit investierten die Schweizer Biotechﬁrmen auch 2018 den größten Teil der durch Gewinne und Finanzierungstransaktionen verfügbaren Mittel in F&E. Banken gegen Banken? Nicht nur die Biotechbranche, sondern auch der Bankensektor ist untrennbar mit der Schweiz verbunden. Nicht zu Unrecht: Internationale Großbanken wie UBS oder Julius Bär sind schließlich hier behei- matet. Bekanntlich musste die Branche in den vergangenen Jahren einige Umbrüche erleiden – Stichwort: Fintech. Erhebungen des „Bankenbarometer 2019“ der Schweizerischen Bankierverei- nigung (SwissBanking) zeigen, dass sich die strukturelle Neuordnung im Banken- sektor angesichts gesunkener Margen und fortschreitender Digitalisierung auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Traditionelle Finanzinstitute müssen sich also immer mehr gegen ihre digitale „Kon- kurrenz“ durchsetzen – Fintechs, die teils mit vollständiger Banklizenz agieren. Auch im vergangenen Jahr verzeichnete der Schweizer Fintechsektor einen exorbitan- ten Anstieg, und zwar von 62%. Die Entwicklung des traditionellen Finanz- sektors geht derweil in die genau entgegen- gesetzte Richtung (siehe mehr dazu im Fachbeitrag von Prof. Thomas Ankenbrand und Denis Bieri, Hochschule Luzern, S. 22). Klassische Finanzhäuser sollten sich des- halb stärker neuen Entwicklungen öffnen, um konkurrenzfähig zu bleiben. SXI Bio+Medtech-Index (ISIN CH0017810794) Quelle: Tai-Pan 8 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ Neben der Digitalisierung ist das Thema Nachhaltigkeit ebenso ein großer Megatrend in der Finanzbranche, speziell im Assetmanagement. Angesichts des Klimawandels und des steigenden Interes- ses für ESG-Themen legen Investoren zunehmend mehr Wert auf die Nachhaltig- keit ihrer Anlagen. In der Schweiz sind 2018 gemäß einer Studie von Swiss Sustainable Finance bereits 716 Mrd. CHF in nachhaltige Anlagen verortet worden. Tendenz: steigend. Wir widmen uns diesem Thema deshalb u.a. auf S. 14 ausführlicher, auf der wir Ihnen aus- gewählte Schweizer Nachhaltigkeitstitel vorstellen. Fazit Während in den Nachbarländern der Schweiz, etwa in Deutschland, gerade schon die große Angst vor dem bösen „R-Wort“ herrscht, ist man in der Alpen- republik etwas optimistischer – wenn- gleich die konjunkturellen Sorgen aus dem Euroraum auch hier nicht spurlos vorü- bergehen. Herausforderungen wie neue disruptive Technologien, zunehmende Regularien und geopolitische Unsicher- heiten sind in der Schweiz wie auch in allen anderen Industrieländern 2019 ff. das Top-Thema. Obwohl die Schweiz als Vorreiter im digitalen Bankensektor gilt und mit ihrem Vorzeigestandort Crypto Valley global betrachtet ein hohes Anse- hen genießt, muss die internationale Wett- bewerbsfähigkeit weiterhin erkämpft wer- den. Stillstehen ist keine Option – auch in der Schweiz nicht. Die Konkurrenz, z.B. aus Asien, schläft nicht. Wie immer wird die Schweiz aber sicherlich auch in diesem Fall krisensicher agieren.

Einführung & Hintergrund „Kapitalkräftige Investoren schaffen eine gute Basis für Börsengänge“ Interview mit Valeria Ceccarelli, Head Primary Markets, SIX Im Interview mit dem GoingPublic Magazin betont Valeria Ceccarelli u.a., wie es um das internationale Ansehen des Schweizer Kapitalmarkts bestellt ist und wie der Börsenplatz für die Digitalisierung gerüstet ist. eine Doppelkotierung in der Schweiz und den USA – oder den Börsengang des Verpackungsunternehmens Aluﬂexpack. Stadler Rail war, wie von Ihnen erwähnt, bislang zudem eines der größten europä- ischen IPOs in diesem Jahr. Demnach konnten wir bisher auch einen soliden Branchen- und Größen mix beobachten. Im bisherigen Jahres verlauf betrug das IPO-Transaktionsvolumen an SIX rund 2,3 Mrd. CHF. Das freut uns natürlich sehr, denn bezogen auf die erste Jahreshälfte sind wir in Europa gemessen am IPO- Transaktionsvolumen die Nummer zwei – direkt nach der LSE-Gruppe (London Stock Exchange und Borsa Italiana). ZUR INTERVIEWPARTNERIN Valeria Ceccarelli ist Head Primary Markets bei SIX im Geschäftsbereich Securities and Exchanges. In dieser Funktion ist sie für neue Börsennotierungen (Aktien und Anleihen) sowie für das Relationship Management der Emittenten verant- wortlich. Ceccarelli verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung im Finanzsektor. Vor ihrer Tätigkeit bei SIX arbeitete sie u.a. zwölf Jahre als Executive Director im Investment Banking von Morgan Stanley in London und Mailand. I X S © : o t o F GoingPublic: Frau Ceccarelli, der Handel mit Schweizer Aktien innerhalb der EU wurde vor einigen Wochen eingestellt. Welche Auswirkungen hat dies auf den Schweizer Kapitalmarkt? Ceccarelli: Am 1. Juli dieses Jahres ist die vom Bundesrat verabschiedete Verord- nung zur Sicherung und Festigung eines starken Schweizer Kapitalmarktes in Kraft getreten. Der Übergang des EU-Handels- volumens von Schweizer Aktien auf SIX, nachdem die EU-Äquivalenz nicht mehr gewährt wurde, verlief reibungslos. Die Wiedererlangung der EU-Anerkennung der Äquivalenz, für die die Schweizer Bör- senregulierung alle Vorgaben vollständig erfüllt, bleibt jedoch unsere oberste Prio- rität. Offene, efﬁziente Märkte und Rechts- sicherheit stehen für SIX nach wie vor an erster Stelle, um die Interessen von Emit- tenten, Banken und Investoren bestmög- lich erfüllen zu können. Welche Besonderheiten gab es bislang in diesem Jahr am Schweizer IPO-Markt? Mit Stadler Rail z.B. gab es 2019 ja min- destens einen größeren Börsengang in der Schweiz … Die IPO-Aktivitäten haben sich im zweiten Quartal nach einem besonders schwa- chen ersten Quartal erholt; insgesamt war das erste Halbjahr in Europa niedriger als im Vorjahreszeitraum. Wir als SIX blicken auf ein sehr starkes zweites Quartal 2019 zurück. Tatsächlich war unser erster Bör- sengang des Jahres, Medacta, auch der erste große euro päische Börsengang 2019. Es gab dieses Jahr viele spannende und vielfältige Transaktionen, so z.B. die Abspaltung von Alcon durch Novartis – 10 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Wie sind die IPO-Aussichten für den weiteren Jahresverlauf? Entscheidend für ein solides IPO-Umfeld sind gute Bewertungen der Aktienmärkte, eine positive und nachhaltige Marktper- formance sowie eine niedrige Volatilität. Geopolitische Spannungen, gravierende Änderungen der Handels- oder der Zentralbankpolitik schaffen Unsicherheit und damit auch Volatilität. Darüber hinaus führt eine gut laufende Wirtschaft auch zu einem dynamischen Aktienmarkt umfeld. Solche Faktoren können sich sehr schnell ändern, weshalb es schwierig ist, einen Ausblick zu geben. Auf der anderen Seite gibt es nichtsdestotrotz immer wieder Unter nehmen in unterschiedlichen Wachs- tums phasen, die einen Börsengang in Betracht ziehen. Wir sind dementspre- chend weiterhin zuversichtlich, dass sich aus der IPO-Pipeline in den nächsten Mona- ten die eine oder andere Transaktion erge- ben wird. Wo sehen Sie das größte Potenzial des Schweizer Kapitalmarktes, insbesondere im internationalen Vergleich? Wir sind eine große Börse, gemessen an der Streubesitz-Marktkapitalisierung un- serer börsenkotierten Unternehmen die Nummer vier in Europa. Zudem bietet die Schweiz einen attraktiven Standort als Finanzplatz. Die Marktkapitalisierung unserer Emittenten ist im Vergleich zu unserem relativ kleinen Land übermäßig – das zeigt, wie stark der Schweizer Kapital- markt ist. Kapitalkräftige nationale sowie internationale Investoren schaffen – zu- Wir sind eine große Börse, gemessen an der Streubesitz-Marktkapi- talisierung unserer bör- sennotierten Unterneh- men die Nummer vier in Europa. sammen mit der hohen Platzierungskraft der Banken – darüber hinaus eine gute Basis für Börsengänge. Die Marktteil- nehmer am Finanzplatz Schweiz sind es gewohnt, sich mit globalen Geschäften und grenzüberschreitenden Aspekten aus einanderzusetzen. Darüber hinaus ist SIX bekannt für ihren schnellen, efﬁ- zienten und marktgerechten Kotierungs- prozess. Dies verschafft uns eine gute und wettbewerbsfähige Position an den globa- len Aktienmärkten. Und wo sehen bzw. erwarten Sie im Hinblick auf den Schweizer Kapitalmarkt noch Verbesserungspotenzial? Im nächsten Jahr will die Schweiz ein neues Prospektregime einführen, das sich weitgehend an den EU-Prospektvorschrif- ten orientiert. Ich glaube, dass der neue Rahmen, wie beabsichtigt, die Trans- parenz und Rechtssicherheit für die Emit- tenten verbessern und gleichzeitig eine Einführung & Hintergrund gewisse Flexibilität bewahren sollte. Es wird eine Reihe weiterer gesetzlicher Änderungen diskutiert, die den bereits wettbewerbsfähigen Schweizer Kapital- markt weiter verbessern können. Zur schweizerischen Verrechnungssteuer hat der Bundesrat kürzlich die Eckpunkte und Kennzahlen für eine Verrechnungssteuer- reform zur Stärkung der Schweizer Fremd- kapitalmärkte verabschiedet. Die kürzlich im Ständerat diskutierte Revision des Aktienrechts soll darüber hinaus das Schwei- zer Aktienrecht auch in mehreren Bereichen modernisieren und ﬂexibler gestalten. Warum scheinen gerade kleine und mittlere Unternehmen den Gang an die Börse zu scheuen? Ein Börsengang ist ein ressourceninten- siver Prozess, der für kleinere Unter- nehmen eine größere Herausforderung darstellen kann. Darüber hinaus kann un- genügende Liquidität gerade bei KMUs eine Herausforderung sein und zu einer Unterbewertung des IPOs sowie zu stei- genden Kapitalkosten führen. KMU sind für die Wirtschaft und den Schweizer Kapitalmarkt sehr wichtig. Viele gehen davon aus, dass die Schweizer Börse nur aus Blue Chips besteht, da bei uns drei der fünf grössten Unternehmen Europas – gemäss Marktkapitalisierung – kotiert ist aber, dass wir rund sind. Fakt 100 börsenkotierte Unternehmen mit einer Marktkapitali sierung zwischen 100 Mio. CHF und unter 1 Mrd. CHF bei uns kotiert haben. KMU sind oft sehr erfolg- reich am Kapitalmarkt, und unsere ANZEIGE LEIDENSCHAFT zeigen. Das Hausbankprinzip für den Kapitalmarkt. BankM - Repräsentanz der ﬂatex Bank AG Mainzer Landstraße 61 D - 60329 Frankfurt am Main www.bankm.de Kontakt: Dirk Blumhoff / Ralf Hellfritsch T +49 (0)69-71 91 838-10 info@bankm.de

Einführung & Hintergrund dar, die zur Finanzierung des anor- ganischen Wachstums verwendet wer- den kann. Der Börsengang bringt für ein Unternehmen Publizität – die Wahrneh- mung der Marke wird gestärkt sowie die Visibilität erhöht. Börsenkotierte Unter- nehmen werden meist als zugäng licher angesehen, wodurch die öffentliche Glaubwürdigkeit auch bei ihren Kunden und Lieferanten erhöht wird. Daher denke ich, dass IPOs weiterhin eine relevante Finanzierungsoption für Unter- nehmen darstellen werden. Verschiede- ne Finan zierungsmöglichkeiten werden folglich nebeneinander bestehen und den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden. Auch die Börsen werden ihre Rolle beibehalten. Die Technologie, auf der die Börsen beruhen, wird sich in Zukunft wahrscheinlich ausdifferen- zieren. Ihre Hauptfunktion wird die Börse aber meiner Meinung nach weiter- hin erfüllen, und sie wird auch künftig ein wichtiger Marktplatz bleiben, bei dem Unternehmen Geld aufnehmen werden. Überspitzt gefragt: Wird es in Zukunft keine Börsen oder Banken mehr geben, sondern nur noch digitale Plattformen, ähnlich wie beim Crowdfunding? Ich glaube, dass die Zukunft noch mehr Neuerungen bringt und dass sich Plattfor- men und die Digitalisierung immer weiter entwickeln werden. Aber wie bereits erwähnt, bin ich der festen Überzeugung, dass Börsenplätze auch in Zukunft exis- tieren werden. Und zwar nicht nur, weil sie Kapitalanbieter und -nutzer miteinander verbinden, sondern auch, weil sie efﬁ- ziente Handelsplätze sind, an denen Wert- papiere jederzeit gekauft und verkauft werden können – und weil eine Börse über Regeln und Vorschriften verfügt, die auf den Prinzipien der Fairness und Trans- parenz basieren sowie Investoren und börsenkotierte Unternehmen gleicher- maßen schützen. Was die Technologie betrifft, so passen wir als SIX uns den digitalen Entwicklungen an und sind stets bestrebt, ganz vorne mit dabei zu sein. Wo auch immer der Markt sich hin entwickeln wird – wir werden dabei sein. Frau Ceccarelli, vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Svenja Liebig. I X S © : o t o F Kotierungsanforderungen sind durchaus auch für diese Unternehmen geeignet. Um nur einen aktuellen Fall zu erwähnen: Der Börsengang von Aluﬂexpack im Juni dieses Jahres ist ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche KMU-Kotierung an SIX. Wir sind uns bewusst, dass KMU einige Hürden bewältigen müssen, und wir be- fassen uns u.a. mit der Handelsliquidität oder den vielen neuen Regularien, die zu einer begrenzten Coverage durch Analys- ten führen. Im Jahr 2016 lancierte SIX deshalb auch ihr Stage-Programm, das darauf abzielt, die Visibilität kleinerer Unternehmen bei relevanten Stakeholdern am Kapitalmarkt zu erhöhen. (Anmerkung der Redaktion: GoingPublic Magazin berichtete.) Teil nehmende Unternehmen können neben anderen Dienstleistungen von SIX auch von einem regelmäßig aktu- alisierten Factsheet und Researchberich- ten erfah rener Partner proﬁtieren. Eine Börsennotiz bietet Unternehmen immer wieder die Möglichkeit, zusätzliches Kapital efﬁzient aufzunehmen. Gutes Stichwort – wie zufrieden sind Sie bisher mit Stage? Wir sind mit dem Stage-Programm sehr zufrieden, da es in seiner Form einzigartig ist. So nehmen inzwischen 14 Unter- nehmen an dem Programm teil, und das Feedback der Emittenten und anderer Marktteilnehmer ist durchweg positiv. In Zeiten zunehmender Digitalisierung – welche Rolle werden traditionelle Finanzierungen, wie z.B. IPOs, in Zukunft noch spielen? Es ist ein allgemeiner Trend, dass Unter- nehmen heutzutage mehr Möglichkeiten haben, wenn es um die Kapitalbeschaf- fung geht. Es steht mehr privates Kapital zur Verfügung, z.B. Private Equity, Family Ofﬁces usw. Neue digitale Anlegerplatt- formen, wie Crowdfunding, bieten alter- native Möglichkeiten, Kapital aufzuneh- men, sodass für gewisse Unternehmen der öffentliche Kapitalmarkt zur Finanzierung nicht genutzt wird. Dennoch greifen Unternehmen aus verschiedenen Gründen nach wie vor auf den Kapitalmarkt zurück, da z.B. durch andere Finanzierungs- quellen individuellen Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Eine Börsennotiz bietet Unternehmen immer wieder die Möglichkeit, zusätzliches Kapital efﬁzient aufzunehmen. Die Aktien eines börsen- kotierten Unternehmens stellen zudem eine liquide Währung für Unternehmen ihre 12 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Finanzierung & Investment Nachhaltiges Investment in der Schweiz Marktwachstum von 72% im Jahr 2018 Die Schweiz ist traditionell ein wichtiges Zentrum für Kapitalanleger aus der ganzen Welt. In der Alpenrepublik haben auch viele internationale Investmenttrends ihren Anfang genommen – wie z.B. im nachhaltigen Investment. Unter anderem die heutige RobecoSAM sowie Pictet und Bank J. Safra Sarasin sind global anerkannte Pioniere in Sachen nachhaltiges und verantwortliches Investieren. Von Falko Bozicevic liche Institutionen, wenngleich der Anteil der Privatanleger generell zunimmt. Anlageklasse Immobilien erobert Top-Spot vor Aktien Das exorbitante Wachstum im Bereich des Sustainable Investing seit Gründung von SAM (Sustainable Asset Management) 1995 hat jedoch auch zu einer Verschie- bung der Marktanteile geführt. Auf nur zehn Assetmanager entfallen heute 89% der Volumina, wobei Partners Group mit 31,5% und UBS mit 20,2% Marktanteil dominieren. Die Pioniere wie Pictet kom- men dagegen nur noch auf geringe Markt- anteile von wenigen Prozent. Bemerkens- wert sind auch die Veränderungen in der Asset Allocation innerhalb des ESG- Anlageuniversums: Erstmals eroberte 2018 die Anlageklasse Immobilien mit einem Anteil von 24,2% die Spitze; auf Aktien entfallen noch 21,3%. am Aktienmarkt Vorsicht bei „nachhaltig“ gelabelten Aktien Während sich in der Schweiz durchaus zahlreiche passive ESG-konforme Invest- mentvehikel wie Fonds und ETFs ﬁnden, ist das Aufspüren von „nachhaltigen“ Performern schon anspruchsvoller. Es kommt eben auf die Kriterien des individuellen Investors an, denn auf „nachhaltige“ Labels ist nicht unbedingt Verlass. Ein aktuelles Beispiel ist die 20% betragende Kluft bei der Bezahlung von Männern und Frauen, auf die im Sommer zahlreiche „Frauenstreiks“ hingewiesen haben. Nun fordert der m o c . e b o d a . k c o t s – m e h e a h c m © i i l : o t o F Frauenstreiks im Juni in der ganzen Schweiz. 20% Gender Pay-Gap ist als ESG-Thema in der Schweiz auf der Agenda nach oben gerückt. I nzwischen ist aus dem Nischenmarkt der ethischen und ökologischen Anlage ein Massenmarkt geworden – unter den nun international üblichen Sammelbe- griffen ESG (Environmental, Social, Gover- nance) und SRI (Socially Responsible Investing). 2018 nahm das Volumen der in der Schweiz strikt nach ESG-Kriterien investierten Mittel um weitere 72% auf 231,6 Mrd. EUR zu. Davon entfallen 168,9 Mrd. EUR auf ESG-Investmentfonds, 18,3% des gesamten Fondsvolumens. Diese Zah- len ermittelte Swiss Sustainable Finance für das Forum Nachhaltige Geldanlagen, welches in den deutschsprachigen Län- dern die Daten für Eurosif erhebt, den europäischen Dachverband innerhalb der Global Sustainable Investment Alliance. Schweiz vor Deutschland bei ESG-Anlagen In Deutschland liegt das ESG-Fondsvolu- men mit 219 Mrd. EUR übrigens tiefer, und der Marktanteil bezogen auf das gesamte Fondsvolumen beträgt bisher nur 4,5%. Das zeigt, dass der Markt in der Schweiz weiterentwickelt ist. Rund ein Drittel der nachhaltig investierten Mittel stammt von Privatanlegern, was deren guten Infor- mationsstand belegt. International über- wiegen noch klar institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Stiftungen und kirch- 14 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Gesetzgeber die Unternehmen auf, dieses Missverhältnis zu überprüfen und zu ändern. Dennoch sind zahlreiche Unter- nehmen trotz dieser offensichtlichen Ungleichbehandlung im 25 Werte umfas- senden Swiss Sustainability Index. Dort ﬁnden sich auch international bekannte Marktführer der Schokoladen- und Nah- rungsmittelindustrien, die trotz Zertiﬁ- katen immer wieder mit Kindersklavenarbeit auf den Kakaoplantagen Westafrikas in Verbindung gebracht werden. Bei den meisten im Index enthaltenen Unterneh- men machen nachhaltige Produkte und Prozesse einen eher geringen Anteil am Geschäftsvolumen aus. Nachhaltigkeit ohne Abstriche Es lassen sich jedoch auch gut performende Aktien von verantwortlich wirtschaften- den Unternehmen ﬁnden – mit Nachhaltig- keit in der Unternehmens-DNA. Ein gutes Beispiel ist BELIMO. Der Entwickler sowie Hersteller von Ventilen, Antrieben und Sensoren für Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme in kommer ziell genutzten Gebäuden wächst ungebremst, weil seine Finanzierung & Investment BELIMO Holding (ISIN CH0001503199) Quelle: Tai-Pan intelligenten Lösungen den Energie- verbrauch in Immobilien signiﬁkant – teilweise bis zu 80% – senken können. Durch die hohe Kostenersparnis amorti- sieren sich die Investitionen für Kunden innerhalb kürzester Zeit, weshalb das Unternehmen auch durchgängig hohe Gewinnmargen durchsetzen kann. Die bei Kunden erzielten Energieeinsparun- gen entsprechen einem Vielfachen des ANZEIGE

Finanzierung & Investment Energieverbrauchs bei BELIMO für die Herstellung der Produkte – womit der Effekt global betrachtet wirklich nach- haltig ist. Traumhafte Gewinnmargen bei BELIMO Das Potenzial ist sowohl bei Neubauten wie bei energetischen Sanierungen außer- gewöhnlich hoch, da in den entwickelten Ländern der nördlichen Hemisphäre 40% des gesamten Energieverbrauchs auf Gebäude entfallen. Die operative Marge erreicht 17% bis 18%, die Nettoumsatz- rendite lag im ersten Halbjahr 2019 bei 15%. Mehr als 7% des Umsatzes werden in Forschung und Entwicklung investiert. Das Gewinnwachstum lag in den letzten Jahren regelmäßig bei über 10%. Die Aktie ist ein solider Langfristperformer und war kaum je günstig bewertet. Der kürzliche Kursrückschlag eröffnet eine Einstiegs- chance, da das geschätzte KGV 2020 bei Kursen um 5.000 CHF wieder unter 30 liegt. Frauen und Männer werden bei BELIMO übrigens gleich bezahlt. l i c o b b m o C G S © I : o t o F SIG Combibloc (ISIN CH0435377954) Quelle: Tai-Pan 16 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ CPH Chemie und Papier Holding (ISIN CH0001624714) Quelle: Tai-Pan SIG Combibloc bietet nachhaltige Lösungen 2018 kehrte SIG Combibloc, der Ver- packungsbereich der traditionsreichen Schweizerischen Industrie Gesellschaft, nach elf Jahren via IPO an die Börse zurück. Die kanadische Private-Equity- Gesellschaft ONEX hatte die globale im Bereich aseptische Nummer zwei Getränkeverpackungen auf Innovation und Wachstum getrimmt. Mit nun 21% Weltmarktanteil ist das gelungen. Die hohe Verschuldung wurde mit dem Emis- sionserlös deutlich zurückgeführt. Im ersten Halbjahr 2019 sind sowohl Umsatz wie Gewinn deutlich über den erwarteten Zuwachsraten gewachsen. Der Free Cash- ﬂow erlaubt nun entsprechende Dividen- denausschüttungen und dürfte zur weite- ren Reduzierung der Verbindlichkeiten eingesetzt werden. Die Verpackungen von SIG Combibloc bestehen zu 100% aus zertiﬁziertem Recyclingmaterial, das wiederum recyclingfähig ist – eine gute Lösung für das Problem der wachsenden Flut von Plastikverpackungsmüll. Unerwarteter ESG-Kandidat CPH Je nachdem, welche Kriterien für den Anleger wichtig sind, kommen weitere Aktien aus der Schweiz auf das ESG-Radar. Die 200 Jahre alte CPH ist nach einem Schrumpfungsprozess der europäischen Papierindustrie einer von noch zehn – ehe- mals 23 – Papierproduzenten. Nach einer Übernahme ist CPH nun der größte Altpa- pierrecycler der Schweiz, senkt dadurch die Kosten und reduziert Import und Transport von Altpapier. Die Papiermaschine, die mo- dernste in ganz Europa, ist hoch efﬁzient und übertrifft die gesetzlichen Normen. CPH verbucht sogar Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertiﬁkaten. In den letzten fünf Jah- ren wurde der CO2-Ausstoß von 86.000 auf 17.000 Tonnen reduziert. Die Aktie hat seit 2016 einen bemerkenswerten Turnaround absolviert, ist jedoch wegen des schrump- fenden und zyklischen Papiergeschäfts so- wie eines Konglomeratsabschlags (Pharma- verpackungen, Silikatchemie) mit einem be- scheidenen KGV 2019 von zwölf bewertet.

Finanzierung & Investment ICOs vs. STOs vs. IEOs Immer mehr digitale Assets erobern die regulierte Finanzwelt Die Ausgabeformen von digitalen Assets entwickeln sich laufend weiter und werden zu einer immer stärkeren Konkurrenz der klassischen Finanzierungsformen. So sammelten EOS rund 4,2 Mrd. USD und TaTaTu 575 Mio. USD durch ein ICO, tZERO 134 Mio. USD und Nexo 52,5 Mio. USD durch ein STO sowie Bitﬁnex 1 Mrd. USD und TronGameGlobal 80 Mio. USD durch ein IEO1. Während in der klassischen Finanzwelt das IPO zur traditionellen Messlatte geworden ist, dreht sich die Welt der digitalen Assets immer schneller – von ICO zu STO zu IEO. Von Dr. Reto Luthiger, Dr. Wolfgang Müller und Dr. Alexander Vogel platziert und nachher auf dem Sekundär- markt gehandelt werden. Im Gegensatz zum ICO und zum STO tritt hierbei neben dem Emittenten und dem Investor eine Handelsplattform als Akteur auf. KYC-Prozesse sind heute für alle ICOs, STOs und IEOs (faktisch) Pﬂicht, da dem Emittenten ansonsten das Eröffnen eines Bankkontos in einer Jurisdiktion mit ver- nünftigem Ruf verwehrt bleibt. Anlagetoken unter Schweizer Recht Gemäß der auch international viel beach- teten Wegleitung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) zu ICOs gehören der Kategorie Anlagetoken alle Token an, die Vermögenswerte repräsen- tieren. Solche Token können beispiels- weise eine schuldrechtliche Forderung gegenüber dem Emittenten oder ein gesellschaftsrechtliches Mitgliedschafts- recht darstellen, z.B. in Form von Anteilen ZU DEN AUTOREN Dr. Reto Luthiger ist Rechts anwalt bei Meyerlustenberger Lachenal AG. Dr. Wolfgang Müller, MBA, ist Rechts- anwalt und Partner bei Meyer lustenberger Lachenal AG. Dr. Alexander Vogel, LL.M., ist Rechts- anwalt und Partner bei Meyer lustenberger Lachenal AG. m o c . e b o d a . k c o t s – r s s n k © : o t o F I nitial Coin Offerings (ICOs) waren die erste Form der Tokenausgabe auf der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), wozu auch die Blockchain zählt. Sie waren vor allem im Jahr 2017 sehr populär und ermöglichen das direkte Ausgeben von allen Arten von Token über die emittenten- eigene Webseite. Die eher stark regulierten Anlagetoken standen dabei weniger im Fokus als die weniger regulierten Zahlungs- token oder die unregulierten Nutzungs- token (Utility Tokens). ICOs waren sehr betrugsanfällig, da die DLT-Welt noch in den Kinderschuhen steckte, die Regulie- rung noch im Entstehen begriffen und die Geschäftsmodelle häuﬁg unausgereift waren. Die ICO-Blase platzte gegen Ende 2017, und Security Token Offerings (STOs) gewannen an Beliebtheit. Dabei handelt es 1) www.tokens-economy.com sich um die Ausgabe von Anlagetoken, also auf Effekten (Securities) basierenden Token, die oft direkt über die eigene Web- seite des Emittenten ausgegeben werden. Die Beschränkung auf Anlagetoken zeigt, dass STOs primär einen Finanzierungs- zweck verfolgen – in allen bekannten Eigen- und Fremdkapitalformen. Da dies in der Sitz jurisdiktion des Emittenten prak- tisch immer eine Prospekterstellungs- und häuﬁg auch eine Prospektprüfungspﬂicht nach sich zieht (so mit dem Finanzdienst- leistungsgesetz (FIDLEG) ab dem 1. Januar 2020 auch in der Schweiz) und eine gewisse KYC-Prüfung der Investoren erfordert, gelten STOs grundsätzlich als regulierte Token Offerings. Im Jahr 2019 wurde dann das Initial Exchange Offering (IEO) populär, wobei alle Tokenarten direkt über eine „vermit- telnde“ Handelsplattform (Exchange) mit einer Art Listing auf dem Primärmarkt 18 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

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Finanzierung & Investment Handel von Anlagetoken auf dem Sekundärmarkt Das öffentliche Angebot zum Erwerb von Effekten auf dem Sekundärmarkt unter- steht gemäß dem neuen FIDLEG ebenfalls der Prospekterstellungs- und -prüfpﬂicht. Beim Vertrieb unter gegenwärtigem Recht bzw. Angebot unter dem neuen FIDLEG von kollektiven Kapitalanlagen und struk- turierten Produkten müssen allfällig wei- tergehende Regulierungsvorgaben einge- halten werden. Der Handel von Effekten für Dritte untersteht üblicherweise der Effektenhändlerbewilligung (ab dem 1. Januar 2020 unter dem neuen Finanz- institutsgesetz (FINIG) Wertpapierhäuser genannt). Die Tätigkeit als Handelsplatt- form im Zusammenhang mit Anlagetoken, d.h. das Zusammenführen von Kauf- und Verkaufsangeboten, untersteht grund- sätzlich der Bewilligungspﬂicht als Börse, multilaterale oder organisierte Handels- plattform. Die Tätigkeit als Zentral- verwahrer ist ebenfalls bewil ligungs- pﬂichtig. Ausblick Der Markt der digitalen Assets hat sich von ICOs über STOs zu IEOs stark weiter- entwickelt und dringt mit dem verstärkten Fokus auf Anlagetoken schnell in die regulierte Welt der Finanzierungsmöglich- keiten ein, wie sie aus dem Umgang mit althergebrachten Effekten bekannt ist. Aus steuerrechtlicher Sicht macht sich der starke Nachteil der Verrechnungssteuer für den Schweizer Finanzplatz als Emis- sionsstandort bemerkbar. Aus Kosten- sicht sind STOs und IEOs trotz Regulie- rung üblicherweise immer noch günstiger als IPOs, da weniger Intermediäre einge- bunden sind. Kürzlich hat die FINMA die ersten beiden Vollbanklizenzen an zwei auf DLT fokussierte Finanzdienstleister, SEBA Crypto AG und Sygnum AG, erteilt. Für die nächsten Monate werden schließ- lich weitere Bewilligungserteilungen durch die FINMA für Banken, Effekten- händler und auch Handelsplattformen mit speziellem DLT-/Blockchain-Fokus erwar- tet, was den Markt der digitalen Assets in größerem Stile für institutionelle Anleger öffnen dürfte. m o c . e b o d a . k c o t s – r s s n k © : o t o F an künftigen Unternehmenserträgen oder zukünftigen Kapitalﬂüssen. Der Token repräsentiert damit je nach wirtschaft- licher Funktion insbesondere eine Aktie, Obligation oder ein derivatives Finanzins- trument. Unter die Kategorie der Anlage- token können auch Token fallen, die dazu dienen, physische Wertgegenstände auf der Blockchain handelbar zu machen. Aus zivilrechtlicher Sicht kann die Tokenisierung, d.h. die elektronische Registrierung von Rechten in einem ver- teilten elektronischen Register (Distributed Ledger), funktional ähnlich wie der alt- bekannte Vorgang der Verbriefung bei Wertpapieren verstanden werden: Die Rechte werden in eine spezielle Form – sei es ein Wertrecht, eine Bucheffekte, ein Wertpapier oder ein (Anlage-)Token – gekleidet und damit besonderen Regeln unterworfen, welche insbesondere auch die Modalitäten der Übertragung fest- legen. Mit dem Ziel, Rechtssicherheit zu schaffen, hat der schweizerische Bundes- rat in der ersten Jahreshälfte 2019 eine Vernehmlassung zu einem Gesetzes- vorentwurf zur Stärkung von DLT durch- geführt. Darin wird u.a. vorgeschlagen, die bisher bekannten Wertrechte aus Art. 973c des Obligationenrechts (OR) als sogenannte Wertrechte ohne Wertpapier- charakter den neuen Wertrechten mit Wertpapiercharakter (sog. DLT-Wert rechte) gegenüberzustellen. Sind nun Anlagetoken vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet, werden sie also in gleicher Struktur und Stückelung öffentlich angeboten oder bei mehr als 20 Kunden platziert, gelten sie unter Schweizer Recht zudem als Effekten und es ﬁnden alle auf Effekten typischerweise anwendbaren Vorschriften Anwendung. Ausgabe von Anlagetoken auf dem Primärmarkt Die Ausgabe von Anlagetoken untersteht grundsätzlich der Prospektpﬂicht, wenn diese unter gegenwärtigem Recht als Aktien, Anleihenobligationen, kollektive Kapitalanlagen oder strukturierte Produkte resp. ab dem 1. Januar 2020 unter dem neuen FIDLEG generell als Effekten öffent- lich zum Erwerb angeboten werden. Das FIDLEG wird zudem eine Prospektprü- fungspﬂicht einführen. Für die Ausgabe von kollektiven Kapitalanlagen und struk- turierten Produkten müssen je nach konkretem Fall zusätzliche Regulierungs- anforderungen berücksichtigt werden. Hilft ein Intermediär bei der Platzierung von Effekten oder Derivaten, unterliegt dieser allenfalls als Emissionshaus oder Derivathaus der Effektenhändlerregulie- rung. 20 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

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Finanzierung & Investment Fintech – die Rettung der Schweizer Finanzindustrie? Traditionelle Banken müssen sich positionieren und bereit für Innovation sein Während der Schweizer Fintechsektor in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen ist und stetig an Bedeutung gewonnen hat, zeigt die Entwicklung des traditionellen Finanzsektors in die entgegengesetzte Richtung. Dies geht aus der diesjährigen IFZ FinTech Study der Hochschule Luzern hervor, die neben einer umfassenden Bestandsaufnahme des Schweizer Fintechmarktes auch der Frage nachgeht, wie traditionelle Banken mit der digitalen Evolution umgehen. Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand und Denis Bieri Abb. 1: Anzahl Fintechunternehmen in der Schweiz (n=356) i s e n a p m o c h c e T n i F f o r e b m u N 400 300 200 100 0 n=162 29 29 27 21 37 19 n=190 28 40 31 21 46 24 n=220 26 53 34 33 48 26 2015 2016 2017 n=356 36 66 42 122 56 34 2018 2018 10% 10% 16% n = 356 34% 19% 12% Analytics Deposit & Lending Banking Infrastructure Investment Management Distributed Ledger Technology Payment Quelle: Hochschule Luzern, IFZ FinTech Study „An Overview of Swiss FinTech“ N ach zwei Jahren stetigen Wachs- tums ist der Schweizer Fintech- sektor im vergangenen Jahr erneut deutlich gewachsen. Ende 2018 zählte der Markt insgesamt 356 Schweizer Fintechs, was einem Anstieg von 62% oder 136 Unternehmen gegenüber dem Vorjahr ent- spricht. Fintech ist wichtig für die Schweiz Dieses signiﬁkante Wachstum wurde hauptsächlich von Fintechunternehmen im Bereich der Distributed Ledger Tech- nology (z.B. Blockchain) getragen, deren Zahl sich mehr als verdreifacht hat. Der größte Teil der Neugründungen im ent- sprechenden Bereich wurde dabei im sogenannten Crypto Valley in und um die Stadt Zug realisiert. Diese Region hat sich als globaler Standort zur Entwicklung der Blockchain-Technologie etabliert. Die jährlichen Wachstumsraten der anderen fünf Fintechproduktbereiche liegen zwi- schen 17% (Banking Infrastructure) und 38% (Payment). Von den insgesamt 356 Schweizer Fintechunternehmen sind dem- nach 122 im Bereich Distributed Ledger Technology, 66 im Investment Manage- ment, 56 im Feld der Banking Infrastruc- ture, 42 im Bereich Deposit & Lending, 36 im Payment und 34 im Feld der Analytics tätig (siehe Abb. 1). Der Sektor kann nicht nur einen signi- ﬁkanten Anstieg der ansässigen Unterneh- men, sondern auch ein stetiges Wachstum in Sachen Reife verzeichnen – dies zeigt sich anhand der steigenden Anzahl der Mitarbeitenden und der Kapitalisierung 22 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ der Unternehmen. Konträr ist hingegen die Entwicklung im traditionellen Finanz- sektor, wo die Anzahl der Institutionen und der Mitarbeitenden immer stärker abnimmt. 2018 war auch in Bezug auf das Venture-Capital-Investitionsvolumen im Schweizer Fintechsektor ein gutes Jahr: Im Laufe des Jahres wurden insgesamt ZU DEN AUTOREN Dr. Thomas Ankenbrand hält einen Master abschluss von der Universität St. Gallen sowie einen Doktortitel der Universität Lausanne. Er ist Gründer meh- rerer Unternehmen und verfügt über breite Erfahrung als CEO und Vorstandsmitglied von verschiedenen Finanzinstituten. Zurzeit ist Ankenbrand an der Hochschule Luzern im Bereich FinTech tätig. Denis Bieri ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Luzern tätig. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Finanzdienstleistungen, mit speziellem Fokus auf Finanztechnologien (FinTech). Zeitgleich verfolgt Bieri ein Doktoratsstudium an der Universität Basel.

Finanzierung & Investment Abb. 2: Venture-Capital-Investitionen in Schweizer Fintechs s d n u o r f o r e b m u N 80 60 40 20 0 25 8 17 29 7 12 10 68 22 26 20 68 11 27 30 2015 2016 2017 2018 n o i l l i m F H C n i e m u o V l 400 300 200 100 0 CHF 324m 57 90 177 CHF 130m 60 46 24 2017 2018 CHF 27m 21 6 2015 CHF 21m 10 9 2 2016 Quelle: Hochschule Luzern, IFZ FinTech Study „An Overview of Swiss FinTech“ Seed Series A Series B 68 öffentlich bekannte Finanzierungsrun- den mit einem Gesamtvolumen von 324 Mio. CHF durchgeführt (siehe Abb. 2). Die Anzahl der Finanzierungsrunden blieb zwar im Vergleich zum Vorjahr stabil; die durchschnittlich investierten Volumen haben sich jedoch mehr als ver- doppelt. Insbesondere beim Seed-Kapital – also die für die Gründung eines neuen Unternehmens benötigten Gelder – war 2018 ein starker Anstieg zu beobachten; bis Ende des Jahres erfolgten 30 Finanzie- rungsrunden, welche insgesamt 177 Mio. CHF eingebracht haben. Neben diesen Venture-Capital-Investitionsrunden gab es im Jahr 2018 auch mehrere von Schwei- zer Fintechunternehmen durchgeführte Initial Coin Offerings (ICOs). Insgesamt wurden im vergangenen Jahr über 15 ICOs mit rund 386 Mio. USD aufgenommen, was einem Rückgang in Bezug sowohl auf die Anzahl (-6.3%) als auch auf das Volumen (-42.2%) dieser Finanzierungsform ent- spricht. Fin ist lokal, Tech ist global Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus den Entwicklungen des Schweizer Fintech- marktes der letzten Jahre besteht darin, dass globale Innovationen Fintechs voran- treibt. In deren Geschäftsbereichen lässt sich diesbezüglich ein gewisses Muster erkennen. Die techgetriebenen Unterneh- men, namentlich in den Bereichen Distri- buted Ledger Technology und Analytics, sind hauptsächlich international orien- tiert, während die ﬁnanzgetriebenen Unternehmen, wie jene aus den Bereichen Deposit & Lending oder Payment, sich ver- stärkt auf den Binnenmarkt fokussieren. Dieses Muster gilt für die in der Schweiz ansässigen sowie auch für international domizilierte Fintechunternehmen. Die Ziele der technologischen Innovation in der Finanzindustrie sollten höhere Volu- men, niedrigere Kosten und/oder gerin- gere Risiken für die Unternehmung und einen höheren Nutzen und/oder niedrigere Kosten für den Kunden sein. Dabei sind gut durchdachte Geschäftsmodelle und die sinnvolle Implementierung weitaus wichtiger als der Einsatz außergewöhn- licher Technologien. Die Finanzindustrie braucht Lösungen, die nachvollziehbar und akkurat sind. Hier ergeben sich Chan- cen für den Innovationsstandort Schweiz. Konvergenz von Private- und Public Markets Eine weitere sich immer stärker abzeich- nende Entwicklung stellt der ﬂießende Übergang von privaten Finanzmärkten, also Märkten, an welchen Privatkapital aufgenommen und Private-Equity-Anteile ausgetauscht werden, zu öffentlichen Finanzmärkten dar. Dies wird vor allem durch den kontinuierlichen Fortschritt im Bereich der Distributed Ledger Tech- nology und im Speziellen durch die Tokeni- sierung von verschiedensten Arten von Vermögenswerten getrieben. Wie disrup- tiv diese Transformation von traditionel- len in kryptograﬁebasierte Finanzmärkte sein wird und wie schnell diese vonstat- tengeht, wird sich in der Zukunft zeigen. Traditionelle Banken bald irrelevant? Trotz des eindrücklichen Wachstums des Schweizer Fintechmarktes und dessen kontinuierlicher Reifung wird, zumindest in der kurzen Frist, nicht erwartet, dass etablierte Banken von Fintechunterneh- men verdrängt werden. Die neuen Techno- logien sowie die innovativen Geschäfts- modelle der Fintechs werden aber einen Teil der Dienstleistungen und Prozesse von traditionellen Banken übernehmen, sofern sich die Banken nicht rechtzeitig dagegen wappnen. Traditionelle Banken müssen sich positionieren oder sie wer- den irrelevant. Die Gewinner der techno- logischen Innovation sind Unternehmen, welche die richtigen Teams und die pas- sende Kultur haben, um neue Technologi- en schnell und konsequent implementie- ren zu können. Die vollständige Studie zum Download http://gp-mag.de/ifz-fintech 24 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

D EU T S C H E B Ö RS E C A S H M A R K E T Deutsches Eigenkapitalforum 25. – 27. November 2019 Sheraton Frankfurt Airport Hotel & Conference Center Unternehmer treffen Investoren … e Ori g i n a l – seitm 1996-2019 as D · m u r o f l a t i p a k schesEigen De u t · h r a l s 2 0 J a h ren Jetzt online anmelden: www.eigenkapitalforum.com … bei Europas bedeutendster Kapitalmarkt- veranstaltung für Unternehmensfinanzierung. Treffen Sie die wichtigsten Entscheidungsträger von börsennotierten sowie vorbörslichen Unternehmen. Bauen Sie Ihr Netzwerk aus und informieren Sie sich über aktuelle Kapitalmarktthemen. Highlights 2019 - Bis zu 250 Unternehmenspräsentationen von Aktien- und Anleihe- emittenten und 4.000 1on1-Meetings - Bis zu 1.000 institutionelle Investoren und Analysten - Im Vorfeld vereinbarte 1on1-Meetings, um kosten- und zeiteffizient Entscheidungsträger der präsentierenden Unternehmen zu treffen - Präsentationen von ausgewählten nicht börsennotierten Unternehmen - Forenprogramm bestehend aus Podiumsdiskussionen und Interviews Veranstaltungs-Programm Montag, 25. November 2019 Dienstag, 26. November 2019 Mittwoch, 27. November 2019 Eigen- und Fremdkapital Eigenkapital & Venture Capital Eigenkapital & Venture Capital - Eröffnungsrede - Analystenveranstaltungen von Aktien- und Anleiheemittenten - 1on1-Meetings - Forenprogramm - Analystenveranstaltungen von Aktienemittenten - Präsentationen nicht börsennotierter Unternehmen - 1on1-Meetings - Forenprogramm - Get Together - Analystenveranstaltungen von Aktienemittenten - Präsentationen nicht börsennotierter Unternehmen - 1on1-Meetings - Forenprogramm Deutsche Börse AG Issuer Services www.eigenkapitalforum.com eigenkapitalforum@deutsche-boerse.com

Finanzierung & Investment „Plattformbasierten Geschäftsmodellen gehört die Zukunft der Finanzbranche“ Interview mit Stefan Mühlemann, CEO & Founder, Loanboox Am Finanzmarkt geht der Trend bereits spürbar in Richtung digitaler Plattformen. Wir sprachen mit dem Schweizer Fintech Loanboox u.a. über das Geschäftsmodell des Unternehmens, die Zukunft der Branche und die größten Herausforderungen im digitalen Zeitalter. gehören wir zu den weltweit größten und am schnellsten wachsenden Fremdkapital- marktplattformen. Ein weiteres Alleinstel- lungsmerkmal – vor allem gegenüber unse- ren direkten Wettbewerbern – ist unsere internationale Ausrichtung. Durch diese können wir unseren Kunden länderüber- greifende Kreditgeschäfte ermög lichen. Mehrere solcher Cross-Border-Deals wur- den bereits über die Plattform abgewickelt. Welche Rolle spielen die Banken dabei? Banken spielen eine zentrale Rolle für uns. Sie sind wichtige Partner. Rund ein Drittel der Kredite auf unserer Plattform wird von Banken vergeben; in Deutschland sind es sogar zwei Drittel. ZUM INTERVIEWPARTNER Stefan Mühlemann ist Gründer & CEO von Loanboox. Er hat seit rund 30 Jahren Erfahrung in der Bank- und Finan zie- rungsbranche, und hat mehrere Unter nehmen gegründet und verkauft. Mühlemann hat an den Universitäten St. Gallen und Zürich doziert, ist aktiver Angel Investor und unter- stütz mehrere Start-ups. Seinen Master hat Mühlemann an der Tuck School of Business at Dartmouth in den USA gemacht. x o o b n a o L © : n o i t a r t s u l l I GoingPublic: Herr Mühlemann, erklären Sie unseren Lesern doch bitte kurz und knapp, was genau Loanboox eigentlich macht. Mühlemann: Sehr gerne. Loanboox be- treibt eine digitale Finanzierungsplatt- form. Auf dieser kann ein Kreditnehmer seine Finanzierungsanfragen hinsichtlich Höhe, Laufzeit, Zinsbindung und Rückzah- lungsmodalitäten in wenigen Minuten ein- stellen. Registrierte Kapitalgeber geben daraufhin ihre Angebote ab. Sagt dem Kreditnehmer ein Angebot zu, lässt sich der Kreditprozess auf der Plattform digital abschließen. Loanboox vollzog sein Go-live Ende 2016 in der Schweiz. Ein Jahr später sind wir nach Deutschland expan- diert; seit Ende 2018 ist unsere Plattform auch in Österreich und Frankreich verfüg- bar. Insgesamt wurden seit dem Start Finanzierungen in Höhe von über 26 Mrd. CHF angefragt. Mehr als 1.500 Kreditneh- mer und rund 400 Kreditgeber nutzen die Plattform aktuell. In Deutschland gibt es ja ähnliche Platt- formanbieter (z.B. creditshelf), oftmals speziell mit Fokus auf Mittelständler. Wen genau zählen Sie zu Ihrer Zielgruppe und wo sehen Sie Ihr Alleinstellungs- merkmal? Wir adressieren grundsätzlich zwei Kun- dengruppen. Das sind zum einen Kredit- nehmer, etwa Gemeinden, Kantone, öffent- liche Unternehmen sowie Corporates, und zum anderen Kapitalgeber wie Banken, Versicherungen oder Pensionskassen. Was uns von anderen Plattformen unter- scheidet, ist sicherlich unsere enorme Traktion. Mit einem abgeschlossenen Finanzierungsvolumen von mehr als 11 Mrd. CHF und rund 1.900 Kunden 26 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Auch mit Bonds sind Sie auf Ihrer Platt- form aktiv. Warum sind Anleihen für Ihr Geschäftsmodell – und speziell in der Schweiz – so wichtig? Die Digitalisierung des Bondgeschäfts ist ein wichtiger und richtiger Schritt für mehr Transparenz am Kapitalmarkt. In der heutigen Zins- und Anlagesituation ist es sowohl für Investoren als auch für Emit- tenten wichtig, Transaktionen möglichst kostengünstig und transparent durchzu- führen. Das stellen wir durch unser Live- Bookbuilding-Verfahren auf der Plattform sicher. Wir wollen der globale Marktplatz für große Fremdkapitalbeträge sein. Da gehören alle Finanzierungsprodukte dazu – auch Anleihen. Wo sehen Sie hinsichtlich der fort- schreitenden Digitalisierung die größten Herausforderungen am Schweizer Finanzplatz? Obwohl allgemein Übereinstimmung herrscht, dass der Fremdkapitalmarkt mittelfristig weitestgehend digital funktio- nieren wird, gibt es dennoch Ängste vor dieser Veränderung. Die Menschen über- legen sich, was die Digitalisierung für sie persönlich, z.B. in ihrem Job, für Konse- quenzen hat. Diese Unsicherheit führt bei den einen zu einer Abwehrhaltung – man möchte lieber im komfortablen Status quo bleiben – und bei den anderen zu einer Aufbruchstimmung: Man möchte die Zukunft mitgestalten. Wir wollen alle mit auf die Reise nehmen, auch die Erst- genannten. Das ist nicht immer einfach und braucht viel Geduld. In der heutigen Zins- und Anlagesituation ist es so - wohl für Investoren als auch für Emittenten wichtig, Transaktionen mög lichst kostengünstig und trans- parent durchzuführen. Jüngst veröffentlichte PwC eine Studie über deutsche Fintechs, wonach jedes Fünfte dieser Start-ups scheitert. Wie ist es um Schweizer Fintechunternehmen bestellt? Die sind aber optimistisch (lacht). Ich gehe davon aus, dass neun von zehn Start- ups scheitern. Das ist bei Fintechs nicht anders als in anderen Industrien. Das macht auch nichts, wenn der Einzelfall für die Gründer und Mitarbeitenden natürlich einen Misserfolg darstellt. Als Gesell- schaft kommen wir nur weiter, wenn wir ausprobieren und lernen. Da gehören Erfolge genauso dazu wie Misserfolge. Gescholten gehört nur der, der nicht pro- biert. Überspitzt gefragt: Werden Finanz- dienstleister, etwa Banken oder Börsen, irgendwann mal obsolet? Schließlich geht der Trend in der Finanzbranche ja immer mehr zu digitalen Plattformen. Finanzierung & Investment Plattformbasierten Geschäftsmodellen ge- hört die Zukunft der Finanzbranche. Davon bin ich überzeugt. Das heißt aber nicht, dass Finanzdienstleister obsolet werden. Vielmehr können beide Seiten voneinander proﬁtieren, wenn sie mehr mit- als gegeneinander arbeiten. Digitale Plattformen z.B. bieten Finanzdienstleis- tern neue Geschäftsmöglichkeiten, die erkannt und intelligent genutzt werden müssen. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch zu erwähnen, dass Platt- formen in der Regel immer auch auf Leis- tungen traditioneller Finanzdienstleister angewiesen sind, da diese wichtige Platt- formnutzer sind. Wie sehen Ihre weiteren Wachstums- pläne aus, auch bezüglich eines mög- lichen Börsengangs? Wir haben uns sehr ambitionierte Wachs- tumspläne gesetzt. Unser Ziel ist, dass wir der globale digitale One-Stop-Shop für Big-Ticket-Finanzierungen werden. Um das zu erreichen, treiben wir zum einen unsere Expansion voran. Beispielsweise starten wir noch in diesem Jahr in zwei zusätzlichen europäischen Ländern. Zum anderen entwickeln wir unsere Plattform stetig weiter und lancieren neue Finanz- produkte. Ein Börsengang ist derzeit nicht geplant; perspektivisch ziehen wir diese Möglichkeit jedoch in Betracht. Herr Mühlemann, ich bedanke mich viel- mals für die Beantwortung der Fragen. Das Interview führte Svenja Liebig. ANZEIGE » «

Being Public/Investor Relations Proxy Fights Nicht nur bei aktivistischen Aktionären werden „Kampfabstimmungen“ immer beliebter In den letzten Jahren sind Proxy Fights in der Schweiz immer häuﬁger geworden. Der Verwaltungsrat behält jedoch dank wesentlicher Vorteile diesbezüglich die Oberhand. Von Hans-Jakob Diem und Dr. Patrick Schleiffer besonderen Weisungen betreffend Aktio- närsanträge erteilt. Aktionäre oder Aktionärsgruppen, welche über die erfor- derliche Mindestbeteiligung verfügen, beantragen deshalb die Aufnahme eines zusätzlichen Traktandums in die Traktan- denliste, was die Erfolgschancen ihrer Anträge erhöht. Die Aktionärsanträge müssen in der Regel 45 bis 60 Tage vor der Generalversammlung gestellt werden. Ab diesem Zeitpunkt und spätestens ab der Veröffentlichung der Einladung zur Gene- ralversammlung wird der antragstellende Aktionär bzw. die antragstellende Aktio- närsgruppe versuchen, sich sowohl mit anderen Aktionären als auch mit den Stimmrechtsberatern (Proxy Advisors), oft mithilfe von Proxy Solicitors, in Verbin- dung zu setzen. Die direkte Einsicht in das ist dem Aktienbuch der Gesellschaft ZU DEN AUTOREN Hans-Jakob Diem ist Partner und leitet die Fachgruppe Corporate and M&A bei Lenz & Staehelin in Zürich. Er gilt als führen- der Experte für Fusionen und Übernahmen sowie für Kapitalmarkttransaktionen. Dr. Patrick Schleiffer ist Partner und Co-Leiter der Fachgruppe Capital Markets bei Lenz & Staehelin in Zürich. Er gilt als führender Experte für Equity- und Debt- Kapitalmarkttransaktionen sowie Corporate Governance Matters. Aktionärsgruppe dem Verwaltungsrat beantragt, bestimmte Punkte auf die Traktandenliste der ordentlichen General- versammlung zu setzen oder eine außer- ordentliche Generalversammlung einzu- berufen. Antragsberechtigt sind Aktionäre oder Aktionärsgruppen, die mindestens 10% des Aktienkapitals oder Aktien im Nennwert von insgesamt 1 Mio. CHF (oder eines tieferen Betrags, sofern in den Gesellschaftsstatuten festgelegt) halten. Darüber hinaus ist jeder Aktionär unab- hängig von der Höhe seiner Beteiligung berechtigt, Anträge oder Gegenanträge zu bereits traktandierten Punkten zu stellen – sei dies vor oder während der General- versammlung. Solche Anträge haben jedoch geringe Erfolgschancen, da eine beträchtliche Anzahl von Aktionären über den unabhängigen Stimmrechtsvertreter abstimmt und diesen anweist, bei Aktio- närsanträgen dem Vorschlag des Verwal- tungsrats zu folgen, oder aber keine m o c . e b o d a . k c o t s – t r a n o i s u f r o t c e v © : o t o F Auch in der Schweiz nehmen Proxy Fights zu. in den D ie Zahl der Proxy Fights hat in der Schweiz letzten Jahren deutlich zugenommen. Wie auch in anderen Jurisdiktionen werden Proxy Fights in der Schweiz mehrheitlich von aktivistischen Aktionären veranlasst, die über die Einsetzung eines ihnen genehmen Verwaltungsrats ihre Ziele zu erreichen versuchen. Jüngste Beispiele sind die umstrittene Ersatzwahl des abtretenden Präsidenten von Comet oder die Aufnahme eines neuen Mitglieds in den Verwaltungs- rat von Meyer-Burger im Jahr 2019. Auch Long-only-Fonds oder gar Hauptaktionäre können sich in besonderen Situationen öffentlich gegen den Verwaltungsrat wenden, wie das Beispiel von Cobas’ Widerstand gegen die Kapitalerhöhung von Aryzta im Jahr 2018 zeigt. Aktionärsrechte in Proxy Fights In der Regel wird ein Proxy Fight dadurch eingeleitet, dass ein Aktionär oder eine 28 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Kapital. Markt. Partnerschaft. (E-)MAGAZIN – ONLINE – EVENT – NETZWERK Die Wirtschaft braucht einen starken Kapitalmarkt als Schlüssel zu Inno- vation und Wachstum. Wir sind ein starkes Netzwerk. Wir stehen für Aktienkultur und die Altersvorsorge mit Aktien. Wir stehen für einen leben- digen, weltoffenen und wachsenden Kapitalmarkt. Wir tragen bei zu mehr Börsengängen und Listings. Mit Fokus auf den DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz). Und einem ständigen Blick in die globalisierte Welt. 2019 Pﬂ ichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen September 2019 – 12,50 EUR (D) – www.goingpublic.de Das Kapitalmarktmagazin GoingPublic Magazin Special Kapitalmarkt Schweiz (7. Jg. 2019) Zukunftsmodell Plattform? Ohne CSR geht’s nicht Sicherer Heimathafen Wie sich die Finanzbranche Bedeutung von nachhaltigen Schweizer Emittenten über die künftig entwickeln wird Investments nimmt weiter zu Qualitäten ihrer Heimatbörse Kapitalmarktpartner 2019 Kapitalmarktpartner im Netz: www.goingpublic.de/kapitalmarktpartner credit shelf

Being Public/Investor Relations m o c . e b o d a . k c o t s – a c i r f A w e N © : o t o F Der Verwaltungsrat bestimmt die Reihenfolge der verschiedenen Abstimmungen, was einen entscheidenden Einfluss auf deren Ergebnis haben kann. antragstellenden Aktionär jedoch ver- wehrt. Ferner darf er weder seinen Antrag noch ein eigenes Vollmachtsformular über spezielle Stimmrechtsvertretungssysteme (Proxy Access Tools) verbreiten. im Jahr 2014 Vorteile des Verwaltungsrats Es stellt sich die Frage, ob Verwaltungsräte Schweizer Gesellschaften Proxy Fights stärker ausgesetzt sind als Verwaltungs- räte anderer Jurisdiktionen. Seit dem Inkrafttreten der Verordnung gegen über- mäßige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften ist jedes Verwaltungsratsmitglied einer in der Schweiz börsenkotierten Gesellschaft jährlich zu wählen und die Vergütung der Mitglieder des Verwaltungsrats sowie der Geschäftsleitung jährlich von der General- versammlung zu genehmigen. Dies hat dazu geführt, dass die Empfehlungen der Stimmrechtsberater an Bedeutung gewon- nen haben. Letztendlich ist es jedoch immer noch der Verwaltungsrat, der die Vorbereitung und Durchführung der ordentlichen Gene- ralversammlung weitgehend kontrolliert, was ihm einen wesentlichen Vorteil gegen- über den Aktionären verschafft. So ist der Verwaltungsrat für die Erstellung der Traktandenliste der Generalversammlung sowie die Gestaltung des Vollmachts- formulars zuständig. Ferner bestimmt der Verwaltungsrat die Reihenfolge der ver- schiedenen Abstimmungen, was einen entscheidenden Einﬂuss auf deren Ergeb- nis haben kann. Darüber hinaus kann der Verwaltungsrat als Reaktion auf Aktionärs- anträge selbst Traktanden vorschlagen, so beispielsweise die Verringerung der Anzahl der Verwaltungsratssitze in den Statuten als Antwort auf einen Aktionärs- antrag auf Aufnahme weiterer Mitglieder in den Verwaltungsrat. Innerhalb be- stimmter Grenzen kann der Verwaltungs- rat den Stichtag bestimmen, bis zu dem die Aktionäre für die Teilnahme an der Generalversammlung registriert sein müs- sen. Erfahrungsgemäß melden Aktionäre, die den gegnerischen Aktionär unterstüt- zen wollen, ihre Aktien oft erst kurz vor der Generalversammlung an. 30 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ Des Weiteren hat der Verwaltungsrat jederzeit umfassende Einsicht in das Aktienbuch und kann so mit den Aktionä- ren der Gesellschaft in Kontakt treten. Nach herrschender Praxis kann sich der Verwaltungsrat auch vom unabhängigen Stimmrechtsvertreter über die ihm von den Aktionären erteilten Weisungen infor- mieren lassen, wobei diese Praxis in letzter Zeit kritisiert wird. Sieht die Gesell- schaft strukturelle Hürden wie Übertra- gungs- oder Stimmrechtsbeschränkungen vor, so hat der Verwaltungsrat ein weiteres Mittel zur Hand: Beschränkt die Gesell- schaft das Stimmrecht der Aktionäre beispielsweise auf 3% pro Aktionär, so kann der Verwaltungsrat einen Antrag auf Einberufung einer Generalversammlung eines Aktionärs ablehnen, auch wenn dieser Aktien in der Höhe von 10% des Aktienkapitals hält. Aus diesen und weite- ren Gründen wird der Verwaltungsrat einer Schweizer Gesellschaft in den meis- ten Fällen erfolgreich aus einem Proxy Fight hervorgehen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, wie die Wahlen des Ver- waltungsratspräsidenten von Comet im Jahr 2019 zeigen. Fazit Die Zahl der Proxy Fights hat in der Schweiz in den letzten Jahren stark zu- genommen. Während die Mehrheit der Proxy Fights weiterhin von aktivisti- schen Aktionären angestrengt wird, wenden sich unter bestimmen Umstän- den nun auch andere institutionelle Aktionäre gegen den Verwaltungsrat. Dieser verfügt jedoch – insbesondere dank der Kompetenz zur Vorbereitung und Durchführung der Generalver- sammlung – über verschiedene recht- liche Mittel, um Proxy Fights erfolgreich zu lösen.

Being Public/Investor Relations „Die UPC-Transaktion ergibt Sinn“ Interview mit André Krause, CFO, Sunrise Communications AG Es ist einiges los beim zweitgrößten Schweizer Telekommunikationsanbieter, Sunrise: So plant das börsennotierte Unternehmen, in einem milliardenschweren Deal den Kabelnetzbetreiber UPC Schweiz zu übernehmen. Wir sprachen mit dem Sunrise-Finanzvorstand über die Vorteile der Transaktion, warum sich Großaktionär freenet querstellt und welche Wachstumspläne Sunrise weiterhin hat. m o c . e b o d a . k c o t s – g n o w e u h C l o k g n o M , o t e R © : o t o F GoingPublic: Herr Krause, kurz zum Hintergrund für unsere Leser: Was hat es mit der geplanten Akquisition von UPC Schweiz überhaupt auf sich? Krause: Sunrise ist die Nummer zwei in der Schweiz in Mobilfunk, UPC Schweiz ist die Nummer zwei bei Internet und TV. Wir wollen einen starken Herausforderer im Schweizer Telekommunikationsmarkt schaffen. Am 27. Februar unterzeichnete Sunrise mit dieser Absicht eine verbind- liche Vereinbarung zur Übernahme des Schweizer Kabelbetreibers UPC Schweiz für einen Unternehmenswert von 6,3 Mrd. CHF. Welche Vorteile erhoffen Sie sich durch die Übernahme für die Aktionäre? Mit der komplementären Infrastruktur von UPC Schweiz wird es uns möglich sein, als New Sunrise im Schweizer Markt 1) Quelle: S. 15 der freenet Managementpräsentation für Q2 2019 den Unterschied zu machen. Das Ziel ist es, das beste Breitbandinternet der Schweiz zu sehr attraktiven Konditionen anzubieten und dadurch Marktanteile bei Privat- und Unternehmenskunden zu ge- winnen. Lassen Sie mich das detaillierter erklären. Die Kombination von Sunrise und UPC Schweiz verstärkt unsere Posi- tion wesentlich: innovative Produkte zu günstigen Preisen in Glasfaser, Kabel, TV und Mobilfunk. Das fusionierte Unterneh- men wird bei Mobile 26%, im Internet- bereich 30% und bei TV-Kunden 31% Marktanteil haben. Die dadurch entstan- dene Größe von New Sunrise wird es uns ermöglichen, in Innovation und Wachstum zu investieren. Warum stellt sich Ihr Großaktionär freenet dann quer? Zumindest scheint es so. Das Nein von freenet liegt in den kurz- fristigen ﬁnanziellen Bedürfnissen von freenet und nicht an der strategischen 32 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ Logik der Transaktion. Freenet hält selbst fest, dass dem Unternehmen das Kapital fehlt, um an der für die Übernahme not- wendigen Kapitalerhöhung teilzunehmen. Zudem steht freenet vor erheblichen strategischen und ﬁnanziellen Heraus- forderungen. Die von Sunrise erhaltene Dividende macht über 15% des jährlichen freien Cashﬂows von freenet aus und ist einer der wenigen wachsenden Beiträge zum freien Cashﬂow von freenet. Auf- grund des Geschäftsmodells und der Investitionsentscheidungen hat sich der Verschuldungsgrad von freenet deutlich erhöht und lag am 30. Juni 2019 bei 4,8x EBITDA1, einschließlich IFRS 16, was deutlich über dem langfristigen Ziel von weniger als 3,5x Verschuldung/EBITDA liegt. ZUM INTERVIEWPARTNER André Krause ist seit Oktober 2011 Chief Financial Officer (CFO) bei Sunrise. Er war zuvor CFO und Geschäftsführer bei O2 Germany in München. Von 2004 bis 2006 hatte er hierbei die Funktion des Vice President Strategy & Consulting inne. Davor war er Associate Principal und Mitglied der TIME practice bei McKinsey & Company in Düsseldorf. Von 1997 bis 1999 arbeitete er als Assistent Computer Risk Management and Audit bei Arthur Andersen, Düsseldorf.

Being Public/Investor Relations Sunrise (ISIN CH0267291224) Was macht Sie so zuversichtlich, dass auf der Generalversammlung im Herbst trotzdem für die Übernahme gestimmt wird, so wie ursprünglich geplant? Die UPC-Transaktion ergibt Sinn in Bezug auf Skaleneffekte, Synergien und Innova- tion. Das langfristige Wertschöpfungs- potenzial für unsere Aktionäre und für unsere Kunden ist erheblich. Das bishe- rige Feedback seitens Investoren ist sehr positiv. Wir sind überzeugt, dass unsere Argumente die Aktionäre schließlich überzeugen werden. Das langfristige Wert- schöpfungs potenzial der UPC-Transaktion für unsere Aktionäre und Kunden ist erheblich. Kurzzeitig stand die Begebung einer Pﬂichtwandelanleihe im Raum. Inwie- fern ist das künftig noch Thema? Wir sind dabei, auch die Optionen rund um die Finanzierungsstruktur zu bespre- chen. Nach der Erhöhung der Synergie- prognosen und nachdem die operative Performance von UPC Schweiz besser ist als zum Zeitpunkt der Ankündigung der Transaktion, ist Sunrise offen für eine Erhöhung der Verschuldung über die ursprünglich angekündigte ca. 3,0x Netto- verschuldung/EBITDA der letzten zwölf Monate hinaus. Dies würde das Volumen der Bezugsrechtsemission verringern. Der Sunrise-Verwaltungsrat, mit Ausnahme der freenet-Vertreter, unterstützte eine Reduktion der Bezugsrechtsemission um ca. 1 Mrd. CHF durch die Einführung einer Wandelanleihe („deferred mandatory con- vertible note“, MCN) zur Optimierung der Kapitalstruktur, zur Reduzierung des Um- fangs der Bezugsrechtsemission sowie zur Schaffung von Möglichkeiten für eine neue Anlegergruppe. Der Vorschlag wurde von freenet abgelehnt. Die Ausgabe eines sol- chen Instruments würde die Zustimmung von 66,7% der auf der Generalversamm- lung anwesenden Stimmen erfordern. Wir sind also auf die Zustimmung von freenet angewiesen. Die anderen Investoren Quelle: Tai-Pan verstehen nicht, wieso freenet die Wandel- anleihe blockiert. Wir verfolgen diese Option dennoch weiter. Noch zwei allgemeine Fragen zum Schluss: Wie sehen Sie sich für die Zukunft gerüstet – Stichwort 5G – und welche Pläne verfolgen Sie auf opera- tiver Ebene weiterhin? Sunrise hat als Pionier das erste 5G-Netz der Schweiz und in Europa Anfang April mit ausgewählten Kunden in Betrieb genommen. Heute bieten wir das größte 5G-Netz an, in dem wir über 262 Städte und Orte quer durch die Schweiz mit 5G abdecken. Dabei setzen wir auf 5G for People. 5G bringt Hochbreitbandinternet in Regionen, wo es sonst nur langsames DSL-Internet gibt. Insgesamt konzentrieren wir uns weiter auf diese drei strate gischen Prioritäten. Erstens: die höchste Netz- qualität im Mobil- und Festnetz anbieten. Zweitens: die Kundenzufriedenheit in NPS gemessen durch den besten Service weiter steigern. Wir sind z.B. der einzige spezialisierten Anbieter mit einem Sunrise hat als Pionier das erste 5G-Netz der Schweiz und in Europa in Betrieb genommen. Onboarding-Team für Glasfaserkunden, die von einem persönlichen Berater von A bis Z beim Wechsel zu Sunrise betreut werden. Drittens: innovative Konvergenz- produkte, beispielsweise mit 5G-Angeboten als Festnetzersatz oder unserer TV-App, die auch Kunden ohne Internetabo bei Sunrise nutzen können. Aber ganz klar: Die Übernahme von UPC Schweiz ist eine einzig artige Gelegenheit für Sunrise und den Schweizer Telekommunikations- markt, das erstklassige Mobilfunknetz mit genügend Bandbreite von Sunrise sowie Netzwerk- und Glasfaserpartnerschaften mit dem fortschrittlichen Kabel netz und 17.500 Kilometer Glasfaser-Backbone von UPC Schweiz zu kombinieren. Sie bilden die beste und schnellste digitale Infra- struktur der Schweiz. „New Sunrise“ kann somit für die Schweiz einzigartige Angebo- te der nächsten Generation entwickeln: Wir werden per 2021 in der Lage sein, 90% der Schweizer Haushalte und Arbeitsstät- ten mit Hochgeschwindigkeit-Internet via Festnetz sowie inklusive 5G mit bis zu 1 Gbit/s zu versorgen, auch in ländlichen Regionen. Wir sind überzeugt, dass das fusionierte Unternehmen den Wettbewerb auf dem Schweizer Telekommunikations- markt revolutionieren und hervorragende Kundenerlebnisse ermöglichen wird. Herr Krause, ich bedanke mich für das interessante Gespräch. Das Interview führte Svenja Liebig. Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ 33

Being Public/Investor Relations In wenigen Sekunden um die Welt Efﬁziente und zielgenaue Kommunikation über ein Newswire Die fortschreitende Globalisierung und Digitalisierung sorgen dafür, dass die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt zu einer immer größeren Herausforderung wird – denn die Zielgruppen werden immer internationaler und die Verbreitung zunehmend multimedialer. Die Aussendung über ein Newswire erhöht die Reichweite sowie die Zielgenauigkeit von Mitteilungen. Von Cédric Baumgartner Newswire m o c . e b o d a . k c o t s – s n e v N y e g r e S © i : o t o F B ei der Pharmaindustrie handelt es sich um den wohl bedeutendsten Wirtschaftszweig in der Schweiz. Die pharmazeutischen Produkte „Made in Schweizer Pharmariesen sind ihrem Heimatmarkt längst entwachsen. Entsprechend müssen sie sich auch interna- tional ins Schaufenster stellen. 1) „Pharma-Markt 2018“; Verband der forschenden phar- mazeutischen Firmen der Schweiz Switzerland“ hatten 2017 einen Anteil von fast 40% an den Gesamtexporten des Landes und sind seit Jahren für die beacht- lichen Handelsüberschüsse der kleinen Volkswirtschaft verantwortlich.1 Das zeigt: Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist auch für Global Player attrak- tiv. Allerdings sind Pharmariesen wie Roche oder Novartis ihrem Heimatmarkt längst entwachsen und haben ihr wirt- schaftliches Handeln global ausgerichtet. Entsprechend müssen sie sich auch inter- national ins Schaufenster stellen. Eine erfolgreiche klinische Studie oder die Zulassung für ein Medikament durch die US-Gesundheitsbehörde können schnell ein Marktpotenzial von mehreren 100 Mio. CHF eröffnen. Das sollte auch an die Finanz investoren und die Fachpresse kommuniziert werden – nicht nur in Zürich oder Genf, sondern weltweit. 34 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ Aufwendige Pﬂege der eigenen Kontakte Doch wie erreichen Unternehmen ihre Stakeholder? Natürlich sammeln in einem großen Konzern alle Abteilungen die Kontaktdaten ihrer Ansprechpartner – das geht von den IR- und Corporate- Communications-Verantwortlichen über das Marketing bis zu den Bereichen PR und Public Affairs. Diese eigenrecherchierten Verteiler müssen jedoch laufend gepﬂegt werden. Dabei ist die Gefahr groß, dass Kontakte nicht mehr aktuell sind, weil die Ansprech- partner gewechselt oder sich die Verant- wortlichkeiten geändert haben. Wenn mehrere Mitarbeiter eine Liste bearbei- ten, kommt es häuﬁg auch zu Dubletten, sodass ein und derselbe Kontakt mehr- fach angeschrieben wird. Ebenfalls wichtig: Mittlerweile muss auch der DSGVO-konforme Umgang mit den sen- siblen Daten sichergestellt sein. ZUM AUTOR Cédric Baumgartner ist Managing Director der EQS Group. Zuvor zeichnete er bei Geberit die Verantwortung für digitale Projekte in den Bereichen Investor Relations und Corporate Communications.

The Swiss Firm to Lead You Worldwide Meyerlustenberger Lachenal Ltd. (MLL) is one of the most reputable international business law ﬁrms in Switzerland. Our 100 experienced and dynamic lawyers form a strong team of specialists that stand for innovative and solution-focused services. Capital Markets Expertise As a recognized representative of the SIX Swiss Exchange MLL advises banks, issuers and investors on all capital market transactions including capital raising, structured ﬁnance, fund formation and related regulatory matters. MLL is also highly specialized in FinTech matters and has become a leading ﬁrm in advising clients on ICOs and digital transformation. Contacts Dr. Christoph Heiz, LL.M., christoph.heiz@mll-legal.com Dr. Wolfgang Müller, MBA, wolfgang.muller@mll-legal.com Dr. Alexander Vogel, LL.M., alexander.vogel@mll-legal.com Andrea Sieber, LL.M., andrea.sieber@mll-legal.com Meyerlustenberger Lachenal Ltd. Attorneys at Law www.mll-legal.com Zürich | Genève | Zug | Lausanne | Brussels

Being Public/Investor Relations m o c . e b o d a . k c o t s – m a e t e g a m i © : n o i t a r t s u l l I Alle Kanäle mit wenigen Klicks ansteuern Natürlich bietet es sich an, enge Geschäfts- partner und langjährige Investoren per- sönlich anzuschreiben, um besondere Wertschätzung auszudrücken. Für die überregionale und globale Verbreitung von Meldungen ist es jedoch deutlich efﬁzienter, auf einen professionellen Dienstleister mit einem Newswire zu set- zen, der den gesamten Workﬂow von der Erstellung einer Medienmitteilung bis hin zur Veröffentlichung digital abbildet und viele Verbreitungskanäle ansteuert. Ein reichweitenstarkes Newswire bietet den Emittenten zahlreiche Möglichkeiten, Mitteilungen in Windeseile um die Welt zu tragen – und zwar nicht per E-Mail, sondern über eine entsprechende Eingabe- maske im Newswire-System. Über techni- sche Schnittstellen werden die Meldungen in Echtzeit in die Redaktionssysteme, Fi- nanzterminals und Newsticker von Nach- richtenagenturen angebundene Websites und News-Apps eingespeist. Die Informationen erreichen damit sekundenschnell alle Börsenhändler, Ana- sowie Ein reichweitenstarkes Newswire bietet den Emittenten zahlreiche Möglichkeiten, Mitteilun- gen in Windeseile um die Welt zu tragen. lysten, institutionellen Investoren und die weiteren relevanten Akteure der Finanz- welt sowie die vorgeschriebenen gesetz- lichen Organe. Zudem können auch die Social -Media- Kanäle, etwa Twit ter oder LinkedIn, bespielt werden. Redaktionelles Umfeld erhöht Wahrnehmung Der große Vorteil gegenüber dem E-Mail- Versand: Das Umfeld der Mitteilungen ist deutlich wertvoller, da die Redaktionen über die Systeme auch Agenturmeldungen beziehen. Das erhöht die Wahrnehmung – aber natürlich nur, wenn auch der Inhalt überzeugt. Zur Auswahl stehen bei den führenden Newswire-Anbietern verschiedene Finanz- verteiler. So ist es möglich, nur die Mindestanforderungen im Rahmen der Veröffentlichungspﬂichten zu erfüllen. Allerdings sollten Schweizer Unterneh- men im Sinne der Transparenz mit ihren Aussendungen zumindest auch die gro- ßen News-Multiplikatoren in der DACH- Region ansteuern, beispielsweise die Terminals von Bloomberg, Thomson Reuters und der vwd group, aber auch Informationsdatenbanken wie Dow Jones Factiva oder Onlineportale wie fuw.ch. Internationale Verteiler sorgen dafür, dass die Nachrichten auch die Investoren in Asien und Nordamerika erreichen. Mit den ausführlichen Dokumenta- tionen zur Verbreitung – dazu zählt unter anderem ein detaillierter Versandbericht – ist der Emittent gegenüber den Aufsichts- behörden stets auf der sicheren Seite. Aus- sagekräftige Analysen und Statistiken ermöglichen es zudem, die Zielgenauigkeit laufend zu kontrollieren und zu optimieren. Die Kür nicht vergessen Neben der Pﬂicht gibt es auch eine Kür, die nicht vernachlässigt werden sollte. Viele Meldungen sind nämlich auch für die nationalen und internationalen Fach- journalisten interessant. Deshalb zählt das EQS-Newswire nicht nur auf starke Kooperationspartner wie die news aktuell Schweiz, sondern bietet auch aufwendig recherchierte Verteiler an – beispielsweise für die Biotechbranche in Europa und den USA mit insgesamt 1.850 Journalisten, die der Aufnahme in die Listen aktiv zugestimmt und damit ihr Interesse an diesen grundsätzliches Themen signalisiert haben. Außerdem erscheinen die an diese Verteiler adres- sierten Nachrichten auf bekannten Bran- chenportalen wie Bioportfolio.com und PharmiWeb.com. Daneben können natürlich auch viele andere Fachmedien gezielt angesteuert werden, beispielsweise aus den Bereichen Automobil, Energie, Medizin/Pharmazeu- tik oder Telekommunikation. Ideale Ergänzung zur klassischen Kommunikation Die Verbreitung von Mitteilungen über ein Newswire professionalisiert die Unterneh- mens- und Kapitalmarktkommunikation. Sie garantiert die gewünschte Reichweite sowie Zielgenauigkeit und spart vor allem Zeit. So haben auch kleinere IR-Teams noch die Möglichkeit, den direkten Kon- takt zu Journalisten und Analysten zu pﬂegen und Hintergrundgespräche zu führen. Die digitale Nachrichtendistribu- tion verdrängt damit nicht die klassische Kommunikationsarbeit, sondern stellt eine ideale Ergänzung dar. 36 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Being Public/Investor Relations „Kommunikation in Zeiten der Internationalisierung“ Interview mit Marlen Schrader, Vorstandsmitglied und Vertriebsleiterin, EnglishBusiness AG In einem globalen Kapitalmarktumfeld wie der Schweiz spielt die Sprache eine nicht unerhebliche Rolle. Im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin erklärt uns Marlen Schrader von EnglishBusiness u.a., worauf es im Bereich der internationalen Kommunikation besonders ankommt und welche Vorteile der Finanzplatz Schweiz bietet. In der Schweiz wurden bisher vor allem unsere Übersetzungsdienstleistungen in Anspruch genommen. Wir haben auch schon Verhandlungstrainings in Baar gegeben und wollen auch in Zukunft verstärkt mit Schwei- zer Unternehmen zusammenarbeiten. Was macht die Schweiz Ihrer Meinung nach als Wirtschaftsstandort interessant? Wirtschaftlich spricht sicherlich vieles für die Schweiz: eine starke Währung, niedrige Kapitalkosten und ein Binnenmarkt mit hoher Kaufkraft. In Branchen wie dem Finanzsektor, der Informationstechnolo- gie oder der Elektro- und Metallindustrie hat sich die Schweiz ja bereits als wich- m o c . e b o d a . k c o t s – r e m h e o B r e v i l O © : o t o F GoingPublic: Frau Schrader, für unsere Leser, die EnglishBusiness noch nicht kennen: Was genau bieten Sie als Kom- munikationsberater und Sprachdienst- leister an? Wie kommen Sie dabei mit der Schweiz in Berührung? Schrader: Für international wachsende Unternehmen in der Kommunikation eine klare und einheit- liche Ansprache zu etablieren, in der sich die Identität des Unternehmens wider- spiegelt. Wir unterstützen unsere Kunden dabei durch sprachliche Expertise und ist es wichtig, kulturelle Kompetenz. In der schriftlichen Kommunikation sind das oft Übersetzun- gen und Lektorate im Finanzbereich, bei der PR-Arbeit und von juristischen Tex- ten. Durch Kommunikationsseminare auf Englisch helfen wir Führungskräften und Vertrieblern, internationalen Kontext kompetent zu agieren, und mit unseren Workshops geben wir entschei- dende Impulse bei der Teamentwick- lung. So decken wir vom Geschäfts- bericht bis hin zu Verhandlungen auf Englisch alles ab. im ZUR INTERVIEWPARTNERIN Marlen Schrader ist Vorstandsmitglied und Vertriebsleiterin bei der EnglishBusiness AG, einem Beratungsunternehmen für internationale Kommunikation in Hamburg und Frankfurt. Sie studierte an der Martin- Luther-Universität in Halle-Wittenberg Anglistik und schloss 2010 an der University of Newcastle in Australien ihren Master in Angewandter Sprachwissenschaft mit Auszeichnung ab. Seit 2011 ist sie in der Übersetzungsbranche tätig. 38 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

tiger Standort etabliert. Nicht zuletzt bietet die Schweiz aber auch den Mitarbei- tern eine hohe Lebensqualität – ein wich- tiger Faktor für den Erfolg eines Unterneh- mens. Für uns Linguisten ist die Schweiz aber auch aufgrund der sprachlichen Vielfalt faszinierend. Börsennotierte Unternehmen operieren meist auf globaler Ebene. Wie merken Sie als Kommunikationsunternehmen die Auswirkungen der Internationalisierung auf den Finanzmarkt? Durch internationales Wachstum, Fusionen und Akquisitionen entstehen bei Unter- nehmen vielzählige Herausforderungen in der Kommunikation. Es ergeben sich so spannende Projekte, bei denen wir gleich- zeitig auf verschiedenen Kontinenten mit den Mitarbeitern an den Werten und der Kultur des Unternehmens arbeiten dürfen. Natürlich sind internationale Akquisi- tionen auch administrativ anspruchsvoll, und wir übertragen dabei Dokumente sowie Verträge in die benötigten Spra- chen. Das ist eine interessante Aufgabe, denn Rechtstexte haben viele Fachter- mini. Die Übersetzer müssen nicht nur sprachlich auf höchstem Niveau arbeiten, sondern auch Erfahrung mit dem rele- vanten Rechtssystem mitbringen sowie aktuelle Ressourcen zur Verfügung haben. Die inhaltliche Korrektheit hat höchste Priorität – deswegen übersetzen bei uns auch nur Muttersprachler der Ziels prache. Übersetzungen von Verträgen oder Geschäftsbedingungen sind im Allgemei- nen keine rechtskräftigen Dokumente, sondern dienen vor allem dem Verständ- nis. Eine hochwertige Übersetzung erlaubt also allen Parteien, genau zu verstehen, was vereinbart und unterschrieben wird. Übersetzer müssen nicht nur sprachlich auf höchs- tem Niveau arbeiten, sondern auch Erfahrung mit dem rele vanten Rechtssystem mitbringen sowie aktuelle Ressourcen zur Verfügung haben. zunächst Letzten Endes müssen Verträge vor allem vor Gericht standhalten. Wo liegt die Grenze zwischen den Dienstleistun- gen eines juristischen Fachübersetzers und denen eines Juristen? Selbst bei juristischen Texten ist die Dienstleistung des Übersetzens rein sprachlicher Natur. Für juristische Fragen ist der Anwalt zuständig. Werden Verträge über nationale Gren- zen hinweg geschlossen, müssen sich die Parteien einigen, welches Landesrecht, bzw. welcher Gerichtsstand, gilt. Das legt dann meist auch die Sprache des Originaldokumentes Ist ein Vertrag z.B. nach US-Recht und auf Englisch erstellt, muss ein deutscher Vertragspartner sicherstellen, dass er den Inhalt und die Konsequenzen genau ver- steht. Ein Übersetzungsbüro liefert des- halb eine deutsche Fassung des Vertrages. Weil am Ende der Unterzeichner die Konsequenzen trägt, trifft uns natürlich auch eine große Verantwortung, und es lohnt sich, nach einem vertrauenswür- digen Partner zu suchen. Sind nach der Übersetzung noch rechtliche Fragen offen, ist eine Beratung bei einem Anwalt des relevanten Landesrechts sinnvoll. So ergänzen sich Jurist und Übersetzer wunderbar. fest. Die Internationalisierung der Finanz- märkte wird durch die Digitalisierung angetrieben. Diese wirkt sich auch auf den IR-Bereich aus, in dem Sie schon seit 20 Jahren Unternehmen unterstützen. Welche Veränderungen haben Sie in der Kommunikation mit Anlegern beob- achtet? Durch die Übersetzung von Geschäfts- berichten oder Pressemitteilungen ins Englische helfen wir Unternehmen aus der DACH-Region schon lange, mit internatio- nalen Anlegern zu kommunizieren. Vor ein paar Jahren kamen auch Transkripte von Analysten-Calls auf Englisch hinzu. Wir gehen allerdings davon aus, dass in Zukunft verstärkt digitale Medien für die IR-Kommunikation genutzt werden, denn Menschen wollen auf verschiedenen Kanälen erreicht werden. Laut einer Statistik aus dem Jahr 2018 nutzten nur rund 75% der 80 DAX- und MDAX-Emitten- ten Audio-Webcasts; bei Video-Webcasts waren es nur noch 20%. Diese Zahlen sollten in den nächsten Jahren erheblich steigen, und wir helfen unseren Kunden Being Public/Investor Relations Internationale Akquisi- tionen sind auch admi- nistrativ anspruchsvoll, und wir übertragen dabei Dokumente sowie Ver- träge in die benötigten Sprachen. schon jetzt bei der Transkription und Übersetzung von multimedialen Präsen- tationen. Auch Untertitel für diese Formate werden vermehrt angefragt. Man hört immer mehr über maschinelle Übersetzungen. Inwiefern wirkt sich diese Entwicklung auf Übersetzungs- büros aus? Die Entwicklung der letzten Jahre ist tatsächlich ganz erstaunlich. Bei den regelbasierten und statistischen Überset- zungsmethoden konnte man eine maschi- nelle Übersetzung noch drei Meilen gegen den Wind riechen. Seit hier aber neuro- nale Netze und künstliche Intelligenz genutzt werden, sind die Übersetzungen in vielen Kontexten durchaus lesbar. Geht es also nur um das grobe Verständnis eines Textes, sind Maschinenübersetzun- gen vor allem durch ihre Schnelligkeit im Vorteil. Wir haben auch ein wenig mit Maschinenübersetzungen und Postediting durch unsere Übersetzer experimentiert. Das Ergebnis war qualitativ ernüchternd, aber das liegt natürlich auch an unseren hohen Ansprüchen. Ein weiterer Punkt, den man nicht unterschätzen sollte, ist der Schutz von Daten und Informationen. Lässt man Texte maschinell übersetzten, gibt man eben auch die Kontrolle über den Inhalt ab. Wenn es, wie in der Finanz- kommunikation, aber auf die Qualität des Textes und Vertraulichkeit der Informa- tionen ankommt, sind Fachübersetzer weiterhin die einzig empfehlenswerte Lösung. Frau Schrader, vielen Dank für das inter- essante Gespräch! Das Interview führte Robert Steiniger. Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ 39

Being Public/Investor Relations Berichterstattung als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung Nachhaltigkeitsberichte müssen stimmig, ehrlich und glaubwürdig sein Die Berichterstattungspﬂichten der Unternehmen sind – wieder einmal – im Wandel: Während der Reife- und Detailierungsgrad der Finanzberichterstattung aufgrund regulatorischer Vorgaben, der Standardisierung von Rechnungslegungsnormen, der Abschlussprüfungspﬂicht, der Tätigkeiten von Aufsichtsbehörden und Gerichten bereits hoch und gefestigt ist, entwickelt sich die nichtﬁnanzielle Berichterstattung derzeit ausgesprochen dynamisch und rasant. Von Prof. Dr. Thomas Berndt m o c . e b o d a . k c o t s – s r a g d e s a s m u t © : o t o F A n die Stelle einer bis vor Kurzem noch weitestgehend freiwilligen CSR- bzw. Nachhaltigkeitsbericht- erstattung tritt im internationalen Kontext vermehrt eine Pﬂicht. Die Treiber dieser Entwicklung sind vielschichtig: Private und institutionelle Investoren, Konsumen- ten, Mitarbeiter, Medien, Nichtregierungs- organisationen, Politiker, und nicht zuletzt die Manager selbst hinterfragen die Geschäftspraktiken von Unternehmen. Kaum ein in der Öffentlichkeit stehendes Unternehmen kann es sich erlauben, Fragen nach seiner gesellschaftlichen, ökologischen und sozialen Verantwortung unter Hinweis auf gute Finanzzahlen unbeantwortet zu lassen. Die Nachhaltigkeit des Geschäfts- modells und damit die Nachhaltigkeit des wirtschaftlichen Erfolges spiegeln sich heutzutage in einer viel umfassenderen Berichterstattung wider als noch vor wenigen Jahren. Nachfolgend sollen drei wichtige Aspekte dieser Entwicklung dar- gestellt werden. CSR-Richtlinie der Europäischen Union Die sogenannte CSR-Richtlinie verpﬂich- tet kapitalmarktorientierte Unternehmen seit dem Geschäftsjahr 2017 dazu, eine nichtﬁnanzielle Erklärung offenzulegen. Danach sind Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zu Bemühungen zur Bekämpfung von Korruption zu machen. Zu all diesen Aspekten sind umfangreiche Erläuterungen zu geben: die Beschreibung des Geschäftsmodells, die verfolgten Konzepte und deren Ergebnis, angewandte Due-Diligence-Prozesse, verbundene wesent- liche Risiken aus der eigenen Geschäfts- tätigkeit sowie aus Geschäftsbeziehun- gen, Produkten und Dienstleistungen sowie die mit der Geschäftstätigkeit ver- bundenen wichtigsten nichtﬁnanziellen Leistungsindikatoren. Eine überwiegende Zahl von Unternehmen orientiert sich bei ihrer nichtﬁnanziellen Berichterstattung am bekannten Global-Reporting-Initiative- (GRI-)Standard. Auch die EU selbst hat unverbindliche Leitlinien als Orientie- rungshilfe herausgegeben. Dennoch sind die Herausforderungen enorm: Der Reportingaufwand in einem international tätigen Konzern, überhaupt relevante Daten mit hinreichender Qualität und Peri- odizität zeitnah und vergleichbar zu gene- rieren, ist ausgesprochen groß. Die Einbindung nichtﬁnanzieller wesentlicher Risiken in das allgemeine Risikomanage- ment des Unternehmens ist noch nicht weit fortgeschritten, und inwiefern das Management bei seinen Entscheidungen nichtﬁnanzielle Aspekte bzw. Kennzahlen explizit und integriert im Rahmen der 40 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ Unternehmenssteuerung sinnvoll einbe- zieht, ist noch weitgehend offen. Konzernverantwortungsinitiative Die Initiative vom Herbst 2016, Konzerne mit Unternehmenssitz in der Schweiz zum Schutz von Mensch und Umwelt zur Verantwortung zu ziehen, setzt mit einer weltweiten verpﬂichtenden Sorgfaltspﬂicht- prüfung und einer Berichterstattung über Menschenrechte sowie Umweltbelange an, geht aber noch deutlich darüber hinaus: Bei Pﬂichtverstößen ausländi- scher Tochterunternehmen, aber auch von Lieferanten würde das Unternehmen für den Schaden haftbar gemacht werden. Ein Gegenvorschlag, an dem die Rechts- ZUM AUTOR Prof. Dr. Thomas Berndt ist Inhaber des Lehrstuhls für Rechnungslegung und Direktor am Institut für Finanzwissenschaft, Finanzrecht und Law and Economics (IFF) an der Universität St. Gallen und Verwaltungsratspräsident der equia AG. In Theorie und Praxis widmet er sich aus- gewählten Themen der finanziellen und nichtfinanziellen Berichterstattung, der Unter nehmensbewertung, Corporate Governance und Compliance.

kommission des Nationalrats noch 2019 festgehalten hat, behält letztlich die ver- pﬂichtende Sorgfaltsprüfung und Bericht- erstattungspﬂicht bei, schwächt hingegen jedoch die Haftung ab. Unabhängig vom konkreten Ausgang dieses Verfahrens wird man vermuten dürfen, dass auch Schweizer kapitalmarktorientierte Unter- nehmen vergleichbare oder ähnliche Berichterstattungsanforderungen über nichtﬁnanzielle Aspekte künftig erfüllen müssen, wie sie die CSR-Richtlinie vorgibt. Leitlinien zur Berichterstattung klimabezogener Informationen Als Teil des EU-Aktionsplans „Sustainable Finance“ hat die EU-Kommission Mitte 2019 Leitlinien zur Berichterstattung klimabezogener Informationen veröffent- licht, die die Angaben der CSR-Richtlinie noch speziﬁsch ergänzen. Ziel ist es, so heißt es explizit in den Leitlinien, „Kapital in nachhaltigere Investitionen umzulen- ken, ﬁnanzielle Risiken, die sich aus dem Klimawandel und anderen ökologischen und sozialen Problemen ergeben, zu bewältigen sowie Transparenz und Lang- fristigkeit in der Finanz- und Wirtschafts- tätigkeit zu fördern.“ Vor dem Hintergrund der Berichterstattung ist zweierlei beson- ders erwähnenswert: Die Leitlinien kon- kretisieren den Aspekt der sogenannten doppelten Wesentlichkeit, nämlich der ﬁnanziellen Wesentlichkeit einerseits und der ökologischen und sozialen anderer- seits. Darüber hinaus werden in der Leit- linie zahlreiche ausführliche Beispiele von nichtﬁnanziellen Key Performance Indi- cators (KPIs) gegeben, wie etwa Treib- hausgasemissionen, Energiekennzahlen, physische Risiken, aber auch Angaben zum „grünen Finanzwesen“, also etwa „grüne klimabezogene Anleihen“. Die skizzierten aktuellen Entwicklun- gen in der Berichterstattung bedeuten für Unternehmen Risiko und Chance zugleich: Risiko dort, wo ein unzusammenhängen- der, teurer Zahlenfriedhof produziert wird, die Unternehmenssteuerung sich unbeirrt ausschließlich an ﬁnanziellen Kennzahlen orientiert, das Risikomanage- ment nicht holistisch, integriert aufgebaut M&A Night 2019 Business. People. Network. Die Abendveranstaltung zum 17. DEUTSCHEN CORPORATE M&A-KONGRESS München, 12. November 2019, Einlass ab 18:45 Uhr. Being Public/Investor Relations 8 m o c . e b o d a . k c o t s – t c e o r p k p © j : o t o F und die Kommunikationsstrategie allein auf Shareholder ausgerichtet ist; Chance dort, wo die Unternehmensberichterstat- tung zu einer stimmigen, glaubwürdigen, ehrlichen, umfassenden „Value-Creation- Story“ ausgebaut wird, die sich auf wesentliche ﬁnanzielle und nichtﬁnanziel- le, aber miteinander verknüpfte Aspekte beschränkt – und deutlich macht, worin denn der eigentliche „Purpose“ des Unternehmens besteht. Eine solche Bericht erstattung scheint geeignet, einen wichtigen Beitrag zur Reputation und zur gesellschaftlichen Akzeptanz des Unter- nehmens, der „licence to operate“, zu leisten. ANZEIGE a n J e m t eld z t w w w . m a- nig e n ! h t.d e www.ma-review.de Publikationsorgan 30. Jahrgang 1-2/2019 Standpunkt M&A als Erfolgsfaktor für Familienunternehmen Bewertung und Kapitalmärkte Erkenntnisse zu impliziten Kapital- kosten in Europa: Orientierungs- hilfe für Entscheidungsträger in volatilen Zeiten Bewertung und Kapitalmärkte Optimizing takeover premiums in M&A: The impact of target characteristics and strategic considerations International Column M&A-Markt Q4 2018: Abschwächung auf hohem Niveau setzt sich fort Austria Column Österreichs M&A-Markt 2018 zwischen Korrektur und Abschwung Switzerland Column M&A-Aktivität in der Schweiz auf Rekordniveau Deal des Monats Helaba auf Einkaufstour 1989–2019: 30 Jahre Bewertung und Kapitalmärkte Impact M&A: Wirkungsorientierte M&A-Strategien 1989–2019: 30 Jahre Veranstalter: Kooperationspartner:

Being Public/Investor Relations Viel Kapital und attraktive Rahmenbedingungen Emittentenbefragung unter Schweizer Unternehmen Die Schweiz hat traditionell einen starken Kapitalmarkt. Viele Unternehmen schätzen die günstigen Rahmenbedingungen für einen Börsengang. Für Verwirrung sorgt derzeit der Streit mit der EU um ein neues Handelsabkommen. Dazu sollte der Börsenplatz Zürich geschwächt werden – doch tatsächlich hat sich die EU damit nur selbst geschadet. Von Thomas Müncher D as bereits ausverhandelte Abkom- men soll das bisherige System aus 120 bilateralen Einzelverträgen ersetzen. Doch Bern verweigerte bisher die Unterschrift: Die stärkste Partei im Schweizer Parlament, die antieuropäische SVP, macht Stimmung dagegen und droht mit einem Referendum. Die Regierung fürchtet, dass dies Erfolg haben könnte. Um die Schweiz unter Druck zu setzen, wollte sie Brüssel an einer empﬁndlichen Stelle treffen: dem Finanzwesen des Landes. Deshalb ließ sie Ende Juni die Anerkennung der Schweizer Börsenregu- lierung auslaufen. Aktienhändler aus den 28 Mitgliedstaaten der EU dürfen jetzt an der Schweizer Börse nicht mehr unein- geschränkt mit Aktien schweizerischer Unternehmen handeln, wenn diese auch in der EU gehandelt werden. Cleverer Schachzug der Eidgenossen In Brüssel hatte offenbar niemand mit Gegenmaßnahmen der Schweizer gerech- net. Doch diese führten zum 1. Juli eben- falls mit einer Art Notfallverordnung eine Anerkennungspﬂicht für ausländische Handelsplätze ein, die Wertpapiere von Schweizer Unternehmen anbieten wollen. Handelsplätze in der EU sollen diese Dr. Rolf Weilenmann, Mitglied der Geschäftsleitung, Helvetische Bank AG GoingPublic: Wie sind die Bedingungen für kleinere Unter- nehmen und Start-ups? Weilenmann: Kleinere Unternehmen mit einem bewährten Ge- schäftsmodell und stabilen operativen Geldﬂüssen können an der Schweizer Börse sehr efﬁzient Kapital aufnehmen. Sie proﬁtieren zudem vom professionellen Umfeld und dem vorherrschenden In- vestitionsnotstand auf Anlegerseite. Für Start-ups hingegen prä- sentiert sich das Umfeld etwas schwieriger, da in der Schweiz kein speziﬁsches Börsensegment für diese Risikoklasse besteht. Des- halb wenden sich Gesellschaften, die noch an einem früheren Punkt in ihrem Unternehmenszyklus stehen, oftmals zunächst an spezialisierte Risikokapitalgeber aus dem Venture- und Private-Equity-Bereich, bevor als nächster Schritt eine Börsennotierung in Betracht gezogen werden kann. Dr. Rolf Weilenmann 42 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ m o c . e b o d a . k c o t s – 7 5 a h s o t n a s © : o t o F Anerkennung nicht erhalten und können dann nicht mehr mit Schweizer Papieren handeln. Für den Schweizer Kapitalmarkt hatte die EU-Maßnahme deshalb kaum negative Auswirkungen. „Seit dem Auslau- fen der Börsenäquivalenz ist der Umsatz im Handel mit Aktien an der SIX Swiss Exchange deutlich gestiegen, da die Börsennotierung von Schweizer Titeln an EU-Börsen eingestellt wurde“, erläutert Dr. Rolf Weilenmann, Mitglied der Geschäftsleitung der Helvetischen Bank. „Diese Repatriierung von Umsatzvolumen hat sich positiv für die Schweizer Börse ausgewirkt, während EU-Marktteilnehmer weiterhin Schweizer Aktien bei der SIX Swiss Exchange handeln können.“ Kräftig sprudelnder Finanzplatz Vor diesem Sommertheater zeigte der IPO-Markt in der Schweiz eine ähnliche Entwicklung wie in Deutschland: Während 2018 zehn Unternehmen neu an die Börse

Jonathan Elmer, CFO, Landis+Gyr AG GoingPublic: Warum haben Sie sich für eine Börsennotierung in der Schweiz entschieden? Elmer: Landis+Gyr wurde vor mehr als 120 Jahren in der Schweiz gegründet, hat seinen Hauptsitz nach wie vor im Land und ver- fügt über eine starke Markenbekanntheit im Schweizer Markt. Wegen der ﬁnanziellen Situation des vormaligen Eigentümers Toshiba musste der Börsengang innerhalb kurzer Zeit erfolgen. Der Notierungsprozess an der SIX Swiss Exchange war sehr efﬁzi- ent, vorhersehbar und aus regulatorischer Sicht klar. Jonathan Elmer Regulierung mit Flexibilität Auch für den Anlegerschutz wird in der Schweiz viel getan – die gesetzlichen Anforderungen orientieren sich an den internationalen Standards. „Das markt- orientierte regulatorische Umfeld erlaubt Emittenten aber trotzdem eine efﬁziente Kapitalaufnahme – sowohl für kleinere lokale als auch größere internationale Unternehmen“, erklärt Weilenmann. Dane- ben spielen lokale Gründe eine Rolle, gegangen waren, haben sich im laufenden Jahr erst vier Aktiengesellschaften dazu entschlossen. Dennoch ist dieser ﬂexible und weniger regulierte Zugang gerade für junge Unternehmen attraktiv. „Die Schweiz ist ein weltweit führender Finanz- platz und ein Magnet für internationale Unternehmen“, erläutert Weilenmann. Die Gründe für diese starke Anziehungskraft sind vielfältig: hohe Wettbewerbsfähig- keit, vernetzte Wirtschaft, politische, wirt- schaftliche und soziale Stabilität sowie hoch qualiﬁzierte Arbeitskräfte. „Innova- tionskraft, Stabilität und Sicherheit ziehen einen kapitalkräftigen, internationalen Investorenkreis an“, stellt Weilenmann fest. Hinzu kommen die großen Kapital- pools der rund 470 Banken und Versiche- rungen sowie über 1.700 Pensionsfonds. Das gesamte verwaltete Vermögen besitzt einen Wert von über 6.200 Mrd. CHF. „Beide Aspekte führen zu einer hohen Platzierungskraft der Banken“, weiß Weilenmann. Being Public/Investor Relations wenn Start-ups sich für ein Going Public im eigenen Land entscheiden. „Als Schwei- zer Unternehmen wollten wir natürlich an unserer Heimatbörse präsent sein und unseren Schweizer Aktionären einen einfachen Handel der Aktien in Schweizer Franken ermöglichen“, betont Dr. Florian Dillinger, Präsident des Verwaltungsrates der Matador Partners Group. „Deshalb war die Börsennotierung in der Schweiz eine Selbstverständlichkeit.“ Vorreiter bei digitaler Infrastruktur Der Finanzplatz Schweiz kann aber noch mit weiteren Pfunden wuchern: „Die SIX Swiss Exchange zeichnet vor allem im Gesundheitswesen einen im internatio- nalen Vergleich hohen Spezialisierungs- grad auf“, hat Weilenmann beobachtet. Dadurch proﬁtieren die Unternehmen von einer hohen Visibilität bei Investoren und Medien sowie einer breiten Abdeckung durch spezialisierte Researchanalysten. Nicht zuletzt ist der Betreiber SIX Group Dr. Florian Dillinger, Präsident des Verwaltungsrates, Matador Partners Group AG GoingPublic: Was ist typisch für den Schweizer Kapital- markt? Dillinger: Der Schweizer Kapitalmarkt ist traditionell ein gutes Pﬂaster für Blue Chips. Hier sind einige der ganz großen Unterneh- men Europas zu Hause. Auf der anderen Seite gibt es aber zu wenig Unterstützung für Small- und Mid Caps. In diesem Bereich sind zu wenige Player am Markt, die solche Unternehmen z.B. bei Kapital- maßnahmen begleiten und so ihr Wachstum beschleunigen. Dr. Florian Dillinger ANZEIGE Musterschüler war gestern Heute gibt‘s das Musterdepot BOND GUIDE stark in Anleihen & Co. 18% 16% 14% Anleihe (Laufzeit) VST Building (2019) HanseYachts II (2019) Branche Branche WKN WKN Baustoffe Baustoffe A1H PZD A1H PZD Yachten Yachten A11 QHZ A11 QHZ Kauf- wert* Nomi- nale* 7,3% 11.187 15.000 3,3% Kaufdatum 6,3% 5,8% 04/, 08/ und 09/2016 Kauf- kurs 74,58 4.413 5.000 16.10.14 88,25 8,00% 1.262 2 262 Homann 104,95 104,95 5.248 5.248 3,4% 3,4% +47,5% +447,7,55%% 164 S . A . G . S VST Building 12% 10% hts II c Ya e s n 6% a H derzeitiger derzeitiger 4% 8% S c W L II Depot- Depot- anteil anteil N e u e Z Kupon ola Kurs Kurs r s aktuell aktuell tr o Zins- s- erträge äge publity WA ato* * bis dato* m II h Wert* Wert* l o z 2% Gesamt- Gesamt- veränderung veränderung Volkswagen seit Kauf seit Kauf # Wochen # im Depot im Risiko- einschät- zung** 8,50% 5,0% 5,0% Dt. Mittelstandsanleihen Fonds 104,35 104,35 8 868 1.868 15. 15.653 15.653 Ferratum I 10,0% 10,0% Jacob Stauder II +56,6% +566,6%% 84 www.bondguide.de Neue ZWL II (2021) Automotive Automotive A13 SAD A13 SAD 4.050 5.000 08.07.16 81,00 7,50% 4 534 534 Volkswagen Automobile Automobile 8.238 10.000 01/ und 82,38 3,50% 586 6 586 101,00 101,00 Eyemaxx RE V 10.100 10.100 6,5% 6,5% 4 finance +29,7% ++229,9,7% Euroboden II 104,00 104,00 BeA Joh. Fr. Behrens 5.200 5.200 3,3% 3,3% +41,6% ++4411,66%% A- A- A- B+ Foto: © bg-pictures – stock.adobe.com 74 87

Being Public/Investor Relations sehr bestrebt, beim Aufbau einer digitalen Marktinfrastruktur eine Pionierrolle ein- zunehmen. Dadurch proﬁtieren Emitten- ten in diesem Bereich bereits frühzeitig von nützlichen Veränderungen und neuen Efﬁzienzsteigerungen. Ein Nachteil für junge Gesellschaften, die weder ein erprobtes Geschäftsmodell noch opera- tive Geldﬂüsse aufweisen: Die SIX Swiss Exchange besitzt speziﬁsches Segment für Start-ups. „Im Vergleich mit angelsächsischen Märkten besitzt die Schweiz ausgeprägte ‚Wagniskultur‘ bei Investitionen mit ho- hem Risiko“, begründet dies Weilenmann. eine weniger kein Gerhard Mahrle, Geschäftsführer Finanzen (CFO), Coltène/Whaledent AG GoingPublic: Worin bestehen die Stärken und Schwächen des Schweizer Kapitalmarktes? Mahrle: Zu den Vorteilen zählen sicherlich der gute Ruf in der in- ternationalen Finanzwelt und eine hohe Liquidität im Markt. Wei- tere Pluspunkte sind die vernünftige Regulierung sowie eine ver- trauensvolle Wirtschafts- und Realpolitik des Schweizer Bundes- rates. Dagegen zählen zu den Nachteilen der relativ kleine Markt sowie die fehlende Kompatibilität mit den ausländischen Märk- ten und deren Regulierungen. Breite Mischung der Investoren Ein weiterer Vorteil der Eidgenossen ist die Vielfalt auf Anlegerseite. „Die Schweiz ermöglicht den Zugang zu viel Kapital von verschiedenen Investoren wie Vermögens- verwaltern, Privatbanken und Family Ofﬁces“, lobt Jonathan Elmer, CFO der Landis+Gyr. AG. Zwar steht der Schweizer Kapitalmarkt für hohe Standards und Transparenz; andererseits ist er aber nicht überreguliert. Allerdings schränkt die Notierung in der Schweiz die Attrakti- vität für einige US-Investoren ein. „Das ist schade, da Nordamerika die mit Abstand größte Geschäftsregion von Landis+Gyr ist“, beklagt Elmer. Viel Fachwissen im Finanzbereich Ähnlich beurteilt Sandro Macciacchini, Mitglied der Unternehmensleitung der Tamedia AG, die Stärken und Schwächen des Schweizer Kapitalmarktes. „Aus Unternehmenssicht ﬁnden wir es sehr interessant, dass aufseiten der Anleger sehr viel Kapital vorhanden ist.“ Weitere Vorteile sind der starke Franken, das niedrige Zinsniveau, eine hohe Rechts- sicherheit sowie ein umfangreiches Proﬁ- wissen im Finanzbereich; sowohl bei Investoren als auch bei Unternehmen. „Da die Schweiz allerdings nicht EU-Mitglied ist, liegt in diesem Verhältnis stets ein gewisses Unsicherheitspotenzial – siehe die aktuelle Börsenäquivalenzdiskussion“, bedauert Macciacchini. Dividende macht Emittenten attraktiv Wie soll sich ein Unternehmen aufstellen, damit es für Schweizer Anleger attraktiv ist? „Wir haben Landis+Gyr als Unter- nehmen positioniert mit langfristigem Wachstum, sehr solider Bilanz und starker Sandro Macciacchini, Mitglied der Unternehmensleitung, Tamedia AG GoingPublic: Was macht einen Emittenten attraktiv für Schweizer Investoren? Macciacchini: Generell schätzen Schweizer Anleger Transparenz sowie klare und verständliche Unternehmensmodelle. Außerdem ist es von Vorteil, wenn ein Unternehmen bereits über einen his- torischen Leistungsnachweis verfügt. 44 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“ Sandro Macciacchini Gerhard Mahrle Cashﬂow-Generierung, mit der wir eine nachhaltige und attraktive Dividende zahlen können“, betont Elmer. „Für unsere Schweizer Investoren ist die Dividende ein wichtiger Aspekt.“ Auf eine andere wich- tige Stärke macht Florian Dillinger auf- merksam: „Aus unserer Sicht ist der entscheidende Faktor, dass das börsen- notierte Unternehmen ein interessantes Chance-Risiko-Verhältnis aufweist. Denn Investoren in der Schweiz haben immer beide Aspekte fest im Blick.“ Risiken verbunden Fazit Der Schweizer Kapitalmarkt gilt weltweit als sicher und stabil. Dazu tragen vor allem die attraktiven Standortfaktoren wie politische Stabilität, eine sichere Währung, gut ausgebildete Arbeitskräfte und niedrigere Steuersätze bei. Aller- dings gibt es in dem Land kein Segment für kleinere und Wachstumsunterneh- men, deren Kursentwicklung mit höhe- ren ist. Das hat anderseits den Vorteil, dass negative Schlagzeilen über hohe Kursverluste in der Schweiz eher selten zu ﬁnden sind. Dafür sorgt momentan nur der Börsen- streit mit der EU. Ausbaden müssen ihn die Anleger, für die der Handel mit Schweizer Aktien in jedem Fall teurer wird. Mittelfristig dürften aber sowohl die Schweiz als auch die EU ein Interesse daran haben, diesen Konﬂikt wieder zu entschärfen und eine konstruktive Lösung zu ﬁnden.

Service Partner der Ausgabe im Portrait Die EnglishBusiness AG ist ein dynamisches, innovatives Unter- nehmen mit Sitz in Hamburg und Frankfurt. Über 100 Berater, Übersetzer und Trainer unterstützen Kunden, die in der inter- nationalen Finanzwelt erfolgreich auftreten wollen, sowohl in der schriftlichen Kommunikation und PR-Arbeit als auch durch Seminare, Workshops und Sprachtraining. Durch mehr als 20 Jahre Erfahrung kennt das Unternehmen die Anforderungen der B2B-Kommunikation genau und hilft seinen Kunden immer den richtigen Ton zu treffen. Der Geschäftsbereich Translation nutzt die Expertise von Lektoren und Übersetzern, die nicht nur sprachlich auf höchs- tem Niveau arbeiten, sondern sich auch mit den Feinheiten internationaler Finanzmärkte bestens auskennen. Kontakt Dr. Cathy Molohan berät Sie bei allen Fragen zu Kommunikation und Sprachtraining training@englishbusiness.de Marlen Schrader ist Ihre Ansprechpartnerin für Übersetzungen und Lektorate translation@englishbusiness.de EnglishBusiness AG Rothenbaumchaussee 80c 20148 Hamburg Tel.: +49 40 6505 253 www.englishbusiness.de Die EQS Group ist ein internationaler Anbieter von regula torischen Technologien (RegTech) in den Bereichen Investor Relations und Corporate Compliance. Mehrere tausend Unternehmen weltweit schaffen mit der EQS Group Vertrauen, indem sie komplexe Compliance-Anforderungen erfüllen, Risiken minimieren und transparent mit Stakeholdern kommunizieren. Die Produkte der EQS Group sind in der cloud-basierten Software EQS COCKPIT gebündelt. Damit lassen sich Compliance- Workﬂows in den Bereichen Hinweisgeberschutz und Case Management, Richtlinien-Management, Insiderlistenverwaltung und Melde- pﬂichten professionell steuern. Börsennotierte Unternehmen nutzen zudem ein globales Newswire, Investor Targeting und Kontaktmanagement, IR-Webseiten, digitale Berichte und Web- casts für eine efﬁziente und sichere Investorenkommunikation. Der Konzern beschäftigt über 350 Mitarbeiter in den wichtigsten Finanzmetropolen der Welt. In der Schweiz ist die EQS Group mit rund 25 Mitarbeitenden vertreten. Kontakt Cédric Baumgartner, Managing Director cedric.baumgartner@eqs.com Tel +41 41 520 01 41 EQS Group AG Hardturmstrasse 11 CH-8005 Zürich www.eqs.com 46 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

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Service aktiver Erfahrung Lenz & Staehelin ist mit über 220 Juristen eine der führenden Anwaltskanzleien der Schweiz und an den Standorten Zürich, Genf und Lausanne präsent. Wir verfügen über mehr als 100 Jahre im Wirtschaftsrecht und einen ausgeprägten inter nationalen Fokus. Zu unseren Klienten zählen nicht nur die großen nationalen und internationalen Unternehmen und Konzerne, sondern auch international tätige Organisationen und Privatkunden. Lenz & Staehelin wird von diversen Rating-Agenturen regel- mäßig mit den höchsten Rankings ausgezeichnet und gilt als ein anerkannter Marktführer in der Schweiz. Unsere Klienten werden durch mehrsprachige und international ausgebildete, interdisziplinäre Teams betreut, die gezielt auf die Kunden- bedürfnisse eingehen und maßgeschneiderte Lösungen in höchster Qualität liefern. Kontakt Hans-Jakob Diem Partner, Leiter Corporate and M&A und Co-Leiter Capital Markets Tel.: +41 58 450 80 00 hans-jakob.diem@lenzstaehelin.com Lenz & Staehelin Brandschenkestrasse 24 CH-8027 Zürich Schweiz www.lenzstaehelin.com SIX betreibt und entwickelt Infrastrukturdienstleistungen im Bereich Securities & Exchanges, Payments und Financial Information mit dem Ziel, Efﬁzienz, Qualität und Innovationskraft über die gesamte Wertschöpfungskette des Finanzplatzes Schweiz zu steigern. Im Bereich Securities & Exchanges bietet SIX ihren Kunden in der Schweiz und weltweit ein umfassendes Angebot an Börsendienstleistungen von Listing, Trading und Post-Trade- Lösungen aus einer Hand. SIX betreibt eine der wichtigsten europäischen Börsen. Sie verfügt über eine hervorragende Liquidität im Handel mit schweizerischen und ausländischen Wertpapiergeschäfte und verbindet Unternehmen aus der ganzen Welt mit internationalen Investoren und Handelsteilnehmern. Kontakt Valeria Ceccarelli Head Primary Markets Tel. +41 58 399 2180 valeria.ceccarelli@six-group.com Patrick Förg Head Origination, Primary Markets Tel. +41 58 399 2153 patrick.foerg@six-group.com SIX Securities & Exchanges Pﬁngstweidstrasse 110 CH-8021 Zürich www.six-group.com 48 Special „Kapitalmarkt Schweiz 2019“

Editorial

Inhaltsverzeichnis

Kühlen Kopf bewahren

„Kapitalkräftige Investoren schaffen eine gute Basis für Börsengänge“

Nachhaltiges Investment in der Schweiz

ICOs vs. STOs vs. IEOs

Fintech – die Rettung der Schweizer Finanzindustrie?

„Plattformbasierten Geschäftsmodellen gehört die Zukunft der Finanzbranche“

Proxy Fights

„Die UPC-Transaktion ergibt Sinn“

In wenigen Sekunden um die Welt

„Kommunikation in Zeiten der Internationalisierung“

Berichterstattung als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung

Viel Kapital und attraktive Rahmenbedingungen

Partner der Ausgabe im Portrait

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