HV Magazin 1-2024

Titelseite
Editorial

Stau auf der HV-Autobahn
Inhaltsverzeichnis
Daten & Fakten
HV-Max – Die Kolumne

Sie haben Post
Sind Hauptversammlungen langweilig geworden?
Thomas Wagner, Better Orange
Der HV-Charakter hat sich verändert
Auswirkungen der jüngsten Gesetzesänderungen auf die HV
Gudrun Moll, Pinsent Masons
Was bei der Einladung zur HV und den Beschlussvorschlägen zu beachten ist
Die Änderung des Record Date aus Sicht der Praxis
Markus Laue, Computershare Deutschland
Dauerbrenner der HV-Saison 2024
Ein Plädoyer für die virtuelle Hauptversammlung
Adrian Schwarz, ADEUS
Gelungene Interaktion im digitalen Raum
„Wenn Zahlen aus dem Boden schießen“

Interview mit Caroline von der Marwitz, mbw Medienberatung der Wirtschaft
Kapitalmarkt Netzwerk
Künstliche Intelligenz als Assistent
Oliver Singer, ACS Solution
Die Rolle von KI in Frage-und-Antwort- Systemen für HVs
Gegenanträge der Aktionäre – ein Überblick
Dr. Thorsten Kuthe, Miriam Schäfer, Heuking Kühn Lüer Wojtek
Unmutsäußerung, Alternativvorschlag oder Anpassungsinstrument
„Wir haben nur zunehmendes Aktionärsengagement erlebt“

Interview mit Herbert Cordt, RHI Magnesita
Aktuelle HV-Urteile

Kommentiert von Dr. Thomas Zwissler, ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft
HV-Splitter
HV-Kalender
Eventkalender / Impressum
Sanierungsrechtlicher „ Squeeze-out“ ohne Abfindung?
Markus Kienle, SdK
Bedenklicher StaRUG-Fall LEONI

01 2024 h - v e d . n i z a g a m R U E – , 4 1 Sind Hauptversammlungen Sind Hauptversammlungen langweilig geworden? langweilig geworden? KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Die Rolle von KI in Q&A-Systemen GREENSCREEN-TECHNOLOGIE „Wenn Zahlen aus dem Boden schießen“ STARUG-FALL LEONI Squeeze-out ohne Abﬁndung?

03 E D I T O R I A L THORSTEN SCHÜLLER Redakteur HV Magazin redaktion@goingpublic.de Stau auf der HV-Autobahn Liebe Leserinnen und Leser, und jährlich grüßt das Murmeltier. Bereits vor einem Jahr haben wir an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die HV-Termine ballen. 2023 war es der 17. Mai, an dem gleich mehrere Dutzend Unternehmen zu ihren Aktionärstref- fen einluden. Das scheint im laufenden Jahr nicht anders zu sein, allen Rufen nach einer terminlichen Entzerrung zum Trotz. 2024 wird wohl der 15. Mai der Tag der großen Rush Hour sein. Aber auch die Tage davor und vor allem danach sind mit HVs gut besetzt – welche, das zeigt unser Kalender auf S. 33. Die terminliche Konzentration ist ein Dauer- thema, das jedes Jahr so sicher wiederkehrt wie die Staus auf der A 8, wenn sich Deutsch- land auf den Weg in den Pfingst- oder Som- merurlaub macht. Die Gründe sind ebenfalls immer dieselben: Montags kommt nicht in- frage, da ein Aufbau am Wochenende nötig wäre. Im April, Mai und Juni ballen sich Feier- tage, um welche die Planer herum jonglieren müssen. Im Übrigen hat immer ein Bundes- land Oster-, Pfingst- oder bereits Sommer- ferien. Nicht zuletzt ist oft eine langfristige Terminplanung mit den hauseigenen Gremien und Anbietern externer Locations nötig, um einen freien Slot für die HV zu identifizieren. Aktionäre, die Anteile an mehreren Unterneh- men halten, die am selben Tag zur HV rufen, stehen damit vor der Frage, ob sie sich be- schränken oder quasi teilen. Wobei Ihnen die digitale Technik entgegenkommt – einfach mehrere Fenster im Browser öffnen und simul- tan in zwei, drei oder vier HVs einloggen. Bei der Gelegenheit können Sie gleich auch ihre Fähig- keiten zur multiplen Aufmerksamkeit schulen. Immerhin dürfte Ihnen dabei nicht langweilig werden, wie Autor Thomas Wagner auf S. 8 etwas provokant fragt. HVs in digitalen Zeiten mit geordneten Abläufen, wohlformulierten Wortbeiträgen, auf digitale Distanz gehalte- nen Fragestellern – ist das nicht zum Gäh- nen? Nein, ist es nicht! Die HV ist nach wie vor das zentrale Forum des Austauschs zwischen Unternehmensführung und Anteils eignern. Die Tatsache, dass sich die Gestaltung dieses Formats verändert, bedeutet keineswegs, dass es an Bedeutung verliert. Auch inhaltlich unterliegt die HV einem stän- digen Wandel. So bringt das neue Zukunftsfi- nanzierungsgesetz auch für Aktionärstreffen einige Änderungen mit sich, unter anderem bei Kapitalmaßnahmen und beim Nachweis- stichtag. Welche genau, das lesen Sie auf S. 12 bis 15. Nachdem sich die virtuelle HV einen festen Platz gesichert zu haben scheint, stellt sich die Frage, wie diese organisatorisch und tech- nisch möglichst gut umgesetzt werden kann. Natürlich bleibt da auch die künstliche Intelli- genz (KI) nicht außen vor – erste Anwendun- gen zeigen sich bereits. Und wenn für die In- szenierung des eigenen Unternehmens ein tropisches oder wüstenartiges Ambiente ge- wünscht ist, genügt heutzutage die Platzie- rung vor einer grünen Wand. Den passenden Hintergrund besorgt Technik. Auch zu diesen Themen mehr in dieser Ausgabe. Übrigens, um zum Murmeltier zurückzukom- men: Wir wagen die Prognose, dass es auch 2025 wieder auftauchen wird. Als terminli- cher Klumpen, im Mai. Viel Spaß beim Lesen! HV MAGAZIN 01/2024

T T L L A A H H N N I I 04 INHALT GUDRUN MOLL Pinsent Masons CAROLINE VON DER MARWITZ mbw Medienbera- tung der Wirtschaft OLIVER SINGER ACS Solution Aufgrund des Zukunftsfinanzierungsgeset- zes sollten HV-Verantwortliche Satzungsän- derungen im Blick behalten und über einige Tagesordnungspunkte nachdenken. Seiten 12–13 Im neuen Greenscreen-Studio der mbw in München können sich Unternehmen innovativ in Szene setzen. Ein Einblick in die digitale TV-Produktion. Seiten 20–21 Künstliche Intelligenz hat in Frage-und- Antwort-Systemen bereits Assistenzfunk- tionen. Kann KI in solche HV-Systeme auch voll integriert werden? Seiten 24–25 Service 32 HV-Splitter 33 HV-Kalender 34 Eventkalender 34 Impressum Standpunkt 35 Sanierungsrechtlicher „Squeeze-out“ ohne Abfindung? Bedenklicher StaRUG-Fall LEONI Markus Kienle, SdK Netzwerk 22 Kapitalmarkt Netzwerk 20 „Wenn Zahlen aus dem Boden schießen“ Interview mit Caroline von der Marwitz, mbw Medienberatung der Wirtschaft 24 Künstliche Intelligenz als Assistent Die Rolle von KI in Frage-und-Antwort- Systemen für HVs Oliver Singer, ACS Solution 26 Gegenanträge der Aktionäre – ein Überblick Unmutsäußerung, Alternativvorschlag oder Anpassungsinstrument Dr. Thorsten Kuthe, Miriam Schäfer, Heuking Kühn Lüer Wojtek Austria Corner 28 „Wir haben nur zunehmendes Aktionärsengagement erlebt“ Interview mit Herbert Cordt, RHI Magnesita Legal 30 Aktuelle HV-Urteile Kommentiert von Dr. Thomas Zwissler, ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft Das komplette Heft ist auch als E-Magazin online abrufbar: www.goingpublic.de/ emagazine-archiv Stau auf der HV-Autobahn 03 Editorial 06 Daten & Fakten 07 HV-Max – Die Kolumne Sie haben Post Titelthema 08 Sind Hauptversammlungen langweilig geworden? Der HV-Charakter hat sich verändert Thomas Wagner, Better Orange Praxis 12 Auswirkungen der jüngsten Gesetzesänderungen auf die HV Was bei der Einladung zur HV und den Beschlussvorschlägen zu beachten ist Gudrun Moll, Pinsent Masons 14 Die Änderung des Record Date aus Sicht der Praxis Dauerbrenner der HV-Saison 2024 Markus Laue, Computershare Deutschland 16 Ein Plädoyer für die virtuelle Hauptversammlung Gelungene Interaktion im digitalen Raum Adrian Schwarz, ADEUS HV MAGAZIN 24 01

(E-)MAGAZIN – ONLINE – EVENT – NETZWERK Premium-Partner 2024 Premium-Partner im Netz: www.goingpublic.de/alle-partner 042023hv-magazin.de14,– EURABSTIMMUNGSRICHTLINIENProxy-Adviser bringen sich in Stellung für 2024PRIME-STANDARD-STUDIE 2023Präsenz-HV 57,6%, virtuelle HV 42,4% SAY-ON-CLIMATE„Real-Life-Erfahrungen“ der Alzchem Group AGHV Organisation 2024HV Organisation 2024 Location, Technik, ZukunftLocation, Technik, ZukunftSonderteilLocations & Technik – 12 Anbieter im PortraitSpezialSpezial

N E T K A F & N E T A D 06 NEWS DAI: Bortenlänger übergibt an Peucker Lambach neuer AGP-Geschäftsführer DR. CHRISTINE BORTENLÄNGER Wechsel in der Geschäftsführung des Deutschen Aktieninstituts (DAI): Dr. Chris- tine Bortenlänger beendet mit Ablauf ihres Vertrags zum 30. Juni 2024 ihre fast zwölfjährige Tätigkeit als geschäftsfüh- rende Vorständin des DAI. Ihre Nachfolge tritt Henriette Peucker an. Nach Angaben des DAI hat sich das Institut unter der Füh- rung Dr. Bortenlängers als „Kompetenzzen- trum und relevante Stimme im Dialog mit der Politik rund um kapitalmarktpolitische Themen“ etabliert. In ihrer Amtszeit sei die Zahl der Mitglieder um rund ein Fünftel ge- steigert worden. Heute würden die Mitglie- der des Instituts mehr als 90% der Markt- kapitalisierung deutscher börsen notierter Aktiengesellschaften repräsentieren. Peu- cker wird ihre Arbeit am 1. Mai 2024 auf- nehmen. Laut DAI verfügt sie über langjäh- rige Erfahrung in den Bereichen Kapital- markt, Banking und politische Kommuni- kation. Sie begann ihre Karriere in der Poli- tikberatung und ab 1997 im Investmentbanking bei Schroders in London. Von 2003 bis 2010 verantwortete sie die politische Inte- ressenvertretung der Gruppe Deutsche Börse in Berlin, Luxem- burg und Brüssel. Für die Kommunikationsberatung Hering Schuppener beriet sie Unternehmen insbesondere in regulatori- schen Fragen. Beim Bundesverband deutscher Banken, den sie zeitweise kommissarisch führte, verantwortete sie als stellver- tretende Hauptgeschäftsführerin den Bereich „Politik und Inno- vation“. HENRIETTE PEUCKER I A D © : s o t o F Zum 1. Januar 2024 wurde Dirk Lambach zum Geschäftsführer des Bundesver- bands Mitarbeiterbeteiligung (AGP) be- stellt. Wie der Verband mitteilte, möchte sich Dr. Heinrich Beyer, der in den vergan- genen 18 Jahren die Organisation geleitet hat, auf eigenen Wunsch schrittweise zurückziehen. Er werde wird sich künftig in geringerem zeitlichem Umfang den Beratungen und Publikationen sowie der politischen Arbeit widmen. Dieser „Rollen- tausch“ erfolge in enger Abstimmung sowie auf einstimmigen Beschluss des AGP-Vorstands. P G A © : o t o F DIRK LAMBACH Ad-hoc-Meldungen 2023: Weniger Prognose- änderungen im Prime Standard Die Emittenten aus dem Prime Standard veröffentlichten im abgelaufenen Jahr 142 Ad-hoc-Meldungen mit den Schlagwör- tern „Prognoseänderung“ oder „Gewinnwarnung“, wie aus einer Auswertung der EQS Group hervorgeht. Das ist ein Rückgang um fast 13% gegenüber 2022. Auf den ersten Blick spricht dies für eine größere Planungssicherheit, bei genauerem Hinsehen lässt sich jedoch noch eine andere Erklärung finden. Der Prime Stan- dard beschleunigte seine Entwicklung der letzten Jahre und schrumpfte 2023 so deutlich wie nie zuvor: Waren in dem am strengsten regulierten Marktsegment Ende 2022 noch 299 Unternehmen gelistet, so sind es mittlerweile nur noch 277, so EQS, deren weltweites Newswire über 90% der Emittenten aus dem Prime Standard für die Erfüllung ihrer Meldepflichten nut- AD-HOC-MELDUNGEN: ZAHLEN FÜR DAS GESAMTJAHR 2023 (IN KLAMMERN ZAHLEN FÜR 2022) DAX MDAX SDAX Sonstiger Prime Standard Gesamt Zahl der Emittenten 40 50 70 117 + 7* (ges. 139) 277 (299) + 7* Ad-hoc-Mitteilungen gesamt 90 (89) 101 (111) 185 (188) 394 (459) 770 (847) Ad-hoc-Mitteilungen je Emittent 2,25 (2,23) 2,02 (2,22) 2,64 (2,67) 3,18 (3,17) 2,78 (2,83) Prognose- änderungen 19 (19) 24 (21) 40 (42) 59 (81) 142 (163) *) In der Auswertung sind auch folgende sieben Unternehmen enthalten, die im General Standard gelistet sind, zugleich aber einem Auswahlindex angehören: Porsche Automobil Holding SE (DAX), Deutsche Wohnen SE (MDAX), Adtran Networks SE, Energiekontor AG, KSB SE & Co. KGaA, Pfeiffer Vacuum Technology AG und Sto SE & Co. KGaA (alle SDAX). Quelle: EQS Group AG HV MAGAZIN 01/2024

07 D A T E N & F A K T E N HV-MAX DIE KOLUMNE Sie haben Post Kennen Sie noch den alten Werbespruch von AOL? „Sie haben Post!“ Zwar bewarb man damit die große Innovation der E- Mail – ja, es gab wirklich eine Zeit, da war die elektronische Post noch neu. Aber ich erinnere mich jetzt immer an diesen Spruch, wenn ich mal wieder eine Ein- trittskarte für die Hauptversammlung bestelle. Gähnende Leere in meinem Briefkasten, weil der Postbote es mal wie- der nicht geschafft hat, mich zu bedie- nen. Oder weil das Verteilzentrum nicht schnell genug sortiert hat. Oder warum auch immer: Mein Briefkasten verwaist. Vielleicht montier ich ihn auch gleich ab? Aber dann besteht auch keine Restchance mehr, dass ich doch noch die eine oder andere Zugangsberechtigung zur HV rechtzeitig erhalte. Die netten Herren und Damen an den Hotlines der Anmeldestel- len kennen meine Nummer schon, wenn ich mal wieder nach meinen Zugangsdaten für eine virtuelle Hauptversammlung frage oder um ein Duplikat der Eintrittskarte bitte. Mich jedes Mal am Sonderschalter melden zu müssen, das geht nun wirklich nicht. Dass die Post nicht ihrem Auftrag, am nächsten Werktag zuzustellen, gerecht werden kann, ist wirklich ärgerlich. Auch die seitens der Bundesnetzagentur ange- dachte Fristverlängerung auf drei Tage würde vollkommen ausreichen, bei einer Anmeldefrist von sechs Tagen. Oh, ich höre gerade, mein Briefkasten klappert. Da muss ich doch gleich mal schauen, was ich heute so an Post bekommen habe ... Ich halt’s nicht aus: zehn Karten auf einmal! Da musste der Kol- lege Briefträger ja richtig schleppen. Leider sind acht Hauptver- sammlungen schon über die Bühne ge- gangen. Natürlich mit mir – Fräulein Mai- er von der Anmeldestelle hatte mich ja gerettet und mir die Zugangsdaten nach meinem verzweifelten Anruf vorab mit- geteilt. Ich hab’ ja meine Connections. Aber mein Freund, der Erwin, der hat sich nicht getraut und schaute in die Röhre – oder eben nicht, weil er ja keine Zugangs- daten hatte ... Das Ganze wäre nur halb so ärger- lich, wenn die Banken mit der Eintrittskartenbestel- lung auch die E-Mail-Ad- resse an die Anmelde- stellen liefern würden. Dann könnte ich näm- lich wieder regelmäßig „Sie haben Post“ anhören – wenn in meinem E-Mail- Postfach die elektro- nische Eintrittskarte ein- geht. Aber was ich vergaß: Das Internet ist ja noch Neuland ... zen. Insgesamt seien 2023 im Prime Standard 770 Ad-hoc-Mel- dungen mit potenziell kursbeeinflussenden Tatsachen distribu- iert worden. Das bedeute 77 weniger als im Vorjahr; angesichts der geringeren Anzahl an Emittenten bewegten sich die durch- schnittlichen Veröffentlichungen pro Unternehmen jedoch fast auf dem Vorjahresniveau. Reithofer bestbezahlter Aufsichtsrat Auf der Rangliste der bestbezahlten DAX-Aufsichtsratsvorsitzen- den im vergangenen Jahr steht erstmals Dr. Norbert Reithofer von BMW an der Spitze. Mit einem Jahresgehalt von 610.000 EUR liegt der frühere BMW-Vorstandschef, der seit 2015 dem Auf- sichtsgremium von BMW vorsitzt, knapp vor dem Siemens- Aufsichtsratsvorsitzenden Jim Hagemann Snabe (602.000 EUR) und BASF-Chefkontrolleur Dr. Kurt Bock (550.000 EUR), wie aus einer Auswertung der Deutschen Schutzvereinigung für Wert- W M B © : o t o F papierbesitz (DSW) hervorgeht. Zuvor hat- te viele Jahre lang Paul Achleitner, Chefkon- trolleur der Deutschen Bank, die Rangliste angeführt. Im Mai 2022 hatte er seinen Posten jedoch nach zehn Jahren an Alex- ander Wynaendts abgegeben. Wynaendts erhielt 2023 rund 496.000 EUR. Im Schnitt erhielten die Aufsichtsratsvorsitzenden der 40 DAX- Unternehmen im vergangenen Jahr rund 393.000 EUR, das waren laut der DSW-Vergütungsstudie rund 7,7% mehr als ein Jahr zuvor. Im MDAX lagen die durch- schnittlichen Gehälter der Aufsichtsratsvorsitzenden bei rund 212.000 EUR, einfache Aufsichtsratsmitglieder erhielten rund 68.000 EUR. Im SDAX verdienten die Aufsichtsratsvorsitzenden durchschnittlich rund 134.000 EUR und einfache Aufsichtsräte rund 50.000 EUR. DR. NORBERT REITHOFER HV MAGAZIN 01/2024

. . m o c e b o d a k c o t s – e t e k k o t s © : o t o F 08 A 08 A M M E E H H T T L L E E T T I I T T Dachzeile – danach 1 Zeile Der HV-Charakter hat sich verändert Headline – danach 3 Zeilen Sind Hauptversammlungen Sind Hauptversammlungen langweilig geworden? langweilig geworden? Vorspann – danach 2 Zeilen THOMAS WAGNER Vorstand, Better Orange IR & HV AG – Part of Link Group | Corporate Markets thomas.wagner@better-orange.de ??? ???Die Besucherzahlen bei Präsenz-HVs sind deutlich rück läuﬁg. Selbst Hauptversamm- lungen großer „Leuchtturmunternehmen“ schaffen es oft nur noch als Randnotiz in die Medien – und auch das meist nur im Zusammenhang mit Aktionen von Umwelt- oder Menschenrechtsaktivisten, Gewerkschaften, bei Sonderthemen oder – wie jüngst bei Siemens – in Verbindung mit der taggleichen Veröffent lichung der Quartalszahlen. Der Nachrichtenwert von HVs ist in Zeiten von Regel- und Ad-hoc-Publizitätspﬂichten für Unter- nehmen gering. Nicht zuletzt leidet der „Unterhaltungswert“ einer HV aufgrund des reform- bedürftigen deutschen Beschlussmängelrechts und der HV-Recht sprechung unter starren und formaljuristischen Abläufen. HV MAGAZIN 01/2024

09 T I T E L T H E M A Fast könnte man meinen, die „Institution Hauptversammlung“ sei in der öffent- lichen Wahrnehmung auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Dabei sind die Kapi- talpräsenzen unvermindert hoch. Wie passt das zusammen? Aktionäre treffen in der HV als drittes Organ der AG sehr grundlegende und wichtige Entscheidun- gen, wie die Wahl und Zusammensetzung effizienter und unabhängiger Kontrollgre- mien, namentlich des Aufsichtsrats und des Abschlussprüfers. Aktionäre bestim- men die Höhe und Struktur der Aufsichts- ratsvergütung und haben mittlerweile ein gehöriges Mitspracherecht bei der Vor- standsvergütung. Die Genehmigung von zukunftssichernden Kapitalmaßnahmen sowie die Entscheidung über maßgebliche Strukturmaßnahmen obliegen der Kern- kompetenz der HV. Und nicht zuletzt ent- scheidet die HV über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat – juristisch zwar ein stumpfes, in der Außenwirkung jedoch ein scharfes Schwert. HV als Spiegelbild des Wertewandels Nach dem Ende der „Deutschland AG“ und der Internationalisierung und Professiona- lisierung der Aktionärsstrukturen begann Ende der 1990er-Jahre die Diskussion um eine angemessene, gute und verant- wortungsvolle Unternehmensführung und -kontrolle. In diesem Zusammenhang wurden und werden immer mehr gesell- schafts- und sozialpolitische sowie zuletzt ökologische Themen im Zuge der Corpo- rate-Governance-Debatte als Themen in die HV hineingetragen. Es folgte eine Rei- he von Gesetzesänderungen mit einer Vielzahl an Transparenz- und Umsetzungs- verpflichtungen für börsennotierte Unter- nehmen sowie der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) als freiwillige Selbstverpflichtung für Unternehmen. Das war in den letzten 25 Jahren ein langer, nicht selbstverständlicher, „aufreibender“ und noch immer anhaltender Transforma- tionsprozess. Diskussionswürdige „Aufre- ger“ in der HV gab es in der Vergangenheit reichlich, man denke an die Frauenquote, Vergütungsexzesse, die mangelnde Pro- fessionalität, Diversität und Unabhängig- keit der Aufsichtsräte oder Mängel in der Transparenz der Unternehmensführung. Hohes Corporate-Governance- Niveau Mittlerweile ist dank institutioneller Anle- ger ein hoher Corporate-Governance-Stan- dard erreicht. Institutionelle Investoren sehen sich als Treuhänder des ihnen über- lassenen Kapitals verpflichtet, die Stimm- rechte aus dem ihnen anvertrauten Kapi- tal verantwortungsvoll zur Weiterentwick- lung der Corporate Governance auszu- üben. Sie orientieren sich bei der Stimm- rechtsausübung an sehr weitgehenden Grundsätzen guter und verantwortungs- voller Unternehmensführung, die sich in Abstimmungsrichtlinien manifestieren und im Übrigen öffentlich zugänglich sind. Die Abstimmungsrichtlinien spiegeln die Kriterien, Erwartungen und Vorgaben in- stitutioneller Anleger und des Kapital- markts hinsichtlich guter Unternehmens- „Fast könnte man meinen, die ,Institu- tion Hauptversammlung‘ sei in der öffent lichen Wahrnehmung auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit.“ führung wider. Oftmals gehen diese über die gesetzlichen Mindestvorgaben oder die Empfehlungen und Anregungen des DCGK hinaus oder sind in vielen Belangen sogar enger gefasst als das rechtlich Zulässige oder Gebotene. Die Abstim- mungsrichtlinien werden Jahr für Jahr weiterentwickelt und um neue Transpa- renzanforderungen oder „Dos and Don’ts“ für Unternehmen erweitert. So rückten dabei zuletzt ESG-Themen im Zuge des gesellschaftlich und politisch forcierten Transformationsprozesses hin zu einer ökologischeren, nachhaltigeren und ge- rechteren Welt verstärkt in den Vorder- grund. Die Kopplung der Vergütung des Vorstands an ESG-Ziele wird mittlerweile erwartet, ebenso ESG-Expertise in den Gremien. Dadurch wird (Transformations-) Druck auf Unternehmen ausgeübt. Einfacher, mehrstufiger Wirkungsmechanismus Wer gegen die öffentlich bekannten Ab- stimmungsrichtlinien und damit gegen die einschlägigen Regeln guter Corporate Governance verstößt oder gewisse Trans- parenzerwartungen nicht erfüllt, wird durch institutionelle Anleger in Form von NEIN-Stimmen „abgestraft“. Zustimmungs- quoten von unter 80% gelten als „Wink mit dem Zaunpfahl“, die Kritikpunkte ernst zu nehmen und bis zur nächsten HV Ände- rungen herbeizuführen oder Stellung zu beziehen. Bei Missachtung erfolgt die Nichtentlastung oder die Ablehnung bei Aufsichtsratswahlen auf der nächsten HV, wie schon manche „uneinsichtige“ Unter- nehmen schmerzlich erfahren mussten. Das wirkt. Vorbei sind allerdings die Zeiten, als Banken- vertreter noch „live“ in der HV die Stimmrech- te aus ihren Aktienpaketen ausübten und für manchen Überraschungsmoment sorg- ten. Institutionelle üben im Regelfall „nur“ ihre Stimmrechte aus und nehmen – mit Ausnahme sehr weniger aktiver institutio- neller Investoren auf wenigen ausgewähl- ten HVs mit Potenzial auf Öffentlichkeits- wirksamkeit – nicht persönlich an der HV HV MAGAZIN 01/2024

10 A M E H T L E T I T „Hauptversammlungen sind komplexer und bedeutender denn je, aber der Charakter hat sich verändert.“ teil und beteiligen sich auch nicht an der Generaldebatte in der HV. Im Regelfall sind die Abstimmungsergebnisse eine Woche vor der HV eindeutig, wenn nicht gerade ein „Proxy Fight“ tobt. Nur in ganz seltenen Fällen sind die vergleichsweise wenigen Stimmen der anwesenden HV-Teilnehmer das entscheidende Zünglein an der Waage. Die Willensbildung findet vor der HV statt Der Diskurs mit institutionellen Anlegern und deren Willensbildungsprozess findet auf anderen Wegen statt, die der HV zeit- lich vorgelagert sind. So liegt es auf der Hand, dass Unternehmen viele Monate vor der HV Abstimmungsrichtlinien analysie- ren und ggf. Shareholder-Identification- Verfahren anstoßen. Mittlerweile haben sich auch Corporate-Governance-Road- shows in den Herbst- und Wintermonaten etabliert, um mit Stakeholdern wichtige Grundsatz- und Governance-Themen im direkten Austausch zu besprechen oder die Position und Grundhaltung zu konkre- ten Sonderthemen „abzuklopfen“. Selbst Aufsichtsratsvorsitzende suchen verstärkt den Dialog mit Investoren und anderen Stakeholdern. Insgesamt wurde somit mittlerweile ein ausgesprochen hoher Corporate-Governance-Standard erreicht. Nur selten – oder nur als Ultima Ratio – gibt es dazu noch große Diskussionen während und in der HV. Das macht die HV selbst „unspannend“. Generaldebatte als Chance nutzen Es sind unruhige Zeiten mit geopolitischen Konflikten und disruptiven Veränderun- gen in Geschäftsmodellen, Technologien, Lieferketten und Umweltbedingungen. Dazu kommen Konjunktursorgen, Inflation wie auch gestiegene Zinsen und Energiepreise. Dies alles erzeugt Unsicherheiten und Fra- gen bei Aktionären, für deren Diskussion und Beantwortung die HV genau der richti- ge Ort ist: Sind ein Arbeitsplatzabbau und die Verlegung von Arbeitsplätzen bzw. Pro- duktionsstandorten ins Ausland geplant? Wie begegnet man dem Fachkräfteman- gel? Wie kann die Attraktivität im Wettbe- werb um Nachwuchskräfte mit einem ge- änderten Work-Life-Balance-Verständnis gesteigert werden? Wie steht es um künst- liche Intelligenz und digitale Transformati- onsprozesse? Erklärungsbedarf und Druck erzeugen Abhängigkeiten von China, Ge- schäfte mit Russland oder Menschen- rechtsverletzungen im Unternehmen oder in der Lieferkette sowie Cyberattacken. Wel- che Maßnahmen wurden ergriffen, um das Unternehmen grüner, sozialer und nachhal- tiger auszurichten? Inwiefern wirkt sich die HV MAGAZIN 01/2024 schwindende Wettbewerbsfähigkeit Deutsch- lands mit seinen Standortnachteilen, Über- regulierung, Bürokratie und Planwirtschaft auf das Unternehmen aus? Es ist ein komplexes und vielfältiges The- menspektrum von unterschiedlichsten Interessengruppen, dem Unternehmen aktuell ausgesetzt sind. Vorständen und Aufsichtsräten ist daher angeraten, den Diskurs mit den Aktionären und das kriti- sche Hinterfragen als Chance zu sehen, Vertrauen in die Resilienz, Anpassungs-, Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens und in die Führungs- qualitäten des Managements zu schaffen bzw. zu untermauern. Das ist die Chance, die HV wieder attraktiver zu machen. Fazit: Hauptversammlungen sind bedeutender denn je Auch wenn es in Zeiten von virtuellen HVs und vorgelagerter Willensbildung außerhalb der HV anders erscheinen mag: Haupt- versammlungen sind komplexer und be- deutender denn je, aber der Charakter hat sich verändert. Man kann auch sagen, die HV ist erwachsener geworden. Und den- noch – spektakuläre, langandauernde und mitunter turbulente HVs bis kurz vor Mit- ternacht mit ausufernden Fragenkatalo- gen und Sonderanträgen wird es immer geben; sei es bei Machtkämpfen von Groß- aktionären um die Vormacht, bei Kampfab- stimmungen über die Kandidaten bei Auf- sichtsratswahlen, bei der Abwehr feind- licher Übernahmeversuche, bei Angriffen aktivistischer Hedgefonds mit kurzfris- tiger Gewinnerzielungsabsicht, bei der Aufklärung undurchsichtiger Geschäfts- vorgänge, Gehalts- und Abfindungsexzes- sen oder bei Beschneidung der Aktionärs- rechte. Das ist der Beweis für eine funktio- nierende Aktionärsdemokratie auf HVs, wenn es darauf ankommt.

12 S I X A R P Was bei der Einladung zur HV und den Beschlussvorschlägen zu beachten ist Auswirkungen der jüngsten Gesetzesänderungen auf die HV Aber auch im Falle von Ermächtigungen, die nicht zur Erneuerung anstehen, kann sich eine vorzeitige Aufhebung und Neuer- teilung in der kommenden HV anbieten, um im Hinblick auf einen Bezugsrechts- ausschluss über eine größere Flexibilität zu verfügen. Platzierungen können in sol- chen Fällen ohne Prospekt durchgeführt werden. Vor dem Hintergrund, dass bei börsennotierten Gesellschaften auch eine Zulassung von Aktien prospektfrei mög- lich ist, sofern sie über einen Zeitraum von zwölf Monaten weniger als 20% der bereits zugelassenen Aktien ausmachen, kann dies zu einer wesentlichen Erleichterung der Unternehmensfinanzierung führen. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass Ermächtigungen zum Ausschluss des Bezugsrechts, die 10% des Grundkapitals überschreiten, durch die Stimmrechtsbera- ter teilweise generell abgelehnt werden. Dass sich diese Haltung aufgrund der deut- schen Gesetzgebung ändert, ist kaum zu erwarten, sodass Satzungsänderungen, die einen erweiterten vereinfachten Bezugs- rechtsausschluss ermöglichen sollen, in der Hauptversammlung aufgrund des Abstim- mungsverhaltens der Stimmrechtsberater GUDRUN MOLL Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerberaterin, Legal Director, Pinsent Masons gudrun.moll@pinsentmasons.com Jüngste Gesetzesänderungen, insbesondere durch das Zukunftsﬁnanzierungsgesetz, geben Anlass, in der anste- henden Hauptversammlungssaison Satzungs änderungen in den Blick zu nehmen bzw. über bestimmte Tagesordnungs- punkte nachzudenken. fachte Bezugsrechtsauschluss sinngemäß Anwendung findet. Bei Ermächtigungen zur Ausgabe neuer Aktien (genehmigtes Kapi- tal) oder zur Ausgabe von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen, die auslau- fen oder bereits teilweise ausgenutzt wur- den und daher erneuert werden sollen, kann daher nun ein vereinfachter Bezugs- rechtsausschluss bis zu 20% des Grund- kapitals vorgesehen werden. Zukunftsfinanzierungsgesetz: Kapitalmaßnahmen Erweiterter vereinfachter Bezugsrechtsausschluss Durch das Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunfts- finanzierungsgesetz), das im Wesentlichen am 15. Dezember 2023 in Kraft getreten ist, wurde die Grenze für den sogenannten ver- einfachten Bezugsrechtsausschluss von 10% auf 20% des Grundkapitals erhöht. Das Bezugsrecht der Aktionäre kann daher nun- mehr bei Barkapitalerhöhungen ausge- schlossen werden, sofern der Ausgabe- betrag der Aktien den Börsenkurs nicht wesentlich unterschreitet und die Bar- kapital erhöhung(en) insgesamt 20% des Grundkapitals nicht übersteigt bzw. über- steigen (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG). Von Bedeutung ist diese Gesetzesänderung insbesondere für das genehmigte Kapital und die Ausgabe von Wandel- oder Options- schuldverschreibungen, auf die der verein- HV MAGAZIN 01/2024 s n o s a M t n e s n P © i : o t o F

13 P R A X I S unter Umständen nicht die erforderliche Mehrheit von mindestens drei Vierteln des in der HV vertretenen Grundkapitals finden. Erhöhtes Volumen für Aktienoptionsprogramme Das Zukunftsfinanzierungsgesetz hat des Weiteren das Volumen eines bedingten Kapitals für Aktienoptionsprogramme von 10% auf 20% des zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bestehenden Grund- kapitals erhöht und damit Raum für die Auflage neuer Mitarbeiterbeteiligungspro- gramme durch die HV geschaffen. Nicht selten ist die Grenze von 10% des Grund- kapitals durch bedingte Kapitalia zur Be- dienung von Aktienoptionsprogrammen schnell ausgeschöpft, da diese bestehen bleiben müssen, bis eine Ausübung der entsprechend ausgegebenen Aktienoptio- nen erfolgt oder nicht mehr möglich ist. Indem gleichzeitig die allgemein für bedingte Kapitalia geltende Grenze von 50% auf 60% des bei der Beschlussfas- sung bestehenden Grundkapitals angeho- ben wurde, dürften neue Aktienoptions- programme auch ohne eine „Umschich- tung“ von bedingten Kapitalia möglich sein. Art. 1 Nr. 7 der EU-Durchfüh- rungsverordnung 2018/1212 vom 3. September 2018 „Für die Zwecke dieser Verordnung be zeichnet der Ausdruck [...] 7. ‚Nachweisstichtag‘ den vom Emittenten festgelegten Tag, an dem die mit den Aktien verbundenen Rechte, einschließlich des Rechts auf Teilnahme an und Aus- übung des Stimmrechts in einer HV, sowie die Identität des Aktionärs auf der Grund- lage der in den Büchern des Zentral- verwahrers auf Emittentenseite oder eines anderen ersten Intermediärs bei Ge schäftsschluss buchmäßig abgewickel- ten Positionen festgestellt werden.“ In den Fällen, in denen in der Satzung jedoch nicht lediglich ein Verweis auf den jeweils gesetzlich geregelten Zeitpunkt enthalten ist, sondern der Wortlaut der ge- setzlichen Regelung wiedergegeben wird, ist eine Anpassung der Satzung dennoch zu empfehlen, um unterschiedliche For- mulierungen in der HV-Einladung und der Satzung zukünftig zu vermeiden. (Nähe- res dazu lesen Sie im Beitrag auf S. 14–15). Zukunftsfinanzierungsgesetz: Nachweisstichtag MoPeG Eine weitere Änderung durch das Zukunfts- finanzierungsgesetz ist hinsichtlich der in § 123 Abs. 4 Satz 2 AktG enthaltenen Voraussetzungen für die Teilnahme an der HV und die Ausübung des Stimmrechts erfolgt. Danach hat sich bei börsennotier- ten Gesellschaften mit Inhaberaktien der Nachweis des Anteilsbesitzes gemäß § 67c Abs. 3 AktG nunmehr auf den Ge- schäftsschluss des 22. Tages vor der HV und nicht mehr wie bislang auf den Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung zu beziehen. Diese Gesetzesänderung dient ausschließlich zum Zweck der Angleichung an die Definition des Nach- weisstichtags in der zugrunde liegenden EU-Durchführungsverordnung1; eine mate- rielle Änderung bezüglich des Nachweis- stichtags ist hiermit nicht verbunden. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10. August 2021 ist eine seit dem 1. Januar 2024 geltende Änderung der gesetzlichen Regelungen über Angaben für das Aktien- register erfolgt. Insbesondere wurde § 67 Abs. 1 AktG um einen neuen Satz 2 ergänzt, der die erforderlichen Angaben im Aktien- register für den Fall regelt, dass der Aktionär eine juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft ist. Gesellschaften mit Namensaktien, die in ihrer Satzung die für die Eintragung im Aktienregister erforderlichen Angaben auf- listen oder lediglich auf § 67 Abs. 1 Satz 1 AktG verweisen, sollten ihre entsprechen- den Satzungsregelungen daher anpassen. Da zukünftige Änderungen der gesetz- lichen Vorgaben im Hinblick auf Eintragun- gen in das Aktienregister nicht ausge- schlossen werden können, empfiehlt sich für die entsprechende Satzungsregelung statt einer Auflistung oder einer Bezug- nahme auf eine konkrete Vorschrift ein pauschaler Verweis auf die „gesetzlich vorgeschriebenen Angaben“. Weitere sinnvolle Satzungsänderungen Stehen ohnehin Satzungsänderungen auf der Tagesordnung, kann dies zum Anlass genommen werden, auch an anderen Stel- len über flexiblere Regelungen nachzuden- ken. So hat es sich im Zuge der Internatio- nalisierung der Aufsichtsräte inzwischen als sinnvoll erwiesen, dass die Versamm- lungsleitung in der Hauptversammlung auch durch einen vom Aufsichtsrat oder Aufsichtsratsvorsitzenden zu bestimmen- den Dritten übernommen werden kann. Eine flexiblere Regelung hinsichtlich des Orts der HV, indem beispielsweise ein Umkreis um bestimmte Orte einbezogen wird, kann bei der Suche nach einem ge- eigneten HV-Raum hilfreich sein. Fazit Aufgrund der jüngsten Gesetzesänderun- gen sind einzelne Satzungsänderungen sowie die Anpassung bestehender Er- mächtigungen zur Ausgabe von neuen Aktien (genehmigtes Kapital) oder Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen emp- fehlenswert. Dies kann zum Anlass ge- nommen werden, andere praktisch sinn- volle Anpassungen der Satzung vorzuneh- men, beispielsweise eine Flexibilisierung der Regelung zur Versammlungsleitung. 1) Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 der Kommission vom 3. September 2018 zur Festlegung von Mindestanforderungen zur Umsetzung der Bestimmun- gen der Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parla- ments und des Rates in Bezug auf die Identiﬁzierung der Aktionäre, die Informationsübermittlung und die Erleich- terung der Ausübung der Aktionärsrechte HV MAGAZIN 01/2024

14 S I X A R P Dauerbrenner der HV-Saison 2024 Die Änderung des Record Date aus Sicht der Praxis MARKUS LAUE Team Lead – Consulting, Computershare Deutschland GmbH & Co. KG markus.laue@computershare.de i H b m G a d e M 2 n a r B © i : o t o F Seit Mitte Dezember gilt in Deutschland für börsennotierte Unternehmen, die Inhaber aktien ausgegeben haben, eine neue Regelung für die Angabe des Nachweisstichtags, auch Record Date genannt. Obgleich die Vorverlegung des Besitz- zeitpunkts vom Beginn des 21. Tages auf den Geschäfts schluss des 22. Tages auf den ersten Blick inhaltlich keine Änderung bedeutet, so kann dies in der HV-Saison 2024 für Emittenten von Inhaberaktien zu praktischen Problemen führen. Am 15. Dezember 2023 trat das Zukunfts- finanzierungsgesetz (BT-Drucksache 20/ 8292) mit einigen rechtlichen Neuerungen, die das Aktiengesetz betreffen, in Kraft. Zu begrüßen ist die Änderung in Art. 13 Nr. 6: „In § 123 Absatz 4 Satz 2 werden die Wör- ter ‚Beginn des 21.‘ durch die Wörter ‚Ge- schäftsschluss des 22.‘ ersetzt.“ Dies bedeutet, dass der Nachweisstichtag für Emittenten von Inhaberaktien sich nunmehr auf den Geschäftsschluss des 22. Tages zu beziehen hat. Diese Berech- nung ist nötig geworden, da mit der EU- Durchführungsverordnung 2018/1212 die Angabe des Ausführungsdatums (Record Date) sich gemäß internationaler Praxis auf den Geschäftsschluss zu beziehen hat. Nachdem in Tab. 3 der EU-Durchfüh- rungsverordnung für die Einberufung von Hauptversammlungen ebenso wie in Tab. 4, dem Muster, wie der Nachweis für die Berechtigung der Teilnahme an einer Hauptversammlung, die Angabe des Re- cord Date sich jeweils auf den Geschäfts- schluss zu beziehen hat, kam es hier re- gelmäßig zu verschiedenen Angaben und Irritationen. Der Gesetzgeber erkannte ausweislich der Gesetzesbegründung „... die Gefahr von Missverständnissen und Erschwerungen für die Praxis“ und wollte diesen mit der Angleichung begegnen. Auch erkannte er, dass „... die Informatio- nen in den in Artikel 1 Nummer 7 der Durchführungsverordnung genannten Bü- chern in der juristischen Sekunde zwi- schen Geschäftsschluss (24:00 Uhr) und HV MAGAZIN 01/2024 Beginn des nächsten Tages, jeweils am Sitz der Gesellschaft, nichts ändern“. Definition Geschäftsschluss Wie aus der Gesetzesbegründung hervor- geht, sieht der Gesetzgeber den Geschäfts- schluss um 24:00 Uhr – so, wie in der Praxis bislang der Record Date zumeist auf 00:00 Uhr verortet wurde. Diese konkrete Zeit- angabe ist jedoch im internationalen Ver- gleich nicht ganz korrekt, denn die EU- Durchführungsverordnung 2018/1212 Art. 1 Nr. 7 definiert den „Nachweisstichtag“ als den „vom Emittenten festgelegten Tag, an dem die mit den Aktien verbundenen Rechte, einschließlich des Rechts auf Teil- nahme an und Ausübung des Stimm- rechts in einer Hauptversammlung, sowie die Identität des Aktionärs auf der Grund- lage der in den Büchern des Zentralver- wahrers auf Emittentenseite oder eines anderen ersten Intermediärs bei Geschäfts- schluss buchmäßig abgewickelten Positi- onen festgestellt werden“. Wichtig ist also, dass die Positionen, die in den Büchern der Banken zu finden sind, über den Zentralverwahrer abgewickelt wurden. Nur dann kann verhindert wer- den, dass ein und dieselbe Aktie zweimal angemeldet werden kann. Definition in der Satzung Die grundsätzlich zu begrüßende Anglei- chung der nationalen Gesetzgebung an das EU-Recht bringt nun jedoch die Emittenten in Schwierigkeiten, die in der Satzung den bisherigen Wortlaut des § 123 (4) AktG übernommen haben. Nachdem das Gesetz mit Inkrafttreten, ohne Übergangsregelung anzuwenden ist, ist ein Auseinanderlaufen

15 P R A X I S von Satzung und Gesetz zu sehen. Dabei schlägt nach der herrschenden Meinung das Gesetz die Satzungsregelung. Dennoch sollte vorsichtshalber in der Einberufung auf die Abweichungen eingegangen wer- den. Zudem sollte mit der nächsten Haupt- versammlung auch die entsprechende Satzungsregelung übernommen werden. Oder die Formulierung sollte sich einfach auf die gesetzliche Regelung im Allgemei- nen beziehen. Problem: Nicht-börsennotierte Unternehmen Die Aussage, dass das Gesetz die Satzung schlägt, gilt jedoch nur für börsennotierte Unternehmen, denn § 123 (4) AktG defi- niert in Satz 2 ausdrücklich nur den Nach- weisstichtag für börsennotierte Unterneh- men. Hat nun eine Gesellschaft die „alte“ Definition des Record Date, so hat sich auch weiterhin der Record Date in der Einberufung auf den 21. Tag zu beziehen. Diese Satzungshoheit der nicht-börsenno- tierten Unternehmen ist grundsätzlich zu begrüßen. Bei nicht-börsennotierten Pu- blikumsgesellschaften kann dies jedoch zu praktischen Problemen führen, da sich die durch die Banken ausgestellten Nachweise, insbesondere wenn auch freiwillig auf § 67c AktG und damit die EU-DVO verwie- sen wird, in der Regel mittlerweile schon §123 AktG (neu) (4) Bei Inhaberaktien börsenno- tierter Gesellschaften reicht ein Nachweis gemäß § 67c Absatz 3 aus. Der Nachweis des Anteilsbesitzes nach § 67c Absatz 3 hat sich bei börsennotierten Gesellschaf- ten auf den Geschäftsschluss des 22. Tages vor der Ver- sammlung zu beziehen und muss der Gesellschaft unter der in der Einberufung hierfür mit- geteilten Adresse mindestens sechs Tage vor der Versammlung zugehen. In der Satzung oder in der Einberufung auf Grund einer Ermächtigung durch die Satzung kann eine kürzere, in Tagen zu bemessende Frist vorgesehen werden. Der Tag des Zugangs ist nicht mitzurechnen. Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt für die Teilnahme an der Versammlung oder für die Aus- übung des Stimmrechts als Aktionär nur, wer den Nachweis erbracht hat. auf den Geschäftsschluss des 22. Tages beziehen. Aus diesem Grund empfiehlt sich auch für diese Inhaberaktiengesell- schaften die Änderung der Satzung auf der nächsten Hauptversammlung, um Miss- verständnisse und Irritationen zu vermei- den. Fazit In der Einberufung der Hauptversamm- lung 2024 sollte in jedem Fall die Anglei- chung der Satzung an das geltende Recht in Sachen Nachweisstichtag stehen, so- fern sich die Satzung nicht ausschließlich auf die geltende gesetzliche Regelung bezieht. Für nicht-börsennotierte Unter- nehmen bedeutet dies, dass sie auf jeden Fall auch einen protokollierenden Notar benötigen. Ob eine Ermächtigung des Auf- sichtsrats, redaktionelle Änderungen der Satzung ohne Hauptversammlungsbe- schluss vorzunehmen, auch in diesem Fall angewendet werden kann, ist umstrit- ten. Hier empfiehlt sich die Rücksprache mit dem Rechtsbeistand. Anzeige BankM AG · Baseler Straße 10 · 60329 Frankfurt Kontakt: Dirk Blumhoﬀ Tel. 069 7191838-0 · info@bankm.de · bankm.de Das Hausbankprinzip für den Kapitalmarkt.

16 S I X A R P Gelungene Interaktion im digitalen Raum Ein Plädoyer für die virtuelle Hauptversammlung ADRIAN SCHWARZ Projektmanager, ADEUS Aktienregister-Service-GmbH adrian.schwarz@adeus.com Im Zentrum der neuen virtuellen Hauptversammlung steht die Generaldebatte mit der gelungenen Durchführung der Zuschaltung der Aktionäre per Videokommunikation. Die Ausübung der elementaren Aktionärsrechte – hier insbesondere das Rederecht – ist virtuell vollumfänglich möglich. Vor dem Hintergrund, dass die Generaldebatte vom lebendigen Austausch zwischen Gesellschaft und ihren Aktionären lebt, sind technische und prozessuale Faktoren für den Erfolg entscheidend. Das neue virtuelle Format ist nach einer ersten erfolgreichen Hauptversamm- lungssaison gekommen, um – hoffentlich – zu bleiben! am Gast sprichwörtlich großgeschrieben – weil Menschen gerne mit Menschen reden! Der zugeschaltete Aktionär wird im virtuellen Warteraum durch einen spezia- lisierten Mitarbeiter begrüßt, um die Ton- und Bildqualität des Redners live zu über- prüfen. Dieser personalgestützte, techni- sche Support ist nicht nur Mittel zum Zweck im Bedarfsfall, sondern stimmt zudem die Redner von Angesicht zu Ange- sicht auf den eigentlichen Auftritt ein. Mit der Worterteilung durch den Versamm- lungsleiter wird der Aktionär auf die „virtu- elle Bühne“ gehoben. Versammlungsleiter und Aktionär sind im direkten Austausch. Der Redebeitrag findet seinen Platz in der Generaldebatte. 3. Prozesssicherheit Wie in der Präsenzhauptversammlung hat der Versammlungsleiter auch in der virtu- ellen Hauptversammlung die Aufgabe, die Generaldebatte aktiv zu leiten, um die Wortmeldungen der Aktionäre möglichst sinnvoll in den Gesamtablauf der Haupt- versammlung zu integrieren. Natürlicher- 1. Benutzerfreundlichkeit Bei der integrierten Lösung finden sich alle Elemente der virtuellen Hauptversamm- lung übersichtlich direkt im Online-Service für Aktionäre wieder. Die Wortmeldung ist analog zu den übrigen Funktionen gut im Benutzermenü sichtbar. Ein technischer Vorabcheck der vom Aktionär eingesetzten Kamera- und Audiokomponenten gibt den Rednerinnen und Rednern die Sicherheit, die richtige Technik in der richtigen Umge- bung zu verwenden. Für den Redebeitrag per Videokommunikation wechselt der Aktio- HV MAGAZIN 01/2024 när vom Videostream (Rolle: Zuschauer) in den Videokonferenzmodus (Rolle: Redner). Der Wechsel wird vom Aktionär ohne weitere Zwischenschritte durchlaufen, also ohne Aufruf eines Links aus einer E-Mail, ohne Wechsel zu einem anderen Fenster oder anderen Tab. Damit ist die Bedienung leicht und es werden Fehler durch den Aktionär vermieden. 2. Personalgestützter Support Für die Livezuschaltung wird ein digitales Studio eingesetzt. Dabei wird der Service Moderne Kameratechnik ist essenziell für virtuelle HVs . . m o c e b o d a k c o t s – N R O P A Y A H C © : o t o F

HV-Management ganz persönlich. Wir organisieren seit über 20 Jahren Haupt- und Gesellschafter versammlungen. In Präsenz, virtuell und hybrid. Von A bis Z. Sprechen Sie mich und mein Team an: +49 (0) 2202 23569 0 hauptversammlung@aaa-hv.de www.aaa-hv.de AAA HV Management GmbH Elke Strothmann, Geschäftsführerin Am Stadion 18-24 51465 Bergisch Gladbach

18 S I X A R P S U E D A © : o t o F Screenshot des ADEUS Online-Service weise geht der Versammlungsleiter in Inter- aktion mit seinem Gegenüber: zur Begrüßung, zur Verabschiedung, auch in eventuellen Fällen eines notwendigen Einschreitens durch den Versammlungsleiter, falls „die Spielregeln“ durch den Redner in der Gene- raldebatte missachtet werden. Der Ver- sammlungsleiter wird in diesem Prozess durch den sogenannten virtuellen Wortmelde- tisch unterstützt, der die Wort meldungen sinnvoll sortiert und zu Rednerblöcken zu- sammenfassen kann. Dafür hat sich eine digitale Echtzeitliste der nächsten Redner für den Versammlungsleiter bewährt – inkl. Informationen zu Namen, Organisation, Onboarding-Status und weiteren Notizen, z.B., ob der Redebeitrag auf Deutsch oder Englisch gehalten wird. Die Möglichkeit für das Backoffice, live mit dem Redner zu sprechen, rundet den Prozess ab. 4. Wertschätzung Die Attraktivität der virtuellen Hauptver- sammlung – für die Zuschauer und die Redner – hängt entscheidend davon ab, wie gut der Ablauf der Hauptversammlung auf der visuellen Ebene transportiert wird. Hier haben sich Gesellschaften hervorge- tan, die kameratechnisch und über das Bühnenbild den Aktionär „ins richtige Licht“ gerückt haben. Auch wird mit der Livezuschaltung der Aspekt der Interakti- on zwischen Redner und Bühnenmitglie- dern immer wichtiger, z.B., indem Redner und Versammlungsleiter gleichzeitig für die Zuschauenden sichtbar werden und miteinander sprechen. Vereinfacht gesagt: Aus Monologen werden Dialoge. Die einge- setzte Technik funktioniert zuverlässig. Zudem gilt es, die audiovisuellen Möglich- HV MAGAZIN 01/2024 keiten der Videokommunikation voll umfäng- lich zu nutzen. Als ein Element kann hier etwa der sogenannte Splitscreen ange- führt werden – die gleichzeitige Ansicht von Bühne und Redner beim Redebeitrag. Weitere Möglichkeiten sind beispielsweise LED-Leinwände im HV-Domizil mit ent- sprechenden Kameraaufbauten sowie Ein- blendungen von Rednern, um insgesamt einfach schöne Bilder zu produzieren. Zukünftige Interaktionsmöglichkeiten wie Feedback-Elemente oder weitere Zuschauer- informationen sind Gegenstand aktueller Diskussion. 5. Frage-und-Antwort-Prozess Die andere Seite der Medaille ist der Ant- wortprozess. Eine gelungene Hauptver- sammlung lebt – gerade durch die enga- gierte Teilnahme der Fragensteller – von präzisen, wertschätzenden Antworten. Im Dialog von Gesellschaft und Aktionär steht der wahrheitsgemäße Austausch naturge- mäß im Mittelpunkt. Der Ton macht hier je- doch die Musik, virtuelle Hauptversamm- lungen mit gut formulierten Antworten sind daher die Gewinner der vergangenen Saison. Die Ausübung der elementaren Aktionärsrechte – hier insbesondere des Rederechts – ist virtuell vollumfänglich möglich. Die Interaktion mit der Aktionärs- seite wird zukünftig sicherlich noch stär- ker eingefordert und hoffentlich insge- samt weiter ausgebaut. Fazit Die erste HV-Saison mit den neuen virtuellen Veranstaltungen hat gezeigt, dass die oben genannten Faktoren virtuell erfolg- reiche Hauptversammlungen ermöglichen, bei denen die Aktionäre alle Rechte voll- ständig ausüben konnten. Dabei wurde auch ein hohes Maß an Interaktion zwischen Aktionären und Gesellschaften ermöglicht, die der Kommunikation in der Präsenzhauptversammlung nicht wirklich nachsteht.

Optimale Optimale Optimale Verbindung Verbindung Verbindung Verbindung Verbindung Link Market Services und Link Market Services und Better Orange bündeln ihre Kräfte. Better Orange bündeln ihre Kräfte. Better Orange bündeln ihre Kräfte. Durch den Zusammenschluss Durch den Zusammenschluss entsteht ein neues Powerhouse entsteht ein neues Powerhouse auf dem deutschen Markt. auf dem deutschen Markt. w w w . l i n k m a r k e t s e r v i c e s . d e w w w . l i n k m a r k e t s e r v i c e s . d e

20 S I X A R P Interview mit Caroline von der Marwitz, Geschäftsführerin, mbw Medienberatung der Wirtschaft „Wenn Zahlen aus dem Boden schießen“ CAROLINE VON DER MARWITZ Geschäftsführerin, mbw Medienberatung der Wirtschaft GmbH caroline.marwitz@mbw-team.de Die Zukunft ist grün. Das gilt auch für das Haus der Bayeri- schen Wirtschaft in München, wo jährlich mehr als zwei Dutzend HVs stattﬁnden. Im neuen, 60 Quadratmeter großen Greenscreen-Studio, das von der Veranstaltungsagentur Medienberatung der Wirtschaft (mbw) betrieben wird, können sich Unternehmen innovativ in Szene setzen. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern es bietet auch die Chance, sich mittels Bewegtbildkommunikation von Mitbewerbern abzuheben. HV Magazin: Frau von der Marwitz, wie kam es zu der Idee für ein Greenscreen-Studio? Von der Marwitz: In wirtschaftlich schwieri- gen Zeiten wie diesen ist es für Unternehmen bedeutsamer denn je, mit Mut und Weitsicht zu agieren und die Alleinstellungsmerkmale zu betonen. Das will die mbw ihren Kunden mit dem neuen Greenscreen-Studio ermög- lichen und geht hier durch die Investition in moderne und zukunftsfähige Technik voran. Wir wagen den Aufbruch zu neuen, spannen- den Produktionsmöglichkeiten – und das ganz individuell, fernab vom Mainstream. Als die Idee vor gut einem Jahr aufkam, war das gesamte Team sofort Feuer und Flamme. Jetzt sind wir stolz, jeden Tag aufs Neue in unserem nagelneuen Studio audiovisuelle Visionen wahr werden lassen zu können. Aber im Haus der Bayerischen Wirtschaft gibt es doch bereits ein TV-Studio? Die mbw verfügt zwar bereits seit mehr als 20 Jahren über ein bestens ausgestattetes TV-Studio. Der Greenscreen-Raum war bisher jedoch lediglich rudimentär mit einem grü- nen Stoffhorizont ausgestattet – da geht viel mehr, und jetzt ist der richtige Moment, das anzupacken, so war man sich einig. Bei der Planung und Entwicklung des neuen Studios holte die mbw führende Experten für TV- Produktionen vor Greenscreen ins Boot. Durch diesen Austausch entstand das wohl modernste und innovativste Greenscreen- Studio im Herzen Münchens. Was zeichnet das Studio in technischer Hinsicht aus? HV MAGAZIN 01/2024 Technisch ist es State of the Art. Unter Fach- leuten und Techniknerds bleibt angesichts der Studioausstattung kein Auge trocken: Mit einer maßgefertigten und stabilen Hohl- kehle können Personen vom Scheitel bis zur Sohle in virtuelle Umgebungen einge- setzt werden. Neu ist auch das festinstal- lierte Lichtsystem, das die für Greenscreen- Produktionen unerlässliche gleichmäßige Ausleuchtung garantiert. So muss das Licht nicht vor jeder Produktion gänzlich neu ge- setzt werden. Das spart viel Zeit und dem Kunden somit bares Geld. Und wie erschaffen Sie die Hintergründe? Das Herzstück des Greenscreen-Studios steht nebenan in der Regie. Mehrere Hoch- leistungsrechner und die sogenannte Unreal Engine, eine der stärksten Grafiksoftwares zur Erzeugung von 3D-Umgebungen in Echtzeit, katapultieren die Nutzer im Null- kommanichts in andere Welten. Alaska oder All, Windpark oder Wüste, je nach Wunsch ist mit einem Mausklick das passende virtuelle Setting da – und das in einer Quali- tät, die einen kurz zweifeln lässt, ob man wirklich noch mit beiden Beinen fest auf dem Studioboden steht. Für welche Einsatzmöglichkeiten ist das Studio gedacht? Die Spanne ist riesig. Das Angebot er- streckt sich von Produkteinführungen über Recruitingclips bis hin zu Videostate- ments, die erfrischend anders sind. Zuspieler für Veranstaltungen, Vorträge, Webinare, Talkrunden, Fotoshootings, Me- dien- und Kommunikationstrainings – all das und mehr ist möglich und bekommt durch die individuell abgestimmte virtuelle Location das gewisse Etwas.

Unternehmen aller Branchen finden im Greenscreen-Studio der mbw das optimale Setting, um ihre Produkte und Dienstleis- tungen nicht nur zu präsentieren, sondern deren individuelle Geschichte in „ihrer“ Welt zu erzählen. Lebendiger geht es nicht. Das funktioniert nicht nur für Produkte, die oh- nehin „sexy“ sind, sondern auch für kom- plexe technische Entwicklungen. So kann eine neue Sneaker-Kollektion in nur weni- gen Stunden Produktionszeit zugleich am Broadway und auf den Bahamas inszeniert werden. Aber im Greenscreen-Studio könnte beispielsweise auch ein komplizierter Pro- duktionsprozess erklärt werden, Innen- leben der Maschinen inklusive. Dazu wird einfach per Mausklick die entsprechende 3D-Umgebung generiert. Wie sieht es mit der Präsentation von Geschäftszahlen aus? Zahlen sind langweilig? Nicht, wenn sie aus dem Boden schießen, hereinfliegen oder man ihnen in Diagrammform beim Wachsen zuschauen kann. Eine Zusam- menfassung des Geschäftsberichts als Videoclip mit eingängigen Animationen bleibt bei Stakeholdern und Belegschaft garantiert mehr im Kopf als schnöde Tabellen auf Papier. So überzeugen moderne Unternehmen nicht nur durch ihre Ergeb- nisse, sondern auch, indem sie diese zeit- gemäß, optisch ansprechend und damit eingängig präsentieren. w b m © : o t o F 21 P R A X I S w b m © : o t o F Sie werben für das neue Studio auch mit dem Aspekt Nachhaltigkeit – was meinen Sie damit? Im Greenscreen-Studio können alle erdenk- lichen Umgebungen erschaffen werden – und zwar witterungs- und jahreszeitenun- abhängig. So entfallen nicht nur hohe Aus- gaben für extravagante Locations, son- dern auch Reisezeit und -kosten für alle Produktionsbeteiligten. Das ist gut für den Geldbeutel und fürs Klima; obendrein schafft es mehr Flexibilität. Und wer jetzt denkt, dass die eingesparten Reisekosten direkt in die Greenscreen-Aufnahmen flie- ßen, den können wir beruhigen: Da viele Prozesse automatisiert ablaufen, brauchen wir weniger Personal vor Ort als in einem normalen Studio. Das verschlankt die Pro- duktion in jeder Beziehung. Nach so viel Positivem – wo sind die Grenzen der grünen Machbarkeit? Generell gilt bei der mbw: „Geht nicht gibt’s nicht.“ Das professionelle Team ist darauf vorbereitet, den Kunden höchstmögliche Flexibilität zu bieten. Die Produktionen vor Greenscreen können aufgezeichnet oder dank der langjährigen Streamingexpertise der mbw live gestreamt werden. Der Aus- tausch zwischen Studioteam, Regie und Kundschaft ist permanent möglich, bis hin zu kurzfristigen Abstimmungen während laufender Produktion. Zum Angebot gehört auch eine umfassende Beratung vom ers- ten Briefing über die Konzeption bis hin zur Nachbereitung. Das umfasst bei Be- darf auch Trainings und Schulungen mit erfahrenen Medienprofis, denn das siche- re Auftreten im Greenscreen-Setting ist doch etwas anderes, als in einem „norma- len“ Studio vor der Kamera zu agieren. Hin- zu kommt das Gesamtportfolio der mbw mit zahlreichen Benefits: die zentrale Lage in München mit Tiefgarage, Catering durch das hauseigene Restaurant Conti, eine große Auswahl an Konferenz- und Meeting räumen sowie das vielseitige Medienangebot der Full-Service-Agentur im Audio- und Video- bereich. Das Greenscreen-Team der mbw testet das eigene Studio Das Interview führte Thorsten Schüller. HV MAGAZIN 01/2024

Kapitalmarkt Netzwerk Börse – Finanzierung – Wachstum Vom Medium zum Brückenbauer: Die crossmediale Kapitalmarkt-Plattform GoingPublic ist das Bindeglied zwischen börsennotierten Unternehmen und ihren Partnern Be part of it! www.goingpublic.de/netzwerk by Kapitalmarkt Plattform GoingPublic Enabling Corporate Finance. Securing Wealth. Connecting People. FCR Immobilien (I)

24 S I X A R P Künstliche Intelligenz als Assistent Die Rolle von KI in Frage-und- Antwort-Systemen für HVs OLIVER SINGER Vorstand, ACS Solution AG oliver.singer@acs-solution.de In den vergangenen Jahren hat die künstliche Intelligenz (KI) beeindruckende Fortschritte gemacht und spielt mittlerweile eine entscheidende Rolle in verschiedenen Anwendungen. Mit Blick auf Hauptversammlungen stellt sich die Frage, welche – vor allem assistierende – Rolle KI in Frage-und-Antwort-(Q&A-)Systemen einnehmen kann. Von Bedeutung ist in der Praxis auch, inwieweit künstliche Intelligenz bereits heute in Q&A-Systeme integriert werden kann und wie dabei die Anforderungen des Datenschutzes erfüllt werden können. In unserem Ansatz verstehen wir KI ledig- lich als Assistenzsystem in Frage-und- Antwort-Systemen für HVs. So können wir jederzeit glaubhaft bestätigen, dass die Antworten nicht von einer KI generiert wor- den sind, sondern es sich um die authen- tischen Rückmeldungen des Unterneh- mens handelt. Welche Rolle kann KI in Q&A-Systemen spielen? Künstliche Intelligenz bezieht sich auf die Fähigkeit von Maschinen oder Computer- systemen, Aufgaben auszuführen, die nor- malerweise menschliche Intelligenz erfor- dern. Dazu gehören Lernprozesse, Problem- lösung, Spracherkennung und -verarbei- tung. In gängigen Q&A-Systemen wird KI bereits häufig eingesetzt, um den Prozess der Informationsgewinnung und -vermitt- lung zu automatisieren. Somit haben wir uns die Frage gestellt, inwieweit sich KI in unserem Frage-und-Antwort-System für Hauptversammlungen integrieren lässt. zise und schnelle Beantwortung der Fragen konzentrieren; die KI unterstützt die Betei- ligten dabei an verschiedenen Stellen. Dabei sehen wir den Einsatz von KI nicht unmittelbar in der Frageerfassung oder -beantwortung – diese Funktion würden wir aus verschiedenen Gründen noch nicht integrieren. Die Erfassung von gesproche- nem Text funktioniert zwar bereits, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Rede deutlich ist und eine reguläre Geschwindigkeit aufweist – etwas, das bei Hauptversammlungen nicht immer gewähr- leistet ist. Zudem erfordert die Extraktion der eigentlichen Fragen aus den gespro- chenen Sätzen ein speziell trainiertes Sprachmodell. Stattdessen verwenden wir KI in einer Assistenzfunktion. Damit können sich die Anwender der Q&A-Systeme auf eine prä- Entlastung der Anwender Durch den Einsatz von KI im Q&A-System wollen wir also an erster Stelle den Benutzer entlasten. Dazu identifizieren wir die möglichen Einsatzpunkte im gesamten Workflow. Zum einen besteht mithilfe der KI die Möglichkeit, Kategori- en zu erstellen und Schlagwörter zu ge- nerieren. Durch die Analyse von Schlüs- selwörtern und Kontext erkennt die Soft- ware spezifische Themen und ordnet die Fragen den relevanten Gebieten zu, was eine effiziente Organisation der Informa- tionsstruktur ermöglicht. Die Verschlag- wortung von Fragen ist entscheidend für präzises Suchen und die Identifikation relevanter Informationen. HV MAGAZIN 01/2024

25 P R A X I S SCHEMATISCHE DARSTELLUNG ACS Q&A-SYSTEM AI Frageobjekt Vorbereitete Fragen Trainingsdaten Titel Schlagwörter Kategorien Persönlicher Einführungssatz Dubletten Relevante vorbe- reitete Fragen Quelle: ACS Solution; Foto: © Who is Danny – stock.adobe.com Zum anderen bietet sich eine Dubletten- prüfung mittels KI an, um konsistente Ant- worten zu gewährleisten oder Wieder- holungen zu vermeiden. Dabei prüft die Software automatisch, ob ähnliche oder identische Fragen bereits existieren. Bei identifizierten Dubletten verweist das Sys- tem auf die bereits vorhandene Antwort, was die Effizienz steigert und eine einheit- liche Informationsbasis schafft. Hier wird ein ähnliches Verfahren wie bei der Identi- fizierung der Sprachregelungen verwen- det, wobei der wachsende Datenpool eine weitere Herausforderung darstellt. KI schreibt Einführungssätze Für eine effiziente Arbeitsweise kann die KI außerdem Einführungssätze erstellen. Da- bei werden nicht nur die Fragen wiederholt und zusammengefasst sowie der Frage- steller persönlich angesprochen – darüber hinaus variiert die Software an dieser Stelle in Wortwahl und Satzaufbau, sodass bei der Beantwortung keine Monotonie aufkommt. Dies schafft eine persönliche und verständ- liche Kommunikation und bringt sowohl in der Erstellung als auch in der Prüfung der Fragen einen großen Zeitvorteil mit sich. Nicht zuletzt kann die Technologie Hinweise auf vorbereitete Antworten im Q&A-Katalog liefern, die relevant für die gestellte Frage sind. Auch dies beschleunigt den Antwort- prozess und stellt sicher, dass die Informa- tionen präzise und konsistent sind. Insbe- sondere kann vorbereiteter Inhalt auch ein- facher von Personen genutzt werden, die diesen nicht selbst erstellt haben, indem die Benutzer auf passende existierende Sprach- regelungen hingewiesen werden. Eigener Server sichert Datenschutzkonformität Um Datenschutzbedenken auszuräumen, betreiben wir das verwendete KI-Sprach- modell auf einem eigenen Server. Dadurch wird sichergestellt, dass keine externen Parteien Zugriff auf die sensiblen Informa- tionen und Daten haben, die im Q&A-Sys- tem verarbeitet werden. Positive Erfahrungen in der Praxis In der Praxis haben wir positive Erfahrun- gen mit der Integration von KI in unser Q&A- System gemacht. So konnten wir das Sys- tem bereits auf einer der größten Hauptver- sammlungen einsetzen, wobei das Feed- back der Beteiligten durchweg positiv aus- fiel. Die Qualität der automatisch generier- ten Einführungssätze ist erstaunlich hoch und kann in den meisten Fällen direkt ver- wendet werden. Die Dublettenprüfung hilft, Redundanzen zu vermeiden und die Effi- zienz zu steigern. Darüber hinaus prüft das System die hinterlegten Sprachregelungen auf Relevanz zu den eingehenden Fragen und stellt dem Q&A-Team eine Auswahl von Antworten zur Verfügung, die zur jeweiligen Frage passen. In der aktuellen Version unseres ACS-Q&A- Systems sind alle oben beschriebenen Funktionen als eigenständige Module ver- fügbar und können in ihrer Gesamtheit oder einzeln genutzt werden. Fazit Die Integration von KI als Assistenten in Q&A-Systemen ermöglicht eine effiziente, präzise und personalisierte Informations- vermittlung. Die genannten Funktionen tragen dazu bei, den Ablauf zu optimieren und gleichzeitig Datenschutzstandards zu wahren. Die kontinuierliche Entwicklung von KI wird zweifellos weitere Innovatio- nen in diesem Bereich mit sich bringen. Teile des Prozesses, die heute noch nicht unterstützt werden können, lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit schon in naher Zukunft integrieren. „Die Integration von KI als Assis- tenten in Q&A- Systemen ermög- licht eine efﬁzi- ente, präzise und personalisierte Informationsver- mittlung.“ HV MAGAZIN 01/2024

26 S I X A R P Unmutsäußerung, Alternativvorschlag oder Anpassungsinstrument Gegenanträge der Aktionäre – ein Überblick DR. THORSTEN KUTHE Rechtsanwalt, Heuking Kühn Lüer Wojtek t.kuthe@heuking.de MIRIAM SCHÄFER Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek m.schaefer@heuking.de Mit Gegenanträgen können Aktionäre versuchen, Beschlussvorschläge der Verwaltung abzuändern oder zu verhindern. Aber was macht eigentlich einen Gegenantrag aus? Wie läuft das Verfahren in der Praxis? Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte eines Gegenantrags sowie die Unterschiede der Handhabung in der Präsenz- und der virtuellen HV überblicksartig dargestellt. Ein Gegenantrag: Was versteht man darunter? Wer darf einen Gegenantrag stellen? In Abgrenzung zu bloßen Unmutsäußerun- gen, die sich darin erschöpfen, einen Ver- waltungsvorschlag abzulehnen, handelt es sich bei dem Gegenantrag um einen An- trag, der vom Beschlussvorschlag in der Einberufung zur HV abweicht. Erst nach Einberufung der HV ist es mög- lich, einen Gegenantrag in deutscher Spra- che in Textform zu stellen; eine eigenhän- dige Unterschrift ist nicht erforderlich. Er muss in jedem Fall konkret formuliert sein und sich eindeutig auf einen bestimmten Tagesordnungspunkt beziehen. Bei Zwei- feln an der Legitimation des Aktionärs darf die Gesellschaft – insbesondere im Fall der Übermittlung per E-Mail – zunächst ei- nen Nachweis verlangen. Eine Begrün- dung des angekündigten Gegenantrags ist nicht notwendig, aber möglich. Unabhängig von der Höhe seiner Beteili- gung kann jeder zur HV teilnahmeberech- tigte Aktionär einen Gegenantrag stellen. Auf die Stimmberechtigung kommt es nicht an, ein Stimmrechtsausschluss zum betreffenden Tagesordnungspunkt ist un- schädlich. Auch Inhaber stimmrechtsloser Vorzugsaktien können einen Gegenantrag stellen. Jedoch schließt der Rechtsverlust nach § 20 Abs. 7 AktG oder § 44 WpHG die Antragsberechtigung aus. Mithin können Aktionäre, die ihre (Stimmrechts-)Melde- pflichten aus § 20 AktG bzw. nach WpHG nicht erfüllen, keine Rechte aus ihren Akti- en ausüben und auch keinen Gegenantrag stellen. Aber auch Vorstand und Aufsichtsrat kön- nen unter Umständen einen von dem ver- öffentlichten Vorschlag abweichenden Be- schlussvorschlag zur Abstimmung stel- len. Das kommt dann in Betracht, wenn sich seit der Veröffentlichung der Einberu- fung eine geänderte Sachlage ergeben hat. So könnte beispielsweise ein Auf- sichtsratskandidat aus persönlichen Grün- den unerwartet nicht mehr zur Verfügung stehen – dann darf der Aufsichtsrat einen alternativen Kandidaten vorschlagen. Sprach- lich empfiehlt es sich dann, nicht von einem Gegenantrag, sondern von einem geänderten Beschlussvorschlag zu reden. Was bewirkt ein Gegenantrag? In erster Linie führt ein gestellter Gegen- antrag dazu, dass sich die HV mit einem al- ternativen Beschlussvorschlag von Aktio- närsseite auseinandersetzen muss. Da- durch können Aktionäre aktiver auf die Ge- staltung der Beschlüsse der HV Einfluss nehmen. In welcher Reihenfolge über den Gegenantrag des Aktionärs und den Be- HV MAGAZIN 01/2024

27 P R A X I S schlussvorschlag der Verwaltung abge- stimmt wird, bestimmt der Versamm- lungsleiter. Veröffentlichung eines angekündigten Ge- genantrags zur Vermeidung eines Anfech- tungsrisikos. Bekanntmachung und Ausnahmen Präsenzhauptversammlung vs. virtuelle HV Ein Gegenantrag kann in der HV selbst, aber auch zeitlich vor der HV gestellt wer- den. Letzteres wird genutzt, um für den Gegenantrag vor der HV zu werben. Dann ist dieser mindestens 14 Tage vor der Ver- anstaltung an die von der Gesellschaft in der Einberufung mitgeteilte Adresse zu übermitteln. Diese Frist endet unabhängig davon, ob es sich bei dem Tag des Fristen- des um einen Samstag, Sonn- oder Feier- tag handelt. Sodann ist die Gesellschaft verpflichtet, diesen Gegenantrag der HV unverzüglich anzukündigen und zugäng- lich zu machen; bei Publikumsgesellschaf- ten geschieht dies in der Regel auf der Homepage. Liegt offensichtlich ein Grund aus dem abschließenden Katalog des § 126 Abs. 2 AktG vor, kann jedoch von der Veröffentlichung eines Gegenantrags per Vorstandsbeschluss abgesehen werden. Dazu zählt beispielsweise, dass der Ge- genantrag zu einem gesetzes- oder sat- zungswidrigen Beschluss der HV führen würde. Im Zweifel empfiehlt sich eher die Damit ein Gegenantrag in einer Präsenz- HV behandelt wird, muss dieser in der Ver- sammlung zwingend mündlich gestellt werden, unabhängig davon, ob dieser vor- her gestellt wurde oder nicht. Wird der Ge- genantrag in der HV erst spontan gestellt, könnten Stimmrechtsvertreter oder ggf. auch Bevollmächtigte nicht oder nur ein- geschränkt an der Beschlussfassung mit- wirken, da eine erforderliche Weisung zur Abstimmung im Vorfeld – mangels Ankün- digung eines solchen Antrags – nicht erfol- gen konnte. Ebenso sind diejenigen Aktio- näre, die ihr Stimmrecht – z.B. im Wege der Briefwahl – bereits vorab ausgeübt ha- ben, von der Abstimmung über spontane Gegenanträge ausgeschlossen. Ungeklärt ist, wann dies für modifizierte Beschluss- vorschläge der Verwaltung gilt. Werden Anträge mit kleinen redaktionellen Korrek- turen zur Abstimmung gestellt, so sind die entsprechenden Weisungen auch hierauf zu erstrecken. Bei inhaltlichen Abweichun- gen gilt das nicht. „Damit ein Gegenantrag in einer Präsenz-HV behandelt wird, muss dieser in der Versammlung zwin- gend mündlich gestellt werden, unabhängig davon, ob dieser vorher gestellt wurde oder nicht.“ Anders ist der Einstieg bei der virtuellen Hauptversammlung: Hier gilt ausnahms- weise der Gegenantrag bereits mit dem Zeitpunkt der Zugänglichmachung des Gegenantrags als gestellt. Das bedeutet, dass ab dem Zeitpunkt der Veröffent- lichung des Gegenantrags die Abstim- mung über diesen Antrag auf dem Wege der elektronischen Briefwahl möglich sein muss, in der Regel also via Aktionärspor- tal. Eine wiederholte Antragstellung eines angekündigten Gegenantrags ist in der virtuellen HV nicht möglich. Spontane Gegenanträge sind mittlerweile – im Gegensatz zu den ersten virtuellen HVs während der Coronapandemie – auch in der rein digitalen HV grundsätzlich mög- lich, da Aktiengesellschaften bei Wahl des virtuellen Formats verpflichtet sind, zuge- schalteten Aktionären das Recht einzu- räumen, Anträge und Wahlvorschläge per Videokommunikation in der Versammlung zu stellen. Hier stellen sich dann die glei- chen Themen bei Bevollmächtigen wie bei der Präsenz-HV. Fazit Sowohl in der Präsenz-HV als auch in der virtuellen HV stellt der Gegenantrag den einzigen effektiven Weg dar, um als Aktio- när einen Beschlussvorschlag abzuän- dern bzw. zu verhindern. Um für den Aktio- närsantrag „werben“ zu können, sollte zwingend die 14-Tage-Frist zur Ankündi- gung des Gegenantrags beachtet werden, damit sowohl in der Präsenz- als auch in der virtuellen HV eine Stimmabgabe zu diesem Antrag möglich ist. Allein in der Präsenz-HV muss der vorher gestellte Antrag noch einmal mündlich gestellt werden. Wichtig sind am Ende die Mehr- heitsverhältnisse. Der Versammlungslei- ter lässt in der Regel zunächst über den Antrag der Verwaltung abstimmen, weil dieser meist die Stimmenmehrheit erhal- ten wird. Dann haben sich Gegenanträge in Bezug auf den entsprechenden Be- schlussvorschlag erledigt. HV MAGAZIN 01/2024

Foto: © jokatoons –stock.adobe.com R E N R O C A I R T S U A 28 sponsored by RHI-Magnesita-Chairman Herbert Cordt über virtuelle und hybride HVs „Wir haben nur zunehmendes Aktionärsengagement erlebt“ a t i s e n g a M : o t o F I H R © HERBERT CORDT Chairman of the Board, RHI Magnesita N.V Geschäftsführender Gesellschafter, Cordt & Partner GmbH cordt@cordt.at Er ist der wohl einzige Vorsitzende eines (auch) in Öster- reich börsengelisteten Industriekonzerns, der drei verschie- dene Hauptversammlungsformate in zwei Sprachen geleitet hat: Herbert Cordt, Chairman of the Board des Feuerfestkon- zerns RHI Magnesita N.V., berichtet im Interview mit dem HV Magazin über seine Erfahrungen mit Präsenz-HVs sowie virtuellen und hybriden Aktionärsveranstaltungen. Wir stellten fest, dass HVs in virtueller Form dazu beitragen, Kosten zu reduzie- ren und den Einfluss unserer Gesellschaft auf die Umwelt zu verbessern, da wir Rei- sen für das Board und das Management wie auch für die Aktionäre im Vergleich zur physischen Anwesenheit in Amsterdam deutlich zurückfahren konnten. Da unser Board aus Mitgliedern besteht, die aus ganz Europa sowie aus Südafrika stam- men, kamen in der Vergangenheit be- trächtliche Geldsummen für Reisen, Unter- bringung und HV-Saalkosten zusammen. Wir meinten, dass das nicht die beste Ver- wendung von Aktionärsgeld ist und dieses sinnvoller eingesetzt werden kann. Im Übrigen legen wir als globaler Konzern seit Langem einen Fokus auf unsere Nachhal- tigkeits- und ESG-Aktivitäten. Wie gestalteten Sie die Umstellung auf die virtuelle HV für Ihre Aktionäre? Wir haben unseren Aktionäre bei ihrer On- lineteilnahme mit einem einfach zu bedie- nenden digitalen Meetingtool unterstützt, das von unserem Registrar zur Verfügung gestellt wurde, begleitet von einem Online- guide. Als Ergebnis sahen wir kontinuier- lich hohe Teilnehmerzahlen und ein ent- sprechendes Engagement bei den Abstim- mungen. Zu den virtuellen HVs wurden zu- dem im Vorfeld viele Aktionärsfragen ein- gereicht, und unser Investor-Relations- Team war viel stärker gefordert als in den Präsenz-HVs davor. Pandemie erlaubten die dortigen Behör- den schnell die Durchführung von virtuel- len Aktionärsversammlungen aus Grün- den der gesundheitlichen Sicherheit. So hielten wir unsere Annual General Meetings von 2020 bis 2022 vollständig in virtueller Form und ohne Probleme ab. Die Teilnah- me unserer Aktionäre blieb in dieser Zeit unverändert hoch bzw. stieg sogar an (siehe Tabelle). Wie sind Ihre Erfahrungen mit virtuellen HVs? Als Aufsichtsratsvorsitzender der vorma- ligen RHI AG leitete Herbert Cordt von 2010 bis 2017 die Publikums-Präsenz-Haupt- versammlungen in Wien nach österreichi- schem Recht. In der Folge steuerte er als Chairman der fusionierten RHI Magnesita die Präsenz-HVs 2018 und 2019 in Schiphol/ Amsterdam in den Niederlanden nach niederländischem Recht, ehe er 2020 bis 2022 die virtuellen HVs und 2023 die Hybrid-HV des Unternehmens leitete. HV Magazin: Herr Cordt, Wie sieht Ihr Rückblick auf die virtuelle HV-Zeit aus? Cordt: Als Aktiengesellschaft nach nieder- ländischem Recht waren wir verpflichtet, unsere Hauptversammlungen in Amster- dam abzuhalten. Zu Beginn der COVID- HV MAGAZIN 01/2024 HV-ABSTIMMUNGSPRÄSENZEN BEI RHI MAGNESITA Abstimmungsquote in % 2018 physisch 60,85% 2019 physisch 77,15% 2020 virtuell 76,37% 2021 virtuell 81,53% 2022 virtuell 76,73% 2023 hybrid 77,13%

U S T R I A C O R N E R 29 A RHI MAGNESITA N.V. (ISIN: NL0012650360) Die RHI Magnesita N.V. (Market Cap: 1,89 Mrd. EUR) ging aus der transatlan- tischen Fusion der österreichischen RHI AG und der brasilianischen Magnesita hervor. Der Konzern verfügt derzeit welt- weit über 47 Standorte und sieht sich als Marktführer im Feuerfestsektor. In den Jahren 2022 und 2023 hat RHI Mag- nesita neun Unternehmen dazu gekauft – unter anderen in China, Deutschland, Indien und der Türkei. In Deutschland betreibt RHI Magnesita sieben Werke mit 1.730 Mitarbeitern. 2023 wurde mit der Horn & Co. Group ein Joint Venture (MIRECO) für das Recyclinggeschäft gegründet. Dieses holt unter anderem in Deutschland restliches Feuerfestmate- rial von Kunden zurück, recyclet es und bringt es wieder in den Produktionskreislauf. Die RHI Magnesita AG ist sowohl an der London Stock Exchange (LSE) im Main Market, Premium Sector, als auch an der Wiener Börse im Amtlichen Handel (Marktsegment: prime market) gelistet. Quelle: stock3 2023 veranstalteten Sie eine hybride HV. Wie lief diese ab? hybride HV anbieten, welche von Amster- dam aus geleitet wird. Die Hauptversammlung wurde, wie in unserer Satzung vorgeschrieben, aus Amsterdam geleitet. Die Vorstandsmit- glieder und unsere Aktionäre waren an ihren jeweiligen Standorten und im virtu- ellen Sitzungssaal miteinander verbun- den. Wir baten unsere Shareholder, wie schon in den Jahren davor, uns ihre Fragen bis 72 Stunden vor Beginn der Hauptversammlung zuzusenden. Sie haben aber rechtlich auch die Möglich- keit, während der laufenden Veranstal- tung Fragen zu stellen. Werden Sie auch künftig hybride HVs abhalten? Wir haben bei der Hauptversammlung 2023 eine Änderung der Unternehmens- satzung vorgeschlagen, um eine Geset- zesänderung der niederländischen Regie- rung nutzen zu können, die virtuelle HVs erlaubt. Bisher ist diese Gesetzesände- rung nicht in Kraft. So lange werden wir die Was sagen Sie zur Kritik, dass virtuelle HVs Aktionären den Zugang zu „ihrem“ Unternehmen bzw. die Kommunikation einschränken? Ich kann verstehen, wenn Proxy-Voting- Agenturen argwöhnen, dass das Aktio- närsengagement als Resultat von virtuel- len HVs abnehmen könnte. Wir als RHI Magnesita haben allerdings nur zuneh- mendes Aktionärsengagement bei unse- ren virtuellen und hybriden HVs erlebt. Im Übrigen bietet unser Investor-Relations- Team den Aktionären ganzjährig die Mög- lichkeit, sich mit dem Board und dem Management auszutauschen. Das gilt für unsere regelmäßigen Investorentage und Investorenmeetings mit Board-Mitglie- dern sowie unsere jährlichen ESG-Roads- hows mit dem Vorstand. Wir reagieren darauf, wie unsere Aktionäre heutzutage agieren. Wir kommunizieren digital, um im täglichen Geschäftsleben erfolgreich zu sein. Das gilt auch für die Gestaltung unserer Aktionärsversammlungen. Bei der Hauptversammlung 2023 erhielten wir 88% Zustimmung für die Satzungsän- derung zur Ermöglichung virtueller HVs. Das sehen wir als klares Zeichen, dass die Aktionäre unseren Weg mitgehen und unterstützen. Wie lautet Ihr Fazit zu den virtuellen Hauptversammlungsjahren? Die Technik ist viel besser geworden, das Equipment der Anbieter hat sich deutlich verbessert. Und wir sind routinierter ge- worden. Außerdem haben wir eine inten- sive Investor-Relations-Tätigkeit betrie- ben, sodass viele Aktionärsfragen schon vor den Hauptversammlungen eingeholt werden konnten. Auch die Abstimmungen verliefen anstandslos. Da Proxy Advisors im Vorfeld Voting-Empfehlungen abgeben, sind wir laufend im offenen Dialog. Das versachlicht das Hauptversammlungsge- schehen. Virtuelle HVs sind in unserem Fall nicht „weniger zugänglich“. Das Interview führte Manfred Kainz. HV MAGAZIN 01/2024

30 L A G E L § Vorratsermächtigung zum Bezugsrechts- ausschluss beim genehmigten Kapital BGH, Urteil vom 23.05.2023 – II ZR 141/21 – Zapf Creation AG Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist die klassische Form Eigenkapital- der finanzierung von Aktiengesellschaf- ten. Dabei geht das Aktiengesetz vom Grundfall der von der Hauptversamm- lung beschlossenen Kapitalerhöhung aus. Die Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital hingegen wird als Sonderfall behandelt. DR. THOMAS ZWISSLER In der Praxis verhält es sich genau umge- kehrt. Die Kapitalerhöhung aus genehmig- tem Kapital ist die am häufigsten anzu- treffende Form der Kapitalerhöhung. Die Gründe für die Beliebtheit der Kapital- erhöhung aus genehmigtem Kapital liegen auf der Hand: Ist das genehmigte Kapital wirksam beschlossen und eingetragen, kann der eigentliche Kapitalerhöhungsvor- gang weitgehend „ungestört“ und rechts- sicher abgewickelt werden. Gleichzeitig stellen die gesetzlichen Anforderungen an die Beschlussfassung der Hauptversamm- ung über die Schaffung eines genehmig- ten Kapitals keine besondere Hürde (mehr) dar. Dies gilt selbst dann, wenn mit dem genehmigten Kapital die Ermächti- gung zum Bezugsrechtsausschluss ein- hergeht. Die Rechtsprechung hat die formellen und inhaltlichen Anforderungen an den Be- schluss der Hauptversammlung über die Schaffung eines genehmigten Kapitals mit der Ermächtigung des Vorstands zum HV MAGAZIN 01/2024 Bezugsrechtsausschluss über die letzten Jahre und Jahrzehnte hinweg abgebaut. Heute ist der Schwerpunkt des Minderhei- tenschutzes nicht mehr bei der Kontrolle des Hauptversammlungsbeschlusses über die Ermächtigung zum Bezugsrechtsaus- schluss, sondern bei der rechtlichen Prü- fung der konkreten Ausübungsentschei- dung des Vorstands angesiedelt. Entscheidung der Vorinstanz (Oberlandesgericht Nürnberg) Im August 2021 hatte das OLG Nürnberg als Vorinstanz über Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen einen Hauptver- samm lungsbeschluss über die Schaffung eines genehmigten Kapitals mit soge- nannter Vorratsermächtigung entschie- den. Bei dieser Form der Ermächtigung ist der Bezugsrechtsausschluss nicht an be- sondere Bedingungen geknüpft und auch nicht auf besondere Fallgestaltungen be- schränkt. Die möglichen Gründe für den Bezugsrechtsausschluss waren im Haupt- versammlungsbeschluss nicht genannt und im Bericht des Vorstands nur abstrakt und exemplarisch dargestellt. Dies alles ließ das OLG Nürnberg unbeanstandet (siehe hierzu die Entscheidungsbespre- chung in HV Magazin 3/2021, S. 30). Die gegen das Urteil des OLG Nürnberg gerichtete Revision gab dem Bundes- gerichtshof nunmehr Gelegenheit zu einer weiteren Stellungnahme. Die Entscheidung des BGH Der Bundesgerichtshof bestätigte die beiden Kernaussagen aus der Entschei- dung des OLG Nürnberg. Erstens müssen bei der Ermächtigung zum Bezugsrechts- ausschluss die zugelassenen Zwecke des Bezugsrechtsausschlusses nicht im Haupt- versammlungsbeschluss selbst erwähnt sein. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Vorstandsbericht nach § 203 i.V.m. § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG hierzu Ausfüh- rungen macht. Zweitens ist es zulässig, die Zwecke im Vorstandsbericht nicht ab- schließend, sondern nur beispielhaft zu benennen. Bedeutung des Vorstandsberichts Beachtenswert sind zwei Aussagen zur Bedeutung des Vorstandsberichts, die der Bundesgerichtshof in seine Entscheidung aufgenommen hat. Auslegung von Beschlüssen der Hauptversammlung Zum einen führt der Bundesgerichtshof aus, der Vorstandsbericht könne und müs- se in die Auslegung des Hauptversamm- lungsbeschlusses einbezogen werden. Dies sei möglich, weil der Bericht den Aktio nären bei Einberufung der Hauptver- sammlung bekannt gemacht und mit der Niederschrift über die Hauptversammlung zum Handelsregister eingereicht werden müsse. Letzteres war in der Literatur bislang umstritten. Im Übrigen muss man davon ausgehen, dass die Aussage des Gerichts verallgemeinerungsfähig, d.h. die Heranziehung von Berichten für die Aus- legung von Hauptversammlungsbeschlüs- sen auch in anderen Fällen geboten ist, in denen das Gesetz Berichtspflichten anord- net. Bindungswirkung von Vorstandsberichten Ebenfalls bemerkenswert, im Ergebnis aber konsequent, ist zum anderen der Hin- weis des Gerichts auf die Bindungswir- kung des Vorstandsberichts. Beschreibt dieser Grenzen für die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss, ist der Vorstand an diese gebunden. Werden dem Vorstand (wie bei der Vorratsermächtigung) auch im Bericht keine Grenzen gesetzt, sei dies hinzunehmen. Die Aktionäre seien da- durch nicht schutzlos. Vielmehr werde der

31 L E G A L Minderheitenschutz in diesen Fällen da- durch gewährleistet, dass sich der Vor- stand bzw. die Gesellschaft in einem Rechtsstreit über die Zulässigkeit der Ausübung der Ermächtigung nicht auf eine explizite Regelung stützen kann, sondern aktiv darlegen und beweisen muss, dass die Entscheidung über den Bezugsrechts- ausschluss sachlich gerechtfertigt ist. Unklarheiten würden also zulasten der Gesellschaft gehen. Fazit Mit der Entscheidung des Bundesgerichts- hofs ist die sogenannte Vorratsermächti- gung zum Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital höchstrichterlich an- erkannt. Gleichwohl darf die Warnung nicht überhört werden, die das Gericht in seiner Entscheidung mitliefert: Wer auf die Vor- ratsermächtigung setzt, verzichtet ein Stück weit auf Rechtssicherheit bei der späteren Ausübung der Ermächtigung und erhöht das mit der Ausübung der Ermäch- tigung verbundene Haftungsrisiko von Vorstand und Aufsichtsrat. Bei der Schaf- fung oder Erneuerung eines genehmigten Kapitals mit Ermächtigung zum Bezugs- rechtsausschluss sollten sich Emittenten daher nicht vorschnell für den Weg über die Vorratsermächtigung entscheiden, son- dern im Einzelfall abwägen und entschei- den, ob anstelle der Vorratsermächtigung nicht doch eine auf konkrete Fallgruppen (z.B. den Ausgleich von Spitzenbeträgen, Sacheinlagen oder Fälle des erleichterten Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) reduzierte Ermächti- gung vorzugswürdig ist. Von Dr. Thomas Zwissler t.zwissler@zirngibl.de ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB Karlstraße 23 80333 München T.: +49 (89) 290 50-0 Anzeige

R E T T I L P S - V H 32 HV-Splitter Tonkens Agrar: HV inmitten der Magdeburger Börde Die Tonkens Agrar AG ist derzeit das einzi- ge Landwirtschaftsunternehmen an deut- schen Börsen. Die Hauptversammlung am 20. Februar war ebenfalls etwas Besonde- res. Die Aktionäre erhielten inte ressante Informationen über aktuelle Entwicklun- gen in der Landwirtschaft und am Ende noch zwei Säckchen mit Kartoffeln und Zwiebeln aus eigener Produktion mit auf den Weg. Nach einigen schwierigen Jahren mit teils hohen Verlusten konnten inzwi- schen auch wieder erfreuliche Zahlen gemeldet werden. Unschön für Teilnehmer, die nicht in der Nähe wohnen, war allen- falls der Beginn um 9:30 Uhr in Sülzetal- Osterweddingen nahe Magdeburg. Den- noch fanden sich außerhalb der HV-Saison 30 bis 50 Aktionäre zu dem Treffen ein. FORTEC Elektronik: Umsatz und Ergebnis auf Rekordniveau Auf der mit über 100 Aktionären gut be- suchten HV in München konnte CEO Sandra Maile hervorragende Zahlen präsentieren. Der Elektronikspezialist mit Lösungen in den Bereichen Display Technology, Em- bedded Systems und Power Supplies hat das Geschäftsjahr 2022/23 mit einem neuen Umsatz- und Ergebnisrekord abge- schlossen. Die sieben Aktionäre, die sich zu Wort meldeten, waren auch mit Blick auf die vorgeschlagene Dividendenerhö- hung auf 0,85 EUR voll des Lobes. Umso größer war das Unverständnis, dass die Aktie trotz aller Erfolge und der nach allen gängigen Kennzahlen günstigen Bewer- tung seit Jahren kaum vom Fleck kommt. Verbio: „Fake-Biodiesel“ aus China drückt auf Marge und Aktienkurs Die Hauptversammlung des global aktiven Herstellers von Biokraftstoffen findet tra- ditionell Anfang Februar in Leipzig statt. In diesem Jahr konnte CEO Claus Sauter vom zweitbesten Geschäftsjahr der Firmenge- schichte berichten. Allerdings gibt es auch einige Herausforderungen zu bewältigen. Zuvorderst nannte er in diesem Kontext den massenhaften Import von angeblich fortschrittlichem Biodiesel aus China, der tatsächlich aus indonesischem Palmöl hergestellt sein dürfte. Funktionierende Kontrollen blieben bisher allerdings aus. Ab Juni 2024 sollen nun endlich Strafzölle verhängt werden, womit sich die durch diesen Vorgang stark gedrückten Margen i l G A k n o r t k e E C E T R O F © : o t o F HV MAGAZIN 01/2024 . m o c e b o d a k c o t s – . l i a r n a c S © : o t o F hoffentlich wieder stabilisieren. Dies wäre auch positiv für die Aktie, die in den letzten eineinhalb Jahren erheblich an Wert verlo- ren hat. Hornblower Fischer: 14 Jahres- abschlüsse und zwei Tage HV Die einst namhafte Wertpapierhandels- bank, von der Anfang des Jahrtausends vor allem durch ihre Verstrickung mit dem lan- ge Zeit inhaftierten Internetunternehmer Alexander Falk zu lesen war, befindet sich seit fast 20 Jahren in der Liquidation. Dieser Prozess sollte von der für den 15./16. Dezember 2023 einberufenen Hauptver- sammlung abgeschlossen werden. Nach- dem sich die Aktionäre zuvor fast 13 Jahre lang nicht getroffen hatten und insgesamt 14 Jahresabschlüsse auf der Tagesordnung standen, waren die Teilnehmer sicherheits- halber für zwei Tage eingeladen worden – und tatsächlich war die Versammlung erst am Nachmittag des zweiten Tages beendet. Es gab viel Gegenwind für die Verantwort- lichen. Weder dem Aufsichtsrat noch dem Liquidator wurde Entlastung erteilt. Zudem wurde eine Sonderprüfung beschlossen. Damit geht die Liquidation erst einmal wei- ter, womit die Gefahr wächst, dass das Geld ausgeht und Insolvenz angemeldet werden muss, was mit der Liquidation eigentlich vermieden werden sollte.

AUSGEWÄHLTE HV-TERMINE* In Zusammenarbeit mit 33 H V - T E R M N E I MÄRZ 06.03.24 07.03.24 07.03.24 08.03.24 MVV Energie AG 11.03.24 Fast Finance 24 Holding AG LS telcom AG Fonterelli GmbH & Co. KGaA C. Bechstein Pianoforte AG (Squeeze-out) BRAIN Biotech AG SCHOTT Pharma AG & Co. KGaA All for One Group SE 12.03.24 14.03.24 14.03.24 First Sensor AG RTL Group S.A. Vitesco Technologies Group AG CLIQ Digital AG Deutsche Telekom AG Dinkelacker AG FRoSTA AG Villeroy & Boch AG Covestro AG Siemens Healthineers AG Beiersdorf AG 14.03.24 DATAGROUP SE 15.03.24 Eisen- und Hüttenwerke AG 19.03.24 MeVis Medical Solutions AG 20.03.24 Beta Systems Software AG 20.03.24 Zapf Creation AG 20.03.24 Dr. Hönle AG 21.03.24 Carl Zeiss Meditec AG 21.03.24 SpVgg Unterhaching GmbH & Co. KGaA 21.03.24 BB Biotech AG 27.03.24 Edel SE & Co. KGaA 28.03.24 Sartorius AG APRIL 04.04.24 10.04.24 10.04.24 11.04.24 12.04.24 17.04.24 18.04.24 18.04.24 19.04.24 MOBOTIX AG 22.04.24 Henkel AG & Co. KGaA 24.04.24 24.04.24 24.04.24 25.04.24 HOCHTIEF AG 25.04.24 Schaeffler AG 25.04.24 HAMBORNER REIT AG 25.04.24 Münchener Rück AG 25.04.24 26.04.24 HELLA GmbH & Co. KGaA 26.04.24 26.04.24 Merck KGaA 26.04.24 26.04.24 26.04.24 30.04.24 30.04.24 30.04.24 30.04.24 30.04.24 30.04.24 30.04.24 30.04.24 30.04.24 MAI 02.05.24 SFC Energy AG 02.05.24 HelloFresh SE 03.05.24 03.05.24 Continental AG Sedlmayr Grund und Immobilien AG PAUL HARTMANN AG ATOSS Software AG ABO Wind AG Commerzbank AG IBU-tec advanced materials AG DMG MORI AG GRENKE AG ProSiebenSat.1 Media SE GEA Group AG Knorr-Bremse AG RWE AG Deutsche Post AG Bayer AG BASF SE Berlin virtuell München Mannheim Berlin Zwingenberg virtuell Leinfelden- Echterdingen Pliezhausen Neuwied Berlin Berlin Sonneberg virtuell virtuell Unterhaching Schaffhausen Hamburg n. b. n. b. Bonn n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. Düsseldorf n. b. Luxemburg Regensburg n. b. n. b. n. b. München n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. DEUTZ AG JOST AG JOST Werke SE Vonovia SE RATIONAL AG KPS AG Basler AG Siltronic AG Delticom AG K+S AG NÜRNBERGER Beteiligungs-AG Deutsche Börse AG CTS EVENTIM AG & Co. KGaA HUGO BOSS AG ZEAG Energie AG 06.05.24 Hannover Rück SE 06.05.24 Deutsche Wohnen SE 07.05.24 07.05.24 07.05.24 07.05.24 07.05.24 07.05.24 08.05.24 08.05.24 08.05.24 08.05.24 08.05.24 MTU Aero Engines AG 08.05.24 08.05.24 Mensch und Maschine Software SE 08.05.24 KSB SE & Co. KGaA 08.05.24 Wacker Chemie AG 08.05.24 08.05.24 08.05.24 08.05.24 08.05.24 Mercedes-Benz Group AG 10.05.24 13.05.24 13.05.24 14.05.24 14.05.24 14.05.24 14.05.24 14.05.24 14.05.24 14.05.24 14.05.24 Wüstenrot & Württembergische AG 14.05.24 15.05.24 Wacker Neuson SE 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 15.05.24 16.05.24 16.05.24 16.05.24 16.05.24 16.05.24 16.05.24 16.05.24 n. b. n. b. n. b. Talanx AG n. b. Deutsche Lufthansa AG n. b. sino AG Biotest AG n. b. EnBW Energie Baden-Württemberg AG n. b. n. b. Alzchem Group AG n. b. Allianz SE n. b. Drägerwerk AG & Co. KGaA n. b. FUCHS SE freenet AG n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. Telefónica Deutschland Holding AG Elmos Semiconductor SE Vossloh AG Amadeus FiRe AG Ludwig Beck AG SAP SE Bilfinger SE AIXTRON SE IONOS Group SE Daimler Truck AG Symrise AG Software AG Jungheinrich AG Kulmbacher Brauerei AG NEXUS AG NORDWEST Handel AG Uniper SE TAKKT AG BMW Bayerische Motoren Werke AG E.ON SE Heidelberg Materials AG 1&1 AG adidas AG Deutsche Bank AG NORMA Group SE Fresenius Medical Care AG Rheinmetall AG n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. 16.05.24 16.05.24 16.05.24 16.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 17.05.24 22.05.24 22.05.24 ElringKlinger AG A.S. CRÉATION TAPETEN AG HOMAG Group AG Intershop Communications AG Berentzen-Gruppe AG Zalando SE SYNLAB AG United Internet AG technotrans SE STRATEC SE Fresenius SE & Co. KGaA BioNTech SE Dürr AG HENSOLDT AG INDUS Holding AG KHD Humboldt Wedag Vermögensverwaltungs-AG n. b. PUMA SE n. b. SMT Scharf AG n. b. Uzin Utz SE n. b. CompuGroup Medical SE & Co. KGaA n. b. Dierig Holding AG n. b. Klöckner & Co SE n. b. LEG Immobilien SE n. b. secunet Security Networks AG n. b. SGL Carbon SE n. b. Shareholder Value Beteiligungen AG n. b. STINAG Stuttgart Invest AG n. b. VARTA AG n. b. Brenntag SE LANXESS AG n. b. KHD Humboldt Wedag International AG n. b. n. b. TAG Immobilien AG n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. 22.05.24 22.05.24 22.05.24 22.05.24 22.05.24 23.05.24 23.05.24 23.05.24 23.05.24 23.05.24 23.05.24 23.05.24 23.05.24 24.05.24 24.05.24 28.05.24 28.05.24 Nordex SE 28.05.24 ORBIS SE 28.05.24 SMA Solar Technology AG 28.05.24 Süwag Energie AG 28.05.24 ZEAL Network SE 28.05.24 Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik AG 3U HOLDING AG Fraport AG 28.05.24 28.05.24 28.05.24 H&R GmbH & Co. KGaA 28.05.24 HomeToGo SE 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 29.05.24 30.05.24 MAX Automation SE 30.05.24 30.05.24 31.05.24 KION GROUP AG Leifheit AG OHB SE q.beyond AG Salzgitter AG tonies SE Viscom AG Volkswagen AG Energiekontor AG Epigenomics AG GESCO SE IVU Traffic Technologies AG PNE AG Ernst Russ AG GBK Beteiligungen Aktiengesellschaft n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. n. b. *) Stand: 15.2.2024; Angaben ohne Gewähr; n.b. = nicht bekannt HV MAGAZIN 01/2024

M U S S E R P M I / S T N E V E 34 EVENTKALENDER* Termin/Ort Veranstalter/Internet Veranstaltung 6. März 2024 München, virtuell Computershare www.computershare.com/de/kompaktseminar-hv-24 19.–20. März 2024 Flemings Selection Hotel Frankfurt City, Frankfurt DIRK – Deutscher Investor Relations Verband www.dirk.org/veranstaltungen/esg-tagung 10.–11. April 2024 Messe, München Messe München / Analytica / Going Public https://goingpublic.events/financedays2024analytica 24.–25. April 2024 The Charles Ho tel, Mün chen GBC AG https://mkk-konferenz.de 13. Juni 2024 GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Rüschlikon (CH) Center for Corporate Reporting www.corporate-reporting.com/gbs24 Kompaktseminar HV 2024 Aus der Praxis für die Praxis, u.a.: First Practices sowie Verbesserungspotenziale für virtuell und Präsenz; organisatorische und rechtliche Impacts; Trends der Generaldebatte; ESG-Kompetenz und Anforderungen an den Aufsichtsrat 3. ESG-Tagung Case Studies zu „Integrated Reporting“, „ Say on Climate“, „Herausforderung CA100+“, „ESG-Integration“, „Klimaplan 2024“ Finance Days Zwei Fokustage im Rahmen der Analytica. Infos zu Gründungs-, Wachstums- und Kapitalmarktfinanzierung für Life Sciences. 37. Münchner Kapitalmarkt Konferenz (MKK) Größte Investorenkonferenz in Süddeutschland für Small- und Mid Caps. Zweimal jährlich. 15. Geschäftsberichte-Symposium Leitthema: „Beyond Compliance – Making a Difference“. Keynotes, Best-Practice-Sessions und Expertennetzwerk. *) Änderungen vorbehalten IMPRESSUM HV MAGAZIN 01/2024 Verlag GoingPublic Media AG, Hofmannstr. 7a, 81379 München, Tel.: 089 / 2000 339-0 info@goingpublic.de, www.hv-magazin.de Redaktion Thorsten Schüller, Markus Rieger Mitarbeit an dieser Ausgabe Manfred Kainz, Markus Kienle, Dr. Thorsten Kuthe, Markus Laue, Gudrun Moll, Miriam Schäfer, Adrian Schwarz, Oliver Singer, Thomas Wagner, Dr. Thomas Zwissler Interviewpartner Herbert Cordt, Caroline von der Marwitz Lektorat Benjamin Eder Redaktionsanschrift redaktion@goingpublic.de Gesamtgestaltung Robert Berger Gestaltungskonzept Whitepark GmbH & Co. KG Bilder www.stock.adobe.com, sonstige Bilder siehe jeweiliger Bildnachweis Titelbild © stokkete – stock.adobe.com Anzeigen An den Verlag. Gültig ist die Preisliste Nr. 4 vom 1.11.2009. Gesamtleitung/Vorstand Markus Rieger, Tel.: 089 / 2000 339-44, rieger@goingpublic.de Erscheinungstermine 2024 28.2. (1/24), 12.4. (Special „Corporate Finance Recht“), 25.5. (2/24), 24.8. (3/24), 30.11. (4/24) Preise Einzelpreis 14,00 EUR, Jahresabonnement 48,00 EUR. Kostenlose Bezugsmöglichkeit für Emitten ten. Druck Druckerei Joh. Walch GmbH & Co KG Historie Das HV Magazin entstand im Jahr 2003 in Ko ope ration mit der Haubrok Corporate Events GmbH, seit 2017 Link Market Services GmbH, die bis Ende 2004 als Herausgeber der Zeit schrift fungierte. Im Jahr 2003 erschien die Erstaus gabe, 2004 wurden drei Ausgaben publiziert. Seit dem Jahr 2005 erscheint das Fach magazin viermal jährlich zzgl. zwei Sonderaus gaben. Alte Ausgaben können bei Interesse noch im Original oder als PDF-Version über den Verlag bezogen werden. Haftung und Hinweise Artikeln, Meldungen und Hinweisen liegen Quel len zugrunde, welche die Redaktion für verlässlich hält. Eine Garantie für die Richtigkeit kann allerdings nicht übernommen werden. Bei unaufgefordert eingesandten Beiträgen behält sich die Redaktion Kürzungen oder Nichtabdruck vor. Datenschutz Der Schutz Ihrer Daten ist uns wichtig. Es gilt die Datenschutz- erklärung der GoingPublic Media AG, ebenfalls abrufbar auf unserer Website www.goingpublic.de/datenschutz. Nachdruck © 2024 GoingPublic Media AG, München. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne schriftliche Ge neh migung der GoingPublic Media AG ist es nicht gestattet, diese Zeitschrift oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikro ko pie) zu vervielfältigen. Unter dieses Verbot fallen auch die Aufnahme in elektronische Datenbanken, Inter net und die Vervielfältigung auf CD-ROM. ISSN 2190-2380, ZKZ 64983 HV MAGAZIN 01/2024

35 S T A N D P U N K T Bedenklicher StaRUG-Fall LEONI Sanierungsrechtlicher „Squeeze-out“ ohne Abﬁndung? MARKUS KIENLE Rechtsanwalt, Mitglied des Vorstands, SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. kienle@sdk.org Das Restrukturierungsverfahren „LEONI“ hat hohe Wellen geschlagen. Zur Abwendung der drohenden Zahlungsunfähigkeit hatte die Gesellschaft einen Restrukturierungsplan einge- reicht, der unter anderem eine Kapitalherabsetzung auf null mit einer anschließenden Kapitalerhöhung vorsah. Das Pikante an dieser Modellierung: Nur der bisherige Großaktio- när durfte die Kapitalerhöhung zeichnen; die anderen Aktionäre konnten sich an der Sanie- rung nicht beteiligen. Sanieren durch Ausscheiden Aber weg vom Einzelfall LEONI. Galt bislang der Grundsatz: „Sanieren oder Ausschei- den“, erlaubt das Gesetz über den Stabili- sierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) das Sanieren und Ausscheiden und eröffnet so die Möglichkeit sowie den Missbrauch, sich anlässlich der Restrukturierung von Minderheitsaktionären zu trennen. Mit dem Argument, die Aktien hätten in einer Restrukturierungs situation ohnehin keinen Wert, erlaubt es das StaRUG mit der soge- nannten gruppenübergreifenden Mehrheits- entscheidung und Prioritätsregelung, eine verweigerte Zustimmung der Aktionäre zu überspielen. Verkannt wird dabei, dass die vermeintliche Wertlosigkeit der Aktien auf- grund einer Prognoseentscheidung getrof- fen wird, die einen Zeitraum von mindes- tens zwei Jahren umfasst. Die Prognose stellt der Vorstand auf, das Prognoserisiko trägt der Aktionär. Ausschluss des Bezugsrechts ohne sachlichen Grund Die Rechtsstellung namentlich der Minder- heitsaktionäre wird dadurch weiter ge- schwächt, dass nach der wohl herrschen- den Meinung ein sachlicher Grund für einen Bezugsrechtsausschluss nicht vorliegen muss. Wo kein Bezugsrecht, da auch kein finanzieller Ausgleich für das Bezugsrecht. Ungleichbehandlung der Aktionäre zulässig Das StaRUG ermöglicht es, die Gruppe der Aktionäre ungleich zu behandeln, also bei- spielsweise den Großaktionär an der Kapital- erhöhung teilnehmen zu lassen, alle anderen Aktionäre hiervon aber auszuschließen. Die Möglichkeit, die Restrukturierung zugleich zur „Neuorganisation“ des Aktionärskreises zu nutzen, liegt hierbei auf der Hand. Sanierungsrechtlicher Squeeze-out ohne Abfindung Die Regelungen des StaRUG ermöglichen einen „Squeeze-out ohne Abfindung“ in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise. Stattdessen wird dringend eine Stärkung der Aktionärsrechte auch im Restrukturie- rungsverfahren benötigt. Das Kräftever- hältnis zwischen Aktionären und Gläubi- gern, auch das zwischen den Aktionären untereinander, muss neu bestimmt wer- den. Es darf nicht die absolute Maxime gelten, dass die Aktionäre für die Restruk- turierung jeden Preis zahlen müssen – auch nicht den Preis der entschädigungs- losen Aufgabe ihres Eigentums in Form der Teilhabe am sanierten Unternehmen. HV MAGAZIN 01/2024

Titelseite

Editorial

Inhaltsverzeichnis

Daten & Fakten

HV-Max – Die Kolumne

Sind Hauptversammlungen langweilig geworden?

Auswirkungen der jüngsten Gesetzesänderungen auf die HV

Die Änderung des Record Date aus Sicht der Praxis

Ein Plädoyer für die virtuelle Hauptversammlung

„Wenn Zahlen aus dem Boden schießen“

Kapitalmarkt Netzwerk

Künstliche Intelligenz als Assistent

Gegenanträge der Aktionäre – ein Überblick

„Wir haben nur zunehmendes Aktionärsengagement erlebt“

Aktuelle HV-Urteile

HV-Splitter

HV-Kalender

Eventkalender / Impressum

Sanierungsrechtlicher „ Squeeze-out“ ohne Abfindung?