Inhalt Richtige Weichenstellung Manfred Heinzer, Amgen Seiten 16–18 3 Editorial Optimistisch bleiben! Einführung & Grundlagen 8 Kein Grund zur Sorge! Der große Boom der Biotech- nologie schwächt sich ab – aber die Party ist noch nicht vorbei 12 „Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen!“ Interview mit Dr. Frank Mathias, Vorstandsvorsitzender, Rentschler Biopharma Märkte & Technologien 16 Richtige Weichenstellung Als Biotechnologiestandort hat Deutschland großes Potenzial – aber neue Impulse für Forschung und Entwicklung sind gefragt Manfred Heinzer, Amgen 20 Strahlen gegen Krebs 25 Jahre Radionuklidtherapie in der klinischen Krebs for schung in Deutschland – ein Überblick 22 „Theranostik wird bei vielen Malignomen zum Einsatz kommen“ Interview mit Prof. Dr. med. Richard P. Baum, Präsident, International Centers for Precision Oncology (ICPO) Academy Experten-Roundtable in der Bio City Leipzig Seiten 24–35 H b m G d e m u v d n I i © : o t o F Ein entscheidender Punkt in der Onkologie Prof. Dr. med. Hartmut Juhl, Indivumed Seiten 36–37 4 ls 03-2022 „Biotechnologie“ 24 „Keine andere Region ist für diesen Strukturwandel besser geeignet“ Experten-Roundtable in den Räumen der Bio City Leipzig 36 Ein entscheidender Punkt in der Onkologie Datenbasierte Wirkstoffentwicklung für Individualtherapien Prof. Dr. med. Hartmut Juhl, Indivumed 38 Präzisionsonkologie jenseits der Genomik “Locating the genes that cause cancer has been ‘remarkably unhelpful’ – the belief that sequencing your DNA is going to extend your life is ‘a cruel illusion.’” – James Watson, New York Times, 2016 Dr. Christian Regenbrecht, ASC Oncology 40 Zwischenbilanz Von Errungenschaften und Notwendigkeiten der Pandemie Eva Bauer, Tamara Breitinger, MC Services 44 Röntgenscreening für die strukturbasierte Medikamen- tenentwicklung Hochdurchsatz-Röntgen struktur- analysen am PETRA-III- Synchrotron Dr. Alke Meents, DESY

Inhalt „Wir wollen unsere EPiC-Plattform für weitere Ansätze öffnen“ Interview mit Peter Llewellyn-Davies, CEO, invIOs Seiten 94–95 SONDERWERBEFORM 74 Who is Who in Life Sciences 33 Branchenplayer stellen sich vor Unternehmen Investoren Wirtschaftsförderer Inkubatoren Acceleratoren Technologiezentren Gründernetzwerke Businessplanwettbewerbe Berater Rechtsanwälte Börsen Verbände International 92 Vienna calling! Das Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) steht für Transformation wissenschaftlicher Exzellenz in erfolgreiches Unternehmertum 100 Patentschutz in der Krise? Mögliche Aufweichungen durch die WHO werden mit Spannung erwartet Marc L. Holtorf, Dr. Julia Traumann, Pinsent Masons 102 Strategischer Einsatz von Intellectual Property (IP) Wie IP aufgebaut und wert- schöpfend eingesetzt werden kann Dr. Andrea Schüssler, HUBER & SCHUESSLER 104 CAS Medizinrecht Die rechtlichen Herausforde- rungen in den Life Sciences Prof. Dr. Claudia Seitz, Universität Gent Finanzierung 94 „Wir wollen unsere EPiC- 106 Biotech-Venture-Capital für Überseeinvestoren mit anderer Investment-DNA? Julia Braun, LL.M., Baker McKenzie Seiten 96–97 Plattform für weitere Ansätze öffnen“ Interview mit Peter Llewellyn- Davies, CEO, invIOs Recht 96 Überseeinvestoren mit anderer Investment-DNA? Wissenswertes zur Diversifi zie- rung des Investorensyndikats mit US-Investoren Julia Braun, LL.M., Baker McKenzie 98 Regulierung von KI durch EU-Gesetzgebung Was erwartet die Life-Sciences- Industrie durch die geplante KI-Verordnung? Daniel Schuppmann, Thomas Repka, NEUWERK „Ich erwarte gute Lebenszeichen von der Branche“ Interview mit Dr. Matthias Kromayer, Managing Partner, MIG Capital Seiten 108–109 6 ls 03-2022 „Biotechnologie“ die nächsten Jahrzehnte Einprägungen, die uns zurück- halten Sascha Oliver Bucher, Sara Núñez-García, Tamás Schweighoffer, FORTY51 Ventures 108 „Ich erwarte gute Lebens- zeichen von der Branche“ Interview mit Dr. Matthias Kromayer, Managing Partner, MIG Capital 110 Zei·ten·wen·de? Eine Kolumne von Dr. Sascha Berger, Partner, TVM Capital Life Science ID-Nr. 22124561

Einführung & Grundlagen Kein Grund zur Sorge! Der große Boom der Biotechnologie schwächt sich ab – aber die Party ist noch nicht vorbei Nach 2020 und 2021 hat sich der ganz große Coronawirbel gefühlt wieder ein wenig gelegt. Dass vor wenigen Tagen neue Impfstoffe gegen weitere Coronavarianten zugelassen wurden, ist in der Öffentlichkeit beinahe untergegangen. Dabei steckt in der Biotechnologie derzeit mehr Entwicklungspotenzial denn je. Die Verschmelzung einzelner Segmente schreitet immer weiter voran. An der Schnittstelle von Deeptech und Healthtech entstehen neue Innovationen. Die Möglichkeiten der mRNA-Technologie sind längst nicht ausgelotet und die Entwicklung eines Coronaimpfstoffs auf deren Grundlage erst der Anfang. Von Holger Garbs I m Zuge der Hochzeit Coronas, also in etwa 2020, sprang die deutsche Bio- technologie von Höhepunkt zu Höhe- punkt. Firmen wie BioNTech oder CureVac, bis dato eher einem erlauchten Kreis von Eingeweihten bekannt, schafften es in die Tagesschau. Der Berufswunsch „Biotech- nologe/in“ schnellte in Schülerumfragen nach oben. Biotechnologie wurde nicht nur systemrelevant, sondern auch „schick“. der Großteil dieses Kapitals, wie gehabt, eher wenigen Leuchtturmunternehmen zugutekam. von 2,43 Mrd. EUR1 war 2021 das zweit- stärkste Jahr in der deutschen Biotech- nologie. Im Gegensatz zum Rekordjahr 2020 wurde allerdings wieder in ein breite- res Spektrum investiert, nämlich zu 42% in die onkologische Forschung sowie zu 20% in neurologische und psychiatrische 11% auf den wachsenden Bereich der bioökonomischen Anwendungen und 9% auf kardiologische und metabolische Erkrankungen. Dass die Biotechnologie nichts an Strahlkraft eingebüßt hat, dafür sprechen auch die steigenden Volumina bei den Finanzierungsrunden mit Venture Capital. Angesichts prall gefüllter Kassen stellen größere Finanzierungsrunden aber keine Überraschungen dar. Überhaupt zeigt die Übernahme von LSP durch EQT das Interesse an Life-Sciences- verstärkte 1) Vgl. Deutscher Biotechnologie-Report 2022 von EY. 8 ls 03-2022 „Biotechnologie“ m o c . e b o d a . k c o t s – e k h c s e n K t r e b o R © : o t o F Finanzierungen auch durch Investoren, die mit den Lebenswissenschaften zuvor eher gefremdelt haben. Life-Sciences- Finanzierungen werden inzwischen auch von klassischen Private-Equity-Investoren over-Investoren beteiligen sich ebenso an man in der Vergangenheit eher selten gesehen hat, zumindest in der klassischen Von welchem Niveau kommen wir? Und nun? Alles wieder vorbei? Seit einigen Monaten sinken die wichtigsten Kennzah- len, die Life-Sciences-Indikatoren an den Börsen zeigen wieder nach unten. Das hat natürlich verschiedene, aber auch nach- vollziehbare Gründe. Einerseits macht ein Blick auf das tagesaktuelle Weltgeschehen alle übrigen unsichere Weltlage führt auch nahezu immer zu einer Verunsicherung auf den Welt- märkten. Von demolierten Lieferketten und fehlenden Absatzmärkten bleiben auch die Life Sciences nicht verschont, wenngleich dies zuweilen einem Stöhnen auf höherem Niveau gleichkommt. Andererseits muss man sich aber auch fragen: Von welchem Niveau kommt die Branche? Dass ein Rekordjahr wie 2020

Einführung & Grundlagen m o c . e b o d a . k c o t s – a b p o p i © : o t o F sollte allen Betrachtern klar sein. Noch 2,43 Mrd. EUR war 2021 das zweitstärkste Jahr der deutschen Biotechnologie. Und auch wenn die Zahlen für das laufende Jahr noch einmal nach unten gehen – es bleibt ein Stöhnen auf hohem Niveau. Laut einer Analyse von FCF Life Sciences sank das Finanzierungsvolumen in den ersten sechs Monaten des Jahres um fast ein Drittel, nämlich von 9,5 Mrd. auf 6,6 Mrd. EUR. Betroffen waren davon alle rele- vanten Segmente der Life Sciences, also Biotech, Medtech und Healthtech glei- chermaßen. Mit Ausnahme von Series-B- Finanzierungen sanken die gezahlten Summen bei allen übrigen Finanzierungs- anlässen. Immerhin beschränkt sich dieser Trend nicht auf deutsche Life-Sciences- Unternehmen: Auch im europäischen Aus- land sowie in den USA (dort von 45,1 Mrd. auf 34,9 Mrd. USD) gingen die Finanzie- rungsvolumina zurück. Auch für das zweite Halbjahr 2022 rechnen die Experten von FCF mit weiter steigenden Schwierigkeiten für Unternehmen, Kapital in Finanzie- rungsrunden einzusammeln. Doch auch hier sei die Frage gestattet: Von welch hohem Niveau kamen sie? Dabei bleibt die Situation ambivalent. Die Fonds haben 2021, wie bereits erwähnt, Rekordsummen für neue Finanzierungen akquiriert. Warum also nicht investieren? Viele Player halten in Zeiten der Krise ihr Geld zusammen. Und Krisen gibt es aktu- Börsenfenster schließen sich und auch dem M&A-Geschäft wird in diesen Tagen keine rosige Zukunft vorausgesagt. Es fehlt Investoren an lukrativen Exitmög- lichkeiten. 10 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Das Kapital ist ja da! Fakt ist aber auch, dass das eingesammelte Kapital früher oder später investiert wer- den muss. Während sich die Stimmung also eintrübt, sieht die Realität bei nähe- rer Betrachtung gar nicht so schlecht aus. Investoren können doch nicht ewig darauf bedacht sein, allein ihre Portfolios zu sichern. Vielleicht ist das, was wir aktuell sehen, auch eher eine Gesundung als eine Eintrübung. Irgendwann gehen nach jeder Party schließlich wieder die Lichter an. Und erst dann sieht man auch, was vom Buffet übriggeblieben ist. Neue Technolo- gien und Abläufe, allen voran der Einsatz von künstlicher Intelligenz, werden Pro- zesse in Forschung und Entwicklung ver- der Einsatz von Tieren und Menschen in (prä)klinischen Studien wird sich niemals vollständig vermeiden lassen, auch in Zukunft wird es menschliche Ärzte und Mediziner wie auch persönliche Sprech- stunden geben, und so schlank und modern sich die Entwicklung von Wirkstoffen und Therapien in Zukunft auch gestalten wird, am Ende bleiben Life-Sciences-Entwick- lungen immer auch ein Risiko, getragen von Wissenschaftlern, die den Sprung in die Wirtschaft wagen, und von Investoren, Während sich die Stim- mung also eintrübt, sieht die Realität bei näherer Betrachtung gar nicht so schlecht aus. Die Bioökonomie ist im Kommen. In einzelnen Regionen Deutschlands kann eine wachsende Gesundheitsindus trie den notwendigen Struktur- wandel befeuern. die Kapital auch in einer ungewissen Zukunft zu investieren bereit sind. Dass sich die Biotechnologie beständig weiterentwickelt, zeigt sich an Schlag- worten wie „mRNA“, Next Generation Anti- bodies, den vielfältigen Möglichkeiten der Gen- und Zelltherapien oder der P4-Medi- zin (Prädiktion, Personalisierung, Präven- tion und Partizipation). Diese Entwicklun- gen setzen zunehmend auch die Pharma- industrie unter Druck, all diese Trends und Möglichkeiten in ihre Angebote zu integrieren. Gleichzeitig steigen die Herausforderungen, etwa durch die zunehmende Bedeutung von Gesundheits- daten, deren Sammlung, Auswertung und zielgerichteten Einsatz. Hier verschmel- zen smarte Medizin und klassische Wirk- stoffentwicklung. Fazit Ist die Biotechnologie an einem Scheideweg? Ist der Abschwung des großen Booms ein Grund zur Sorge? Diese Fragen klingen besorgniserregender, als sie letztlich sind. Es lohnt sich nicht zuletzt ein Blick über die klassische medizinische Biotechno- logie hinweg. Die Bioökonomie ist im Kom- men. In einzelnen Regionen Deutschlands kann eine wachsende Gesundheitsindus- trie den notwendigen Strukturwandel befeuern. Die Abkehr von fossilen Brenn- stoffen bietet der Nutzung der Lebenswis- senschaften neuen Raum. Vielleicht ist dies auch eine Motivation für Investoren, künftig eher auf Mischfonds als auf rein „wirkstoffspezialisierte“ Fonds zu setzen. Die Party mag vorbei sein, die Lichter sind wieder angegangen – aber die Szene feiert weiter, in der Chill-out-Lounge.

Einführung & Grundlagen „Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen!“ Interview mit Dr. Frank Mathias, Vorstandsvorsitzender, Rentschler Biopharma SE Der Vorstandsvorsitzende von Rentschler Biopharma erinnert die Bundesregierung an ihr Versprechen, die Biotechnologie zu stärken. m o c . e b o d a . k c o t s – l d a e m a d a m © : o t o F BIO Deutschland: Herr Dr. Mathias, wie leistungsfähig die medizinische Biotech- nologie in Deutschland ist, hat sich während der Pandemie eindrucksvoll gezeigt. Als Kooperationspartner von BioNTech war auch Ihr Unternehmen an der Entwicklung des weltweit ersten hochwirksamen Coronaimpfstoffs betei- ligt. Lässt dieser Erfolg Rückschlüsse auf die Innovationskraft der gesamten deutschen Biotechbranche zu? Dr. Mathias: Die medizinische Biotechnologie ist ein Innovationsmotor, der die gesamte Branche mitzieht. Schauen Sie nur auf die 56 Arzneimittel, die 2021 in Deutschland neu zugelassen worden sind: 26 davon, also fast die Hälfte, waren Biopharmazeu- tika. Verglichen mit dem Jahr 2005 hat sich die Zahl der Präparate, die sich bei deutschen Biotechunternehmen in klini- - doppelt – von 256 auf 669! Im Zehnjahres- vergleich ist die Anzahl aller Biopharma- zeutika in Deutschland seit 2011 von 197 auf 362 gewachsen – das sind die aktuellen Zahlen von BCG und vfa bio. Spiegelt sich das in den wirtschaftlichen Kennzahlen wider? Sehr deutlich. 2021 arbeiteten insgesamt 46.000 Menschen in Unternehmen der me- dizinischen Biotechnologie, 1.400 mehr als im Vorjahr. Der Umsatz mit Biopharma- zeutika hat sich 2021 um 10,2% auf 16,1 Mrd. EUR erhöht. Das entspricht einem Anteil von 31,4% am gesamten deutschen Pharmamarkt. Die Coronaimpfstoffe sind übrigens nicht eingerechnet, da die Bundesregierung sie über ein zentrales EU-Programm beschafft und bezahlt hat. Der Erfolg in der Impfstoffentwicklung hat zu einem sprunghaften Imagege- winn der Biotechnologie geführt. Hat er auch der Politik die Augen geöffnet? Die Politik ist sich der Bedeutung der Bio- technologie für den Standort Deutschland bewusst. Im Koalitionsvertrag der Bun- 12 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Deutschland darf sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. desregierung ist ausdrücklich vermerkt, dass Deutschland die Chance hat, zum international führenden Biotechnologie- standort zu werden, und dass deshalb die Entwicklungspotenziale der Biotechnologie gestärkt werden müssten. Statt einer Rückkehr zum Status quo sollte die Pande- mie als Chance genutzt werden, um Bürokratie abzubauen und gezielt zu- kunftsträchtige, Industrien und Technologien wie die Arzneimittel- forschung, -entwicklung und -produktion innovative ZUM INTERVIEWPARTNER Dr. Frank Mathias hat mehr als 25 Jahre Erfahrung in Führungspositionen in der Pharma- und Biotechnologiebranche. Seit 1. April 2016 ist Dr. Mathias Vorstandsvorsitzender der Rentschler Biopharma SE.

Einführung & Grundlagen einschließlich der medizinischen Biotech- nologie in Deutschland zu stärken. Aber zeichnet sich Deutschland nicht durch eine hohe Dichte hervorragender Hochschulen und Forschungsinstitute aus? Bieten seine zahlreichen Biotech- cluster, in denen Wissenschaft, Start-ups und Industrie zusammenarbeiten, nicht ausgezeichnete Ausgangsbedingungen? Zweifelsohne ist Deutschland nach wie vor einer der wichtigsten Innovations- standorte der Welt – aber es hilft wenig, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, wenn es darum geht, die Zukunft zu gewinnen. Um ein Beispiel zu nennen: Wir Arbeitskräfte, aber in den Schulen müsste einiges angepackt werden, z.B. durch einen Ausbau des Unterrichts in Mathe- matik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, also den sogenannten MINT- Fächern. In vielen anderen zukunfts- kritischen Bereichen ist ein Abbau büro- kratischer Hürden überfällig. Dass das möglich ist, haben Behörden wie die Euro- pean Medicines Agency mit ihrem Rolling Review und der somit schneller mög lichen Zulassung der Coronaimpfstoffe bewie- sen. Daraus kann auch die Politik lernen, um einem Aufbruch für Innovationen und Investitionen den erforderlichen Rücken- wind zu verleihen. Nun ist bekannt, dass Deutschland hin- sichtlich der Digitalisierung, gerade auch im Gesundheitsbereich, im internatio- nalen Vergleich weit ins Hintertreffen geraten ist. Auch seinen Platz als in Europa führender Standort für klinische Prüfungen hat es verloren. Besonders besorgt blickt die Biotechbranche derzeit 14 ls 03-2022 „Biotechnologie“ aber auf den Produktionsstandort Deutschland. Woran liegt das? Bis vor vier Jahren lag Deutschland bzgl. seiner Produktionskapazitäten für Bio- pharmazeutika, gemessen am Volumen seiner Fermenter, weltweit auf Platz zwei hinter den USA. Inzwischen ist es hinter Südkorea, Irland und der Schweiz auf Platz fünf zurückgefallen und droht demnächst sogar von Singapur überholt zu werden. Ein Grund dafür sind die steuerlichen Rahmenbedingungen – Deutschland ist diesbezüglich leider nicht kompetitiv. Das gilt übrigens sogar im Vergleich zu Österreich. m o c . e b o d a . k c o t s – v o n a b a h S t e h z d y e F © : o t o F Was macht Österreich besser? Es hat eine attraktive Forschungsförde- rungslandschaft geschaffen. Insbesondere bietet es Unternehmen mit Sitz in Öster- reich eine Forschungsprämie in Höhe von 14%. Generell garantiert das Land eine niedrige Unternehmens- und eine attraktive Gruppenbesteuerung. Die eigentliche Konkurrenz scheint aber vor allem in Asien herangewachsen zu sein. Welche Strategie verfolgt Südkorea? Strategie ist das entscheidende Wort. Die südkoreanische Regierung hat 2019 damit begonnen, eine Strategie umzusetzen, die den Anteil koreanischer Pharmazeutika und Medizinprodukte am Weltmarkt bis 2030 von 1,8% auf 6% erhöhen und ihre dementsprechenden Exporte damit von 14,4 Mrd. auf 50 Mrd. USD steigern soll. Teil dieser Strategie ist eine gezielte Ein- wanderungspolitik, die es ausländischen Fachkräften erleichtert, nach Südkorea zu ziehen. Im Biotechnologiesektor fördert die südkoreanische Regierung die beruf- liche Ausbildung einheimischer Talente mit Nachdruck. Der Staat nimmt darüber Dass wir eine echte Chance hätten, wieder zur Apotheke der Welt zu werden, hat der Erfolg der mRNA-Impfstoffe gezeigt. Hieran sollte die Politik anknüpfen. indem er eine aktive Industriepolitik betreibt, um den Ausbau der Produktions- kapazitäten zu fördern. Das klingt teilweise nach einem staat- lichen Dirigismus, der hierzulande kaum Akzeptanz fände. Sehen Sie das wirklich als Vorbild? Staatlicher Dirigismus ist sicherlich kein Vorbild für Deutschland – aber notwendig wäre es auch hierzulande, eine holistische Strategie für den gesamten Biotechnolo- gie- und Gesundheitssektor zu entwickeln. Dass wir eine echte Chance hätten, wieder zur Apotheke der Welt zu werden, hat der Erfolg der mRNA-Impfstoffe gezeigt. Hieran sollte die Politik anknüpfen. Nicht durch eine Rückkehr zum Status quo ante, sondern durch eine zukunftsgewandte Politik der Deregulierung und Forschungs- förderung. Eine solche Strategie sollte auch den Zugang zu Wagniskapital für Biotech-Start-ups verbessern. Vergessen Sie nicht: Die mRNA-Pioniere aus Deutsch- land hätte es in der Finanzierungswüste Deutschland ohne das Investment muti- Grunde ist es ein glücklicher Zufall, dass sie überhaupt entstehen konnten. Was kann die Biotechindustrie selbst tun, um zur Resilienz des Forschungs- und Produktionsstandorts Deutschland beizutragen? Sie kann den Vorteil ihrer Agilität aus- spielen. Bei unserer Zusammenarbeit mit BioNTech hat es uns geholfen, ein mittel- ständisches Familienunternehmen zu sein, das schnell entscheiden kann. Sie muss ihre Kooperationsfähigkeit stärken und vermehrt in strategischen Allianzen arbei- ten, auch im präkompetitiven Bereich. Dabei gilt es, den Clustergedanken mit Leben zu füllen. Sie sollte sich schließlich der Politik als Partner empfehlen, wenn diese nach Lösungen für Gesundheits- innovationen sucht. Das ist in beiderseiti- gem Interesse, denn die jetzige Pandemie ist noch nicht vorüber und weitere könn- ten kommen. Letztendlich sind wir doch alle vereint in unseren Bemühungen, Patienten bestmöglich zu helfen. Herr Dr. Mathias, herzlichen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Dr. Claudia Englbrecht.

Märkte & Technologien Richtige Weichenstellung Als Biotechnologiestandort hat Deutschland großes Potenzial – aber neue Impulse für Forschung und Entwicklung sind gefragt Von 2011 bis 2021 hat sich die Zahl der Biopharmazeutika auf dem deutschen Markt nahezu verdoppelt, nämlich von 197 auf 362. Allein im vergangenen Jahr wurden 26 biotechnologisch hergestellte Arzneimittel neu zugelassen. Fast jede zweite Neuzulassung auf dem Pharmamarkt war 2021 ein biotechnologisch hergestelltes Arzneimittel (46%). Von Manfred Heinzer elle Zielgruppen optimiert. So arbeitet Amgen an BiTE-Molekülen mit einer länge- ren Halbwertszeit, damit die Zeiträume zwischen den notwendigen Infusionen verlängert werden können und die Patien- tinnen und Patienten weniger oft behan- delt werden müssen. Forschungsstandort im internatio- nalen Wettbewerb Der Forschungsstandort in München ist für Amgen von internationaler Bedeutung. In München entwickelt, arbeiten heute Forscherteams weltweit an der BiTE-Tech- nologie. Sie wird für rund die Hälfte der hämatologisch-onkologischen Pipeline von Amgen verwendet. Die Krebsforschung von ARM ist ein Beispiel für das Potenzial und die internationale Bedeutung des Forschungsstandorts Deutschland. ZUM AUTOR Seit September 2020 ist Manfred Heinzer Geschäftsführer der Amgen GmbH in München. Als führendes unabhängiges Biotechnologieunternehmen ist Amgen mit etwa 24.000 Mitarbeitenden in fast 100 Ländern vertreten. Deutschland ist für Amgen außerhalb der USA der zweit- wichtigste Markt sowie ein wesentlicher Forschungsstandort. 1 0 0 0 0 - 2 2 8 0 - E T B - E D I n n e e g g m m A A © © : : o o t t o o F F D iese Ergebnisse des aktuellen Bio- techreports vom Verband der for- schenden Pharma-Unternehmen (vfa) zeigen deutlich, dass biotechnologi- sche Therapien einen festen Platz in der Gesundheitsversorgung einnehmen – und zwar nicht erst seit der Coronapandemie1. Auch in den nächsten Jahren wird sich diese Entwicklung fortsetzen, denn die Pipeline ist breit aufgestellt: 113 neue Wirk- klinischen Forschung, so der Biotech- report. Auch die Pipeline des Forschungs- standorts von Amgen in Deutschland ist gut gefüllt. Forschung „made in Germany“ Die Amgen Research (Munich) GmbH (ARM) arbeitet an einer neuen Generation von Immuntherapien gegen Krebs. Der innova- tive Ansatz aus München aktiviert dafür körpereigene T-Zellen. Vor zehn Jahren 1) Biotechreport „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2022“, Boston Consulting Group, vfa bio – Verband forschender Arzneimittelhersteller e.V. hat das Biotechnologieunternehmen Amgen Micromet, eine Ausgründung der Ludwig- Maximilians-Universität München, über- nommen und mit dem Forscherteam des (BiTE-)Technologie zur Marktreife ge- bracht. 2015 wurde in der EU das erste Arznei- mittel, das auf der BiTE-Technologie basiert, zur Therapie einer Form der Leukämie zugelassen. Heute sind weitere Wirkstoffe gegen fünf verschiedene Krebserkrankun- gen in der Pipeline. Das ARM-Team arbei- tet daran, die BiTE-Moleküle sowohl bei hämatologischen als auch bei soliden Tumoren einzusetzen. Ein Schwerpunkt der aktuellen Forschung besteht darin, BiTE-Moleküle zu entwickeln, die an zwei Targets auf Tumorzellen andocken kön- nen. Dieser Ansatz hilft, solide Tumore zu attackieren, deren Angriffspunkte oft sehr Darüber hinaus werden vorhandene immunonkologische Ansätze mit Blick auf Wirksamkeit, Nebenwirkungen und spezi- 16 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien hierzulande durchgeführten klinischen Studien stetig abnimmt (2020: 542), so- dass Deutschland nun auf Platz vier hinter den USA, China und Spanien rangiert.2 Zweifellos hat Deutschland als Studiens- tandort forschende Pharma unter- nehmen – auch für Amgen – weiterhin einen hohen Stellenwert, aber von der bis 2016 gehaltenen Position als Europa- meister und weltweiter Nummer zwei hat es sich weit entfernt. für Voraussetzung Patentschutz Der Schutz des geistigen Eigentums wird meist als Selbstverständlichkeit voraus- gesetzt. Die Debatte anlässlich der COVID- 19-Pandemie zeigt jedoch, dass dieses Grundrecht keineswegs unantastbar ist. Auf politischer Bühne hat sich Deutsch- land bisher klar für die Einhaltung der Patentrechte ausgesprochen. Diese klare Positionierung ist notwendig, denn der Patentschutz ist Voraussetzung für For- schung und Innovation. Patentgeschützte Arzneimittel auf dem Markt sichern die erheblichen Investitionen in Forschung „Fehlschläge“ in der Forschung, die nicht bis zur Marktreife gelangt sind. Standortfaktor Mensch Die Mehrheit der Deutschen schätzt Deutschland als Wissenschafts- und For- schungsstandort unter den Top Three im Ländervergleich ein (58%). Nur die USA werden mit 73% in einer von Amgen beauf- - ger genannt.3 Ein Viertel hält Deutschland sogar als Wissenschaftsstandort für füh- rend im Vergleich zu anderen Ländern. Die Universitäten und die gute Ausbildung von Wissenschaftlern in den MINT- Fächern, also in den Disziplinen Mathema- tik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, machen für die meisten der Befragten den guten Ruf aus. Neben all den politischen und wirt- schaftlichen Rahmenbedingungen ist der Faktor Mensch entscheidend für den Bio- techstandort Deutschland. Gut ausge- bildete Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler sind für die Erfolge in der Forschung verantwortlich. Deshalb ist es unerlässlich, gute Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse in der Forschung zu schaffen und auch weiterhin in die Univer- sitäten und die Ausbildung von Fach- kräften zu investieren. n e g m A © : o t o F Das Beispiel zeigt aber auch, wie ver- netzt die Forschungslandschaft ist. Vor diesem Hintergrund hat die Diskussion, das deutsche Gesundheitssystem auf Kosten der Pharmaindustrie zu sanieren – sei es mit einer Abschlagszahlung, einem erhöhten Herstellerabschlag oder einem verlängerten Preismoratorium – internati- onale Auswirkungen. Solche Debatten verunsichern Investoren, schwächen die Attraktivität des Standorts und erschwe- ren die Auseinandersetzung im interna- tionalen Wettbewerb. Pilotmarkt Deutschland Die aktuellen vfa-Zahlen zeigen die Bedeu- tung von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln für die Gesundheitsver- sorgung in Deutschland. Sie machen aber nicht nur einen hohen Anteil am Markt und an der Versorgung aus – innovative Arzneimittel kommen nach der euro- päischen Zulassung auch zügig auf den deutschen Markt. Das heißt, Patientinnen und Patienten können schnell von Innova- Deutschland eine Art Pilotmarkt in Europa. Amgen kann innovative Arzneimittel zeit- gleich oder nur leicht zeitversetzt zu den USA auch in Deutschland einführen. Die schnelle Markteinführung ermög- licht aktuell noch das besondere Arznei- mittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) in Deutschland, denn Zusatznutzenbewer- tung und Preisverhandlung laufen parallel 2) Deutschland verliert bei klinischen Studien an Boden. Auswertung des öffentlichen Studienregisters Clincaltrials.gov durch vfa: www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/forschungsstandort- deutschland/klinische-studien-deutschland.html 3) Amgen-Studie „Wissenschaftsstandort Deutschland“, Marktforschungsinstitut Toluna, Oktober 2021 18 ls 03-2022 „Biotechnologie“ zur Markteinführung. Das neue, patent- geschützte Arzneimittel ist also während der Verhandlungen bereits erhältlich. Daher besteht während des einjährigen AMNOG-Verfahrens eine freie Preisgestal- tung für das neue Arzneimittel. Dieser Standortvorteil wird verspielt, wenn das AMNOG-Verfahren als reines Kosteneinsparinstrument interpretiert wird. Es muss eine vernünftige Balance zwi- schen medizinischem Fortschritt und Kostenkontrolle herrschen. Forschende Pharmaunternehmen benötigen zudem verlässliche Rahmenbedingungen für ihre langfristigen und per se risikoreichen Investitionen. Dazu gehört auch eine Nut- zenanalyse, die auf modernen Studien- designs basiert und am Outcome orien- tiert ist. Nur so können spezialisierte und zunehmend personalisierte Therapien, z.B. im Kampf gegen Krebs, im AMNOG- Prozess adäquat abgebildet werden. Standort für klinische Studien Deutschland ist auch als Standort für klini- sche Studien interessant, verfügt es doch über eine hohe Bevölkerungsdichte mit einem engmaschigen Netz von Gesundheitsein- richtungen, ärztlichem Fachpersonal und Universitäten von hoher Qualität. Im ver- gangenen Jahr hat z.B. Amgen 44 Studien durchgeführt und mit 201 Studienzentren zusammengearbeitet. Knapp 590 Patien- tinnen und Patienten waren an den Studien beteiligt. Auch ist Deutschland ein Pilotmarkt für Amgen. Aber auch beim Studienstandort zei- gen sich Risse im Bild, denn Föderalismus, Bürokratie und langwierige Genehmigungs- prozesse schmälern seine Attraktivität. Zahlen des vfa zeigen, dass die Anzahl an in diesem Sinne

Märkte & Technologien Strahlen gegen Krebs 25 Jahre Radionuklidtherapie in der klinischen Krebsforschung in Deutschland – ein Überblick Die zielgerichtete Radionuklidtherapie, auch Targeted Radionuclide Therapy (TRT) genannt, ist eine neue Form der Krebsbehandlung, die darauf abzielt, den Tumor direkt und „von innen“ zu bestrahlen und gleichzeitig die Strahlenbelastung des gesunden Gewebes zu minimieren. Von Holger Garbs Z ielgerichtete Radiopharmazeutika bestehen aus einem therapeuti- schen Radioisotop und einem ziel- gerichteten Molekül (z.B. Peptid, Antikörper, kleines Molekül), das Tumorzellen genau - der Tumorzellen binden kann. Das Radio- isotop reichert sich am Tumor an und zerfällt, wobei eine geringe Menge ioni- sierender Strahlung freigesetzt wird, die geeignet ist, Tumorgewebe zu zerstören. Dabei ermöglicht die hochpräzise Lokali- sierung eine gezielte Behandlung mit potenziell minimalen Auswirkungen auf das umliegende gesunde Gewebe. Zielgerichtete Radionuklidtherapie in Deutschland: regionaler Start, globale Wirkung Die zielgerichtete Radionuklidtherapie ist eine innovative Form der Krebsbehand- lung, die jedoch bereits seit 25 Jahren klinisch erforscht wird. In Deutschland wurde sie erstmals 1997 von Prof. Dr. Richard P. Baum, dem heutigen Präsiden- ten der International Centers for Precision Im Jahr 2022 ist die ziel- gerichtete Radionuklid- therapie eine aussichts- reiche Technologie in der Präzisionsonkologie mit mittlerweile zehn zuge- lassenen Therapeutika. 20 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Abb. 1: Zeitliche Einordnung radiotherapeutischer Marktzulassungen in den USA und Europa 131I, Schilddrüsen- krebs USA Quadramet ® Lantheus Holdings Hicon® Jubilant EndolucinBeta ® ITM 153Sm, Knochenkrebs 131I-Sodium, Schilddrüsenkrebs USA USA n.c.a, non-carrier-added 177Lu Europa Azedra® Lantheus Holdings 131I-Iobeguane, Phäochromozytom und Paragangliom Pluvicto® Novartis 177Lu-PSMA-617, Prostatakrebs USA USA 1951 1993 1997 2002 2003 2014 2016 2017 2018 2020 2022 Metastron ® Zevalin® Biomed Biogen ® Xofigo Bayer Lutathera® Steboronine® Novartis Stella Pharma 89Sr, 90Y-Ibritumomab Knochenkrebs Tiuxetan, Non-Hodgkin- 223Ra-Dichloride, Knochenkrebs USA Lymphome USA, Europa (2004) USA 177Lu-DOTA-Octreotate, 10B, Kopf- und GEP-NET USA Halskrebs Japan Quelle: ITM Isotope Technologies Munich SE Jahr und Ort der Marktzulassung Oncology Foundation (ICPO), im Rahmen eines klinischen Heilversuchs am Univer- sitätsklinikum Frankfurt angewendet. Im Jahr 2022 ist die zielgerichtete Radionuklidtherapie eine aussichtsreiche Technologie in der Präzisionsonkologie mit mittlerweile zehn zugelassenen Thera- peutika. Derzeit werden verschiedene klinische Studien zu dieser Therapieform durchgeführt, die Erkenntnisse für beson- ders schwer zu behandelnde Krebsindika- tionen liefern sollen. Während weltweit an der Radionuklidtherapie geforscht wird, ist Deutschland nach wie vor einer der Vorreiter in diesem Bereich. Die in Mün- chen ansässige ITM Isotope Technologies Munich SE (ITM) gilt als eines dieser füh- renden Biotechunternehmen, die sich der Entwicklung einer neuen Generation prä- ziser Radiotherapeutika und -diagnostika verschrieben haben, um die Behandlungs- möglichkeiten für Krebspatienten welt- weit zu erweitern und zu verbessern. Zielgerichtete Radionuklidtherapie und Theranostik Obwohl in den letzten zehn Jahren Fort- schritte bei der Behandlung von Krebs erzielt wurden, zählt die Erkrankung nach weltweit. Eine wesentliche Herausforde- rung besteht darin, Krebszellen wirksam zu bekämpfen, ohne gesunde Zellen zu schädigen und den Patienten schweren Nebenwirkungen auszusetzen. Hier setzt die Radionuklidtherapie an. Sie ist darauf ausgerichtet, Krebszellen sehr gezielt und mit potenziell minimalen Auswirkungen auf das umliegende gesunde Gewebe zu bekämpfen. Das Konzept der Radionuklidtherapie kann dabei sowohl zur Behandlung als auch für eine präzise Diagnose eingesetzt werden. Beide Vor- gänge basieren auf dem gleichen Wirkprin- schleust ein medizinisches Radioisotop zum Tumor, damit es dort zielgerichtet

Märkte & Technologien „Theranostik wird bei vielen Malignomen zum Einsatz kommen“ Interview mit Prof. Dr. med. Richard P. Baum, Präsident, International Centers for Precision Oncology (ICPO) Academy h c i n u M i l s e g o o n h c e T e p o t o s I M T I © : o t o F Plattform Life Sciences: Herr Prof. Dr. Baum, vor 25 Jahren haben Sie als erster Arzt in Deutschland einen Patienten mit einer gezielten Radionuklidtherapie im Universitätsklinikum Frankfurt am Main behandelt. Können Sie dieses Ereignis kurz beschreiben? Prof. Dr. Baum: Ich hatte einen jugend- lichen Patienten mit einem sehr seltenen Tumor (Paragangliom), der damals schon vielfach vorbehandelt worden war, aber auf die bisherigen Therapien nicht mehr ansprach. Er hatte Metastasen im gesam- ten Körper, litt an immensen Schmerzen infolge von Knochenmetastasen (insbe- sondere in der Wirbelsäule) und war onkologen sagten, er hätte eine Lebens- erwartung von wahrscheinlich nur noch wenigen Monaten. Ich habe diesen Jungen dann erstmals mit der neuartigen Radio- ligandentherapie behandelt und ich werde nie vergessen, dass die Schmerzen inner- halb weniger Tage fast vollständig ver- schwanden und er das Morphin absetzen konnte. Dieser Patient führte noch mehrere Jahre ein sehr gutes, fast normales Leben und konnte die Schule und sogar eine Aus- bildung abschließen. Dieser Erfolg hat mein Leben als Arzt stark geprägt. Worin sehen Sie die Vorteile der Radio- nuklidtherapie gegenüber Standard- therapien? Das Prinzip der radiomolekularen Thera- pie, wie ich sie bevorzugt nenne, ist ihr Ansatz, gezielt nur den Tumor anzugreifen und nicht wie die Chemotherapie im Prin- zip alle schnell wachsenden Zellen, wie z.B. auch Darm- oder Knochenmarks- zellen. Daher der Name „radiomolekulare Präzisionsonkologie“ (RPO). Für den Patienten bedeutet dies, dass die RPO gezielter wirkt, wesentlich besser vertra- gen wird und mit geringeren Risiken und Nebenwirkungen verbunden ist. Dazu kommen die bildgebenden Möglichkeiten der radiomolekularen Medizin (PET/CT), die eine frühere und weitaus genauere Diagnostik von sonst schwer nachweis- baren Tumoren bzw. Metastasen erlauben. Wo sehen Sie dieses Therapiefeld in zehn Jahren? Mittlerweile hat sich die radiomolekulare Präzisionsonkologie stark weiterentwickelt, 22 ls 03-2022 „Biotechnologie“ mit mehreren Marktzulassungen in den letzten Jahren und Monaten, z.B. für die Behandlung von neuroendokrinen Tumo- ren und von metastasierten Prostatakarzi- nomen. Wir haben kürzlich eine Art Generalschlüssel gefunden, der für die meisten Tumorarten passt und mit dem PET/CT-Diagnostik möglich ist. Dieses trojanische Pferd könnte – in Kombination zinen – möglicherweise eine sehr breite Anwendung auch für die Tumorbehand- lung erfahren. Ich gehe davon aus, dass diese sogenannte Theranostik (Präzi- sionsdiagnostik und Therapie) in Zukunft bei vielen Malignomen standardmäßig zum Einsatz kommen wird. Herr Prof. Dr. Baum, vielen Dank für die interessanten Einblicke. Das Interview führte Holger Garbs. ZUM INTERVIEWPARTNER Prof. Dr. med. Richard P. Baum ist Präsident der International Centers for Precision Oncology (ICPO) Academy und im Curanosticum Wiesbaden-Frankfurt als Leiter der Molekularen Radiotherapie in der Deutschen Klinik für Diagnostik (DKD Helios Klinik) in Wiesbaden tätig.

Märkte & Technologien 24 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Plattform Life Sciences: Herr Hofmann, was zeichnet den Life-Sciences-Standort Leipzig aus? Hofmann: Sachsen hat sich im Life-Sciences- Kontext in den letzten Jahren enorm ent- wickelt. Grund dafür ist unter anderem, dass am Standort Leipzig Menschen mit Pioniergeist leben, dem Drang zu forschen und Machermentalität. Hier trifft For- schung auf eine schnelle Genehmigungs- und Transferkultur, sodass Leipzig zum wirtschaftlichen Motor der Biotechno- logie in Sachsen wurde. Aktuell sind die lokalen Inkuba toren, wie die BIO CITY LEIPZIG mit 36 Mietern, aus einem breiten Spektrum der Life Sciences in unter- schiedlichen Entwicklungsstadien kom- plett belegt. Vor Ort betreuen wir viele Start-ups und zuletzt konnten wir mit der Medical Forge ein eigenes Accelerator- Programm für smarte Medizinprodukte ins Leben rufen. Daneben haben aber auch mehrere größere internationale Unternehmen ein Entwicklungszentrum oder andere Formen der Niederlassung in Leipzig. In Leipzig liegt der Fokus in den Life Sciences ganz klar im Bereich der Zell- und Gentherapie. Darüber hinaus besitzt der Standort eine starke Expertise in den Bereichen Medizintechnik, Digital Health sowie medizinische Informations- und Kommunikationstechnologie – etwa bei der Entwicklung von 5G- und 6G-Anwen- dungen. Frau Dr. Stangier, das Unternehmen Azenta Liefe Sciences, früher GENEWIZ, hat sich bewusst für den Standort Leip- zig entschieden. Was war der Grund? Dr. Stangier: Im Rahmen unseres Portfolios bieten wir eine Reihe von Dienstleistungen für unsere Biotech- und Pharmakunden mit branchenführenden Bearbeitungs- zeiten und wettbewerbsfähigen Preisen an. Wir verfügen über ein europaweites Netzwerk, über das unsere Kunden ihre Proben an uns senden können, teilweise über spezielle Postfächer oder über Dienstleister. Diese Proben und Pakete werden zentral bei DHL gesammelt, und alle Pakete werden europaweit vom Flug- hafen Leipzig aus verschickt, der rund um die Uhr erreichbar ist. Außerdem haben wir uns für Leipzig entschieden, weil wir von biosaxony nach geeigneten Räumlichkeiten an und 26 ls 03-2022 „Biotechnologie“ m u t c n u p / r e y o H n a f e t S © : o t o F Die Region Leipzig steht vor einem Strukturwandel. Expertinnen und Experten beraten, welche Rolle die Gesundheitswirtschaft spielen kann. endete bei der Suche nach Mitarbeitern. Wir haben festgestellt, dass die Mietpreise günstiger sind als in anderen Regionen und dass sich der Arbeitsmarkt entspann- ter gestaltet. Auch die Nähe zu Berlin ist reizvoll. Frau Wolff, erfolgte die Ansiedlung von Zellkraftwerk in Leipzig aus demselben Grund? Wolff: Zellkraftwerk ist eine Ausgründung aus der Medizinischen Hochschule Hannover. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort waren für uns neben der zentralen Lage auch die wissenschaft- liche Exzellenz und das Finden potenziel- ler Kooperationspartner vor Ort wichtige Faktoren. In Leipzig waren alle Kriterien erfüllt und wir konnten beispielsweise mit dem Fraunhofer IZI oder mit der Univer- sität Leipzig sehr erfolgreich innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich der hochparametrischen Zell- analyse auf den Weg bringen bzw. ab- schließen. Für Zellkraftwerk als Pionier der Chipzytometrie war das Vorhanden- sein dieser wissenschaftlichen Expertise auch für die Weiterentwicklung unserer Technologieplattform ein wichtiger Punkt. Dazu kamen ein ausgezeichneter Support durch die Stadt Leipzig und die Förder- möglichkeiten durch das Bundesland Sachsen gerade für kleine und mittelstän- dische Unternehmen. Strukturwandels in der Gesundheits- wirtschaft, der auch hier am Standort vollzogen werden soll? Prof. Dr. med. habil. Josten: Der angespro- chene Strukturwandel ist nicht neu, schlussendlich wird über den Transfor- mationsprozess in der Gesundheits wirt- schaft schon seit Dekaden gesprochen. Allerdings wurden in der Vergangenheit allenfalls Schönheitsreparaturen vorge- nommen. Inzwischen sind die Herausfor- derungen so groß geworden, auch durch die Coronapandemie, dass nunmehr allen Stakeholdern der Gesundheitswirtschaft klar geworden ist, dass es ein „Weiter-so“ nur noch ganz limitiert gibt. Nur an einer Stellschraube zu drehen bringt wenig. Wir haben den Krankenhausbereich, den ambulanten Sektor, den Wissenschafts- bereich und die Wirtschaftsunternehmen. Nur wenn all diese Parteien einbezogen sind, kann diese Herausforderung angenom- men werden und dieser Wandel gelingen. Das ist natürlich auch eine Kostenfrage, und die Aussage von Frau Dr. Stagnier hat hervorragend verdeutlicht, wie sehr auch Unternehmen aus dem Medizinbereich auf eine funktionierende Wirtschaft in ande- ren Segmenten angewiesen sind, etwa im Logistikbereich, oder auf eine gut funktio- nierende Vernetzung mit Forschungs- einrichtungen aus dem nicht-universitären Bereich, wie Fraunhofer, Helmholtz oder Max-Planck-Institute. Herr Prof. Dr. Josten, was sind die we- sentlichen Eckpunkte des angestrebten Fällt denn der angestrebte Strukturwan- del hier vor Ort auch bei jenen Parteien

Märkte & Technologien Gibt es Vergleiche zu anderen Ländern? Dr. Stangier: Unsere Muttergesellschaft hat ihren Sitz im Raum Boston in den Vereinigten Staaten. Ich sehe deutliche Unterschiede in den Rahmenbedingungen zwischen den USA und Deutschland, z.B. bei den Zulassungs- verfahren im Bereich der personalisierten Medizin, wo die USA führend sind. In den letzten zwei Jahren hat es in Deutschland und in Europa positive Veränderungen gegeben, und auch die Pandemie hat zu Verbesserungen bei den Zulassungen oder m o c . e b o d a . k c o t s – D E S F © I : o t o F der Kapitalbeschaffung geführt. Aber diese ist. Das Problem ist die Geschwindigkeit. triezweige hier zu etablieren. Natürlich ist Veränderungen waren nicht von Dauer. Es gibt eine saloppe Faustregel: Wenn man das ganz klar der Bereich der Lebens- Ein Beispiel: Wir hätten sehr leicht einen Vertrag über eine klinische Studie in wissenschaften, und viele Partner haben COVID-19-PCR-Tests durchführen können. China abschließen möchte, dauert das die Chance erkannt, in ebendiese zu inves- Wir hatten die notwendige Ausrüstung ungefähr drei Wochen, in den USA drei tieren. Die zwei Bereiche, die durch Corona und das Personal – aber wir haben die Monate und in Deutschland drei Jahre. einen großen Schub erhalten haben, Genehmigungen nicht bekommen. Das sind Wir müssen eine Balance hinbekommen, waren eben die IKT/IT und die Lebens- gewaltige bürokratische Hürden. Natürlich unser hohes Niveau zu halten, gleichzeitig wissenschaften. muss es Kontrollen geben, aber das ist aber die Geschwindigkeit zu erhöhen, Eines der wichtigsten Projekte ist die einer der Gründe, warum es für Unter- notwendige Genehmigungen zu erhalten, Medical Forge, mit dem Universitätsklini- nehmen einfacher ist, für klinische Studi- um hochwertige Ergebnisse früher zur kum Leipzig und dem Klinikum St. Georg en in die USA oder nach Asien zu gehen. Prof. Dr. Dr. Köhl: Es gibt durchaus zahl- reiche klinische Studien aus dem Bereich Verfügung stellen zu können. Wolff: Genau aus diesen Gründen haben wir 2019 unsere Fühler in die USA aus- der Zell- und Gentherapie, die in Deutsch- gestreckt, uns vor Ort einen starken land laufen, weil ganz einfach das medizi- Partner gesucht und sind mit dem kleinen nische Niveau in Deutschland sehr hoch US-amerikanischen Unternehmen Canopy als wichtigen medizinischen Partnern. Immer wieder sind Unternehmen mit der Bitte um Unterstützung auf uns zugekom- men, etwa in Fragen der Regulatorik, und Implementierung. Um diese Frage- m u t c n u p / r e y o H n a f e t S © : o t o F Biosciences fusioniert. 2020 wurden wir stellungen herum haben wir die Medical dann von Bruker gekauft, die den von uns Forge aufgebaut und laden jedes Jahr adressierten Wachstumsmarkt der hoch- acht Start-ups ein, auch aus dem Aus- parametrischen Zellanalyse erkannt haben, land, um diesen auf ihrem Weg zu helfen. diesen aber auch von den USA weitaus Dazu gehört die technische Unterstüt- besser bedienen können, weil eben zung mit Labortechnik oder einem beispielsweise im Bereich der Regulatorik modernen 3D-Drucker für medizi nische in den USA wesentlich weniger Hürden Anwendungen, aber auch die komplette existieren. Halten wir aber an dieser Stelle trotz- dem fest: „Leipzig boomt!“ Oder, Herr Hofmann? Hofmann: Ich kann es nur bestätigen. Wir haben zwei sich überlagernde Struktur- Unterstützung rund um die Themen MDR und ivDR. Mit der Medical Forge wollen wir auch Neuansiedlungen in der Region fördern. Die Stadt Leipzig hat dieses Ansinnen von Beginn an mit großem Engagement unterstützt. Es besteht eine gemeinsame wandelprozesse, mit denen wir uns Strategie und der gemeinsame Wille, hier beschäftigen: einerseits den Wandel in etwas Nachhaltiges aufzubauen, der weit der Gesundheitswirtschaft generell, ande- über dieses eine Projekt hinausreicht – rerseits den Abbau der Braunkohlewirt- und das ist ein wichtiger Punkt, der diese schaft in der Region, der uns die große Region auszeichnet. Chance gibt, eine auslaufende Technolo- gie als Schwerpunktbranche durch eine zukunftsträchtige neue zu ersetzen und die Gesundheitswirtschaft als führende Industrie in der Region aufzubauen. Bedingt durch Fördermittel einerseits, aber auch durch einen politischen Willen An solchen Prozessen sind viele Stake- holder aus Politik, Wirtschaft und Wis- senschaft beteiligt. Wie bekommt man diese an einen Tisch? Prof. Dr. Neumuth: Solche Prozesse erfor- dern viel Kommunikation. Man muss die Es gibt eine saloppe Faustregel: Wenn man einen Vertrag über eine klinische Studie in China abschließen möchte, dauert das ungefähr drei Wochen, in den USA drei Monate und in Deutsch- land drei Jahre. Prof. Dr. Dr. Ulrike Köhl, Fraunhofer IZI andererseits haben wir die Möglichkeit, Interessen der einzelnen Stakeholder neue und wesentlich nachhaltigere Indus- kennen oder gemeinsam erarbeiten, um 28 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Potenzial nicht nur in der klinischen Versorgung der Patienten einbringen, sondern auch ganz andere Ideen ent- wickeln. Hier hat ein Klinikum durchaus seine Sackgassen bzw. die Möglichkeiten der praktischen Umsetzung dieser Innova- tionen sind limitiert. Eine Medical Forge bietet uns daher den Raum, Ideen über die reine Patientenversorgung hinaus weiter- zuentwickeln und eventuell sogar in eine Ausgründung zu bringen. Auf diese Weise - kräfte und hochkompetente Wissenschaft- ler in unserer Region binden. m u t c n u p / r e y o H n a f e t S © : o t o F Frau Prof. Dr. Dr. Köhl, welche Rolle spielt das Thema „Ausgründung“ beim Fraunhofer IZI? Prof. Dr. Dr. Köhl: Das Thema spielt allge- mein bei Fraunhofer eine große Rolle. Es gibt dafür auch spezielle interne Unter- stützungsprogramme, die u.a. die Ansprache von Investoren miteinbezieht. Im Laufe der letzten Jahre ist es hier in Leipzig zu einer ganzen Reihe von Ausgründungen guten Kooperationsmöglichkeiten, die wir - klinikum oder der Cluster biosaxony. Wie geht man in der Region mit dem Thema „Finanzierung“ um? Hofmann: Die Region wartet mit vielerlei guten Ideen und eine hoher Gründungsak- tivität auf, aber es fehlt tatsächlich an Ka- pital, vor allem über die Seed-Finanzie- rung hinaus. Man versucht dann, beste- hende Lücken über Fördermittel zu füllen. Eine langfristige Lösung des Finanzie- rungsproblems ist das nicht. Es gibt aber Bestrebungen, in Sachsen einen eigenen Märkte & Technologien Das Mindset in dieser Region ist aus meiner Sicht sehr konstruktiv. Es gibt eine gesunde Mischung aus Entschei- dern, die schon seit Lan- gem vor Ort sind, aber auch jungen Menschen oder Zugezogenen, die hier etwas bewegen möchten. Prof. Dr. Thomas Neumuth, Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) eine Win-win-Situation zu erreichen, hin- ter der am Ende alle stehen. Das Mindset in dieser Region ist aus meiner Sicht sehr konstruktiv. Es gibt eine gesunde Mischung aus Entscheidern, die schon seit Langem vor Ort sind, aber auch jun- gen Menschen oder Zugezogenen, die hier etwas bewegen möchten. Das Klima für neue Ideen ist in dieser Region sehr angenehm. Herr Prof. Dr. Josten, warum ist eine Einrichtung wie die Medical Forge so wichtig für das Universitätsklinikum? Prof. Dr. med. habil. Josten: Für eine große Einrichtung wie das Universitätsklinikum ist es wichtig, dass eine allumfassende ist von maximaler Synergie mit den Einrichtungen und Institutionen der Medizinischen Fakultät und damit einer umfassenden Forschung, sei es die Grund- lagen-, eine translationale oder umset- zungsorientierte Forschung. Zudem haben 30 ls 03-2022 „Biotechnologie“ VC-Fonds für Seed-Finanzierungen aufzu- bauen. Bis dahin nutzen wir unsere Netzwerke, um Unternehmen und Kapital- geber, viele davon aus dem Ausland, zusammenzubringen. Letztlich brauchen wir Erfolgsgeschichten, als Vorbilder für weitere Gründungen und Investitionen. Die Übernahme des Enzymherstellers c-LEcta durch die irische Kerry Group für 137 Mio. EUR im Februar ist so eine Erfolgsgeschichte. Wir laden Investoren ein, auf uns zuzukommen – wir vermitteln gern Kontakt zu interessanten Start-ups. Prof. Dr. med. habil. Josten: Es ist auch ein strukturelles Problem. Sachsen beher- ein DAX-Unternehmen, welches sich ent- sprechend engagieren könnte. Die starken möglichen Kapitalgeber sitzen eher in anderen Städten; das erschwert natürlich auch die Kontaktaufnahme. Die sächsi- sche Landespolitik lässt nichts unver- sucht, dieses Manko auszugleichen. Prof. Dr. Dr. Köhl: Natürlich sind die Unter- schiede zwischen Leipzig, München oder Berlin auffällig. Im internationalen Kon- text allerdings ist Deutschland generell im Hintertreffen. Sachsen verfügt neben der Gesundheits- wirtschaft über weitere starke Industrien, etwa im Bereich Robotik oder Chipher- stellung. Wie funktioniert die Vernet- zung dieser einzelnen Industriebereiche und wie kann die Gesundheitswirtschaft Prof. Dr. Neumuth: An einer Zusammen- arbeit der einzelnen Industrien führt in Zukunft kein Weg mehr vorbei. Die moderne Medizin ist angewiesen auf technischen Support aus dem Engineering- oder m u t c n u p / r e y o H n a f e t S © : o t o F

Märkte & Technologien m u t c n u p / r e y o H n a f e t S © : o t o F Die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte bleibt ein Risiko IT- Bereich. Die Aufbereitung von Zellen Leipzig funktioniert das hervorragend, etwa bedarf einer entsprechenden tech- doch je höher die Ebene, umso schwerfäl- Prof. Dr. Dr. Köhl: Ein gutes Beispiel ist auch die Zusammenarbeit zwischen der Stadt nischen Infrastruktur. Hier müssen die liger geht die Entwicklung voran. Leipzig, biosaxony und dem Fraunhofer IZI in Akteure in der Lage sein, eine gemeinsame Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Viele Ingenieure und Techniker arbei- ten schon heute an der medizinischen Welche Rolle spielt das Thema „Fachkräftemangel“ in der Region? Dr. Stangier: Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. IT war Bezug auf die Ausbildung von technischen Mitarbeitern in speziellen Reinräumen für die pharmazeutische Herstellung, also abseits der wissenschaftlichen Ausbil- dung und weit über die klassische Arbeit Fakultät. Die einzelnen Teams müssen schon immer ein sehr anspruchsvoller im Labor hinaus. Hier haben wir angefan- interdisziplinär an gemeinsamen Projek- Arbeitsmarkt. Inzwischen erleben auch gen, Fachkräfte aus einem größeren Um- ten zusammenarbeiten. Das ist besser, als eine Kooperation über weite Entfernung aufzustellen. Prof. Dr. Dr. Köhl: Mit SaxoCell wurde bereits ein industrieübergreifender Cluster aus KI, Digitalisierung sowie Zell- und Gentherapeutika geschaffen. Auch bei Fraunhofer sieht man einen sehr starken Trend zur Vernetzung biomedizinischer wir wie andere Unternehmen in diesem Menschen im Laborbereich. Das ist zwar viele Arbeitnehmer haben im Zuge der Arbeitskräfte für ein Schichtsystem zu Forschung mit technologischen Diszi- gewinnen. Hinzu kommt das bereits plinen, z.B. der Produktionstechnik, beschriebene politische Image Sachsens, Materialforschung, Mikrosensorik, Digita- lisierung und KI. Im Zuge gemeinsamer Projekte lernt man eine gemeinsame Spra- das leider nicht zu unterschätzen ist. Prof. Dr. med. habil. Josten: Andererseits muss man auch auf den starken Bildungs- kreis heranzuziehen und hier vor Ort zu schulen. Natürlich ist die Abwanderung hoch - dings erlebe ich auch immer wieder, dass sich viele Fachkräfte gerade aufgrund der hohen Lebensqualität Leipzigs, etwa auch durch das reichhaltige Kunst- und Kultur- angebot, bewusst für einen Verbleib in der Stadt entscheiden. Wolff: Zellkraftwerk ist ein Wachstums- unternehmen. Das ist natürlich positiv, verstärkt aber den Bedarf an Fachkräften. Aktuell sind wir bestrebt, unser Soft- che. In Sachsen sehe ich diese Entwick- standort Leipzig hinweisen, mit der Uni- wareteam zu vergrößern, und natürlich ist lung sehr gut, insgesamt ist Deutschland versität, mehreren Fachhoch- und Berufs- es eine Herausforderung, gute Fachkräfte aber noch viel zu kleinteilig. Wir müssen fachschulen. In der Region werden also die Vernetzung noch stärker voran treiben. viele gute Nachwuchskräfte ausgebildet. Hier wünsche ich mir beispielsweise noch Diese Konzentration ist ein Vorteil. Die zu gewinnen. Mit Unterstützung von Con- aufgestelltes Unternehmen weltweit. Na- mehr interdisziplinäre Ausschreibungen Region ist ein Motor für die Aus- und türlich müssen wir auch beachten, wie seitens des BMBF. Diese interdisziplinären Weiterbildung von Fachkräften. Heraus- neue Kräfte in bestehende Teams Facetten müssen wir noch stärker in den forderung ist, die Ausgebildeten in der Re- integriert werden können. Zwar agieren Vordergrund stellen. Seitens der Stadt gion zu halten. wir auch viel virtuell, aber natürlich ist die 32 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Dafür müssen aber die richtigen Rahmen- bedingungen gesetzt werden. Natürlich kann man mit einer guten Anfangs- gemessen an den langen Entwicklungs- zeiten in den Lebenswissenschaften ist ein Jahr nichts. Dieses Risiko ist gerade für Gründer mit Familien sehr hoch. Viele scheuen sich daher, ein sicheres Ange- stelltenverhältnis zu verlassen, trotz guter Ideen und Perspektiven. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass Innovationen und der Transfer eben- dieser ausschließlich von der öffentlichen die großen Konzerne müssen erkennen, dass sie nicht nur ihre eigene Forschung Venture Capital investieren, um den Standort Deutschland langfristig zu erhal- ten. Das gilt auch für Stiftungen. Dr. Stangier: Es gibt einige gute Ideen, - rig ist, falsche Vorstellungen zu korri- gieren. Viele Gründer stellen zu früh hohe Forderungen, deshalb müssen sich beide Seiten auf halbem Wege begegnen. Auf der einen Seite muss man den Grün- geben, aber auf der anderen Seite muss Wir brauchen mehr Mentoren und erfahrene Leute aus der Industrie, die Gründer unterstützen können. Wie baue ich ein Unternehmen auf? Worauf muss ich achten? Wo kann ich Hilfe be- kommen? Dr. Kerstin Stangier, Azenta Life Sciences/GENEWIZ 34 ls 03-2022 „Biotechnologie“ man den Druck von der Industrie neh- men. Hier sind die beiden Pole noch nicht nah genug beieinander. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass viele Wissenschaftler von einem besseren - ren würden. Hier brauchen wir mehr Men- toren und erfahrene Leute aus der Industrie, die Gründer unterstützen können. Wie baue ich ein Unternehmen auf? Worauf muss ich achten? Wo kann ich Hilfe bekommen? Wolff: Ein gutes Beispiel ist Dr. Christian Hennig, der Gründer von Zellkraftwerk. Als Mediziner mit einem sehr hohen IT- Sachverstand hat er sein Know-how in den vergangenen Jahren in weitere Unterneh- Entrepreneurship vorangetrieben. Das heißt, er partizipiert nicht nur, sondern gibt sein Wissen auch weiter, etwa im Rahmen von Co-Working Spaces. Solche Beispiele muss man stärker kommunizieren und damit einen positiven Effekt erzeugen, der sich nachhaltig auf das Gründungsgeschehen allgemein auswirken kann. Insgesamt Welche Unterstützungsmöglichkeiten bestehen in der Region, Wissenschaftler mit den notwendigen betriebswirt- schaftlichen Kenntnissen vertraut zu machen? Prof. Dr. Neumuth: Man muss natürlich unterscheiden zwischen den Wissen- schaftlern, die mit einem Gründungs- gedanken spielen, und solchen, die in der Wissenschaft bleiben wollen. Es gibt natürlich Angebote im städtischen Kon- text oder im Kontext der Universität, wo Interessierte niederschwellig über gewisse betriebswirtschaftliche Grundlagen infor- miert werden. ist es aber - zierung oder Regulatorik über eine klassi- sche Schulung zu vermitteln. Hier wäre der deutlich bessere Weg, die Leute könn- ten über einen gewissen Zeitraum in einem Unternehmen mitarbeiten, um quasi am eigenen Leib zu erfahren, was sich hinter den genannten Begriffen verbirgt. In Zusammenarbeit mit der Hofmann: Stadtverwaltung arbeiten wir aktuell sei- tens biosaxony an einem Angebot, Fragen von Gründern etwa zur Regulatorik gemeinsam anzugehen, sodass diese Themen und Aufgaben quasi an den Cluster outgesourct werden können. Das Interesse gerade kleinerer Unternehmen m u t c n u p / r e y o H n a f e t S © : o t o F an solchen Dienstleistungen ist erheblich, denn sie wollen sich schlichtweg auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Wir wollen solche Verwaltungsprozesse von den Unternehmen fernhalten. Über biosaxony haben wir zudem auch für andere Themen ein großes Netzwerk an Mentoren, welches wir Start-ups zur Verfügung stel- len können. Woran könnte der angestrebte Struktur- wandel scheitern? Hofmann: Aus meiner Sicht könnte ein angestrebter Strukturwandel an verwal- tungstechnischen Hürden scheitern. Das ist ein gängiges Risiko, mit dem solche Bottom-up-Projekte, wo Ideen aus der Wissenschaft im Zuge wirtschaftlicher Innovationen nachhaltig umgesetzt wer- den sollen, konfrontiert sind. Der angestrebte Strukturwandel muss wirklich innovativ gestaltet werden. Ich sehe Projekte, die für mich keinen tatsäch- lichen Strukturwandel darstellen. Die Sanierung eines Rathausturms mag als dadurch entstehen keine Arbeitsplätze. Wir brauchen messbare Größen für den Strukturwandel. Prof. Dr. Neumuth: Ich glaube, das Thema Strukturwandel könnte scheitern, wenn - det werden, bereits vorhandene Struktu- ren zu festigen, statt neue zu etablieren. - ist wirklicher Wandel? Wo kann man Prof. Dr. Dr. Köhl: Ich glaube, wir können den Strukturwandel nicht nur lokal betrachten. Das Problem der Lieferketten ist auch in der Medizintechnik oder in der Zell- und Gentherapie immanent. Der Strukturwandel sollte demnach auch ein Stück unserer technologischen Souveräni- tät wiederherstellen. Prof. Dr. med. habil. Josten: Wir dürfen nicht neidisch auf unsere Nachbarn und deren Erfolge sein. Anstatt uns zu fragen, warum Intel seine neue Chipfabrik in Magdeburg baut und nicht in Sachsen, sollten wir uns freuen, dass ein globaler Konzern seine neue Fabrik im benachbarten Bundesland installiert. Wir müssen uns auch über den Erfolg unserer Nachbarn freuen, und wir sollten uns überlegen, wie wir uns dort ggf. einbringen können bzw. welche positi-

Märkte & Technologien Ein entscheidender Punkt in der Onkologie Datenbasierte Wirkstoffentwicklung für Individualtherapien Indivumed ist vor etwas mehr als 20 Jahren angetreten, die komplexen Mechanismen von Tumorerkrankungen zu entschlüsseln, um damit die Präzisionsonkologie voranzutreiben. In seinem Gastbeitrag erläutert der Gründer und CEO der Indivumed Group, wie die entscheidenden Schritte bei der Entwicklung personalisierter Therapeutika aussehen könnten. Von Prof. Dr. med. Hartmut Juhl Form von sehr umfangreichen Daten über- aus wichtig sind – sogar entscheidend, um alle relevanten Details einer Krebserkran- kung transparent zu machen. Also mussten wir zunächst Standards dafür entwickeln, wie in einem weltweiten klinischen Netz- werk bei der Gewebegewinnung einheitlich hochwertige Bioproben des chirurgisch entfernten Gewebes entnommen werden, die das zellbiologische Geschehen richtig widerspiegeln, wie wir die Ischämie in den Griff bekommen und wie wir mit den unge- heuren Datenmengen von etwa 250 GB pro Patient umgehen. Und das alles, um die molekulare Realität des jeweiligen Tumors darzustellen, vergleichbar zu machen, zu erforschen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das ist uns gelungen – jetzt folgt der nächste Schritt auf dem Weg zur Entwicklung neuer, besserer und vor allem individuell gezielt einsetzbarer Targets. Dazu ein einfaches Beispiel: Raupe und Schmetterling haben identische Gene, aber sehen offenkundig und zellbiologisch komplett anders aus im Phänotyp. Über- tragen auf Tumore bedeutet das, alle onkologischen Erkenntnisse zu Tumoren zu sammeln und auszuwerten. Hierfür haben wir im Juni 2021 nRavel gelauncht. In dieser cloudbasierten und lernfähigen KI-Plattform werden die gewonnenen Multiomics-Daten pseudony- misierter Patienten mit Disease Models und funktionellen Daten kombiniert und analysiert. Man kann von einer „Discovery Machine“ sprechen, die das Unsichtbare sichtbar macht. Das ist schon bahn- brechend, weil es uns damit erstmals möglich ist, Biomarker und Targets in und validieren, um damit noch einen Schritt weiterzugehen. Von Multiomics bis KI-Analyse Die biologischen Informationen, wie geno- mische, transkriptomische, proteomische, phosphoproteomische und histopatholo- gische Daten, die wir aus den Bioproben gewinnen, werden mit umfangreichen Patientendaten kombiniert. Dazu gehören individuelle Faktoren wie Begleiterkran- vor allem die Therapie und der Verlauf der Erkrankung. es Vereinfacht darum, nicht nur die DNA von einzelnen Tumoren zuverlässig zu bestimmen, son- dern den kompletten Phänotyp. Warum? ausgedrückt geht H b m G d e m u v d n I i © : o t o F ZUM AUTOR Prof. Dr. Hartmut Juhl ist Unternehmer, chirurgischer Onkologe und weltweit aner- kannter Forscher, der sich der Wissen schaft der Gewebequalität und ihrer Anwen- dung auf die Präzisionsmedizin in der Krebsdiagnostik und -therapie widmet. H b m G d e m u v d n i I © : o t o F W ie so oft im Leben – und bei potenziell letalen Erkrankun- gen umso mehr – geht es in der Onkologie nicht nur darum, das große Ganze zu sehen, sondern auch darum, es zu verstehen. Wir wissen heute, dass KI- gestützte Datenanalyse der Schlüssel zur Entwicklung individueller Wirkstoffe ist. Um die zukünftigen Schritte zu verdeut- lichen, ist es nötig, einen kurzen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Goldstandard in der Proben- und Datenanalyse Wir haben die präklinische Forschung in der Onkologie nicht neu erfunden, aber in den letzten Jahren in solchem Maße präzisiert, dass sie zur bestmöglichen Ausgangsbasis Therapeutikaentwicklung geworden ist. Von Anfang an waren wir der Überzeugung, dass die Reproduzierbarkeit der Qualität von Gewebe-, Blut- und Tumorproben sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse in 36 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Präzisionsonkologie jenseits der Genomik “Locating the genes that cause cancer has been ‘remarkably unhelpful’ – the belief that sequencing your DNA is going to extend your life is ‘a cruel illusion.’” – James Watson, New York Times, 2016 Um die Herausforderungen der Präzisionsonkologie jenseits der Genomik zu verstehen, bedarf es eines Verständnisses, wie die moderne Onkologie praktiziert wird. Von Dr. Christian Regenbrecht In den letzten fünf bis zehn Jahren hat es die Sequenzierlobby geschafft, dass heute „personalisierte Onkologie“ meist synonym zu „Tumorsequenzierung“ ver- standen wird. Kommerzielle wie akademi- sche Sequenzierzentren überbieten sich mit methodischen Finessen, ausgewähl- ten Genpanels und letztlich hoffnungs- vollen Versprechen für den Arzt und Patienten gleichermaßen. Aktuelle Fachpublikationen zeigen jedoch, dass nur eine kleine Minderheit von Patienten bei der Behandlungs- Die Ursache dafür liegt nicht in mangel- haften Methoden, sondern in der Komple- xität der Interaktionen innerhalb der Zelle, der Zellen untereinander, der Organe bis zum Organismus und dessen Inter- aktion mit der Umwelt. Da die Anforde- rung einer Tumorsequenzierung den Onkologen nicht mehr kostet als ein Kreuzchen auf dem Anforderungsschein, entsteht eine gewisse „Mitnahmementa- lität“; auch, weil Patienten eine Tumor- sequenzierung einfordern, denn diese wird öffentlich als Goldstandard wahr- genommen. Daraus entsteht eine Grup- pendynamik, der nur schwer zu widerste- hen ist. Kein Arzt möchte wahrgenom- men werden als derjenige, der dem Patienten etwas vorenthält, zumal wenn es die Kostenträger bezahlen. Die Crux mit den Leitlinien Historisch betrachtet war es sinnvoll, Behandlungen zum Schutz der Patienten zu standardisieren. Dieser Mechanismus ist jedoch mehr und mehr zu einem Schutz der Behandeln- den geworden. Sie sind diejenigen, die festlegen, welche Behandlungsstrategien zum Standard gekürt werden. Unabhängig von den Erfolgschancen einer Behandlung gemäß Leitlinie sind Ärzte, die diesen Pfad nicht verlassen, juristisch unangreifbar. Die Angst, möglicherweise vom Patienten, dessen Angehörigen oder Hinterbliebenen verklagt zu werden, ist sowohl nach- vollziehbar als auch ein Hemmnis für individualisierte Therapien jenseits der Leitlinien. So kommt es regelmäßig vor, dass eine möglicherweise im Einzelfall wirksame Therapie dem Patienten nicht zugänglich ist, weil „die meisten Patien- Leitlinien basieren auf den Daten von kontrollierten großen randomisiert ZUM AUTOR Dr. Christian Regenbrecht ist promovierter Molekularbiologe sowie CEO der Firmen CELLphenomics und ASC Oncology. Sein Forschungsschwerpunkt ist die system- medizinische Tumorforschung an drei- dimensionalen Organoid-Tumormodellen. l y g o o c n O C S A © : o t o F W er die Diagnose „Krebs“ erhält, durchläuft zunächst diverse diagnostische Maßnahmen, von Blutbild über bildgebende Verfahren bis hin zu explorativen Eingriffen und Biop- sien. Im nächsten Schritt wird anhand von Tumorlokalisation und -größe sowie dem möglichen Vorhandensein von Metastasen Vergleichbarkeit von Therapieansätzen und -erfolgen ermöglichen. Anschließend wird gemäß sogenannter Leitlinien behan- - entscheidungen dabei von Tumorsequen- zierungen begleitet. Seit der Sequenzierung des ersten Humangenoms hoffen Wissenschaftler und Ärzte, mithilfe der Genomik Krebs zu besiegen oder zumindest als chronische Erkrankung behandeln zu können. Bei jährlich rund 2,7 Millionen Krebsneudiag- nosen in der EU handelt es sich nicht nur um einen rein humanistischen Wunsch, sondern um ein Multi-Milliarden-Euro- Business. 38 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Zwischenbilanz Von Errungenschaften und Notwendigkeiten der Pandemie Wer dieser Tage einen ungefilterten Blick auf die Arbeitsbedingungen in deutschen Krankenhäusern erhalten möchte, muss nur auf Twitter durch die Hashtags #Medizinbrennt oder #Pflegenotstand scrollen. Allgemeiner Konsens ist, dass die dramatischen Missstände bereits seit Langem schwelten, die Coronapandemie aber wie ein Brandbeschleuniger wirkte und nun das ausgepowerte Personal reihenweise das Handtuch wirft. Angesichts all der COVID-19-Schicksale ist die andere Seite der Medaille – die „gute Seite“ der Pandemie – etwas schwerer zu beschreiben. Haben wir in mehr als zwei Jahren Pandemie etwas dazugelernt? Welche Konsequenzen ziehen wir, um die vorherrschende Situation zu verbessern? Von Eva Bauer und Tamara Breitinger m o c . e b o d a . k c o t s – i n e z r a i t h k a © : n o i t a r t s u l l I Z ehn Erkenntnisse aus der andauern- den Pandemie stellt die Internatio- nal Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations (IFPMA) in einem über 60 Seiten starken Schriftsatz1 vor. Beispielsweise sind einige der wirk- samsten Maßnahmen zur Pandemiebe- kämpfung aus innovativen Partnerschaften innerhalb des Sektors erwachsen. Aus den mehr als 330 Kollaborationen sticht sicherlich die Zusammenarbeit zwischen dem Innovator BioNTech und dem Pharma- riesen Pfizer heraus. Doch auch die stetige Ausweitung des mRNA-Produktionsnetzes innerhalb Europas mit z.B. der PlasmidFactory, Rentschler Biopharma oder Dermapharm fällt hierunter. Die IFPMA konstatiert, dass Pandemie- impfstoffe und -therapeutika nicht zuletzt dank der außergewöhnlichen Zusammen- 1) IFPMA (2022): Applying Lessons Learned from COVID- 19 to Create a Healthier, Safer, More Equitable World. 2) European Commission (2022): Health Union: HERA delivers list of top-3 health threats to prepare against. 3) Camilo Mora et al. (2022): Over half of known human pathogenic diseases can be aggravated by climate change. In: Nature Climate Change. arbeit zwischen Industrie und Behörden entwickelt werden konnten. Auch auf EU-Ebene kam ein regulatorischer Stein ins Rollen: Die im September 2021, nach US-amerikanischem Vorbild der BARDA, gegründete Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Not- lagen (HERA) hat die Aufgabe, „Notfälle im Gesundheitsbereich zu verhindern, zu ermitteln und rasch auf sie zu reagieren“. Sie präsentierte kürzlich die drei „wichtigs- ten Gesundheitsrisiken, auf die man sich vorbereiten sollte“.2 Die größten Gesundheitsrisiken … Auf Platz eins stehen Pathogene mit hohem pandemischem Potenzial. Die HERA hebt die RNA-Viren hervor, welche die Atem- wege befallen. Neben SARS-CoV-2 gehören hierzu auch Influenza oder das Respirato- rische Synzytial-Virus (RSV). Auch der Klimawandel wird dazu beitragen, dass vormals exotische Virusinfektionen wie Dengue oder Hanta verstärkt in unseren Breitengraden auftreten.3 Biotechs wie Atriva Therapeutics oder Marinomed 40 ls 03-2022 „Biotechnologie“ setzen mit ihren Entwicklungen genau die- ser Gruppe von RNA-Viren etwas entge- gen: Während Marinomed ein Nasenspray zur physikalischen Virenabwehr erfolg- reich auf den Markt gebracht hat, arbeitet Atriva an einem wirtsbasierten antiviralen Breitbandmedikament. Neben Gesundheitsrisiko Nummer zwei – chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Bedrohungen – identifizierte die HERA auch Bedrohungen durch anti- mikrobielle Resistenzen (AMR) als eines der drei größten Risiken für die mensch- liche Gesundheit, denn AMR zeichnen für weltweit über 1,2 Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich. Diesem Feld widmet sich die AMR Industry Alliance, ein Zu- sammenschluss aus über 100 Unternehmen und Verbänden. Europäische Mitglieder sind Größen wie Merck oder Roche, aber auch fokussierte Spezialisten wie AiCuris oder Destiny Pharma. Sie entwickeln neuar- tige Wirkmechanismen und Lösungsansätze, ZU DEN AUTORINNEN Wenn Eva Bauer und Tamara Breitinger, MC Services AG, nicht gerade Artikel schreiben, helfen sie ihren Kunden aus Biotechnologie und Medtech dabei, ihre Wissenschaft und Produkte in der Öffentlichkeit zu positionieren.

Märkte & Technologien m o c . e b o d a . k c o t s – e n i L y k S © : o t o F die anders als klassische Antibiotika gar nicht erst zur Resistenzbildung führen. … erfordern vielerlei Strategien Trotz dieser Errungenschaften sieht die IFPMA noch Handlungsbedarf: In einer Erklärung4 fordert sie dazu auf, weltweit „die Pandemiebereitschaft in die Gesund- heitssysteme [zu] integrieren“, und schlägt vor, eine „kollaborative Lösung für eine gerechte Einführung von Impfstoffen, Behandlungen und Diagnostika für zu- künftige Pandemien zu schaffen“. Nach- dem auch international der Fokus lange überwiegend auf Impfstoffe gerichtet war, hat sich auch bei diesem Gremium die Pandemievorsorge auf mehreren Säulen aufbauen muss. In Deutschland hat BEAT-COV, ein Zusammenschluss von mittelständischen Biotechunternehmen mit Medikamenten- kandidaten in fortgeschrittener Entwicklung, maßgeblich mitgewirkt, dass staatliche Institutionen Fördermittel für die klinische Erprobung von COVID-19-Therapeutika Firmen Adrenomed, Apogenix, Atriva Therapeutics, CORAT Therapeutics und Phase-III-Daten wurden zwischenzeitlich von Lancet Respiratory Medicine publiziert. 4) IFPMA (2022): BERLIN DECLARATION – Biopharmaceutical Industry Vision for Equitable Access in Pandemics. 5) Lancet Respir Med 2022. https://doi.org/10.1016/ S2213-2600(22)00297-1. 6) www.vfa.de/corona-therapie 7) Corona-ExpertInnenrat der Bundesregierung (2022): 11. Stellungnahme. 42 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Mittlerweile stehen zwar einige zugelassene Therapieoptionen zur Behandlung von COVID-19 zur Verfügung, weltweit werden jedoch noch mehr als 600 Medikamente klinisch erprobt.5 Diese Bandbreite ist gut und wichtig, damit Ärzte unterschiedlichen viralen Vermehrungsstrategien und Resis- tenzbildung etwas entgegensetzen sowie verschiedene Krankheitsstadien und Schweregrade adressieren können. Potenziale nutzen Der Kampf gegen COVID-19 hat ungeahnte Kräfte mobilisiert. Doch Pandemic Prepared- ness beschränkt sich nicht nur auf diese Pandemie – davor warnen HERA, IFPMA und der ExpertInnenrat der Bundesregie- rung zu COVID-19. Letzterer mahnt, dass neben unvorhersagbaren Virusvarianten von SARS-CoV-2 auch „andere Atemwegs- erkrankungen in diesem Jahr in größerem Umfang zurückkehren werden und eine zusätzliche Belastung bedeuten“.6 Es besteht dringender Handlungs- bedarf; es gibt jedoch auch viel Potenzial. Die gesamte Gesellschaft, bestimmte vulnerable Gruppen, aber auch die Wirt- schaft könnten von einer geregelten und - tieren – der Standort Deutschland gleich in doppelter Weise: Durch Förderung einheimischer Hochtechnologie werden nicht nur Arbeitsplätze und IP geschaffen, sondern sie trägt auch wesentlich zur notwendigen Resilienz gegenüber globa- len Lieferketten bei und fördert die lokale Wertschöpfung. Trotz zunehmender medialer Aufmerk- samkeit ist das Thema Pandemievorsorge kaum positiv besetzt und in der Bundes- politik weiterhin unterrepräsentiert. Dabei würden sich die zuvor genannten Anknüp- fungspunkte anbieten, um sich öffentlich- keitswirksam die Förderung von Public Health und des Standorts Deutschland gleichermaßen auf die Fahnen zu schrei- ben. Die Bundesregierung hat zwar bereits einzelne Ansätze auf die Straße gebracht, wie die Pandemievorsorgeverträge, etwa mit IDT Biologika. Eine nachhaltige Strategie und staatlich verankerte Förderung, die die Bereitschaft sichtbar werden lässt, Lehren aus der Coronazeit zu ziehen und künftigen Pandemien etwas entgegenzu- setzen, fehlt jedoch noch immer. Der Transfer von der – in Deutschland bei- spielhaften – universitären Grundlagen- forschung hin zur marktnahen Entwick- lung weist große Lücken auf. Im täglichen - keiten scheint der Blick für das große Ganze verloren zu gehen – einerseits für die andauernde Bedrohung, andererseits für die ungenutzten Möglichkeiten. In Australien engagiert sich nun ein pri- vater Investor: Der Philanthrop hat das Potenzial erkannt und treibt mit umge- rechnet 171 Mio. EUR die Gründung eines globalen Zentrums zur Entwicklung von Pandemietherapeutika voran.7 Wer dagegen in Deutschland und Europa den Takt vor- gibt, bleibt abzuwarten: Finden sich aus der Wirtschaft Kooperationspartner zusammen, die antivirale Medikamente zur Marktreife bringen? Warten wir auf einen deutschen Pandemieplan, oder soll es die HERA rich- ten? Wollen wir bei all dem Potenzial die Medizin weiter brennen lassen?

Märkte & Technologien Röntgenscreening für die struktur- basierte Medikamentenentwicklung Hochdurchsatz-Röntgenstrukturanalysen am PETRA-III-Synchrotron Das strukturbasierte Wirkstoffdesign ist eine der leistungsfähigsten Techniken in der modernen Arzneimittelforschung. Dabei werden basierend auf der dreidimensionalen Struktur eines Zielbiomoleküls, bei dem es sich in der Regel um ein Protein handelt, das bei der betreffenden Krankheit oder dem Leiden eine Rolle spielt, organische Verbindungen entwickelt, die die Funktion des Proteins modulieren können. Von Dr. Alke Meents Bindungseigenschaften an das Zielmole- kül untersucht. In einem iterativen Prozess werden diese Moleküle dann so lange opti- Wirkstoffkandidaten mit den gewünsch- ten Eigenschaften erhalten werden. Eine gewisse Einschränkung des Fragment- - ten chemisch einfachen Fragmente dar, die daher eine umfangreiche iterative Optimierung erfordern, um sie zu kom- plexeren und wirksameren Inhibitoren zu entwickeln. Röntgenscreening von Wirkstoffbibliotheken Im Gegensatz zu Fragmenten sind zugelas- sene Arzneimittel chemisch komplexer und besitzen ein durchschnittliches Mole- kulargewicht von etwa 400 Dalton. Eine Sammlung solch zugelassener oder zumin- dest in (prä)klinischen Studien erprobter ZUM AUTOR Dr. Alke Meents leitet die Arbeitsgruppe „Biomedical Research with X-rays“ (FS-BMX) am DESY in Hamburg. Einen Schwerpunkt seiner Arbeiten bildet dabei die Anwendung der Hochdurchsatz-Röntgenstrukturanalyse in der biomedizinischen Forschung. Y S E D © : o t o F Messplatz P11 am PETRA-III-Synchrotron für die Röntgenstrukturanalyse von biologischen Proben. Durch den hohen Automatisierungsgrad lassen sich pro Tag bis zu 600 Proben messen. D - wendung von Röntgenstrahlung stellt dabei eine besonders leis- tungsfähige Methode zur Bestimmung der dreidimensionalen Struktur von Proteinen hochbrillante Strahlungsquellen wie das Petra-III-Synchrotron in Hamburg können solche Strukturanalysen nun in wenigen Minuten durchgeführt werden. Unter ande- rem dadurch ist es möglich geworden, die Methode auch als primären Screen von ganzen Wirkstoffbibliotheken einzusetzen. Ein klarer Vorteil des Röntgenscreenings gegenüber anderen eingesetzten biochemi- schen und biophysikalischen Screening- techniken ist es, dass die Methode direkt 3D-Strukturinformationen über die Wech- selwirkungen und Bindungsmodi der Wirk- stoffkandidaten an das Zielmolekül liefert und dadurch die weitere chemische Optimierung der Wirkstoffkandidaten er- heblich einfacher und deutlich schneller erfolgen kann. Dafür ist allerdings der experimentelle eines Röntgenscreenings im Vergleich zu anderen Methoden signi- Fragmentscreening mit Röntgenstrahlung Ein sehr erfolgreicher und zunehmend verbreiteter Ansatz für die strukturbasierte Arzneimittelentwicklung ist das Röntgen- screening von Fragmentbibliotheken, die kleinere Moleküle mit molaren Massen unter 200 Dalton enthalten und an die Zielmoleküle binden können. Basierend auf den Ergebnissen werden im Anschluss mit Computerberechnungen im Rahmen einer sogenannten Fragment Extension komplexere Moleküle erstellt, die mehrere wirkungen eingehen können. Diese wer- den sodann synthetisiert und auf ihre 44 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Das Ende einer Erfolgsstory für Patientenversorgung und Industrie? Orphan Drugs: Falsch angesetzte Sparmaßnahmen gefährden eine gute europäische Initiative Die Angaben schwanken – manche sprechen von 6.000, andere von rund 8.000 verschiedenen seltenen Erkrankungen (engl. Orphan Diseases)1. Diese Spannweite macht zwei Tatsachen klar: Es muss noch viel Wissen zutage gefördert werden, um ein klareres Bild von den seltenen Erkrankungen zu erhalten, und die Anzahl der Patienten mit einem seltenen Leiden ist insgesamt gar nicht so klein; allein in Deutschland sind es etwa vier Millionen Menschen. Ein dritter Aspekt folgt aus diesen beiden ersten Punkten: Wie werden diese Menschen behandelt? Von Dr. Pablo Serrano und Dr. Matthias Wilken Besondere Innovationen anno 2022 Unter den im Laufe des Jahres 2022 bislang einige besonders interessante Produkte. Ein zunächst ungewöhnliches Beispiel ist der Birkenrindenextrakt Filsuvez, der für Pati- enten ab sechs Monaten von der EU-Kom- mission zur Behandlung der Epidermoly- sis bullosa zugelassen wurde. Die Betrof- fenen leiden aufgrund von Genmutationen in Hautproteinen an einer sehr fragilen Haut – daher auch der Name „Schmetterlings- krankheit“. Als Wirkmechanismus wird angenommen, dass das Birkenrindengel Entzündungsmediatoren moduliert, die Hautzellen zur Differenzierung und Migra- tion anregt und auf diese Weise die Wund- heilung und den Wundverschluss fördert. ZU DEN AUTOREN Dr. Pablo Serrano ist Geschäftsfeldleiter Innovation & Forschung / Biotechnologie im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI e.V.). Dr. Matthias Wilken ist Geschäftsführer Market Access, Märkte und Versorgung beim BPI. m o c . e b o d a . k c o t s – N U E K G N U Y H © : o t o F B is in den späten 1990er-Jahren gab es sehr wenige Arzneimittel gegen seltene Leiden (sogenannte Orphan Drugs). Dies bewegte die EU-Kommission dazu, eine Verordnung2 auf den Weg zu bringen. Es sollten Anreize für die pharma- 1) Als selten gilt eine Erkrankung in der Europäischen Union gemäß der Verordnung (EG) 141/2000, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind. Zum Vergleich: Von 10.000 Menschen leiden 750 an Diabetes Typ zwei. 2) Verordnung (EG) 141/2000. 3) Das Committee for Human Medicinal Products for Human Use (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) spricht eine Empfehlung für das Inverkehrbringen (Marketing Authorisation) aus, die dann in der Regel von der EU-Kommission auch ange- nommen wird. 46 ls 03-2022 „Biotechnologie“ zeutische Industrie geschaffen werden, damit diese auch in diesen wenig lukrati- ven Arznei- und Therapiesektor investiert. Diese Initiative trägt nun Früchte: Derzeit sind etwas mehr als 133 Arzneimittel mit einem Orphan-Drug-Status in der EU zuge- lassen und stehen für die Behandlung von seltenen Erkrankungen zur Verfügung. Hinzu kommen fast 70 weitere Arzneimit- tel, die früher einmal einen Orphan-Drug- Status besaßen. So stehen insgesamt knapp 200 Wirkstoffe zur Behandlung von rund 150 seltenen Leiden zur Verfügung (siehe Abb. 1). Zudem wurden im laufen- den Jahr bis Anfang August von der EU- Kommission 15 Orphan Drugs zugelassen3.

Märkte & Technologien ist die Gentherapie Eladocagen exuparvovec (Handelsname Upstaza) zur Behandlung eines Aromatische-L-Aminosäure-Decar- boxylase-(AADC)-Mangels von Erkrank- ten ab 18 Monaten zugelassen worden. Durch den Mangel kommt es bei den Erkrankten zu einer chronischen Dopamin- - ne wichtige Entwicklungsmeilensteine nicht erreichen, da durch den Dopamin- mangel die Motorik gestört ist, womit eine geringe Muskelspannung oder geringe Muskelstärke verbunden ist. Die Erkrankung wird autosomal rezes- - lingsalter dadurch auf, dass die Kinder die Köpfe nicht anheben, krabbeln, sitzen oder erst später Wörter sagen können. Das eingeschleuste Gen im Wirkstoff Eladocagen exuparvovec soll für die Bildung des fehlenden AADC-Enzyms und damit für eine gesteigerte Dopamin- produktion sorgen. Eine weitere neue Gentherapie, die ab diesem Jahr zur Versorgung von Men- schen mit seltenen Leiden in Europa zur Verfügung steht, ist Valoctocogene roxa- parvovec (Handelsname Roctavian). Es handelt sich dabei um das erste Gentherapeu- Form der sogenannten Bluterkrankheit –, das eine Zulassungsempfehlung erhalten hat. Weil das Faktor-VIII-Gen bei Betroffe- nen defekt ist, kann kein funktionsfähiges Faktor-VIII-Protein gebildet werden. Mithilfe der Gentherapie soll der Bauplan des Proteins in die Zellen der Erkrankten eingeschleust werden, damit der Gerin- nungsfaktor vom Körper selbst gebildet werden kann. Zudem hat die EU-Kommission in den ersten sechs Monaten des laufenden Jah- res zwei weitere Biopharmazeutika gegen seltene Erkrankungen zugelassen: den monoklonalen Antikörper Teclistamab und das Enzym Cipaglucosidase alfa. Teclistamab ist ein neuartiger, vollstän- dig humanisierter, T-Zellen-umlenkender, - loms abgerichtet ist und so die Abtötung von Tumorzellen induzieren soll. Cipaglucosidase alfa wird in einer Enzym- ersatztherapie für Menschen eingesetzt, die an der seltenen Erkrankung Morbus Pompe leiden. Patienten mit diesem Alpha- Glucosidase-Mangel speichern durch Fehlen 48 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Abb. 1: Anzahl der zugelassenen Orphan Drugs in der EU 22 21 17 15 14 14 14 13 9 9 10 7 6 5 4 6 5 4 5 4 3 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Quelle: BPI, EMA Orphan Medicines Figures 2000–2021 führt zu Funktionsverlusten des Enzyms übermäßig viel Glykogen. Das in mehreren Organen, insbesondere der Muskulatur, der Leber, dem Atemtrakt und dem Herzen. Anreize sollen gestrichen oder eingeschränkt werden Aktuell steht das Anreizsystem zur Entwick- lung von Orphan Drugs in der EU auf dem Prüfstand, und auch wenn noch nicht alles bekannt ist, sieht es derzeit danach aus, dass Anreizstrukturen abgebaut werden könnten. So soll die Marktexklusivität als wichtigster Anreiz zur Förderung der Ent- wicklung von Orphan Drugs beispielsweise an Bedingungen wie eine obligatorische Vermarktung in allen EU-Mitgliedstaaten geknüpft sein – eine unüberwindbare Hürde u.a. für kleine und mittlere Unternehmen oder Mid Caps, die hierfür schlichtweg nicht die ausreichende Personaldecke besitzen. Zudem könnte der Orphan-Drug-Status - dical need“ (UMN) geknüpft sein. Dabei ist es keineswegs so trivial, was ein UMN für eine gegebene (von rund 8.000) Indika- tion oder gar für die einzelnen Patienten bedeutet: Gibt es Alternativbehandlun- gen? Reicht eine Symptomlinderung oder muss es eine kurative Therapie sein? Wird geht es gar um eine dauerhafte Komplett- remission („Heilung“)? Hier sind zahlrei- che Fragen offen. Aber nicht nur in Brüssel drohen gesetzliche Veränderungen die Patienten- versorgung mit Orphan Drugs zu ver- innovativen Arzneimittels schlechtern. In Deutschland stehen bislang nahezu alle Orphan Drugs unmittelbar nach der Zulassung zur Verfügung – ein großer Wert für die von einer seltenen Erkrankung betroffenen Patienten. Diese haben das gleiche Recht auf eine optimale Therapie wie Menschen, die unter einer wurde bei Orphan Drugs im Rahmen der Zusatznutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein solcher automatisch anerkannt. Ein Zusatznutzen ist wichtig, da nur dann gesichert ist, dass in den Preisverhand- lungen des Herstellers mit der gesetz- lichen Krankenversicherung ein Preis erzielt werden kann, der die Vermarktung eines in Deutschland ermöglicht. Nun soll diese Sondersituation laut dem derzeit im parlamentarischen Prozess lichen Krankenversicherung (GKV-Finanz- stabilisierungsgesetz; GKV-FinStG) nach- teilig verändert werden. Es bestehen gro- ße Risiken, dass Orphan Drugs zukünftig keinen Zusatznutzen mehr zugesprochen bekommen könnten – mit entsprechenden Folgen für die Preisgestaltung und die Patientenversorgung. Gerade durch das Zusammenwirken der europäischen und der nationalen Entwicklungen ziehen dunkle Wolken für die zukünftige Versor- gungssituation mit Orphan Drugs auf. Angesichts der vielen seltenen Erkrankun- gen, für die nach wie vor Therapien fehlen, ist dies keine gute Nachricht!

Märkte & Technologien Digitale Medizin mit personalisierter Ernährung Digitale Therapien halten zunehmend Einzug in die Regelversorgung Digitale Therapien (Digital Therapeutics; DTx) erfuhren zunehmende Aufmerksamkeit in den vergangenen zwei Jahren. Nicht nur die Pandemie, auch regulatorische Veränderungen wurden zu Wachstumsbeschleunigern. Dabei ist bereits seit geraumer Zeit klar: Die größten Gesundheitsherausforderungen unserer Zeit liegen in den lebensstilbedingten Erkrankungen. Von Dominik Burziwoda und Dr. med. Dr. rer. nat. Torsten Schröder Beispiel digitale Migräneprophylaxe Im Rahmen der genannten Studien zu einem digitalen Therapieprodukt gegen Migräne konnte eine Reduktion der Migränetage auf dem Niveau moderner Arzneimittel erreicht werden. Durch den Einsatz von kontinuierlichen Glukosesensoren und digitale Anwendung Lebensmittel, die bei d o o f r e P © : o t o F D ie RAND Corporation, ein amerika- nischer Think Tank, schätzt die gesundheitsökonomischen Auswir- kungen dieser Erkrankungen auf ca. 90% der Gesamtkosten im Gesundheitssystem und damit ca. 3,7 Bio. USD allein in den USA. Diese enormen Beträge machen deut- lich: Es muss etwas getan werden. Und es wird getan. DTx, auch „Apps auf Rezept“ genannt, verbinden bewährte multimodale Lebensstiltherapieansätze mit personali- sierten Inhalten, Integration mit Wearables oder kontinuierlichen Glukosesensoren (CGMs) in Software als Medizinprodukt. In Deutschland sind sie seit 2020 Teil der Regelversorgung und haben damit densel- ben Status wie Hilfs- und Arzneimittel. Weitere Länder imitieren den deutschen Weg oder haben angekündigt, dies zu tun. DTx – eine neue Option im Werkzeugkasten des Behandlers Die Gründe sind offensichtlich: Die Risi- ken einer digitalen Lebensstiltherapie sind gering, durch Personalisierung, sind die Produkte hocheffektiv und stärken Patienten nachhaltig im Umgang mit der Erkrankung sowie bei der Führung eines gesundheitsfördernden Lebensstils. Typischerweise sind DTx Medizinprodukte der MDR-Risikoklassen I oder IIa. Sie verursachen keine oder al- lenfalls geringe Neben wirkungen. So hat Perfood in zahlreichen Studien mit über 1.000 Patienten bis heute keinen einzigen Adverse Device Effect (ADE) verzeichnen müssen. Der therapeutische Nutzen ist trotzdem hoch. ZU DEN AUTOREN Dominik Burziwoda ist Gründer und CEO der Perfood GmbH, eines Entwicklers von Digital Therapeutics auf Basis personalisierter, niedrig- glykämischer Ernährung als aktivem Wirkstoff. In dieser Funktion kooperiert Burziwoda mit zahlreichen Forschungseinrichtungen, u.a. den Universitäten Lübeck, Hohenheim und Bremen sowie der Leibniz-Gemeinschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Helmholtz- Gesellschaft. Dr. med. Dr. rer. nat. Torsten Schröder ist Facharzt für innere Medizin, Diabetologe (DDG), Ernährungsmediziner und Chief Medical Officer (CMO) der Perfood GmbH. Seine Aufgabe im Unternehmen liegt in der Weiterentwicklung und Verbesserung des Konzepts einer perso- nalisierten Ernährung sowie in der klinischen Produktentwicklung der Perfood-Therapien. 50 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Nennenswertes! „Novel Food“ – oder: „Wie präzise darf es denn sein in Europa?“ Novel Food zu beleuchten. Mittlerweile als selbstverständlicher Anglizismus gebräuchlich, wird er deutschsprachlich als „neuartiges Lebensmittel“ verordnet und ist Teil des EU-Maastricht-Abkommens. Von Dr. Michael Krohn Abb. 1: Alternative Proteine – sechs Kategorien, den Konsumenten zu überzeugen Quelle: BRAIN Biotech AG D er gemeine Verbraucher, eventuell auch ein Genießer, wird daher eher wenig damit anfangen können, dass es sich dabei um Lebensmittel handelt, die vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswer- tem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wur- den, oder solche, die unter eine der in Artikel drei der Novel-Food-Verordnung (EU) 2015/22831 benannten Kategorien fallen. Ich erspare es dem Leser und mir an dieser Stelle, auf alle diese Kategorien einzugehen. Erwähnen möchte ich aber für den weiteren Kontext eine der Kategorien, die einen Eindruck der Komplexität vermitteln mag: Lebensmittel, die durch ein neuartiges, nicht übliches Verfahren hergestellt werden. Mein Vater hätte geschimpft: „Da haben wir den Salat!“ Immerhin kann man davon ausgehen, dass „der Salat“, jedenfalls der, an den ich mich familiär erinnern kann, bereits vor 1997 1) https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/?uri=CELEX:32015R2283 2) https://food.ec.europa.eu/system/files_en?file=2016-10/ novel-food_guidance_human-consumption_en.pdf 3) EFSA; European Food Safety Athority – www.efsa.europa.eu/de 4) Lähteenmaäki-Uutela, A. et al. (2021): Food Control. Alternative proteins and EU food law. 52 ls 03-2022 „Biotechnologie“ in nennenswertem Umfang verzehrt wurde. Damit aber der Lebensmittelunternehmer seiner ihm auferlegten Eigenverantwortung als Inverkehrbringer gerecht werden kann, gibt es Leitlinien2, die er konsultieren kann, um zwischen „neuartig“ oder – ja, was denn eigentlich? – „nicht neuartig“, „konventio- nell“, bestenfalls „traditionell“ oder vielleicht doch „altbacken“ zu unterscheiden. Sollte er zu dem Schluss kommen, dass er innovativ und neuartig sein wird und will, hat er ein doch eher aufwendiges Zulassungsverfahren bei der EFSA3 vor der Brust, das bei Novel Food im besten Fall um die 16 Monate dau- ert. Aber wehe dem Unternehmer, der gerne noch präziser werden und – „Oh mein Gott!“ – genetisch veränderte Organismen (GMO) verwenden möchte.4 Auf sozialen Netz- werken würde man ausrufen: „OMG GMO!“ Er kann sich nicht nur auf die noch zeit- aufwendigere GMO-Zulassungsverordnung (EC/1823/1997) freuen, nein, er muss sein Produkt auch noch entsprechend als GMO ausloben. GMO-basierte Inhaltsstoffe müs- sen ab einer Produktkonzentration von 0,9% ausgewiesen werden. Er muss also diese Technologie deklarieren, andere sagen sogar brandmarken. Produkte, deren genetischer Kontext sich durch andere, neuartige Verfah- dies nicht aufzeigen – warum eigentlich? Klima & Nachhaltigkeit – Heute ist die organoleptische, kalorische Nahrungsaufnahme weltweit verschmolzen, Lebensmittel sind naturgemäß ebenfalls globalisiert und lassen sich nur schwer durch zeitliche bzw. regionale Grenzen aber weltweit vor allem das Konsumenten- denken und -verhalten sowie die Nach- frage nach alternativen Lebensmitteln, Letzteres ausgelöst durch den Willen nach vermindertem Fleischkonsum, Opposition - mierenden, agrarwirtschaftlichen Mono- kulturen, Nachhaltigkeitsgedanken und pandemiebedingte Offenlegung von nicht funktionierenden Lieferketten aus mono- polistischen Anbauregionen. Kurz gesagt: ZUM AUTOR Dr. Michael Krohn ist Executive Vice President, Head of Research & Development bei der BRAIN Biotech AG. Er arbeitet seit 1997 bei BRAIN. Seit dem Jahr 2019 leitet der promovierte Molekular- und Zellbiologe dort die F&E. Er war maßgeblich an der Entwicklung proprietärer Technologien bei BRAIN beteiligt, u.a. an der Entwicklung der eigenen Genome-Editing-Systeme.

Märkte & Technologien Gesund länger leben Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Altersforschung und Rejuvenation-Biotechnologie Kein Bereich der biomedizinischen Forschung wächst derzeit so rasant wie derjenige der sogenannten Longevity- oder Rejuvenation-Biotechnologie. Ziel der Firmen und Forscher in diesem Bereich ist es, Altersprozesse zu erforschen und zu bekämpfen, um Menschen ein längeres und dabei gesünderes Leben zu ermöglichen. Von Michael Greve hat, weltweit wissenschaftliche Entdeck- - nehmen zu investieren, die sich für den Fortschritt der Alterungswissenschaft einsetzen. Ziel der durch den saudischen Staat mit einem Jahresbudget von 1 Mrd. - nigung der Wissenschaft, um die Alterung und ihre Folgen zu verlangsamen. ist die In Deutschland beheimatet Forever Healthy Foundation, die humani- täre Initiative von Michael Greve, die es Menschen ermöglichen will, ihre gesunde Lebensspanne ganz wesentlich zu verlän- gern. Zu den Projekten von Forever Healthy gehören die Evaluierung neuer Rejuvenation-Therapien, die evidenz- basierte Aufbereitung des weltweiten medizinischen Spitzenwissens, die Finan- zierung anwendungsnaher Forschung zu ZUM AUTOR Michael Greve ist Internetunternehmer, IT- und Biotechinvestor, Mäzen und Philanthrop im Bereich Longevity und Rejuvenation. Er ist Gründer des Frühphaseninvestors Kizoo, mit Investments zunächst im IT-Bereich (z.B. Babbel, Staffbase und Mambu) und später im Bereich Rejuvenation-Biotechnologie (z.B. Cyclarity, Elastrin, Revel und cellvie) sowie der gemeinnützigen Forever Healthy Foundation mit dem Ziel, die gesunde Lebensspanne wesentlich zu verlängern. m o c . e b o d a . k c o t s – i j o n e r © : o t o F D ie Biotechnologie beschäftigt sich in den Bereichen Longevity und Rejuvenation mit der Vorbeugung wie auch Umkehrung von Alterskrank- heiten und nimmt deren gemeinsame Ursache, die Alterungsprozesse selbst, in Angriff. Die Therapien zielen darauf ab, altersbedingte zelluläre Veränderungen wie molekularen Abfall, Verkalkung, Gewebe- versteifung, Verlust der Stammzellfunktion, genetische Veränderungen und beeinträch- tigte Energieproduktion rückgängig zu machen oder die Zellen zu reparieren. Vielerlei Therapien verlangsamen das Fortschreiten von Krankheiten oder mildern deren Symptome. Es wird jedoch immer offensichtlicher, dass Therapien für komplexe Erkrankungen wie Krebs oder des Herz-Kreislauf-Systems von einem Fokus auf deren alterungsbedingten Initiativen gegen Alterungsprozesse Eine Vielzahl an neuen auf Alterungs- prozesse gerichteten Initiativen weltweit widmet ihr Wirken nun der im Entstehen begriffenen Welt der Rejuvenation-Bio- technologie, einer noch jungen Industrie, die allerdings wesentlich größer werden könnte als alle bisherigen Technologiemärkte. Eine dieser neuen Initiativen ist Altos Labs, neu gegründet im Januar 2022 mit einer Finanzierung von 3 Mrd. USD durch meist private Investoren wie Amazon- Gründer Jeff Bezos und in Zusammen- arbeit mit Forschungseinrichtungen in Cambridge, Kyoto, der San Francisco Bay Area und San Diego. Mehrere prominente Wissenschaftler schlossen sich Altos Labs an, beispielsweise der japanische Arzt, Stammzellenforscher und Nobelpreis- einer epigenetischen Alterungsuhr, oder auch Dr. Juan Carlos Belmonte, der für seine bahnbrechende Forschung zum „Reprogrammieren“ und Verjüngen von Zellen bekannt ist. Ähnlich ausgerichtet ist die ebenfalls 2022 gestartete Hevolution Foundation als die nach eigenen Aussagen erste Non- - tische Durchbrüche gegen altersbedingte 54 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Neue Optionen! Wirksame Behandlung von Mukoviszidose-assoziierten Lungeninfektionen vor einem Durchbruch Mukoviszidose (cystische Fibrose; CF) ist bis heute eine unheilbare Erbkrankheit. Etwa 48.000 Menschen in Europa sind von CF betroffen, in den USA über 30.000. Verglichen mit dem europäischen Durchschnitt von 78 Jahren haben CF-Patienten eine deutlich reduzierte Lebenserwartung von nur 44 Jahren. Die Erkrankung zeichnet sich durch zähen, klebrigen Schleim aus, der die Funktion verschiedener Organe, insbesondere der Lunge, beeinträchtigt. Begleiterscheinung von CF sind chronische Infektionen und Entzündungen der Lunge. Auch die Enzymsekretion der Bauchspeicheldrüse ist blockiert, wodurch Nährstoffe schlecht aufgenommen werden und CF-Patienten ungewünscht Gewicht verlieren. Von Dr. med. Jeffrey D. Wager das Risiko chronischer Infektionen weiter. Es besteht daher ein steigender Bedarf an wirksamen, langfristig anwendbaren inhalati- ven Antibiotika. Ebenso wie CFTR-Modula- toren werden diese dringend benötigt, um den Teufelskreis aus Infektion, Entzündung, Lungenschädigung, beeinträchtigte Clearance des Schleims, Infektion usw. zu durch- brechen, dem CF-Patienten ausgesetzt sind. Phase-III-Studie in Planung Genau hier hat die Schweizer Spexis AG die Möglichkeit, Menschen mit Mukovis- zu ermöglichen. Spexis hat die Rechte für ColiFin (Colistimethat) von PARI Pharma für alle Regionen außerhalb Europas li- zenziert. Colistimethat ist in Europa gut auf dem Markt etabliert und Marktführer ZUM AUTOR Dr. med. Jeffrey D. Wager ist Chair & CEO der Spexis AG (SIX:SPEX), Executive Chairman von Proterris, Inc. und Managing Director von Apeiron Partners LLC. Er hat am Rush Medical College in Chicago, USA, Medizin studiert und besitzt einen MBA der Universität von Chicago. m o c . e b o d a . k c o t s – g r e w z r e d l i b © : n o i t a r t s u l l I - C ystische Fibrose wird durch Mutati- onen im CFTR-Gen verursacht. In den letzten Jahren wurde mit CFTR- Modulatoren ein neuer Therapieansatz eingeführt, der von etwa 85% der infrage kommenden Patienten genutzt wird. Neben inhalativen Antibiotika, Bronchodilatato- ren und Schleimlösern nehmen CF-Patien- ten Bauchspeicheldrüsenenzyme, Vitamin- und Kalorienpräparate ein, sie benötigen zudem Physiotherapie, Fitnessprogramme und möglicherweise einen speziellen Ernährungsplan. Insgesamt haben Mukovis- zidose-Patienten einen hohen Behand- lungsaufwand von zwei bis drei Stunden pro Tag. Dazu kommt der Zeitaufwand für Ernährung und Fitness. CFTR-Modulatoren beheben den bei CF mangelhaften Abtransport des Schleims. Ihre Einführung erhöht die Lebenserwar- tung, hat aber bisher nicht zu einer Reduk- tion chronischer Infektionen der Lunge geführt. Fünfjahresdaten zeigen, dass chronische Lungeninfektionen auch mit einer CFTR-Modulator-Therapie unverändert fortbestehen und damit wohl ein zentrales Problem bleiben werden. Mit zunehmen- dem Alter der CF-Patienten erhöht sich ls 56 03-2022 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien „Was die Industrie benötigt, wollen wir anbieten“ Interview mit Dr. Elisabeth Lackner, CSO, Element Materials Bereich. Durch die Werkstoffprüfung bei Medizinprodukten sind wir seit Langem in diesen Märkten vertreten. Wir wissen, was es heißt, Labore in hoch regulierten Branchen Welche Kooperationen existieren im Pharmasektor bereits? - tionen. Bei den Life Sciences handelt es sich zu betreiben, in denen der Sicherheits- um eine Outsourcing-Industrie. Wir haben aspekt eine entscheidende Rolle spielt. Kooperationen mit sehr großen Playern, denen wir einzelne Services anbieten, etwa Wo stehen Sie heute bei Ihren Aktivi- täten im Life-Sciences-Markt? Wir beschäftigen bereits heute über 1.000 die Freigabetestung für Handelsware. Mit den Jahren hat sich die Industrie aber auch sehr gewandelt; so liegt unser Fokus Mitarbeiter im Life-Sciences-Bereich. Natür- heute auch auf den mittleren oder kleine- lich wollen wir unsere internationale Präsenz ren Spielern, denen wir viele Services weiter ausbauen, neue Services anbieten unter einem Dach anbieten können. Wir und neue Mitarbeiter gewinnen sowie welt- haben Kunden, mit denen arbeiten wir von weit zusätzliche Standorte akquirieren. Wir Discovery über Analytik und Testung bis gewinnen durch unsere Expansion immer zur Produktion und klinischer Prüfung auch neue Expertise hinzu. zusammen. Wir orientieren uns dabei an den Not- wendigkeiten seitens der Industrie. Was die Industrie benötigt, wollen wir anbieten. GMP-Testlabore für Pharma und Biotech Welche Rolle spielt ESG in diesem Zu- sammenhang? ESG spielt für uns eine erhebliche Rolle! ESG sowie Zell- und Gentherapie werden immer ist tief verankert bei Element Materials, in gebraucht. Auch bioanalytisch werden wir unserem Budget und in den Kennzahlen. unsere globalen Services und Expertise weiter Darin sind die wichtigsten Themen abgebildet: ausbauen. Bei Medical Devices wollen wir G A s l a i r e t a M t n e m e E © l : o t o F Plattform Life Sciences: Element Materials ist ein Experte für die Untersuchung und Produkten und betreibt weltweit mehr Branchen adressiert das Unternehmen? Dr. Lackner: Wir sind ein großes, global tätiges Laborunternehmen: Testing, Inspection, ganz unterschiedlichen Branchen tätig, aber der Grundsatz ist immer der gleiche. unsere Kapazitäten ebenfalls erweitern, im- Es sind Branchen, in denen es um absolute mer orientiert an der Frage: Was braucht Sicherheit geht. Es handelt sich um hoch der Markt, was brauchen die Kunden? regulierte Märkte mit hoher technischer Der größte Unterschied zwischen Life Expertise. Das geht von der Luftfahrt- und Sciences und Pharma im Vergleich zu ande- Weltraumtechnik über den breiten Energie- ren Branchen ist die hohe Dynamik. In Life sektor, die Gebäudesicherheit bis hin zu Sciences und Pharma kommen oft völlig Connected Technologies. neue Themen auf uns zu. Nehmen wir nur Im Life-Sciences-Bereich sind wir nicht mRNA-Therapien, die Entwicklung neuer nur laborbasiert, sondern bieten eine ganze Impfstoffe oder Zelltherapien. Hier müssen Plattform an. Von der sehr frühen For- wir als Anbieter nah am Puls der Zeit sein, schung, Discovery, über die Präklinik und das ist der Anspruch unserer Kunden an durch die gesamte klinische Phase: Wir kön- Testlabore für Arzneimittel an. Damit bedienen uns, sonst würden wir kein Business bekom- men. Das Kerngeschäft von Element sind Labordienstleistungen. Aber es ist auch ein sehr projektbasiertes und wissensbasiertes wir die Bereiche Pharma, Biotech, Zell- und Business. Das heißt, der Mix, den wir unse- Gentherapie sowie Medizinprodukte. ren Kunden anbieten, ist nicht nur labor- Element ist bereits seit Jahren in diesen basiert, sondern auch regulatorisch und Märkten tätig. In den USA sind wir einer der wissenschaftlich, entlang der ganzen größten Anbieter dieser Art im Life-Sciences- Entwicklungskette. 58 ls 03-2022 „Biotechnologie“ ZUR INTERVIEWPARTNERIN Dr. Elisabeth Lackner ist CSO bei Element Materials und treibt die globale Life-Sciences-Strategie des Unternehmens voran. Dr. Lackner ist eine erfah- rene Führungskraft in der Pharma- und Biotechnologiebranche. Dr. Lackner fun- giert auch als Qualified Person (QP) und hat einen Doktortitel in Pharmazie von der Universität Wien sowie einen Master in Tumorbiologie.

Märkte & Technologien „Eine solch solide Finanzierung hatten wir noch nie“ Interview mit Dr. Jan Schmidt-Brand, CEO/CFO, Heidelberg Pharma AG Hoffnung auf einen höheren Behandlungs- erfolg. Ein dritter großer Vorteil des Amani- tins besteht darin, dass es bei Tumoren, die aufgrund einer bestimmten chromo- somalen Veränderung sehr aggressiv sind, eine besonders hohe Wirksamkeit zeigt. Wir hoffen, mit Amanitin insbesondere diesen Patienten helfen zu können. Wann und in welchen Indikationen ist mit ersten substanziellen klinischen Ergebnissen zu rechnen? Bei den Indikationen konzentrieren wir uns mit HDP-101 zunächst auf Krebs- erkrankungen des Knochenmarks. Letztlich wird die Indikation ja durch den Antikör- per vorgegeben, den wir verwenden. Im Moment führen wir, wie in einer Phase I üblich, eine Dosiseskalation durch; derzeit sind wir auf der dritten Dosisstufe. Die ersten substanziellen Ergebnisse sehen wir dann, wenn wir mit einer gut verträg- lichen Dosis eine messbare Wirksamkeit, also einen therapeutischen Effekt erzie- ZUM INTERVIEWPARTNER Dr. Jan Schmidt-Brand ist Vorstand, CEO und CFO der Heidelberg Pharma AG. Der promovierte Jurist verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in leitenden Positionen von Pharmaunternehmen. Dr. Schmidt-Brand ist seit dem 1. September 2012 Finanzvorstand der Heidelberg Pharma AG und seit 2014 Sprecher des Vorstands. m o c . e b o d a . k c o t s – n a d g o B a d o H © : o t o F Plattform Life Sciences: Herr Dr. Schmidt- Brand, an welchem Punkt der strategi- schen Entwicklung steht Heidelberg Pharma heute? Dr. Schmidt-Brand: Wir stehen an einem entscheidenden Punkt: Mit unserer eigenen Antibody-Drug-Conjugates-(ADC-)Tech- nologieplattform sind wir nun in die klini- sche Phase eingetreten. HDP-101, das erste Produkt unserer Plattform, besteht aus einem Antikörper, der das Toxin Ama- nitin gezielt in die Krebszellen bringt, in diesem Fall beim multiplen Myelom. In der klinischen Phase I. Darüber hinaus bauen wir unsere Pipeline an ATACs – das sind ADCs, die auf Amanitin basieren – weiter aus. Wir haben zwei weitere ATAC-Kandidaten in der präklinischen Entwicklung und planen, zusätzliche ATACs im Abstand von ca. einem Jahr in die Pipeline aufzunehmen. Wir haben eine Grundlage aufgebaut, um und klinisch zu entwickeln. Ein Blick in die Forschung: Heidelberg Pharma verwendet als erstes Biotech- unternehmen den Wirkstoff Amanitin als Mittel zur Krebstherapie. Wo liegen die Vorteile im Gegensatz zu anderen Therapieformen? Amanitin ist der einzige Stoff, der die RNA- Proteinsynthese stoppt und die Zelle tötet. Das Wirkprinzip von Amanitin ist in der Krebstherapie völlig neuartig und wir erwarten, dass wir so künftig sogar Resis- tenzen durchbrechen können. Darüber hinaus ist der Wirkmechanis- mus unabhängig von der Zellteilung. Dadurch können wir auch die ruhenden Tumorzellen erreichen, welche als Ursache dafür gelten, dass Krebserkrankungen auch nach scheinbar erfolgreichen Thera- pien wiederkehren können. Somit besteht 60 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Standort Deutschland Life-Sciences-Standort Deutschland: Cooperation is key Innovatives Unternehmertum besser fördern und unterstützen Es sind erfreuliche Kennzahlen, die u.a. der aktuelle Biotechnologie-Report 2022 von EY aufführt: Das Finanzierungsvolumen in der Biotechnologiebranche hat sich im vergangenen Jahr um 170% gegenüber 2019 gesteigert. Damit wuchs die gesamte Kapitalaufnahme der Branche auf 2,4 Mrd. EUR. Die Zeichen für den Innovationsstandort Deutschland scheinen damit gut zu stehen. Von Marco Janezic Cluster und Hubs als Orte der Kooperation und Entwicklung Ich bin daher davon überzeugt, dass der Stellenwert von Wissensclustern und Orten der Kollaboration immens ist. Die dort vorherrschenden Netzwerke verschiedens- ter Institutionen, erfolgreiche Vorbilder, Wissenschaftler und bereits etablierte Life-Sciences- und Biotechunternehmen bieten insbesondere Start-ups zahlreiche individuelle Förderungsmöglichkeiten. So war es uns bei der Gründung der Life Science Factory von Beginn an wichtig, eine gezielte und starke Community mit etablierten Partnern wie Helmholtz München oder dem Fraunhofer-Institut rund um unsere eigenen Angebote aufzu- bauen. Das gemeinsam initiierte und erfolgreich laufende ELSA-Programm ist Eternygen GmbH, CEO ZUM AUTOR Marco Janezic ist CEO und Mitgründer der und Gründungspartner von Blue Ribbon Partners sowie Geschäftsführer der Life Science Factory Göttingen. Er gründete mehrere Unternehmen im Biotechbereich, von denen er vier erfolgreich zum Exit führte. n e g n i t t ö G y r o t c a F e c n e c S e f i i L © : o t o F N eben dem erhöhten Investitions- volumen offenbart sich noch eine weitere interessante Entwicklung: Die Finanzierungen stammen zu einem großen Teil aus dem Kapital der sich gerade deutschlandweit etablierenden Biotech- cluster. Den sich aktuell stark entwickelnden Wissenszentren in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Nordrhein-Westfalen scheint - rolle zuzukommen. So zeichnen sich in Deutschland erste Entwicklungen ab, wie wir sie bereits als Erfolgsgeschichte in den USA beobach- ten können: Dort gibt es an zahlreichen Standorten starke und vor allem ausdiffe- renzierte Biotechcluster, in denen gezielt ein breites Angebot an Förderprogram- men, Wissensvermittlung sowie Aus- tausch und Ressourcen für junge Unter- nehmen zur Verfügung stehen. Schauen wir nach Boston: 1.100 Life-Sciences- Unternehmen, 3,7 Mio. Quadrat meter Institutes-of-Health-Krankenhäuser, zwei Business Schools von Weltrang und all dies in einem Umkreis von 50 Kilometern. Die Innovationskraft der Region: uner- messlich! 62 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Standort Deutschland „Man muss den Output richtig umsetzen“ Interview mit Prof. Dr. Horst Domdey, Geschäftsführer, BioM Biotech Cluster Development GmbH sondern sie hat auch eine gewisse Bring- schuld gegenüber der Gesellschaft, von Bringschuld wird durch die Entwicklung innovativer Produkte abgegolten, die den Menschen helfen können. Wir haben schon damals festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, den Wechsel vom Wissenschaftler zum Unter- nehmer zu vollziehen. Daher haben wir zu Beginn eine Art Seed-Fonds gegründet, zu unterstützen und intensiv zu begleiten. Das hat hervorragend funktioniert, auch wenn wir einiges an Lehrgeld bezahlen mussten – aber auf diese Art konnten wir das Gründungsgeschehen maßgeblich unterstützen. Der Cluster ist heute eines der wichtigsten Biotechzentren in Europa. Mit welchen Herausforderungen mussten Sie sich auf dem Weg bis in die Gegenwart ausein- andersetzen? Eine der Herausforderungen war bei- spielsweise, in der Ortschaft Martinsried ein Zentrum der deutschen Biotechnologie aufzubauen und die dafür notwendigen ZUM INTERVIEWPARTNER Prof. Dr. Horst Domdey ist seit 1998 Geschäftsführer von BioM in Martinsried bei München. Seit 2006 ist er zudem Sprecher des Clusters Biotechnologie Bayern. i M o B © : o t o F Plattform Life Sciences: Herr Prof. Dr. Domdey, BioM feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum, Sie selbst wechseln in den Ruhestand. Mit welchem Gefühl gehen Sie? Prof. Dr. Domdey: Ich gehe mit einem sehr guten Gefühl, weil ich glaube, dass ich BioM in einem sehr guten Zustand an mei- nen Nachfolger übergeben kann. Gerade in den letzten Jahren konnten wir noch einmal vieles bewegen und insbesondere in den Zeiten der Pandemie hat sich die Bedeutung des Life-Sciences-Standorts München als beträchtlich erwiesen. Wir wurden immer wieder von der bayeri- schen Landesregierung um Rat gefragt und haben insbesondere den lokalen Unter- nehmen geholfen, entweder ihre bereits bestehenden Testsysteme zu vertreiben oder sie bei der Akquise von Fördergel- dern zu unterstützen, damit sie neue Test- systeme entwickeln können. Das Wichtigste: Wir haben uns sehr stark engagiert, um ein Förderprogramm des bayerischen Wirtschaftsministeriums – „BayTherapie2020“ – auf den Weg zu bringen, ein Programm, das die Entwick- lung von Therapien gegen COVID-19 durch bayerische Biotechnologieunternehmen - men von insgesamt 55 Mio. EUR. Hier konnten wir erfreulicherweise dazu bei- tragen, dass Bayern eine Vorreiterrolle in der Entwicklung von COVID-19-Therapien eingenommen hat. Es hat sich bekannter- maßen herausgestellt, dass wir neben Testsystemen und Impfstoffen auch gute Medikamente gegen Corona benötigen. Mit welchen Ambitionen sind Sie an den Start gegangen, als BioM vor 25 Jahren gegründet wurde? Ich selbst hatte bereits 1994 das Biotech- nologieunternehmen Medigene mitgegrün- det und habe in dieser Zeit auch andere interessante Gründungen erlebt, etwa die von MIKROGEN, MorphoSys oder Micromet. Es ging mir vor allem darum, mitzuhelfen, die Forschungsergebnisse der Münchner Wissenschaftsszene in Innovationen zu überführen – und diese Überführung kann m.E. nur durch Unternehmen erfolgen. Die akademische Wissenschaft sollte meiner Meinung nach nicht nur Forschungsergeb- nisse für neue Erkenntnisse produzieren, 64 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Standort Deutschland zin, im Münchner Biotech Cluster voran- zutreiben. Wir haben damals mit Unternehmen, Instituten und Kliniken gesprochen. Dabei haben die Biotechunternehmen vor allem ihren Medikamentenkandidaten beklagt, und die Kliniken hegten den Wunsch nach Medikamenten, die bei jedem Patienten, dem man sie gibt, auch wirken. Das war die Idee der personalisierten Medizin, quasi aus der Not der Biotechunterneh- men und den Wünschen der Kliniken geboren. Und wir hatten alle Beteiligten, inkl. der Wissenschaftler, hier in München vor Ort! So konnten schnell neue Koope- rationen geschlossen werden, auch mit Pharmaunternehmen. Noch wichtiger war aber die Ver- netzung. Insgesamt wurden 60 Projekte gefördert. Im Anschluss sind dann gleich mehr als 80 neue Kooperationen zwischen Unternehmen und Wissenschaft ent- standen. Was wünschen Sie BioM für die nächsten 25 Jahre? Wir haben die Bayerische Staatsregierung erfreulicherweise davon überzeugen kön- nen, die Gründung und den Betrieb eines Inkubators/Accelerators mit einer Summe wollen wir Gründerteams noch besser als bisher betreuen, damit diese schneller ihre Geschäftsideen realisieren können. Eine zweite große Herausforderung bleibt das meist zu langsame Wachstum der Unternehmen. Gründe dafür sind wahrscheinlich der Mangel an erfahrenem Management und der Mangel an Flächen, die als Labore genutzt werden können. Außerdem wird in Martinsried, dem Zentrum der Biotec h- nologieszene, nach solchen Flächen gesucht. Das ganz große Problem bleibt natürlich weiterhin die Finanzierung von Wachstum, und das sind dann meistens sehr große Tickets. Keine Bedenken habe ich, was den Out- put an Ideen und Innovationen angeht. Die Innovationskraft des Münchner Biotech Clusters bleibt hoch, aber man muss die- sen Output auch richtig umsetzen können. insbesondere hier Herr Prof. Dr. Domdey, ich danke Ihnen herzlich für das interessante Gespräch! Das Interview führte Holger Garbs. B Z I © : o t o F In Martinsried bei München ist ein Zentrum der deutschen Biotechnologie entstanden unterstützen wir bei Bedarf oder geben Informationen weiter. Wir veranstalten auch halbjährlich unseren BioAngels Day, mit etwa 30 bis 40 anwesenden Investo- ren. Dort können sich junge Unternehmen vorstellen und – wenn alles gut geht – sogar eine schnelle Finanzierung erhalten. Nächstes Jahr wird auch die BIO-Europe wichtigsten Veranstaltungen, auf der Unternehmen und Investoren zusammen- bestrebt, möglichst viele Investoren für diese Veranstaltung nach München zu holen. Natürlich sind wir auch als BioM vertreten und stellen unser gesamtes Portfolio vor. Wie haben die einzelnen Cluster früher zusammengearbeitet? Steht heute eine zunehmende, auch internationale Ver- netzung im Mittelpunkt? Gerade am Anfang hatten wir in der Tat den Eindruck, dass es viel zu viel Konkur- renz gibt und viel zu wenig Zusammen- arbeit. Um die Jahrtausendwende haben wir dann die Initiative ergriffen und mit anderen Zentren den Arbeitskreis der deutschen BioRegionen gegründet. Hier haben wir unsere Ziele und Wünsche gebündelt und gemeinsam beispielsweise über das Bundesforschungsministerium Förderprogramme auf den Weg gebracht. Diese ersten Förderprogramme wurden dann später in KMU-innovativ umgewan- delt. Das waren wirklich gute Programme, weil sie die Kooperation von Unternehmen mit akademischen Partnern gefördert haben. Später haben wir diese Kooperationen auf die europäische Ebene übertragen und den Council of European BioRegions gegründet. Das Thema „international“ hat bei uns immer einen hohen Stellenwert gehabt. Wenn Unternehmen in die USA gehen und dort Märkte erschließen wollen, müssen wir ihnen nur in den seltensten Fällen helfen, da man sich in der west- lichen Kultur ganz gut auskennt. Anders ist es beispielsweise bei Expansionen im asiatischen Raum. Gerade in Japan haben wir inzwischen mit mehreren Clustern eine hervorragende Verbindung aufge- baut. Für unsere Unternehmen bieten wir sogar Workshops an, in denen wir auf kulturelle Unterschiede aufmerksam machen. Solche Kenntnisse können bei Vertragsabschlüssen sehr hilfreich sein. Welche Entwicklung oder welches Ereignis bleibt Ihnen nach 25 Jahren besonders in Erinnerung? Ein besonderes Ereignis war 2010 unser großartiger Erfolg beim Spitzencluster- Wettbewerb des Bundesforschungsminis- teriums. In diesem Zusammenhang wurde im Übrigen auch der Vorgründungswett- bewerb m4 Award aufgelegt. Unter dem Strich haben wir damals ein ca. 100 Mio. EUR schweres Förderprogramm gestaltet, um die Entwicklung der personalisierten Medizin, der Zukunftsbranche der Medi- 66 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Standort Deutschland „Wir setzen Bodenständigkeit mit Solidität gleich“ Interview mit Alexander Dettmer, CFO, Rentschler Biopharma SE Plattform Life Sciences: Herr Dettmer, Rentschler Biopharma feiert heuer das 150-jährige Bestehen. An welchem Punkt steht das Unternehmen in seiner opera- tiven Entwicklung? Dettmer: Wir sind ein weltweit tätiges Auf- tragsentwicklungs- und Produktionsunter- nehmen (CDMO) der Biopharmazie, das u.a. für seine Qualität und Flexibilität bekannt ist. Für unsere Kunden, die in verschie- densten Ländern mit ihren Präparaten gegen seltene, schwere Krankheiten kämp- fen, fertigen wir innovative Wirkstoffe, um Leben zu verlängern und zu verbessern. Als international aufgestelltes Unterneh- men mit 1.100 Mitarbeitern in Laupheim, im US-amerikanischen Milford und in Stevenage nahe London sind wir nicht nur produzierend, sondern auch beratend tätig: Unseren Kunden helfen wir dabei, aus einer innovativen Idee ein schlagkräftiges Produkt zu machen. In zukunftsorientier- ten Allianzen wie der Xpert Alliance mit Vetter gelten wir als verlässlicher Partner für medizinischen Fortschritt. 150 Jahre – das klingt auch nach Boden- ständigkeit im manchmal schnelllebigen Life-Sciences-Geschäft. Würden Sie dem zustimmen? Bodenständigkeit klingt für manche schwerfällig, langsam und träge. Wenn Sie das meinen, dann nein. Wir setzen Boden- solide und unabhängig zu sein sowie Ent- scheidungen zu treffen, die nachhaltig Nutzen stiften für unsere Kunden und deren Patienten – das ist unser Credo. In manchen Dingen sind wir blitzschnell; andere Entscheidungen brauchen mehr Zeit, um umfassend durchdacht und mit Überzeugung getroffen zu sein. Als Familien- unternehmen nehmen wir uns für Ent- scheidungen und Prozesse genau so viel Zeit wie für „die beste Lösung“ für unsere Kunden. Wachstumschancen gehen im- mer auch mit Heraus forderungen einher, 68 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Alle unsere Wirkstoffe sol- len im Leben von Patienten einen Unterschied machen. die es zu bewältigen gilt. Strukturen und Prozesse müssen so weiterentwickelt wer- den, dass auch in Wachstumsphasen die nötige Agilität bewahrt wird. Ein Motto von Rentschler lautet „nachhal- Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang? Bei Rentschler Biopharma ist mit dem nachhaltigen Nutzen derjenige gemeint, der langfristig wirkt und kontinuierlich immer wieder gefördert wird. So setzen wir uns seit 150 Jahren für medizinischen Fortschritt ein, um Leben zu verbessern. Das jeden Tag aufs Neue unser Anspruch, der für unsere Kunden übri- gens einen wesentlichen Unterschied macht – denn dadurch entwickeln wir gemeinsam zukunftsträchtige Medizin, die sehr lange am Markt Bestand hat und deren Entwicklung sich auszahlt. Alle unsere Wirkstoffe sollen im Leben von Patienten einen Unterschied machen – das meinen wir, wenn wir „nachhaltig Nutzen stiften“ fordern und fördern. ist Trotzdem gab es in der Geschichte von Rentschler auch einige Turning Points. Welche können Sie uns nennen? Die Wurzel des heutigen Unternehmens ist die 7-Schwaben-Apotheke. Sie wurde 1872 von Gottlob Müller, dem Ur-Ur-Großvater des heutigen Inhabers, Prof. Dr. Nikolaus F. Rentschler, an der noch jungen Bahn- linie der Schwäbischen Eisenbahn gegründet. Nachdem Müller noch selbst Arzneimittel produziert hatte, ging das Herstellungs- monopol bald auf die pharmazeutische Industrie über; die Apotheken waren für Lagerung und Ausgabe zuständig. Ein Wendepunkt nach dem Zweiten Weltkrieg war der Einstieg in die Produktion von Impfstoff gegen Rindertuberkulose. Diese stiftete nachhaltig Nutzen, sicherte sie nach dem verheerenden Krieg doch die Ernährung der Bevölkerung. Ebenso revolutionär war für unser Familien- unternehmen der Eintritt in die Biophar- mazie mit dem ersten Interferon-Produkt im Jahr 1968. Auf diesem Gebiet haben wir dann derart umfangreiches Know-how aufgebaut, dass wir uns ganz auf die Bio- pharmazie fokussiert haben. Und zuletzt mit der Entscheidung, in der Corona- pandemie durch Einstieg in die Impfstoff- produktion den weltweiten Kampf gegen dieses Virus zu unterstützen, was für uns aus ethischen Gründen eine Selbstver- ständlichkeit war – so wie unsere Aktivitäten in Stevenage mit unserer englischen Tochter ATMP: Nahe London bauen wir dort unser Kompetenzzentrum auf, um auf dem Gebiet der Zell- und Gentherapie tätig zu werden. Das ist ebenfalls Medizin, die vie- len Menschen großen Nutzen stiften wird. ZUM INTERVIEWPARTNER Alexander Dettmer hält ein Diplom (Lic. Oec. HSG) in Wirtschaftswissenschaften und ist seit Juli 2020 Chief Financial Officer bei Rentschler Biopharma. Davor hatte Dettmer mehrere Führungspositionen inner- halb der Fresenius SE & Co. KGaA inne.

Standort Deutschland Strategische Partnerschaften bilden eine feste Säule im Geschäft. Warum sind solche Partnerschaften so wichtig und wie Beim Angebotsspektrum arbeitet Rentschler Biopharma in einem kollaborativen „Öko- system“ mit strategischen Partnern zu- sammen, die mit unseren Werten und der Einstellung zu Exzellenz und Leistung übereinstimmen. Durch diese koordinierte Zusammenarbeit entsteht ein verbesser- ter und beschleunigter Service für die Kunden. So können wir uns als mittelstän- disches Unternehmen vollumfänglich auf die Leistung „Entwicklung und Wirkstoffpro- duktion“ konzentrieren und gleichzeitig die biopharmazeutische Wertschöpfungskette breit abdecken, wenn dies vom Kunden gewünscht wird. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Wir haben eine strategische Partner- schaft mit Vetter Pharma für hochwertige aseptische Abfüllung und Sekundärver- packung geschlossen. Gemeinsam erwei- tern wir unsere Dienstleistungen, indem wir komplementäre Fähigkeiten und Erfah- rungen anbieten, damit Kunden ihre Pro- dukte einfacher und schneller zum Patienten bringen können. Ein weiteres Beispiel ist die Zusammen- arbeit mit dem Inkubator Catapult: Die K ooperation mit dem britischen Cluster war opportun, um sich im Bereich ATMP zu etablieren, ein neues Angebot für die Produktion von Zell- und Gentherapien (CGT) zu schaffen und auch in diesem Bereich dem Kundenbedarf nachzukommen. Es gibt immer wieder auch Kooperationen im Sinne der sogenannten Co-opetition mit Wettbewerbern aus der Industrie, z.B. bei Ausfällen in der Lieferkette durch Zusammenarbeit die Wertschöpfungskette stabil zu halten und Kunden bedienen zu können. Und natürlich arbeiten wir auch mit unseren Kunden in langfristigen strategi- schen Partnerschaften zusammen. Diese basieren auf Vertrauen, offener Kommuni- kation und dem Bestreben, ein gemein- sames Ziel zu erreichen. Ein großer Faktor in der zukünftigen Entwicklung des Gesundheitswesens ist die Digitalisierung. Wie setzt Rentschler Biopharma diese um? Durch die optimale Nutzung der Digitali- sierung will Rentschler Biopharma die 70 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Rentschler Biopharma ist ein Familienunternehmen und wir legen großen Wert auf unsere Unabhängigkeit. Produktqualität modellieren, um Material- verschwendung und Zeitaufwand zu mini- mieren. Durch den Einsatz modernster und praktikabler Technologien arbeiten wir an der kontinuierlichen Steigerung der Produkt- und Servicequalität. Fortschritte bei den Technologien, die sowohl die Produktions- als auch die Ver- triebsprozesse digitalisieren, sind von entscheidender Bedeutung, um Rentsch- ler Biopharma für die Zukunft zu rüsten. Solche Technologien ermöglichen den Verzicht auf Papier, die Digitalisierung von Laborergebnissen und die automatische Transkription von Datenpunkten zwischen Geräten. Dadurch wird das Risiko von manuellen Fehlern und Abweichungen erheblich reduziert und eine schnellere und effektivere Verarbeitung ermöglicht. Wir erleben auch eine kontinuierliche Zunahme von Online- und Inline-Überwa- chungsmöglichkeiten. In Verbindung mit der computergestützten Modellierung führen diese zu einem besseren Verständnis dafür, wie technische Beschränkungen die Produktqualität beeinträchtigen können, und ermöglichen so eine bessere Quali- tätskontrolle und Prozessoptimierung. Rentschler ist ein gewachsenes und nach wie vor wachsendes mittelständisches Unternehmen. Wie können junge Life- Sciences-Unternehmen oder Start-ups von Firmen wie Rentschler lernen – und was? Ein Erfolgsrezept von Rentschler war sicherlich immer, kontinuierlich nutzen- stiftende Leistung zu erbringen, dabei den vollen Fokus auf Qualität zu legen und auch bei neuen Technologien am Ball zu bleiben. Für uns steht die Schaffung langfristiger und nachhaltiger Werte zugunsten der Ver- besserung von Menschenleben im Zentrum. Diese Orientierung am „Purpose“ ist wichtig und wurde untermauert durch eine klare Weichenstellung, mit ausschließlicher Konzentration auf Kundenprojekte. werden in den Life Sciences schon immer heiß diskutiert (Venture Capital, IPOs). einer solchen Thematik nicht direkt konfrontiert zu sein? Rentschler Biopharma ist ein Familienun- ternehmen und wir legen großen Wert auf unsere Unabhängigkeit, die einige Vorteile beim Verfolgen langfristiger Ziele mit sich bringt. Allerdings müssen wir als innovatives Unternehmen natürlich auch kontinuier- lich in unsere Infrastruktur und Prozesse investieren, um unsere Kunden optimal bedienen zu können. Insofern steht das Thema Finanzierung auch bei uns auf der Tagungsordnung. Hierbei wägen wir in enger Abstimmung interne und externe Finanzierungen ab, die bei einem Familien- unternehmen natürlich anders gewichtet werden als z.B. bei gelisteten oder über Welches sind die wichtigsten Meilen- steine für Rentschler Biopharma in den nächsten 24 Monaten? Wir wollen unseren weltweiten Kunden weiter- hin hochwertige Dienstleistungen entlang der biopharmazeutischen Wertschöpfungs- kette anbieten, um letztlich Patienten zu helfen. Unsere Vision inspiriert uns, „Medizin voran- treiben, um Leben zu schützen. Gemeinsam.“ Dazu ist es notwendig, unsere Pro- gramme und Prozesse für kontinuierliche Verbesserungen weiterzuentwickeln und zu optimieren. Natürlich gibt es aber auch einzelne herausragende Meilensteine in den nächsten zwei Jahren. Bei der Rentschler ATMP in in Stevenage, UK, wer den wir in Kürze unsere neuen Labor- einweihen, wo wir noch in diesem Geschäfts- jahr die ersten Kundenprojekte starten wer- den; zunächst in der Prozess entwicklung. Ein ganz besonderer Meilenstein wird die Erteilung der cGMP-Lizenz durch die britische Gesundheitsbehörde MHRA sein, die wir ebenfalls im laufenden Fiskaljahr anstreben. Weitere Meilensteine erwarten wir beim Ausbau unserer Produktionsstätte in Mil- ford, MA, USA, wo wir schon in Kürze eine erste Erweiterung unserer Produktions- anlagen für unsere Kunden nutzen werden. Herr Dettmer, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch! Das Interview führte Holger Garbs.

Standort Deutschland Generationenübergreifende Entwicklungschancen Das Global Entrepreneurship Centre will Sustechs skalieren Ende Juli beschloss das Bundeskabinett die „Start-up-Strategie“. Sie soll die Rahmenbedingungen für Unternehmensneugründungen und deren spätere Wachstumsphasen zukünftig entscheidend verbessern. Doch es wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis sie vage. Konkret wird es hingegen seit einigen Jahren in Nordrhein-Westfalen: Dort entwickelt sich mit dem „Rheinischen Revier“ ein breit angelegtes Start-up-Ökosystem. Im Oktober letzten Jahres kam mit dem Global Entrepreneurship Centre (GEC) ein neuer Akteur hinzu. Von Urs Moesenfechtel für B ereits seit einigen Jahren entwickelt sich in Nordrhein-Westfalen mit dem „Rheinischen Revier“ ein breit gefä- chertes Serviceangebot innovative KMU und Start-ups. So wurde 2019 das mit rund 24 Mio. EUR geförderte Innovations- cluster BioökonomieREVIER initiiert, das ab diesem Jahr weitere 38,5 Mio. EUR für die nächsten sechs Jahre erhält. Es ist jedoch nur eines von über 70 Projekten des mit insgesamt 72 Mio. EUR geförderten Forschungsverbunds „Modellregion Bio- ökonomie im Rheinischen Revier“. Zu den bisherigen Akteuren der Trans- formation ist im Oktober vergangenen Jahres das in Meerbusch bei Düsseldorf ansässige Global Entrepreneurship Centre (GEC) hinzugekommen. Das in seiner Ent- stehungsphase vom Wirtschaftsministe- rium des Landes NRW unterstützte GEC erhielt 9,9 Mio. EUR aus dem Programm „STARK – Stärkung der Transformations- dynamik und Aufbruch in den Revieren und an den Kohlekraftwerkstandorten“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie Mittel des Rhein-Kreises Neuss im Rahmen des SofortprogrammPLUS für das Rheinische Revier. Strukturwandel vorantreiben Das GEC möchte Nachhaltigkeit, Klima- schutz und Kreislaufwirtschaft vorantrei- ben und dazu die schnelle Skalierung von Deeptech-Start-ups mit Nachhaltigkeits- fokus, sogenannte Sustechs, unterstützen. „Wir wollen innovativen Start-ups genera- tionsübergreifende Entwicklungschancen 72 ls 03-2022 „Biotechnologie“ i e r t n e C p h s r u e n e r p e r t n E l a b o G © l : o t o F eröffnen und den Strukturwandel in der Region Rheinland vorantreiben“, so Friedrich Barth, Gründer und CEO des GEC. Der themati- sche Fokus des GEC liegt auf den Berei- chen Textil, Mobili- tät, Landwirtschaft und Ernährung, Bau- en und Wohnen. Es zieht aber auch In- vestitionen in un- terstützende Schlüs- seltechnologien wie nachhaltige Ener- gielösungen, Mate- rial- und Chemiestoffströme, künstliche In- telligenz und Robotik in Betracht. Bei seinen Investitionsentscheidungen kann das GEC als unabhängiger Innovationshub ungebunden agieren. „In der Start-up-Strategie werden u.a. der leichtere Kapitalzugang, stärkere Finan- Friedrich Barth, Gründer und CEO, GEC zierungsmöglichkeiten, die Gewinnung neuer Talente oder die Digitalisierung als dringende Handlungsbedarfe genannt“, so Barth. „Genau diese adressieren wir mit dem GEC. Es gibt viele Hindernisse, die Sustechs davon abhalten, die erforderliche Größenordnung für eine dauerhafte Wirt- schaftlichkeit zu erreichen. Vor allem ist Unternehmungen kritisch. Weniger als 1,8% aller deutschen Start-ups erreichen die Investitionsphase der Serie C.“ Um Start-ups gerade in diesem „Second Valley of Death“ zu unterstützen, hat das GEC ein mehrteiliges Angebot entwickelt, das auf den drei Säulen „Factory“, „Catalyst“ und „Technology“ ruht. Dabei dient die Factory der Überbrückung von „Skalie- gerade zu Beginn ihrer Gründung genügend Fördermittel für Innovationsforschung, die

Sonderwerbeform Steckbriefe Who is Who in Life Sciences 33 Branchenplayer stellen sich vor Mit dem Who is Who „baut“ die Plattform Life Sciences eine Brücke zwischen den Life Sciences und dem Kapitalmarkt. In Form von standardisierten Fragebögen bieten die Steckbriefe Informationen für eine erste Kontaktaufnahme. Weitere Branchenplayer entdecken Sie hier: www.goingpublic.de/who-is-who Investoren und Förderbanken Cluster und Wirtschaftsförderer High-Tech Gründerfonds NRW.BANK S. 85 S. 85 Technologiezentren BioRN Life Science Cluster S. 88 Rhine-Neckar biosaxony e.V. Cluster Gesundheitswirtschaft S. 88 S. 89 Berlin-Brandenburg – HealthCapital BioPark Regensburg Potsdam Science Park S. 86 S. 86 Verbände Inkubatoren Bundesverband der Pharma- S. 89 zeutischen Industrie e.V. BioLabs Global S. 87 Berater/Rechtsanwälte/ Weitere Berater Businessplan- wettbewerbe BioRiver – Life Science S. 87 im Rheinland e.V. Baker McKenzie Baker Tilly Bioscience Valuation BSV GmbH Ebner Stolz S. 90 S. 90 S. 91 S. 91 Börsennotierte Unternehmen Abivax Destiny Pharma plc Formycon AG Immunic Therapeutics Inc. Marinomed Biotech AG Spexis AG S. 75 S. 75 S. 76 S. 76 S. 77 S. 77 Nicht-börsennotierte Unternehmen AiCuris Anti-infective Cures AG Amgen GmbH Atriva Therapeutics GmbH Element Materials Technology Group FGK Clinical Research GmbH Fraunhofer ITEM – Pharmazeutische Biotechnologie Galapagos Biopharma Germany GmbH Indivumed GmbH iOmx Therapeutics AG ITM Isotope Technologies Munich SE Rentschler Biopharma SE Secarna Pharmaceuticals GmbH & Co. KG sterna biologicals GmbH S. 78 S. 78 S. 79 S. 79 S. 80 S. 80 S. 81 S. 81 S. 82 S. 82 S. 83 S. 84 S. 84 Steckbriefe sind eine Sonderwerbeform. Für den Inhalt ist allein der Inserent verantwortlich. Es fand keine redaktionelle Prüfung statt. Unsere Life-Sciences-Plattform lebt vom Netzwerk und vom Austausch. Sprechen Sie Ihre Partner von morgen an! DAS WHO IS WHO der Plattform Life Sciences im Internet: www.goingpublic.de/who-is-who ls 74 03-2022 „Biotechnologie“

Börsennotierte Unternehmen Formycon ist ein führender konzernun- abhängiger Entwickler qualitativ hochwer- tiger biopharmazeutischer Arzneimittel, insbesondere Biosimilars. Dabei fokussiert sich das Unternehmen auf Therapien in der Ophthalmologie und Immunologie sowie auf weitere wichtige chronische Erkrankungen. Mit seinen Biosimilars leistet Formycon einen bedeutenden Bei- trag, um möglichst vielen Patienten den Zugang zu wichtigen und bezahlbaren Arzneimitteln zu ermöglichen. Derzeit hat Formycon sechs Biosimilars in der Entwick- lung. Basierend auf der umfangreichen Erfahrung in der Entwicklung biopharma- zeutischer Arzneimittel, arbeitet das Unter- nehmen zudem an der Entwicklung eines COVID-19-Fusionsproteins. Immunic ist ein biopharmazeutisches Unternehmen, das selektive, oral verfügbare Therapien zur Behandlung chronischer Entzündungs- und Autoimmunerkrankun- oder Zölliakie, entwickelt. - mus calcium (IMU-838) ist ein selektiver Immunmodulator, der den intrazellulären Stoffwechsel von aktivierten Immunzellen hemmt, indem er das Enzym DHODH blo- ckiert, und der eine Wirtszell-basierte anti- virale Wirkung zeigt; IMU-935 inhibiert den Genregulator RORt; und IMU-856 zielt auf die Wiederherstellung der Barriere- funktion des Darms durch die Regulation eines neuen und bisher unveröffentlichten Zielproteins ab. ls 76 03-2022 „Biotechnologie“ Formycon AG Tätigkeitsfeld Formycon ist in der Lage, die Wertschöpfungskette von der frühen Analytik über die technisch-pharmazeutische Entwicklung und klinische Studienphasen bis zur Erstellung & Einreichung der Zulas- sungsunterlagen abzudecken. Eigentümerstruktur weitere Investoren, 7% Gründer und Management, 27% Streubesitz. Partner Formycon verfolgt das Ziel, die Biosimilar-Kandidaten eigenständig bis in marktnahe Entwicklungsstadien zu entwickeln und sie dann zur globalen Vermarktung vollständig oder teilweise in Kommer- zialisierungspartnerschaften zu überführen. Die Projekt- und Kom- merzialisierungsrechte für FYB202, FYB206, FYB208 und FYB209 partnerschaft mit der Klinge Biopharma GmbH. An dem bereits zugelas- senen Biosimilar FYB201, das von Coherus BioSciences, Inc. in den USA und von Teva Pharmaceutical Industries Ltd. in der EU und weiteren Territorien vermarktet werden wird, ist Formycon zu 50% beteiligt. Produkte/Dienstleitung Formycons Entwicklungspipeline umfasst neben dem in den USA, der EU und in UK bereits zugelassenen FYB201 (Referenzprodukt Lucentis®) die spätphasigen Biosimilar-Kandidaten FYB202 (Refe- renzprodukt Stelara®), FYB203 (Referenzprodukt Eylea®) sowie FYB206 (Referenzprodukt Keytruda®). Zudem wurden mit FYB208 und FYB209 zwei weitere neue Biosimilar-Projekte gestartet. Mitgliedschaften in Netzwerken/Vereinen UN Global Compact, Medicines for Europe, BIO Deutschland Immunic Therapeutics Tätigkeitsfeld Immunologie Chronische Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen Eigentümerstruktur und Finanzierung Notiert am Nasdaq Stock Market (Nasdaq: IMUX) Partner City of Hope, Kalifornien, USA, Department of Molecular Imaging & Therapy, Prof. Dr. Zuoming Sun Universitätsklinikum Erlangen, Virologisches Institut – Klinische und Molekulare Virologie, Prof. Dr. Manfred Marschall Produkte/Dienstleistungen remittierender Multipler Sklerose (MS) in Q3/2020 veröffentlicht; Phase-3-Programm in schubförmiger MS läuft; parallele Phase-2- Studie in progressiver MS IMU-935: in drittem Teil einer klinischen Phase-1-Studie in Patienten mit Psoriasis; Daten in Q4/2022 erwartet; weitere Phase-1-Studie in Patienten mit kastrationsresistentem Prosta- takarzinom läuft IMU-856: in klinischer Phase-1-Studie; Daten von gesunden Probanden in Q3/2022 erwartet; dritter Teil der Studie in Patien- ten mit Zölliakie läuft Alleinstellungsmerkmale Immunic entwickelt selektive Therapien, die sich neben ihrer Wirksamkeit durch verbesserte Sicherheit und Selektivität von anderen Therapien abheben sollen. So ist vidofludimus calcium auch gegen Virus-Reaktivierung aktiv und reduziert das Risiko von gefährlichen Viruserkran- kungen. Adresse Fraunhoferstr. 15 82152 Martinsried/Planegg Telefon/Telefax +49 89 86 46 67-100 / -110 E-Mail ir@formycon.com Social Media Twitter: @formycon LinkedIn: formycon Web-Adresse www.formycon.com Gründungsdatum/ Anzahl der Mitarbeiter 200 Mitarbeitende Sonstiges antiviralen SARS-CoV-2-Blocker auf Basis eines langwirksamen ACE2-Immunglobulin-Fusions- proteins, welcher im Vergleich zu Impfstoffen und therapeutischen Antikörpern gegen ein Auswei- chen des Virus durch Mutation geschützt ist und potenziell bei allen Corona-Viren eingesetzt wer- den kann, die ACE2 als Eintrittspforte benutzen. Adresse Lochhamer Schlag 21 Telefon +49 89 2080 477 00 E-Mail info@imux.com Social Media LinkedIn: immunic-therapeutics Twitter: @ImmunicInc Facebook: ImmunicInc Web-Adresse www.imux.com Gründungsdatum/Anzahl der Mitarbeiter 2016/60 Dr. Daniel Vitt, CEO and President Jessica Breu, Head of IR and Communications

Nicht-börsennotierte Unternehmen AiCuris Anti-infective Cures AG Field of Activity Anti-infectives incl. antivirals (HCMV, HSV, Hepatitis B virus, Adeno- virus, SARS-CoV-2 and other viruses with pandemic potential) and Pandemic & Resistance Emergency Preparedness – PREP Program. Ownership Structure and Financing Partners Merck & Co. (MSD): Licensee of Letermovir, Lysando, Hybridize, Max-Planck-Institute, ICIQ and others. AiCuris intends to move its projects at least to a clinical PoC before starting licensing/partnering activities. Active in-licensing strategy for pre-clinical and early clinical projects. AiCubator – a corporate incubator for early anti-infective projects with next round of submission starting in October 2022. Products/Services Selected AiCuris Programs: Letermovir (licensed to MSD): HCMV, marketed (HSCT), Ph 3 (SOT) Pritelivir: Resistant HSV, Ph 3 AIC649: HBV, SARS-CoV-2 (pandemic preparedness), Ph 1 (in patients) AIC468: BKV Nephropathy Artilysine: Unique Selling Point AiCuris possesses a fully stacked research and development engine generating highly innovate anti-infective therapies acting via new mechanisms of actions. Membership in Networks/Associations EFPIA, BEAM Alliance, BIO Deutschland, BioRiver, BAND Amgen GmbH Tätigkeitsfeld Die Amgen GmbH wurde 1989 als Vertriebsgesellschaft gegründet. Der Fokus der rund 600 Mitarbeitenden liegt auf der klinischen Forschung, der Zulassung und dem Vertrieb von Arzneimitteln. Eigentümerstruktur und Finanzierung GmbH Partner Viele Partner in den Bereichen Biotechnologie, Versorgungs- forschung sowie Gesundheitswesen Technologie Biotechnologie Produkte Kardiologie, Hämatologie, Onkologie, Knochengesundheit und chronisch-entzündliche Erkrankungen Alleinstellungsmerkmale Pionier im Bereich biotechnologisch hergestellter Arzneimittel, Erforschung und Entwicklung von BiTE®-Molekülen Mitgliedschaften in Netzwerken/Vereinen vfa und vfa bio, Pharma Fakten Sonstiges Gesellschaftliches Engagement: www.amgen.de/engagement Address Friedrich-Ebert-Str. 475 / Building 302 42117 Wuppertal Telephone/Telefax +49 202 317 63 0 +49 202 317 63 11 77 E-Mail info@aicuris.com Social Media Twitter: @AiCuris LinkedIn: AiCuris Anti-infective Cures AG Web Address www.aicuris.com Date of Incorporation/ Number of Employees 2006/80 Dr Holger Zimmermann, CEO Adresse Riesstr. 24 80992 München Telefon +49 89 14 90 96-0 E-Mail communication@amgen.de Social Media Twitter: @AmgenGermany LinkedIn: Amgen Deutschland Web-Adresse www.amgen.de Gründungsdatum/ Anzahl der Mitarbeiter 1989/600 Manfred Heinzer, Vice President & General Manager, Amgen GmbH AiCuris is a clinical stage pharmaceuti- cal company focused on research and development of novel, resistance-breaking antiviral and antibacterial agents for the treatment of severe and potentially life- threatening infectious diseases. AiCuris´s fully stacked research and development engine has a proven track record with one marketed drug and a pipeline of anti- infectives in clinical development. therapies, AiCuris targets solving medical needs of today and prepares for future health threats including viral pandemics and antimicrobial resistance combining the experience of big pharma and the collaborates with a wide array of academic and business partners, providing access to technologies, platforms and novel approaches. Amgen ist ein weltweit führendes unab- hängiges Biotechnologie-Unternehmen, das mit etwa 24.000 Mitarbeitenden in fast 100 Ländern weltweit vertreten ist. Als Pionier der Biotechnologie haben wir bei Amgen über vier Jahrzehnte Erfahrung in der Erforschung, Entwicklung und Produk- tion von innovativen Humantherapeutika. Wir fokussieren uns auf Krankheiten, für die es nur wenige oder keine Therapie- jährlich Millionen von Menschen mit schweren Erkrankungen von unseren Therapien. In Deutschland arbeiten wir an zwei Standor- ten, einem Vertriebs- und einem Forschungs- standort, mit insgesamt rund 850 Mitarbei- tenden jeden Tag daran, Patient:innen zu helfen. Unsere Arzneimittel werden in der Nephrologie, Kardiologie, Hämatologie, Onkologie, Knochengesundheit und bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen ein- gesetzt. ls 78 03-2022 „Biotechnologie“

Nicht-börsennotierte Unternehmen FGK Clinical Research GmbH Field of Activity Contract research organization offering a complete range of clinical development and consulting services to biotech, medical device and pharmaceutical companies. Partners We work with a network of carefully selected companies to comple- ment our own services. This allows us to operate across borders and provide services required for drug development and performance of multinational clinical trials. We are also able to offer eSolutions. Services - Regulatory Affairs - Project Management and Monitoring - Medical Safety/Pharmacovigilance - Data Management, eSolutions - Biostatistics and Programming - Medical Writing - Quality Assurance Unique Selling Point As an owner-driven CRO for 20 years now, we are specialized in the collaboration with biotech and medical device companies. FGK has rate has been constantly low, knowledge and experience of staff members stay at FGK in the long run. Membership in Networks/Associations BVMA, Bio Deutschland, ImmPact Bavaria Fraunhofer ITEM – Pharmazeutische Biotechnologie Tätigkeitsfeld Auftragsforschung im Bereich GMP-Herstellung biopharmazeu- tischer Wirkstoffe und Prüfpräparate von der Zelllinie bis zum klinischen Prüfpräparat. Betrieb einer GMP-Anlage mit Reinräumen der Klassen B, C und D. Expertise in den Bereichen tierische Zell- kultur, mikrobielle Kultivierung, Aufarbeitung, Sterilabfüllung, Analytik und QP-Freigabe. Eigentümerstruktur und Finanzierung Institut der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewand- ten Forschung e.V. Partner Pharmaindustrie, Biotech-Start-ups, akademische Einrichtungen. Produkte/Dienstleistungen Zelllinien- und Stammentwicklung, GMP-Zellbankablage, Prozess- entwicklung und GMP-Herstellung biopharmazeutischer Wirkstoffe, Sterilabfüllung klinischer Prüfpräparate, Analytik (Entwicklung und ICH-Q2-Validierung), GCP-Kennzeichnung und QP-Freigabe. Alleinstellungsmerkmale Breites Spektrum an entwickelten Prozessen für Biopharma- - sche Antikörper, Virus-like Particles, Bakteriophagen, Glykoproteine, Nukleinsäuren, Plasmide Mitgliedschaften in Netzwerken/Vereinen VBU, DECHEMA Address Heimeranstr. 35 80339 Munich Germany Telephone/Telefax +49 89 893 119-0/-20 E-Mail info@fgk-cro.com Web Address fgk-cro.com Date of Incorporation/ Number of Employees 2002/approx. 210 FGK Management Team Adresse Pharmazeutische Biotechnologie Inhoffenstr. 7 38124 Braunschweig Telefon/Telefax +49 531 6181-6000 / -6099 E-Mail holger.ziehr@item.fraunhofer.de Web-Adresse www.item.fraunhofer.de Prof. Dr Holger Ziehr, Bereich „Pharmazeutische Biotechnologie“ FGK Clinical Research GmbH is a Europe- based Contract Research Organization with Hungary. We provide full service for Phase I–IV clinical studies. Our international client base includes biotechnology, medical device and pharmaceutical companies. FGK has the right size to handle multi-country, multi- center studies with hundreds of patients or single country studies with a few patients, but is still small enough to guarantee a per- sonal service to the sponsor. With our 210 - latory experts, we have all the knowledge and experience to guide our clients through the clinical trial process, from planning and Das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM ist seit über 20 Jahren in der Prozessentwicklung und der GMP-Herstellung von Biopharmaka für klinische Prüfungen zu Hause. Partner aus der Pharma- und Biotech-Branche sowie akade- mische Einrichtungen schätzen diese Erfah- rung und können sich auf die erfolgreiche Umsetzung ihrer Projekte verlassen. Für Qua- lität, Verlässlichkeit und Erfahrung steht ein Team aus Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern verschiedener Fachrichtungen, das die Projekte von der Zelllinien- über die Prozessentwicklung und GMP-Herstellung bis hin zur Sterilabfüllung des klinischen Prüfpräparats durchführt. Dabei wird ein breites Spektrum an Biopharmaka-Wirkstoff- kandidaten bearbeitet. ls 80 03-2022 „Biotechnologie“

Nicht-börsennotierte Unternehmen iOmx Therapeutics AG Field of Activity targeting novel cancer immune evasion mechanisms. Ownership Structure and Financing iOmx is funded by an international consortium of leading life M Ventures; MIG Capital; and Athos Biopharma. Technology In order to discover druggable vulnerabilities in immunosuppres- iOTarg™ target discovery platform, a systematic high-throughput genetic screening approach, to identify and validate novel immune checkpoint targets in cancer models that fail to respond to current cancer immunotherapies. Products/Services in-class oral SIK3 inhibitor sensitizing tumor cells to the effect of immune-derived tumor necrosis factor (TNF) in the tumor microenvironment. The kinase inhibitor demonstrated promising anti-PD-1 therapy in multiple preclinical studies and will enter the clinic by the end of 2022. Unique Selling Point iOTarg™, the company’s platform technology, can screen and identify novel checkpoint modulators directly on tumor samples, - gies and developing cancer immunotherapies with monotherapy potential. ITM Isotope Technologies Munich SE Field of activity Oncology, Precision Medicine, Targeted Radionuclide Therapy, Nuclear Medicine, Theranostics Technology Targeted Radionuclide Therapy (TRT) is an emerging class of cancer thera- peutics, seeking to deliver radiation by intravenous infusion directly to the tumor while minimizing radiation exposure to healthy tissue. Targeted radiopharmaceuticals are created by linking a therapeutic radioisotope to a targeting molecule (peptide, antibody, small molecule) that can precisely recognize tumor cells resulting in the accumulation of the radioisotope at the tumor site and the release of a small amount of radiation, that can destroy tumor tissue. The targeting molecule can be used in a “theranostic” approach for diagnosis (targeting molecule is linked with a diagnostic radioisotope) and for therapy (linked with a therapeutic radioisotope). This allows tumors and metastases to be both precisely localized at an early stage, and subsequently treated following the same mechanism. Products/Services 1) Development of targeted radiopharmaceuticals for cancer treatment 2) Therapeutic & diagnostic radioisotopes 3) Radiolabeling & Quality Control Equipment 4) GMP Radiolabeling Service ITM is developing a proprietary portfolio and precision oncology pipeline of targeted treatments in various stages of clinical development, which address a range of cancers. To validate the Targeted Radionuclide Therapy 177Lu-edotreotide is currently being tested in two Phase III clinical trials, COMPETE & COMPOSE. Unique selling point Longstanding expertise in high-quality radioisotopes and global supply network to develop new Targeted Radionuclide Therapy based treat- ment options for hard-to-treat cancers. Address Fraunhoferstr. 13 82152 Martinsried Telephone +49-89-8999-7090-0 E-Mail info@iomx.com Social Media LinkedIn: iOmx Therapeutics AG Web Address www.iomx.com Date of Incorporation/ Number of Employees 2016/36 Dr Apollon Papadimitriou, CEO Address Lichtenbergstr. 1 85748 Garching bei München Telephone +49-89-329-8986-6000 E-Mail info@itm-radiopharma.com Social media LinkedIn: itm-radiopharma Twitter: @ITM_Radiopharma Web address www.itm-radiopharma.com Date of incorporation/number of employees 2004/450 iOmx is a biopharmaceutical company immune-therapeutics addressing novel immune checkpoints highjacked by cancer cells. Based on its iOTarg™ high-through- a number of proprietary tumor-associated next-generation immune checkpoints and is advancing its early-stage pipeline of promising drug candidates that have the potential to address cancers that are resis- tant to current immunotherapies. ITM, a leading radiopharmaceutical bio- tech company, is dedicated to providing a new generation of radiomolecular precisi- on therapeutics and diagnostics for hard- to-treat tumors. We aim to meet the needs of cancer patients, clinicians and our part- ners through excellence in development, production and global supply. With impro- for all we do, ITM advances a broad pre- cision oncology pipeline, including two phase III studies, combining the company’s high-quality radioisotopes with a range of targeting molecules. By leveraging our nearly two decades of pioneering radio- pharma expertise, central industry position and established global network, ITM strives to provide patients with more effective targeted treatment to improve clinical outcome and quality of life. ls 82 03-2022 „Biotechnologie“

Nicht-börsennotierte Unternehmen i l i e g o o n h c e t o B m u r t n e z r e d n ü r G d n u - s n o i t a v o n n : o t o F I B Z I © Secarna Pharmaceuticals is the leading independent European antisense oligo- nucleotide (ASO) drug discovery and development company. Secarna’s mission is to leverage its proprietary LNAplus™ antisense oligonucleotide discovery plat- form to discover, research and develop antisense therapies for in which antisense-based approaches have approaches. Combining technical excel- lence with antisense drug discovery and development expertise supported by a global network of highly recognized KOLs, Secarna is paving the path for a new gene- ration of ASO therapeutics. indications H b m G s l a c i g o o b i l a n r e t s © : n o i t a r t s u l l I sterna biologicals GmbH is a clinical- stage immunology company developing - sense oligonucleotide (ASO) based broad- spectrum immunomodulating therapies for millions of patients suffering from Company’s proprietary DNAzyme based drug candidate hgd40 has successfully proven its broad therapeutic potential in four Phase IIa clinical trials, and sterna is now progressing hgd40 towards later-stage clinical development in the Company’s lead indications of moderate to severe asthma and ulcerative colitis. ls 84 03-2022 „Biotechnologie“ Secarna Pharmaceuticals GmbH & Co. KG Field of Activity pre-clinical proof-of-concept and in partnerships with pharma and biotech companies in pre-clinical and clinical development, Secarna addresses high unmet medical needs in the areas of oncology/ neurodegenerative and cardiometabolic diseases. The Company has built a rich, multifaceted pipeline of innovative ASO therapies in various stages of pre-clinical and clinical development. Ownership Structure and Financing Privately held. Partners Secarna’s LNAplus™ platform and ASOs have been validated by in-house projects and in collaborations with top tier industry as well as academic partners. Partnerships include Achilles Therapeutics, Denali Hospital at Guangzhou Sun Yat-sen University (SYSU) and Lipigon Pharmaceuticals AB. In addition, Secarna has a strategic partnership with Evotec SE, in which the companies have recently achieved program designation in a neuroscience collaboration with Bristol Myers Squibb. Unique Selling Point Secarna’s proprietary 3rd generation ASO platform LNAplus™ – the only independent ASO platform – encompasses all aspects of drug discovery and pre-clinical development and is proven to be fast, reliable, scalable, includes the powerful proprietary Oligofyer™ bioinformatics and LNA Vit(r)ox™ screening system, best-in-class high throughput screening therapeutics as the third pillar in drug development, next to small mo- lecules and antibodies, and expand the universe of druggable targets. sterna biologicals GmbH Field of Activity sterna’s proprietary DNAzyme hgd40 (a special type of antisense) targets GATA-3, a master transcription factor that plays a central processes and address related diseases more effectively. In clini- cal trials, the Company has successfully demonstrated that GATA- 3 downregulation could provide a truly novel, broad-spectrum, Ownership Structure and Financing Privately held. Products/Services sterna’s lead programs are both based on hgd40 in different formulations: SB010 in asthma: Inhaled liquid formulation of hgd40 has produ- The phase IIa proof-of-concept trial with SB010 in patients with moderate to severe type 2 driven asthma is ongoing. Final results are currently expected late 2023. SB012 in ulcerative colitis: Enema-based formulation has led to marked clinical and endoscopic improvements in a phase IIa proof-of-principal trial with moderate to severe UC patients; sterna is developing an optimized formulation for further clinical develop- ment and commercialization. Unique Selling Point mediator, by targeting GATA-3, hgd40 broadly antagonizes several hgd40, a unique antisense oligonucleotide (ASO) based approach, sterna is the only company that has successfully made GATA-3 druggable and demonstrated that GATA-3 downregulation could provide for a truly Address Am Klopferspitz 19 82152 Planegg/Martinsried Telephone +49 89 215 46-375 E-Mail info@secarna.com Social Media LinkedIn: Secarna Pharmaceuticals Web Address www.secarna.com Date of Incorporation/ Number of Employees 2015/17 Alexander Gebauer, MD, PhD, CEO & Managing Director Address Bismarckstr. 7 35037 Marburg Telephone/Telefax +49 6421 98300-50/-599 E-Mail info@sterna-biologicals.com Social Media LinkedIn: sterna biologicals GmbH Web Address www.sterna-biologicals.com Date of Incorporation/ Number of Employees 2006/15 m o c . e b o d a . k c o t s – l b u b e s u f © : n o i t a r t s u l l I

Technologiezentren In unmittelbarer Nähe zu zwei Hochschulen mit 33.000 Studenten und vier Kliniken mit 110.000 Patienten jährlich betreibt die Stadt Regensburg zwei Technologie- und Gründerzentren mit über 30.000 m2 Fläche, direkt an der Autobahn A3 gelegen. Neben Gründern, angesiedel- ten Firmen und außeruniversitären For- schungseinrichtungen haben hier vier nach der European Cluster Excellence ihren Sitz. Im BioPark Regensburg sind auf 18.000 m2 aktuell 35 Mieter mit 687 Beschäftigten aus den Bereichen Biotech, Medtech, Pharma und Analytik sowie der Gesundheitswirtschaft tätig. Von hier aus wird das Netzwerk BioRegio Regens- burg mit den Branchen Life Sciences und Healthcare mit insgesamt 63 Firmen und 4.504 Beschäftigten gesteuert. Der Potsdam Science Park ist der größte und am schnellsten wachsende Innova- tionsstandort in Brandenburg. Wir sind Teil der Wissenschaftslandschaft Potsdams, die mit mehr als 40 international renommier- ten Forschungsstätten einen einzigartigen Forschungscluster bildet, und ein Campus im Grünen – schnell erreichbar von Berlin und dem Flughafen BER. Für die Ansied- lung wissenschaftsnaher Unternehmen und Dienstleister stehen noch mehrere Hektar Gewerbegrundstücke zum Verkauf. Außerdem können zahlreiche Labor- und - ten modernste Infrastruktur und alles, was man im täglichen Leben so braucht – von Appartements und Einkaufsmöglichkeiten bis zur bilingualen Kindertagesstätte. ls 86 03-2022 „Biotechnologie“ BioPark Regensburg Branchenschwerpunkte Biotechnologie, Medizintechnik, Pharma, Analytik, Gesundheit, Informationstechnologie, Sensorik, Energietechnik, Optik, Maschi- nenbau Welche Leistungen bietet Ihr Technologiezentrum? Startup- und Wirtschaftsförderung, internationales Standortmarke- ting (Messeauftritte und Delegationsreisen), Einbindung in Branchenverbände, regionaler Lotsendienst und Partnering- Veranstaltungen, thematische Arbeitsgruppen, Cross-Clustering, Kinderbetreuung und Facility Management (S2-Labore, Werkstätten und Büros). Anzahl der Mieter 35 Aktuelle Anzahl der Mitarbeiter in den Firmen 687 Zum Beispiel arbeiten hier schon folgende Unternehmen Precision Sensing GmbH, Fraunhofer ITEM, Tumorzentrum Regensburg Mitgliedschaften in Netzwerken/Vereinen BIO Deutschland e.V., Bundesverband Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzentren e.V. (BVIZ), Arbeitskreis Deutscher BioRegionen, Forum MedTech Pharma e.V., Cluster Biotechnologie Bayern, Businessplan Wettbewerb Nordbayern, Stadtmarketing Regensburg Potsdam Science Park Branchenschwerpunkte Lebenswissenschaften, Biotechnologie, Physik, Chemie, Optik, Photonik, Materialwissenschaften Welche Leistungen bietet der Potsdam Science Park? Netzwerke, Transferservice, Startup Space, Welcome Service, Aktuelle Anzahl der Mitarbeitenden 12.500 Mitarbeitende und Studierende Flächengröße 50.000 m2 Bereits vor Ort Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut), Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP, Fraunhofer- Institut für Zelltherapie und Immunologie, Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse IZI-BB, Universität Potsdam, über 30 wissenschaftsnahe Unternehmen und Startups (z.B. Ripac-Labor GmbH, GlycoUniverse GmbH & Co. KG aA, Gilupi GmbH, Porous GmbH) Campus der Zukunft 50 Hektar Fläche bietet der Potsdam Science Park erschlossene der Potsdam Science Park weiterwächst. In den nächsten Jahren werden wir 100 neue Unternehmen ansiedeln und mehr als 1.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Adresse Am BioPark 13 93053 Regensburg Telefon/Fax +49 941 920-460 / -4624 E-Mail info@biopark-regensburg.de Social Media LinkedIn: biopark-regensburg-gmbh XING: bioparkregensburggmbh YouTube: BioPark Regensburg Web-Adresse www.biopark-regensburg.de Gründungsdatum/ Anzahl der Mitarbeiter 24.11.1998/13 Dr. Thomas Diefenthal, Geschäftsführer Dr. Ilja Hagen, Projektmanager Healthcare Regensburg Adresse Standortmanagement Golm GmbH Am Mühlenberg 11 14476 Potsdam Telefon +49 331 237 351 135 E-Mail info@potsdam-sciencepark.de Social Media LinkedIn: potsdam-sciencepark Twitter: @potsdamscience Web-Adresse www.potsdam-sciencepark.de Agnes von Matuschka Geschäftsführerin

Cluster und Wirtschaftsförderer BioRN Life Science Cluster Rhine-Neckar Fields of Action Life Science Biotechnology (Bio)pharma Medtech Academic Research Translation Initiatives & Services With the vision to make life science matter and innovation happen, BioRN strives to become one of the leading world life science clusters. In line with current trends and needs BioRN strategy is regularly updated, and its goals are reached by the conception and implemen- We bridge members regionally and towards other innovative eco- systems worldwide. Nurturing and extending connections among regional innovation stakeholders is at the core of BioRN‘s activities. We stand for the promotion and visibility of the Life Science Re- gion at international and national level, By having a unique position at the interface between academia and industry, we support inter-institutional initiatives to facilita- te applied biosciences in the region, We provide translation support, especially by leveraging the unique combination of global pharma and leading academic in- stitutions in the region, Memberships Bio Deutschland e.V. Arbeitskreis der BioRegionen Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar e.V. Programm „go-cluster“ Health Axis Europe (www.health-axis.eu) Council of European BioRegions (CEBR) biosaxony e.V. Tätigkeitsfeld biosaxony lebt Wirtschaftsförderung. Alle Aktivitäten sind auf die Unterstützung des Wachstums der lokalen Unternehmen wie der Branche insgesamt ausgerichtet. Cross-Cluster-Projekte zur Erschließung neuer Technologiefelder und der Technologietransfer Partner Mit ca. 300 Unternehmen in Sachsen, ca. 80 Kliniken und über 30 einschlägigen Forschungseinrichtungen bietet Sachsen enormes Kooperationspotential. Ein enger Partner für die Weiterentwicklung der Branche ist die Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig und die BIO CITY als Innovationszentrum. Technologie biosaxony und seine Partner fokussieren sich vor allem auf die Themenbereiche Diagnostik, Zell- und Gentherapien, Radiopharma- zie, Künstliche Intelligenz in den Lebenswissenschaften, Robotik/ Automatisierung und 3D-Druck in der Medizin. Produkte/Dienstleistungen MEDICAL FORGE Leipzig – Acceleratorprogramm für die Ent- wicklung smarter Medizinprodukte - nung und Weiterbildung von Fachkräften Regulatory Service – Beratung zu und Übernahme von regulato- rischen Aufgaben Address Im Neuenheimer Feld 582 69120 Heidelberg Telephone +49 6221 4305-111 E-Mail info@biorn.org Social Media Twitter: @BioRNCluster LinkedIn: www.linkedin.com/company/ biorn-cluster-management-gmbh/ Web Address www.biorn.org Year of Foundation/ Number of Employees 1996/8 Dr Julia Schaft, Managing Director Adresse Tatzberg 47 01307 Dresden Telefon +49 351 7965500 E-Mail info@biosaxony.com Social Media www.linkedin.com/company/5589906/ Web-Adressen www.biosaxony.com Gründungsdatum/ Anzahl der Mitarbeiter 2009 / 12 Mitarbeitende Alleinstellungsmerkmale Sachsen hat bereits über 1 Mrd. Euro in Forschungseinrichtungen, Projekte und Infrastruktur für die Lebenswissenschaften investiert. Durch den aktiv gestalteten Strukturwandel werden auch weiterhin André Hofmann, Geschäftsführer/CEO, biosaxony BioRN is the science and industry innovation cluster around Heidelberg at the border between Baden-Württemberg, Rhineland- Palatinate and Hesse. more than 130 members. It includes top universities, research institutions and Tech- nology Parks. Ten global pharmaceutical companies have R&D sites or are active in the BioRN network. The ecosystem is completed by a large range of small and medium-sized enterprises as well as local government organizations and interest groups. BioRN recently supported the establish- ment of Evotec’s BRIDGE beLAB2122, a new public-private partnership to fund and execute novel disease modifying the- rapeutic projects in the region. BioRN is also Founding Partner of Biolabs Heidel- berg, a premier shared laboratory space for life science and biotech startups part of the global BioLabs network. biosaxony ist der gesamtsächsische Ver- band für Biotechnologie, Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft. Zu seinen ca. 140 Mitgliedern zählen Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen sowie Interessenvertreter und Zulieferbetriebe der Branche. Ergänzt wird das Netzwerk durch Vertreter der Anwenderseite, bei- spielsweise Kliniken und Krankenkassen. Das Netzwerk bündelt die Kräfte aller Mitgliedsunternehmen und vertritt deren Interessen in Politik und Öffentlichkeit. Mit maßgeschneiderten Serviceleistungen begleiten wir Projekte von den frühesten Phasen in den Forschungslaboren unserer Partner an bis zur Implementierung der entwickelten Produkte am Patientenbett. Durch die Vielfalt der sächsischen Life-Science- Branche und die enge Verknüpfung untereinander und zu den zahlreichen klinischen Partnern oder Vertretern an- Lösung für jede Ihrer Herausforderungen. ls 88 03-2022 „Biotechnologie“

Berater/Rechtsanwälte/Weitere Berater Baker McKenzie Berufsträger / Partner in Deutschland Mehr als 200 Anwälte in unseren Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München. Schwerpunkte Full-Service-Wirtschaftskanzlei und Steuerberatung Leistungen Mit einem weltweit interdisziplinären Team von mehr als 500 spezialisierten Anwälten bieten wir integrierte rechtliche Beratung zu strategische Partnerschaften und Lizenzierungen, Spin-off-Projekten, Joint Ventures, IPOs, Bonds, Gesundheitsrecht, Produkthaftung, Kartellrecht und Compliance an. Wir beraten u.a. folgende Unternehmen Gründer, Unternehmen und Investoren in den Bereichen grenzüber- schreitendes und nationales M&A, Capital Markets, Private Equity Fokus auf Healthcare und Life Sciences. Baker McKenzie berät als eine der welt- weit führenden Anwaltskanzleien in der Healthcare- und Life-Sciences-Industrie. Seit mehr als 60 Jahren begleiten wir Mandanten aus der Pharmaindustrie, Biotechnologie, Medizintechnik und Gesundheitsvorsorge. Baker McKenzie ist 2022 wieder als Top 10 Law Firm in The World of Life Sciences von Chambers Global ausgezeichnet worden, gewann im Jahr 2021 den JUVE AWARD als Kanzlei des Jahres für Gesundheits- wesen und führt bereits im elften Jahr in Folge den Acritas Global Elite Brand als #1 Law Firm Brand an. Adresse Theatinerstraße 23 80333 München Telefon/Fax +49 89 5 52 38 -118 / -199 E-Mail julia.braun@bakermckenzie.com berthold.hummel@bakermckenzie.com Social Media LinkedIn: Baker McKenzie Deutschland Web-Adresse www.bakermckenzie.com Gründungsdatum 1949 in Chicago, 1962 in Frankfurt Julia Braun, LL.M. Rechtsanwältin Berthold A. Hummel Rechtsanwalt Baker Tilly Berufsträger / Partner 360 Berufsträger / 125 Partner Schwerpunkte Rechtsberatung, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Unterneh- mensberatung Adresse Nymphenburger Straße 3b 80335 München Leistungen Jahresabschlussprüfung (HGB/IFRS), Prüfungsnahe Beratung (HGB/IFRS), Gesellschaftsrecht, Finanzierung und Regulierung, Gestaltende rechtliche und steuerliche Steuerberatung, Transfer Pricing, Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht, Compliance Manage- ment, Transaktionsberatung, M&A, Bewertungen. Weiterhin alle rechtlichen, steuerlichen und rechnungslegungsbezogenen Fragestellungen im Biotech-Bereich wie z.B. Verträge für Lizenz- verkäufe, Mitarbeitervergütungsmodelle, Bilanzierung von Entwick- lungskosten, Comfort Letter oder Going Public und Dual Listings. Was uns auszeichnet Baker Tilly berät seit vielen Jahren erfolgreich eine Vielzahl von mittelständischen und börsennotierten Unternehmen der Medical- und Biotech-Branche in rechtlichen, steuerlichen und rechnungs- legungsbezogenen Fragestellungen. Grundlage unserer Beratung bilden unsere Erfahrung und die daraus entwickelten Best-Practice- Ansätze. Unsere ausgewiesene Branchenkompetenz, eine interdis- ziplinäre Betrachtungsweise und der individuelle Beratungsansatz - tenanforderungen zugeschnittene Lösungen. Telefon +49 89 55066-0 E-Mail info@bakertilly.de Social Media XING: Baker Tilly Twitter: @BakerTilly_GER LinkedIn: Baker Tilly Germany Web-Adresse www.bakertilly.de Gründungsdatum 1979 Weitere Standorte Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Leipzig, München, Nürnberg, Frank Stahl, Partner Oliver Hubertus, Head of Tax, Partner Baker Tilly bietet mit 39.000 Mitarbeitern in 148 Ländern ein breites Spektrum indi- vidueller und innovativer Beratungsdienst- leistungen in den Bereichen Audit & Advisory, Tax, Legal und Consulting an. Weltweit entwickeln Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuerberater und Unter- nehmensberater gemeinsam Lösungen, - gen unserer Mandanten ausgerichtet sind, und setzen diese mit höchsten Ansprüchen einer unternehmerischen Beratungsphilo- sophie stellen die mandatsverantwort- lichen Partner interdisziplinäre Teams aus Spezialisten zusammen, die den jeweiligen Projektanforderungen auf internationaler genauso wie auf nationaler Ebene genau entsprechen. In Deutschland gehört Baker Tilly mit 1.220 Mitarbeitern an zehn Stand- orten zu den größten unabhängigen, part- nerschaftlich geführten Beratungsgesell- schaften. ls 90 03-2022 „Biotechnologie“

International Vienna calling! Das Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) steht für Trans- formation wissenschaftlicher Exzellenz in erfolgreiches Unternehmertum Das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) im Vienna BioCenter ist das größte Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Das akademische Forschungsinstitut betreibt Grundlagenforschung in den Bereichen Molekularbiologie und Medizin und unterstützt junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf ihrem Weg zur Exzellenz in der Forschung. Daraus entstehen immer wieder innovative Ausgründungen. Von Holger Garbs D ie Forschungsgebiete umfassen Mole- kular- und Zellbiologie, Stammzell- und Organoidforschung, Small-RNA- Biologie, Neurobiologie, Krankheitsmodel- lierung und Epigenetik. Stammzellforschung und die Modellierung von Krankheiten mit menschlichen Organoiden sind Schwer- punkte im Forschungsportfolio des IMBA. Beispielhaft für die erfolgreiche Trans- formation von wissenschaftlicher Exzellenz in erfolgreiches Unternehmertum stehen HeartBeat.bio und QUANTRO Therapeutics. Auch Unternehmen wie APEIRON Biologics oder a:head bio zählen zu den erfolg- reichen Ausgründungen aus dem IMBA. HeartBeat.bio entwickelt eine auf humanen Herzorganoiden basierte, hochdurchsatz- fähige Drug-Discovery-Plattform für die Entwicklung von neuen Wirkstoffen gegen zienz. Einerseits plant das Unternehmen, die Technologieplattform in eine Reihe von Entwicklungspartnerschaften mit Pharma- und Biotechunternehmen einzubringen, andererseits will man damit eigene Wirk- stoffe entwickeln und nach erfolgreichem Proof of Concept auslizenzieren. Die methodischen Grundlagen zur Her- stellung der Herzorganoide wurden im Labor von Sasha Mendjan und Mitgründer Pablo Hofbauer am IMBA geschaffen. Die Überführung der Technologie in die kom- merzielle Anwendung, in der Reproduzier- und Skalierbarkeit eine entscheidende Rolle spielen, sollte jedoch nicht Aufgabe einer Einrichtung für Grundlagenforschung sein. Daher sahen es die Verantwortlichen nur als folgerichtig, die Technologie in einem Spin-off weiterzuentwickeln. ls 92 03-2022 „Biotechnologie“ m o c . e b o d a . k c o t s – n o t g n h s a W i l e z n e t S © : n o i t a r t s u l l I Zusätzlich sehen die Verantwortlichen aber auch eine Anwendungsmöglichkeit in der präklinischen Kardiotoxizitätstestung von neuen Wirkstoffen als Entscheidungs- unterstützung für die Auswahl von Ent- wicklungskandidaten und die Patienten- will das Unternehmen die Technologie nach eigenen Angaben wie Pharma und CROs die Technologie über Lizenzen zur Verfügung stellen. von Dr. Stefan Ameres am IMBA eröffnete die Möglichkeit der zeitaufgelösten Trans- kriptomanalyse, was wiederum Zugang zu den als weitgehend „undruggable“ gelten- den Transkriptionsfaktoren als therapeuti- sche Targets ermöglichte. Dies traf zusam- men mit der Expertise von Dr. Johannes Zuber am IMP als einem der führenden For- scher in der Krebsbiologie – so war die Idee zu einem neuartigen Drug-Discovery- Ansatz geboren. Screeningtechnologie für die Onkologie QUANTRO Therapeutics ist ein forschen- des Arzneimittelunternehmen, dessen zentrales Element eine auf Transcripto- mics basierte, zeitaufgelöste Screening- Wirkstoffen für die Behandlung von Krebs ist. Bei QUANTRO Therapeutics handelt es sich um eine Ausgründung des IMBA und des Forschungsinstituts für Molekulare - vativen SLAMseq-Technologie im Labor Wichtige Partnerschaften QUANTRO Therapeutics hat kürzlich in Boehringer Ingelheim einen starken Partner gefunden. So konnte QUANTRO das Poten- zial der eigenen Technologieplattform bereits mit einer verblindeten Proof-of-Concept- Studie bestätigen. Dies führte schließlich zum jüngst kommunizierten Abschluss einer dreijährigen Forschungskollaboration. Beide Unternehmen arbeiten nun zusam- kandidaten für bis zu drei Transkriptions- faktoren im Bereich der Onkologie.

International „Wir wollen unsere EPiC-Plattform für weitere Ansätze öffnen“ Interview mit Peter Llewellyn-Davies, CEO, invIOs GmbH Die Zelltherapie feiert ihr zehnjähriges Jubiläum. Ein Grund zum Feiern? Wir fragen nach bei Peter Llewellyn-Davies, dem CEO der invIOs GmbH und Vorstandsvorsitzender von BIOTECH AUSTRIA, des Verbands der österreichischen Biotechnologie. Natürlich. Die Entwicklung dieser neuen Therapieform benötigt viel Zeit und kostet viel Geld. Das beste Beispiel sind die regulatorischen Vorgaben für Sicherheit und Verträglichkeit. Viele regulatorische Behörden haben hier Verständnisproble- me. Die Interaktion zwischen Staat und Akademie muss verbessert werden. Zwar wird Forschung seitens staatlicher Akteure gefördert, aber auch Investoren müssten stärker motiviert werden. Wo sehen Sie wesentliche Hürden in der Weiterentwicklung der Zelltherapie und wie kann man diese meistern? Ich sehe einige Schwierigkeiten in der Behandlung solider Tumore. In diesen Indikationen spielen die Tumormikro- umgebung und natürlich das Tumor- targeting eine sehr wichtige Rolle, ganz im ZUM INTERVIEWPARTNER Peter Llewellyn-Davies ist CEO der invIOs GmbH und Vorstandsvorsitzender der BIOTECH AUSTRIA, des Verbands der österreichischen Biotechnologie. Seit 2006 ist Llewellyn-Davies in Biotechnologiefirmen als Vorstand oder Aufsichtsrat tätig, die der Onkologie bzw. Zelltherapie als identifiziert haben Haupttätigkeitsfeld (z.B. WILEX, Medigene, Immunocore, Adaptimmune, APEIRON Biologics). m o c . e b o d a . k c o t s – r e n t r ä G n a u J © : n o i t a r t s u l l I Plattform Life Sciences: Herr Llewellyn- Davies, in diesem Jahr begehen die Life Sciences ein Jubiläum – zehn Jahre Zell- therapie. Ein Grund zum Feiern? Llewellyn-Davies: Auf jeden Fall! In den letzten zehn Jahren ist die Zelltherapie In den letzten zehn Jahren hat sich unwahrscheinlich viel getan. 2017 und 2018 wurden zwei Zelltherapien für die Behandlung von aggressivem Blutkrebs in den USA zugelassen, anschließend auch in Europa. bzw. die Therapie, das Immunsystem des Insgesamt sind Kombinationsansätze Patienten zu stärken, um Tumore anzu- äußerst wichtig für die Krebsbehandlung, greifen, zu dem geworden, was Experten da eine CAR-T-Zelltherapie bei bestimm- als die „fünfte Säule der Krebstherapie“ ten Tumorbehandlungen allein nicht aus- bezeichnen. Gerade bei Menschen mit reicht. Bei invIOs arbeiten wir daran, die fortgeschrittenem Krebs hat die Zellthera- Behandlung von soliden Tumoren mit pie die Fähigkeit verstärkt, Tumore zu ver- einem ganz neuen Ansatz zu ermöglichen. kleinern oder gar zu zerstören. Vor zehn Das Interesse an Zelltherapien ist immens Jahren wurde Emily Whitehead mit einer und die Dealvolumina sind gigantisch. Zelltherapie behandelt, nachdem alle anderen Therapieformen gescheitert waren. Seitdem gilt die Patientin als vom Krebs geheilt. Würden Sie sich wünschen, die Entwick- lung wäre in den letzten zehn Jahren schneller vorangegangen? 94 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Recht Überseeinvestoren mit anderer Investment-DNA? mit US-Investoren Die deutsche Biotechnologiebranche hat im vergangenen Jahr erhebliche Summen an Investorengeldern erhalten. Laut Branchenverband BIO Deutschland sei 2021 mit 2,3 Mrd. EUR an eingeworbenem Kapital das zweitstärkste Jahr für die Branche gewesen. Unter anderem die deutschen Impfstofferfolge gegen Corona locken internationale Investoren nach Deutschland. Von Julia Braun, LL.M. nisse, bestehen wenige Unterschiede zwi- schen dem Vorgehen eines lokalen und eines internationalen Investors. Investitionskontrolle Aufgrund von Änderungen des deutschen Außenwirtschaftsrechts anno 2020 und 2021 bedürfen bestimmte Erwerbe von Minderheitsbeteiligungen an Biotechno- logieunternehmen im Rahmen von Eigen- bzw. Nicht-EFTA-Investoren der Kontrolle und Freigabe durch das Bundesministe- rium für Wirtschaft und Klimaschutz (sogenannte Unbedenklichkeitsbescheini- ZUR AUTORIN Die Rechtsanwältin Julia Braun, LL.M. ist Corporate-M&A-Partnerin und Mitglied der Healthcare Industry Group bei Baker McKenzie. Sie berät Finanzinvestoren, Biotechnologieunternehmen, strategische Investoren und Gründer bei Transaktionen aller Art im Bereich grenzüberschreiten- des und nationales M&A, Private Equity sowie Wachstumsfinanzierungs- und Risikokapitaltransaktionen, mit Fokus im Healthcare- und Life-Sciences-Bereich. m o c . e b o d a . k c o t s – y e n r e T © i : o t o F B iotechnologieunternehmen sind vor diesem Hintergrund gut beraten, bei - syndikats mit US-Investoren einigen Punk- ten besondere Beachtung zu schenken. Ausgewählte Chancen und Herausfor- derungen sollen in diesem Beitrag näher beleuchtet werden. US-Investoren denken bei der Transaktions planung eher in Tagen und Wochen als in Monaten. 96 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Transaktionsprozess Erfahrungsgemäß bringen US-Investoren im Transaktionsprozess der Eigenkapital- und Risikofreude mit. Sie denken bei der Transaktionsplanung eher in Tagen und Wochen als in Monaten. Das Biotechnolo- gieunternehmen tut gut daran, sich beim Fundraising mit US-Investoren mit aus- reichend Manpower und erfahrenen Bera- tern im internationalen Team aufzustellen. US- und andere internationale Investoren investieren oft Later Stage, wenn den lokalen Investoren aufgrund geringerer Fondsvolumen die Puste ausgeht. Bei der Due Diligence im Rahmen der Analyse, Prüfung und Bewertung des Bio- technologieunternehmens und seiner Ver- mögenswerte sowie rechtlichen Verhält-

Recht Regulierung von KI durch EU-Gesetzgebung Was erwartet die Life-Sciences-Industrie durch die geplante KI-Verordnung? Künstliche Intelligenz („KI“ bzw. „AI“) ist weiterhin in aller Munde – branchen- sowie länderübergreifend. Auch auf gesetzgeberisch begleiten kann bzw. muss, um sowohl das hiermit verbundene Potenzial zu entfachen als auch in geregelte Bahnen zu lenken. Von Daniel Schuppmann und Thomas Repka m o c . e b o d a . k c o t s – a x p o g © i : o t o F D ie EU hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Umgang mit KI-Syste- men zu regulieren. Es brauche einen geeigneten Rechtsrahmen, um Nutzen und Risiken von KI in Einklang zu bringen. Für Pharma- und Biotechunternehmen ist das nichts Neues: Man ist es gewohnt, sich auf einem regulatorisch engmaschig gestrick- ten Feld zu bewegen und die Vor- und Nachteile eines umfassenden Rechtsrah- mens navigieren zu müssen. Warum sollte es also mit der geplanten „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Vorschrif- ten für Künstliche Intelligenz (Gesetz über Künstliche Intelligenz) und zur Änderung bestimmter Rechtsakte der Union“ („KI- Verordnung“) anders sein? Aber der Reihe nach. KI-Verordnung – was ist das? Der von der Europäischen Kommission vorgelegte Entwurf der KI-Verordnung wird derzeit im Europäischen Parlament diskutiert. Als europäische Verordnung würde sie nach ihrem Inkrafttreten, mit dem im Jahr 2023 gerechnet werden kann, unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gel- ten. Wahrscheinlich ist eine mindestens einjährige Übergangszeit, in der Unterneh- men Gelegenheit haben, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und ihre internen Prozesse anzupassen. Herzstück des Entwurfs ist dabei der schon seit längerer Zeit auf EU-Ebene diskutierte risikobasierte Ansatz, wonach KI-Systeme nach ihrem potenziellen Risiko in Kategorien mit unterschiedlichen Rechtsfolgen eingrup- piert werden sollen: Als besonders schäd- lich erachtete KI-Systeme sollen verboten werden, Systeme mit hohem Risiko müssen hohe technische und organisatorische Standards erfüllen und solche Systeme, die nur einen geringeren Risikofaktor auf- weisen, sollen lediglich minimalen Trans- sogenannte 98 ls 03-2022 „Biotechnologie“ parenzanforderungen unterworfen werden. Schließlich soll so manche KI gar nicht erst der Verordnung unterfallen, wenn dieser keinerlei regelungsbedürftiges Risiko innewohnt. Freilich drängt sich hier sofort die Frage auf, nach welchen Kriterien sich diese Gruppierung richten soll; insbeson- dere da hieran wie beschrieben erheb- liche unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft sind. Derzeit vorgesehen ist eine (wenig Einzelfall bedürfende) Orientierung an dem möglichen Risiko der Schädigung der LL.M. dem Schuppmann, ZU DEN AUTOREN und Daniel Thomas Repka, Fachanwalt für IT-Recht, sind Rechtsanwälte bei NEUWERK in Hamburg. Sie beraten v.a. Unternehmen aus und Medizinproduktebereich zu allen Fragen des geistigen Eigentums im Technologie- und Datenschutzrecht und unterstützen diese bei Entwicklung, Vertrieb und Vermarktung von Technologien und Produkten. Pharma-, Biotech- sowie

Recht Patentschutz in der Krise? Mögliche Aufweichungen durch die WHO werden mit Spannung erwartet In der COVID-19-Pandemie wurde eindrucksvoll die hohe Bedeutung von Innovationen im Bereich der Biotechnologie bewiesen. Viele erachten die aus der Biotechnologie stammende, mRNA-basierte Impftechnologie und die darauf aufbauende Entwicklung und Zulassung von mRNA-basierten Impfstoffen als die „Game Changer“ in der Pandemie. Von Marc L. Holtorf und Dr. Julia Traumann m o c . e b o d a . k c o t s – t r e i s s u k o F © : o t o F D er Patentschutz spielt bei diesem Thema eine wichtige Rolle. Wenn dieser, wie oft gefordert und von der Welthandelsorganisation teilweise umgesetzt, aufgeweicht wird, wird dies langfristig weitreichende Folgen haben. Ambivalenz des Patentschutzes und Problemaufriss Der Patentschutz ist insbesondere im Zusammenhang mit mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffen ambivalent, wobei sich die Ambivalenz aus den sprichwört- lichen zwei Seiten einer Medaille ergibt: Auf der einen Seite geben Patente Anreiz, in Forschung und Entwicklung innovativer Technologien zu investie- ren. Grund ist, dass Patente die Amorti- sation der Investitionen ermöglichen, und zwar dadurch, dass sie ihren Inha- bern ein befristetes Ausschließlich- keitsrecht (Monopolrecht) geben. Das Ausschließlichkeitsrecht berechtigt Patentinhaber, Dritten die Nutzung der patentierten Technologie zu unter- 1) Die Produktion dieser neuartigen Impfstoffe setzt allerdings ein erhebliches Know-how sowie entsprechende Produktionsanlagen voraus und lässt sich nicht ohne Weiteres innerhalb kurzer Zeit übertragen oder ausweiten. sagen. Nicht zuletzt wegen dieses Anreizes haben Biotechunternehmen schon seit Jahren kostenintensive Grundlagenforschung zur mRNA-Tech- nologie, ursprünglich für die Krebs- therapie, betrieben, die auch vielfach patentiert wurde. Ohne den Anreiz des Patentschutzes hätte es höchstwahr- scheinlich weder vor noch in der Pan- demie Investitionen in diese innovative Technologie gegeben, und die COVID- 19-Impfstoffe hätten nicht oder nicht so schnell entwickelt werden können. Auf der anderen Seite führen Patente entsprechend ihrem Sinn und Zweck Technologie nicht nutzen dürfen. Patente werden daher oft als Hindernisse für die Ausweitung der globalen Produk- tionskapazitäten von Impfstoffen und des Technologietransfers erachtet und für die ungleiche Bekämpfung der Pan- demie verantwortlich gemacht. Vor diesem Hintergrund wird oft – unter Außerachtlassung des ersten Aspekts – gefordert, COVID-19-Impfstoffe zu univer- sellem Gemeingut zu machen, d.h. den 100 ls 03-2022 „Biotechnologie“ setzen oder zumindest im Wege von Zwangslizenzen oder Benutzungsanord- nungen allgemein Zugang zu den maßgeb- lichen Technologien zu gewähren. Die Hoffnung dahinter ist, dass in Ländern wie z.B. Indien als größtem Produzenten von Impfstoffen „einfach“1 vorhandene Kapazi- täten zur Impfstoffproduktion genutzt werden, ohne dass Lizenzverhandlungen o.Ä. geführt werden müssten. Der sogenannte TRIPS-Waiver Bereits im Oktober 2020 stellten Südafrika und Indien als Mitglieder der Welthandels- organisation (World Trade Organization; WTO) einen Antrag auf Aussetzung des Patentschutzes u.a. für COVID-19-Impf- stoffe für den Zeitraum der Pandemie. Bei dem Übereinkommen, dessen Vorgaben dazu ausgesetzt werden sollten, handelt es sich um das Abkommen über handels- ZU DEN AUTOREN Marc L. Holtorf, Rechtsanwalt, Partner, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Head of German Risk Advisory Services and Life Sciences, Pinsent Masons Rechtsanwälte Steuerberater Solicitors Partnerschaft mbB, München. Dr. Julia Traumann, Rechtsanwältin, Legal Director, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz, Pinsent Masons Rechts- anwälte Steuerberater Solicitors Partner- schaft mbB, München.

Recht Strategischer Einsatz von Intellectual Property (IP) Wie IP aufgebaut und wertschöpfend eingesetzt werden kann Geistiges Eigentum (Intellectual Property; IP) umfasst die gewerblichen Schutzrechte (d.h. Patente, Gebrauchsmuster, Marken, Design) sowie Urheberrechte und immaterielle Vermögensgegenstände (z.B. Know-how, Betriebsgeheimnisse oder Lizenzen). Von Dr. Andrea Schüssler Aufbau eines IP-Portfolios Im Rahmen der IP-Strategie spielen Patente eine besondere Rolle, da es sich um geprüfte Schutzrechte mit einer Laufzeit von 20 Jahren handelt. Patente geben dem Inhaber ein negatives Verbietungsrecht, - dung nicht ohne Einwilligung des Patent- inhabers benutzen. Entgegen der land- - tives Benutzungsrecht. Dies bedeutet, dass ein erteiltes Patent nicht mit einer Benutzungserlaubnis gleichzusetzen ist. rische Tätigkeit, gewerbliche Anwend- barkeit) geprüft, aber nicht ermittelt, ob der patentierte Gegenstand in etwaige bestehende Rechte Dritter eingreift. Um ein IP-Portfolio aufzubauen, bedarf es einer eingehenden Analyse der Unter- nehmensziele und wie diese durch ein abgestimmtes Vorgehen bei der An- ZUR AUTORIN Dr. Andrea Schüssler ist Gründungspart- nerin von HUBER & SCHUESSLER, einer Münchner Patent- und Rechtsanwaltskanzlei mit Spezialisierung u.a. auf Life Sciences. zeitig erkennen und einschätzen, um die Handlungsfreiheit für die Umset- zung des eigenen Geschäftsmodells zu erlangen und langfristig sicherzu- stellen. 2. Vermeidung von Nachahmung: Das Unternehmen kann durch Konzentrie- rung auf eigene Ressourcen und Kern- kompetenzen, die zum Erreichen einer möglichst exklusiven und überlegenen Angebotsposition notwendig sind, Nachahmer abhalten. 3. Eigene Marktposition stärken: Die mit IP verbundene Verbotswirkung wird gezielt als Markteintrittsbarriere einge- setzt und dadurch eine exklusive Marktposition etabliert. 4. Kommunikation im Markt: Eine objek- tive Alleinstellung gilt es nicht nur zu erreichen, sondern auch an den Kunden zu kommunizieren. m o c . e b o d a . k c o t s – 4 0 8 1 r i i m d a w © l : o t o F menfassender Begriff strategischen und D as IP-Management ist ein zusam- für alle operativen Tätigkeiten, die Teil des wirtschaftlich orientierten Umgangs mit geistigem Eigen- tum sind. Ziel des IP-Managements ist es, Wettbewerbsvorteile aus Innovationsleis- tungen zu generieren, indem IP-Rechte zielgerichtet eingesetzt und ausgenutzt werden. Ein zentrales Element ist dabei die Bestimmung des IP-Bedarfs, woraus sich notwendige Maßnahmen zur Nutzung des IPs zur aktiven und kontinuierlichen Entwicklung der Marktposition ableiten. Zur Schaffung einer nachhaltigen Position ergeben sich für das IP-Management im Wesentlichen die folgenden vier Aufgaben- bereiche: 1. Risikoanalyse: Das Unternehmen muss Risiken, die durch IP – insbesondere fremdes IP – entstehen können, früh- 102 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Recht CAS Medizinrecht Die rechtlichen Herausforderungen in den Life Sciences der Humanforschung, Arzneimittel und Genomik. Von Prof. Dr. Claudia Seitz m o c . e b o d a . k c o t s – a y i r a M e N © : n o i t a r t s u l l I Innovationen in den Lebenswissenschaften zeichnen sich durch eine hohe Dynamik aus: Stetig und exponentiell wachsende Forschungsergebnisse – insbesondere in den Bereichen der Bio- und Gentechnologie einerseits und der Informationstechnologie andererseits – verändern stetig und zuneh- mend die Anforderungen an einen Rechts- rahmen, der geschützte Rechtspositionen wahrt, die Forschung stärkt, Innovationen schützt und vor diesem Hintergrund Rechts- sicherheit bietet. Diese Dynamik verlangt nach einer ständigen Anpassung des Rechts durch eine Änderung desselben oder durch neue Rechtsvorgaben. In diesem Kontext stellt das Life-Sciences- Recht – und hier vor allem auch das Medizinrecht – eine noch vergleichsweise junge Rechtsdisziplin dar. Diese Rechts- materie zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine große Bandbreite verschiedener Regu- lierungen umfasst. Der wissenschaftliche und technologische Fortschritt, insbeson- dere in der Medizin, führt nicht nur zu neuen Präventions-, Diagnose- und Therapiemög- lichkeiten, sondern ist auch vor dem Hinter- grund von steigenden Gesundheits- und Sicherheitsbedürfnissen der Menschen zu sehen. Neue oder angepasste Regulie- rungen auf nationaler, europäischer und in- ternationaler Ebene sind daher notwendig, um einen adäquaten Rechtsrahmen zu schaffen. Regulierungen neuer Technologien und Herausforderungen für das Recht Der postgraduale Studiengang (CAS) im Medizinrecht vermittelt in komprimierter Form die rechtlichen Grundlagen der Human- und Stammzellforschung, der Arzneimittel und Medizinprodukte sowie der Genomik im Humanbereich mit Schwerpunkten in der personalisierten Medizin, dem Schutz von Gesundheitsdaten und genomischen Daten sowie dem Einsatz der Bio- und Infor- mationstechnologie in der Medizin. 104 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Ein solcher CAS bietet einen guten Über- blick über die Grundlagen und Vorgaben des internationalen und des EU-Rechts sowie über die wichtigsten Grundlagen des rechtlichen Rahmenwerks. Dadurch vermit- telt er ausgewählte vertiefte Kenntnisse in den genannten Bereichen, welche oftmals im rechtswissenschaftlichen Studium so in ihrer Breite und Tiefe nicht vermittelt werden können. Innovationen in der Medizin und rechtsvergleichender Ansatz Die Befassung mit dieser Rechtsmaterie erfolgt auf der Grundlage der aktuellen Regulierun- gen im nationalen Recht Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und Liechten- steins, stellt Zusammenhänge zwischen den einzelnen Rechtsbereichen sowie zwischen dem nationalen, europäischen und interna- tionalen Recht her und zeigt Regulierungs- lücken auf, die nur erfasst werden können, wenn ein Grundverständnis für das gesamte rechtliche Gefüge in diesem Bereich gegeben ist. Durch den rechtsvergleichenden Ansatz erschließen sich mögliche Lösungen. Die Einzigartigkeit des CAS Medizinrecht Mit dieser inhaltlichen und rechtlichen Aus- rich tung sowie der Fokussierung auf die genannten Bereiche ist der postgraduale Studiengang einzigartig: Er vermittelt den Studierenden einerseits Grundlagenwissen, sodass ein kompakter Einstieg in das regula- torische Rahmenwerk des Medizinrechts gegeben wird; andererseits widmet er sich neuen innovativen Technologien und Rechts- fragen, die sich nicht nur aus der Sicht der Praxis zunehmend stellen, sondern die auch aus wissenschaftlicher Sicht Fragen aufwerfen. Damit richtet sich der postgraduale Studien- gang auch an Studierende mit bereits vorhande- nen Kenntnissen und Wissen im Medizinrecht. Ziel des CAS ist es, Juristinnen und Juristen sowie Absolventinnen und Absolventen aus der Medizin, Pharma zie, Biologie, Biochemie oder Bio informatik mit juristischen Vor- zur Suche nach rechtlichen Lösungen zu befähigen. Entsprechend der genannten Ausrichtung setzen sich die Dozierenden des CAS Medizinrecht aus ausgewiesenen Wissenschaftlern sowie aus Praktikern der zuständigen Behörden, aus Unternehmen und der Anwaltschaft zusammen. ZUR AUTORIN Prof. Dr. Claudia Seitz ist Gastprofessorin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Gent, Lehrbeauftragte für Gesundheits- und Heilmittelrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Basel, Lehrbeauftragte für Biotechnologierecht am Zentrum für Life-Sciences-Recht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn sowie Wissenschaftliche Leiterin und Lehrbeauftragte im „CAS: Medizinrecht: Recht der Humanforschung, Arzneimittel und Genomik“ an der Privaten Universität im Fürstentum Liechtenstein (UFL).

Finanzierung Biotech-Venture-Capital für die nächsten Jahrzehnte Einprägungen, die uns zurückhalten Dass Deutschland seinen wissenschaftlichen Vorsprung im Bereich der Biotechnologie nicht annähernd nutzt, geistiges Eigentum und Spitzenpersonal brachliegen bzw. abwandern, ist bedauerlich, aber nicht neu. Von Sascha Oliver Bucher, Sara Núñez-García und Tamás Schweighoffer Abb. 1: Pooled Gross IRR (%) based on Initial Investment Year Quelle: Apollo Health, Cambridge Associates, EIB A däquate und differenzierte Finan- zierung ist zweifellos ein unge- löster Faktor, und es bedarf einer kritischen Betrachtung, warum in Deutsch- land und anderen Teilen Europas trotz einzigartiger Voraussetzungen bisher so wenig private Gelder in die frühphasige Biotechunternehmen investiert werden. Konkret sehen wir drei Mythen, die potenzielle Investoren davon abschrecken, in Closed-End-VC-Fonds zu investieren, welche sich auf Biotech, und besonders auf frühe Biotechinvestitionen, speziali- sieren. 1. Biotechinvestitionen sind riskanter als Engagements in anderen High- techbereichen Meist ist das Gegenteil der Fall. Lang- zeitbetrachtungen zeigen über geraume 1) Apollo Health (2022): Returns in Venture Capital: Why we believe Biotech investments will outperform Tech; Cambridge Associates (2017): Distribution by Investment Multiple, Realized or Partially Realized Exits. 2) Forbes (2016): Biotech Venture Capital Mythbusting Redux, Correlation Data. 3) https://sunstone.eu/insight-001-beta/ Phasen höhere Renditen (IRR) im Bio- techsegment gegenüber Software oder anderen Industrien (siehe Abb. 11). Wei- tere Analysen zeigen, dass sogenannte Holding Periods bis zum Exit (via M&A und IPO) im Biotechbereich kürzer sind. Verwirrung entsteht oft durch die tiefe Anzahl von zugelassenen F&E- Projekten. Viel entscheidender für die Wertschöpfung ist aber die Wahr- scheinlichkeit eines möglichen Unter- nehmensverkaufs, denn ein Wagnis- kapitalgeber wird nur in seltenen Fällen ein Biotechprodukt bis zur Marktreife begleiten. 2. Investitionen in frühe (präklinische) Biotechs sind riskanter als in solche in späteren Entwicklungsphasen Diese Einschätzung ist weitverbreitet, aber nicht korrekt. Hier gilt es, das Ausfallrisiko sowie den Total Return zu betrachten. Studien zum sogenannten Loss Ratio, aber auch zum Total Return zeigen, dass Ersteres im frühen Bio- techbereich ca. 20% niedriger liegt2 und dafür die Multiples für Seed-Inves- ls 106 03-2022 „Biotechnologie“ titionen bedeutend höher sind3. Was Umstand, dass ein industriebewährtes VC-Team im frühen Stadium, während der sogenannten Company Formation, das Schicksal eines Investments ent- scheidend mitprägen kann. Über die aktive Mitwirkung der Investoren im Bereich des Entwicklungsplans, wich- tiger funktionaler Assays etc. kann ein hohes De-Risking erreicht werden. Eine Investition in ein Phase-II-Projekt birgt i.d.R. ein rein binäres Risiko und wird von Follower-Investoren meist ausge- sessen. 3. Es gibt in Europa keine funktionieren- de Börse für Biotechs Diese Aussage ist im Prinzip korrekt; dieses Manko entzieht der Industrie die ZU DEN AUTOREN Sascha Oliver Bucher, MBA, Sara Núñez- García, PhD, MBA, und Tamás Schweig- hoffer, MD, PhD, haben dieses Jahr FORTY51 Ventures gegründet. Forty51 Ventures Fund I SCSp FIAR ist ein in Luxemburg domizilierter Fonds; die Partner bilden das Investmentteam und sind in Basel zu Hause.

Finanzierung „Ich erwarte gute Lebenszeichen von der Branche“ Interview mit Dr. Matthias Kromayer, Managing Partner, MIG Capital m o c . e b o d a . k c o t s – a b p o p i © : o t o F kann, mit den gewünschten Eigenschaften für konkrete Patientenpopulationen. Nun steht der erste Kandidat kurz vor der ersten klinischen Studie. 2016 war das noch ein Versprechen – jetzt wird dieses eingelöst. Die Kombination aus einer sehr cleveren Screeningplattform, dem Lead- projekt, der Pipeline und dem aktuellen Team, etwa mit einer hervorragend auf- gebauten Abteilung für die präklinische Entwicklung, fanden wir sehr spannend. iOmx Therapeutics untersucht Check- pointmechanismen, um neue Targets zu - ren lassen. Wird daraus eine Revolution in der Krebsbehandlung? Die eigentliche Revolution ist ja schon ausgelöst, das haben die etablierten Check- pointinhibitoren vor zehn Jahren bereits Plattform Life Sciences: Herr Dr. Kromayer, die Sommerpause ist vorbei, die Jahres- endrallye hat begonnen. Wie zufrieden sind Sie mit dem bisher Erreichten? Dr. Kromayer: 2022 ist für MIG Capital ein anspruchsvolles Jahr. Nach dem Erfolg, den wir mit BioNTech verbuchen konnten, erreichen uns zahlreiche Finanzierungs- Auch außerhalb der klassischen Life getan. Wir sehen, dass die etablierten Inhi- Sciences sehen wir große Fortschritte, etwa bitoren von CTLA-4, PD-1 oder PD-L1 bei durch die große Finanzierungsrunde bei IQM, den meisten Krebspatienten unwirksam einem Unternehmen, welches Forschungs- sind. Sicher benötigt die Krebsmedizin einrichtungen und Supercomputer-Rechen- nicht nur aus unserer Sicht dringend wei- zentren mit Quantencomputern ausstattet. und haben sich trotz der Krisen der letzten tere Modalitäten. Am Ende geht es darum, zu verhindern, dass der Tumor der Immunantwort ent- anfragen aus den Life Sciences. Viele eineinhalb Jahre gut behauptet. Und schließ- Unternehmen sehen eine Beziehung zwi- lich läuft auch das Fundraising für unse- schen sich und den Themen „BioNTech“ ren neuen MIG Fonds 17 ausgezeichnet. oder „mRNA“. Dabei halten wir inzwi- schen keine Anteile mehr an BioNTech. Darüber hinaus positionieren wir uns als einer der wenigen Investoren an der Schnittstelle zwischen Deeptech und Healthcare. Aus unserer Sicht ist dies das am schnellsten wachsende Segment im Gesundheitssektor, aus dem darüber erwächst. Diesen zu bewältigen ist eine große Herausforderung. Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit den ersten neun Mona- Vor rund einem Jahr hat sich MIG im Rahmen einer Series-B-Finanzierung über 65 Mio. EUR an der Firma iOmx beteiligt, gemeinsam mit Athos und den Erstinvestoren. iOmx hatte 2016 mit einer Series-A-Finanzierung über 40 Mio. EUR für Aufsehen gesorgt, danach wurde es gefühlt ein wenig still um das Unternehmen – woher rührte der Ein- stieg der MIG Fonds? 2016 war iOmx noch eine reine Plattform, ten in diesem Jahr. Wir haben eine gut wenn auch eine großartige. Seitdem hat gefüllte Pipeline und hervorragende neue die Plattform aber gezeigt, dass man Investitionsmöglichkeiten. damit klinische Kandidaten entwickeln 108 ls 03-2022 „Biotechnologie“ ZUM INTERVIEWPARTNER Dr. Matthias Kromayer ist Managing Partner bei der MIG Capital AG. Er leitet die Aktivitäten der MIG Fonds in den Life Sciences und war an einer Reihe von Exits und IPOs ihrer Portfoliounternehmen feder- führend beteiligt.

Finanzierung Zei·ten·wen·de? Eine Kolumne von Dr. Sascha Berger, Partner, TVM Capital Life Science l m o c . e b o d a . k c o t s – e r u t c i p - e e g a m © : o t o F Da ist sie also, die Konsolidierungs- phase. Sie kommt nach einer Phase der Euphorie, die auch viele bran- chenfremde Investoren dazu bewogen hat, große Summen in Biotech- und Medtech- unternehmen zu investieren. Börsengänge gibt es gerade gar nicht mehr und das M&A- Geschehen ist vorsichtig gesagt sehr zurück- haltend, in welche Region man auch blickt. Nach den Rekordhöhen, die das Finanzie- rungsvolumen und die reine Anzahl der Transaktionen Anfang 2021 erreicht haben, sehen wir jetzt, wie das Pendel wieder zurückschwingt. Eigentlich hat die Schubumkehr schon vor einiger Zeit begonnen. Genauer gesagt zeigen die Daten, dass die Stimmung bei den Inves- toren bereits Anfang 2021 an Über- schwang verlor, was sich dann in den Folgequartalen deutlicher gezeigt hat. Seither sind die Bewertungen im Segment Biotech, und im gesamten Gesundheits- bereich, nach einer Phase des pandemischen Überschwangs erheblich gesunken. Die Geschwindigkeit des Abschwungs hat sich im Jahr 2022 noch einmal deutlich erhöht. Einerseits ist die Bereitschaft der VC- Investoren gesunken, in neue Unterneh- men zu investieren. Lieber versuchen sie, ihr bestehendes Portfolio zu stabilisieren. Die Generalisten unter den Investoren wenden sich wieder vermeintlich weniger risikoreichen Assets und Branchen zu. Das war zu erwarten. Wie gehen wir jetzt am besten damit um? Wenn Unternehmensbewertungen sinken, werden sich über kurz oder lang die Strategen wieder mehr für Zukäufe inte- ressieren – die Kommerzialisierung erfolg- reicher Forschungsarbeit ist nun mal der Treibstoff für Pharma- und Medtech- innovationen. Da hat jeder seinen Platz – sowohl die jungen, innovativen Start-ups, die mit Blick auf F&E-Erfolge agil und wendig sind, als auch die großen Player, die eine Markteinführung stemmen können. Mit unserem Ansatz, genau solche Projekte Phase der Konsolidierung gut gerüstet. In den letzten zwei Jahren konnten wir noch aufgrund der hohen Bewertungen man- ches Projekt nicht ins Portfolio aufneh- men. Die Finanzierungsrunden werden nun wieder kleiner und wir werden auf einmal gefragt, ob wir überhaupt noch 100-Mio.-USD-Runde kommt jetzt doch nicht zustande.“ Da horchen wir natürlich Auch wenn für den Moment viele (zu Recht) den Atem anhalten, sich auf wich- tige Projekte fokussieren und die fetten Pandemiejahre erst einmal vorbei sind, 110 ls 03-2022 „Biotechnologie“ eines ist sicher: Innovationen bleiben der Motor für Wachstum unserer Branche – und werden so auch künftige Umsätze der Gesundheitsbranche sichern. Jetzt, da der Zugang zu Kapital wieder knapper ist, müssen Ziele, Zeitpläne und Budgets umso sorgfältiger und realis- tischer geplant werden. Es schlägt mal wieder die Stunde der Spezialisten, die mit ihrer Branchenkenntnis ihre Portfolios einerseits sicher durch diese Zeit der Unsicherheit leiten können und anderseits die wirklich guten Assets entdecken und entsprechend mit Kapital ausstatten. Zeitenwende – nein. Dies ist ein ganz norma- ler Marktzyklus. Machen wir einfach wei- ter unseren Job, dann werden die besten Ideen auch langfristig erfolgreich sein. ZUM AUTOR Dr. Sascha Berger ist General Partner bei TVM Capital Life Science, einem der Pioniere für innovative Venture-Capital- Finanzierungen im Bereich Life Sciences, mit Teams in Europa und Nordamerika. Seit seinem Einstieg bei TVM Capital Life Science in München im Jahr 2016 hat Dr. Berger erfolgreich den aktuellen 480-Mio.- USD-Fonds mit aufgelegt und arbeitet eng mit Gründern, um vielversprechende Unternehmen und Produkte im Bereich Biotechnologie, Medizintechnik, Diagnostik und Digital Health voranzubringen. Dr. Berger ist leidenschaftlicher VC, Boston- Consulting-Alumnus, und ein Absolvent der Technischen Universität München.

Case Studies Case Studies Zellkulturen aus Blutspenden PL BioScience: Kluft zwischen Forschung und klinischer Anwendung überbrücken Das Aachener Start-up PL BioScience will mit humanen Thrombozyten eine neue biologische Basis für Zelltherapien etablieren. Von Stefan Riedel dung von PL BioScience Geschäftsführer in einem Dienstleistungslabor für Life-Sciences- Unternehmen war, sehen neben den ethi- schen Gesichtspunkten vielerlei Vorteile der HPL-Lösungen gegenüber dem bislang verwendeten fötalen Kälberserum (FBS), das aus dem Blut von ungeborenen Föten aus Kühen gewonnen wird. Da die molekulare Zusammensetzung von HPL die physiolo- gischen Strukturen im menschlichen Orga- nismus besser widerspiegele, seien die - ren und lieferten bessere Daten hinsichtlich des Zellwachstums. Darüber hinaus ist fötales Kälberserum für viele Anwendungen in der Zelltherapie aufgrund von Sicher- heitsrisiken wie der Übertragung von tieri- schen Viruserkrankungen nicht nutzbar. Angesichts des Wettbewerbsumfelds mit vier Herstellern in den USA und einem in Asien will sich das Unternehmen erst ein- mal in Europa etablieren. Nachdem es die ersten Kunden aus dem akademischen Um- feld gewonnen hat, erweitert PL BioScience nun stetig die Kundenbasis bei den auf Zell- therapien spezialisierten biopharmazeu- tischen Firmen. „Der Bedarf unserer Be- standskunden nach unseren Plättchenlysat- produkten steigt kontinuierlich“, erläutert Finanzchef Wilkes. Die Einsatzbereiche für HPL sind vielseitig: Die ästhetische Medizin zählt ebenso dazu wie die Gelenkknorpel- regeneration und pharmazeutische Unter- nehmen, die in präklinischen Tests stamm- zellbasierte Produkte für verschiedene Krebstherapien wie Leukämie oder gegen Diabetes entwickeln. PL BioScience sieht sich bis 2023 durch- trapping-Phase aus Eigenmitteln der Gründungsgesellschafter sicherte sich das in Höhe von 3,8 Mio. EUR, an der sich drei institutionelle Investoren (TechVision Fonds Aachen, Zukunftsfonds Heilbronn, Bright- lands Venture Partners) sowie einzelne Business Angels beteiligten. Der nächste Schritt soll 2023 eine Series-A-Finan- zierungsrunde sein, mit der PL BioScience von VC-Gesellschaften mehr als 6 Mio. EUR einwerben möchte. Auf der Suche nach strategischen Partnern Die aktuell größte Herausforderung im operativen Geschäft sieht das Manage- ment darin, Skaleneffekte zu erzielen. Noch sind HPL-basierte Produkte teurer als fötales Kälberserum. „In die bestehen- den Produk tionsprozesse von größeren Unternehmen zu gelangen ist für kleinere Firmen anfänglich schwierig. Deshalb sind wir auf der Suche nach strategischen Part- nern, die schon als CMO-Zulieferer für Big Pharma unterwegs sind“, erläutert Vor- stand Wilkes. Um die Lieferfähigkeit in Zukunft zu gewährleisten, müssten des- halb jetzt die Produktionsprozesse in einer Entwicklungsphase optimiert wer- den, in der die Volumina noch überschau- bar seien. Dr. Hatim Hemeda, CEO Christian Wilkes, CFO KURZPROFIL PL BIOSCIENCE GMBH Gründung: 2015 Unternehmenssitz: Aachen Sektor: Pharmazie Anzahl der Mitarbeiter: 15 Internet: www.pl-bioscience.com H b m G e c n e c S o B i i L P © : o t o F Humanes Plättchenlysat (HPL) ist die biologische Substanz, die PL BioScience in Zukunft Millionenum- sätze bescheren soll. Das 2015 als Spin-off der RWTH Aachen gegründete Unternehmen setzt darauf, dass der rapide wachsende Bedarf an Nährlösungen für Zelltherapien in der Stammzellenforschung und in der regenerativen Medizin den HPL-basierten Produkten zum kommerziellen Durch- bruch verhilft. Das in den Produkten von PL BioScience verwendete HPL wird in einem biologischen Recyclingprozess aus Blutspenden gewonnen, die bereits zu lange lagern und deshalb nicht mehr für Menschen geeignet sind. Plattformtechnologie als Basis Die Plattformtechnologie ELAREM ist die Basis für die Produktgruppen von PL BioScience. Neben den drei erteilten Patenten zum Pro- duktionsprozess bei Zellkulturmedien steht ein weiteres aus, das den neuartigen Pro- zess für das Gewinnen von Lysaten aus Thrombozyteneinheiten beschreibt. Vor- standschef Dr. Hatim Hemeda, ein promo- vierter Molekularbiologie, und Finanzvor- stand Christian Wilkes, der vor der Grün- 112 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Case Studies Case Studies Das Ziel: nachhaltiges Textil NEFFA: Durch Fermentation hergestellte, dreidimensional geformte, nachhaltige Textilprodukte Nur wenige Branchen haben sich in den letzten Jahren so intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt wie die Modeindustrie. Doch trotz zahlreicher Innovationen ist es ihr in den letzten Jahren nicht gelungen, ihre negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt deutlich zu reduzieren. Das niederländische Start-up New Fashion Factory (NEFFA) will dies durch eine vollständig neue Art der Textilproduktion und -verarbeitung ändern. Sie möchte durch „MycoTEX“ eine geschlossene, lokale, transparente und nachhaltige Textillieferkette ermöglichen. Von Urs Moesenfechtel „ Viele Unternehmen in der Modelie- ferkette decken nur einen kleinen Teil des gesamten Rohstoffherstel- lungs-, Verarbeitungs- und Verkaufspro- zesses ab. In ihrem jeweiligen Bereich verbessern sie vielleicht den Einsatz von Chemikalien während des Färbeprozesses - lungsprozess weniger Energie verbrauchen“, sagt Aniela Hoitink. Zusammen mit Nicoline van Enter hat sie das niederländische Start-up NEFFA gegründet. „Doch das ändert nichts daran, dass der Gesamt- prozess umweltschädlich und sozial unge- recht bleibt. Eine echte Transformation der Textil- und Modeindustrie ist nur mit einem ganzheitlichen Ansatz möglich, der die gesamte Prozesskette reformiert. Durch unsere neue Art der Textilproduktion durch Fermentation gewonnenen Myzel vor Ort produzier- und verteilbare Mode- wird das künftig möglich sein – denn wir basiert. Diese fadenförmigen Zellen eines oder Textillösungen. lassen einfach alle Schritte weg, die norma- Pilzes werden zunächst in einem Fermen- „Für MycoTEX müssen auch keine neu- lerweise zwischen der Umwandlung eines ter „angebaut“, diesem entnommen und en Maschinen entwickelt und angeschafft Rohmaterials in ein Endprodukt und sei- entwässert. Schließlich wird das Material werden, da sich die auf dem Markt erhält- nem Verkauf liegen.“ auf Formen aufgebracht, die auf 3D-Scans liche Technik nutzen lässt“, so Hoitink. Neu entwickeltes Material NEFFA will diese Transformation mit dem lichste Anwendungen passgenaues Textil- und Verarbeitungsmethoden leicht umge- produkt. Das Material soll haltbar, wider- setzt werden. Große Investitionen oder eigens entwickelten Material „MycoTEX“ standsfähig und biologisch abbaubar sein der Aufbau neuer lokaler Produktionsstät- erreichen – ein Gewebe, das auf einem und dadurch eine erhebliche Verringe- ten sind nicht nötig. Vor allem bei der Her- basieren. So entsteht ein für unterschied- „Damit können unsere Textilherstellungs- rung von normalerweise üblichen Produk- tionsabfällen und insbesondere von C02- Emissionen ermöglichen, da der Anbau und die Ernte von Biomasse auf Acker- das Weben, Nähen, die Lagerung oder der stellung von Spezialtextilien kann unser Formgebungsverfahren die bisherigen, riesigen Maschinenparks ersetzen.“ Neben zahlreichen Produkttests für MycoTEX entwickelt NEFFA derzeit ge- meinsam mit einem großen deutschen Transport entfallen. Der neuartige Textil- Schuhmaschinenhersteller eine roboter- herstellungs- und 3D-Formgebungsprozess gestützte Produktionslinie für 3D-formbare ermögliche so pass- und bedarfsgenaue, Textilien aus dem Fermenter. Die geplan- KURZPROFIL NEFFA BV Gründung: 2020 Sektor: Textilindustrie Anzahl der Mitarbeiter: vier Umsatz 2022: 10.000 € aus der Zusammen- arbeit mit einer Luxus-Modemarke. Internet: https://neffa.nl 114 ls 03-2022 „Biotechnologie“ V B A F F E N © : n o i t a r t s u l l I

Investment Exploiting market inefficiencies in early-stage biotech investing The favorable economics of investing in discovery research 1. By Merlin M. Greuel, Selina K. Greuel and Philipp S. Steinbach Fig. 1: Day One Pharmaceuticals‘ stock price around the announcement of Phase III data ties. However, returns need to be judged relative to the risk an investor as- sumes. We will argue later that the returns earned by early-stage investments are disproportionate to the risk assumed. with the perceived risk of the develop- ment phase that has been concluded with favorable results. A recent example is the value increase of Day One Biopharmaceu- ticals (DAWN) when its drug DAY101 reached a Phase III milestone. On June 12, Day One Biopharmaceuticals announced Risk vs. return A fundamental relationship be accompanied by high return. However, we need to distinguish between - - kets, the Capital Asset Pricing Model describes systematic risk as the covariance of the stock with the market3; the systematic risk determines the cost of - is unique to the investment opportunity and - - that professional investors in private equity does not determine discount rates). In biotech, key unsystematic risk is represented by the notoriously high attrition rates observed in clinical development. Resolution of unsystematic risk is a key value driver in biotech The value jumps of publicly listed small cap biotech companies upon successfully reaching a milestone are largely in line ABOUT THE AUTHORS Merlin M. Greuel received his BA in Psychology from Stanford University, USA, his Master of Global Health from the University of Barcelona, Spain, and his MD from the University of Heidelberg, Germany. After beginning his career as Healthcare Analyst at Bioscience Valuation, he now works for the company as Lead Corporate Development. Selina K. Greuel studied medicine at the Charité University Hospital in Berlin and is currently pursuing her MBA studies at the University of Cambridge, UK. She works for Bioscience Valuation as Healthcare Consultant and Lead Scientific Analysis. Philipp S. Steinbach received his Bachelor in Finance from the Frankfurt School of Finance & Management, Germany, and his Master in Finance from the University of Innsbruck, Austria. He began his career as Financial and Business Analyst at Bioscience Valuation and is now Lead Financial Analysis as well as Engagement Manager at the company. Source: Bioscience Valuation H owever, the EMH has been challenged, suggesting that comprehensive fundamental analysis may reveal anomalies in security pricing that would allow sophisticated investors to gain superior returns2. In contrast to public markets, private due to factors such as, e.g., information asymmetry and illiquidity. Here we report that early-stage biotech investments create attractive opportunities the market. It is generally believed that early- stage biotech investments offer lower returns compared to late-stage opportuni- to beat 1) A popular read supporting the efficient market hypo- 2) A well-known book suggesting deviations from the 3) Sharpe, W. F. (1964): Capital asset prices: A theory of market equilibrium under conditions of risk. In: The Journal of Finance, 19(3), pages 425–442. ls 116 03-2022 „Biotechnologie“

Investment Bewegung im Biotechsektor Neue therapeutische Ansätze rufen übernahmewillige Pharmakonzerne auf den Plan Treibende Kraft bei vielen neuen therapeutischen Ansätzen für Arzneien und zugleich an den Börsen niedrig bewertet – die Biotechbranche durchläuft eine paradoxe Entwicklungsphase. Damit rückt sie wieder stärker ins Blickfeld von übernahmewilligen Pharmakonzernen. Mit Radius Health ist auch ein Unternehmen aus dem Portfolio von BB Biotech übernommen worden. Von Dr. Daniel Koller Abb. 1: FDA: Anzahl Zulassungen 59 58 53 48 45 46 39 41 30 27 21 22 60 50 40 30 20 10 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Quelle: Evaluate Pharma: World Preview 2021. Outlook to 2026 ..., Mai 2021; Evaluate Pharma, Februar 2022 F undamental ist die Biotechbranche so gut aufgestellt wie selten zuvor. Einer Studie des IQVIA Institute for Human Data Science zufolge wurden 65% aller klinischen Studien, die 2021 weltweit im Gange waren, von kleineren Biotech- unternehmen durchgeführt, die vom IQVIA selbst als „emerging“ bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um Gesellschaften, deren Jahresumsatz unter 500 Mio. USD liegt und die jährlich weniger als 200 Mio. USD in ihre Forschungs- und Entwicklungs- pipeline investieren. Zahlreiche neue Studienergebnisse und Zulassungen erwartet Der entsprechende kurstreibende Nachrich- Jahr wird vor allem in der Krebsmedizin, der Neurologie und den seltenen gene- tisch bedingten Erkrankungen eine Viel- zahl von klinischen Studienergebnissen und Zulassungsentscheidungen erwartet. Mittlerweile ist die Zahl der in die Studien aufgenommenen Patienten wieder höher als vor der Coronapandemie. Weiter zuge- nommen hat auch die Zahl der neuen Stu- dienanträge bei der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA). Zugleich steigt der Druck auf die Pharma- konzerne, neue Wachstumstreiber zu generieren. Big Pharma muss in den drohende Umsatzeinbussen zu kompen- sieren. Schätzungen der FDA zufolge ver- lieren Blockbuster mit einem Gesamt- umsatz von mehr als 250 Mrd. USD in der nächsten Dekade ihren Patentschutz. Übernahmeaktivitäten nehmen zu Nach zwei relativ ruhigen Jahren kommt bei den Übernahmeaktivitäten wieder unter allen Pharmakonzernen die meisten 118 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Transaktionen durchgeführt. Bereits im gezahlt, deren am weitesten fortgeschrit- tenes Produkt ein Präparat gegen chroni- sche Darmentzündung ist. Es folgte im Mai die Akquisition von Biohaven. Zum Kauf- preis von 11,6 Mrd. USD mit einem Aufschlag - 2021 in den USA und zuletzt auch in Europa zugelassen wurde. Den jüngsten Deal stellt die Übernahme von Global Blood Therapeutics für 5,4 Mrd. USD einschließlich Schulden und abzüglich der erworbenen Barmittel im August dar. Die US-Gesell- schaft hat sich auf seltene hämatologische Erkrankungen spezialisiert und ist führend ZUM AUTOR Dr. Daniel Koller kam 2004 zu Bellevue Asset Management und ist seit 2010 Head Investment Management Team der BB Biotech AG. Von 2001 bis 2004 war er als Investmentmanager bei der equity4life Asset Management AG und von 2000 bis 2001 als Aktienanalyst bei UBS Warburg tätig. Er absolvierte ein Studium in Biochemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und promovierte in Biotechnologie an der ETH sowie bei der Cytos Biotechnology AG, Zürich.

Investment Patience is key It‘s bad to be cheap, but good to be valuable The public markets are digesting record biotech IPOs and follow-ons. There is more funding and R&D activity than ever to drive excitement – a notable example being developments in the mRNA space during COVID. But after a record IPO and follow-on biotech issuance volume in the last ten years, deal volume has dropped off to a ten-year low. By Pierre Kiecolt-Wahl and Dylan van Haaften Fig. 1: Clinical Fundamentals by Stage of Development 100% 75% 50% 25% 0% Ph I Ph II Ph III Approval 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Source: Bryan, Garnier & Co W ith the current backdrop of geopolitical issues and ram- stopped, and the market is risk-off. Key market performance is down 30% to 45% and approximately 20% of European biotech is trading below cash. Even the top funds are now feeling the sting. New York- based Perceptive Advisors, which lost about 32% last year, was down 35% in late June 2022 – the worst period in its 23-year history. It could be a long ride to recovery, and optimism. Phase II clinical trials have been a key stumbling point, with fewer phase II trial successes reported recently to provide hope that drugs will make it to later development. The increasing cost and risk of development appears to be outpacing drug discovery despite recent and tapering success probabilities. Strong fundamentals in pole position to be rewarded Despite low valuations and big pharma‘s dry powder remaining high, an M&A uptick is yet to be seen. Buybacks and renewed focus on in-house R&D may be the reality that though low valuations may provide motivation for M&A, they do not catalyse it. Pharma still only tends to assets and platforms that can replenish topline. A handful of recently announced acquisitions (for example, Amgen/Chemo- Merck/Seagen takeout) have spurred hope of a rebound in M&A, but the limited ls 120 03-2022 „Biotechnologie“ safe-haven targets with proof of concept and strong potential. More promising is the renewed interest of European VCs in the sector. In November 2021, EQT (EUR 70 billion AUM) acquired Life Sciences Partners (LSP; EUR 2.2 billion AUM). In April 2022, global invest- acquired the transatlantic life sciences - mately USD 2 billion AUM). To date, Carly- le has invested more than USD 22 billion in the healthcare sector. And in May 2022, Apollo (roughly USD 500 billion AUM) teamed up with one of the main European ABOUT THE AUTHORS Pierre Kiecolt-Wahl is Partner at Bryan, Garnier & Co and has almost 20 years of experience in international capital markets. Among other things, he helped build the international ECM business for Jefferies from London. Dylan van Haaften is Managing Director in the Equity Research team at Bryan, Garnier & Co in London. He has been on the sell side for the past eight years at a variety of boutique investment banks and covers biotech and medtech.

Advertorial Sparks provides a welcome springboard for biotech SMEs on SIX Swiss Exchange The SME stock exchange Sparks helps promising biotech companies accelerate their growth and take their businesses to the next level on SIX Swiss Exchange. Enabling the full growth advanta- ges that public markets can offer Sparks aims to facilitate access for (fast- growing) SMEs to the public capital markets and to allow more SMEs to enjoy In the biotech space, this will create the basic conditions for new biotech success stories, similar to those we saw around the turn of the millennium on the equity segment SWX New Markets, where at that time, Actelion, among others, was initially listed. generate growth capital and further expand domestically and internationally. The segment is also open to foreign companies that want to tap into the Swiss leading exchange life sciences companies. for SMEs can access through Sparks Sparks provides fast growing, capital seeking SMEs with access to the equity public markets and a springboard to take listing requirements and trading hours are tailored for SMEs. The key elements of Sparks compared to SIX Siss Exchange main market can be seen in the table on the next page. In contrast to so-called “SME Growth regulations enable SMEs to list their shares (and not only to seek admission to advantages of a formal listing status which enable to access the institutional With the a different trading model than on for shares of companies with smaller discovery and best execution of trades. Furthermore, Sparks delivers a high level of investor protection providing the same main market. Swiss and foreign from the protection of the Swiss Takeover Code. Building up an ecosystem It is crucial to the Sparks equity segment to have a vibrant ecosystem around it whereby the level of its success will also strongly depend on how all of the capital market participants will participate and contribute. The ecosystem development efforts of SIX Swiss Exchange focus on extending initiatives that have already been established and proven in the main market such as Stage – a program which increases the visibility of SMEs among capital market stakeholders through services such as research coverage and factsheet creation. In addition, new initiatives were launched such as a digital catalogue to provide an overview of services and providers that aims

Investment Financing is the key Building bridges between R&D and the healthcare markets By Oliver Baumann with universities, clinical centers, and research institutions, mostly in Germany. Current projects of Xlife Sciences are jointly conducted with, for example, the universities of Heidelberg, Mainz, Mar- burg, Tübingen, Jena, as well as the Euro- pean Molecular Biology Laboratory (EMBL) Heidelberg and the University Hospital of Jena. In Switzerland, there is currently a cooperation ongoing with, for instance, the Kantonsspital Aarau. Business focus on Germany Why does our Swiss-based company focus so much on Germany in its day-to-day business? On the one hand, the commercial ex- Switzerland, in comparison to Germa- ny, has already arrived in the everyday life of research institutions and is looked after there by s pecial teams. ABOUT THE AUTHOR Oliver R. Baumann is CEO and member of the Board of Directors of Xlife Sciences AG. The certified banking economist is excited to make an impact by using his track record in investment banking as well as his expe- rience in entrepreneurship and the biotech industry. contributes to improving patients‘ lives, We are happy to use the example of Xlife Sciences to show how such a bridge- builder between R&D and the healthcare markets can operate by respecting both the needs of patients. Four areas of know-how The aim of our dedicated team is to act as incubator and accelerator for our R&D counterparts. We are focusing on the value development and commercialization of promising early-stage R&D projects in focus on such projects in the four areas of platforms, biotechnology/therapies, medi- digital health and are dedicated to bringing them to the next stage of their respective development. an established but still growing network m o c . e b o d a . k c o t s – a b p o p i © : o t o h P institutions in I n life sciences, universities and other research in Germany, Austria and Switzerland rightly enjoy a good reputation. Based on their focus and have been delivering valuable and relevant research results for many years, and with impressive regularity. Hence, in contrast to scientists in other countries, for example in the USA, re- searchers the German-speaking countries are sometimes still afraid to thus contribute to providing solutions for high unmet medical needs and a better quality of life. Of course, basic research must not be guided exclusively by commercial interests. However, the discussion on the extent to which R&D can also be commercialized after successful studies and thus build bridges to the health markets should be conducted more intensively in the DACH 124 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Investment Gemischtes Bild Healthcarefonds gaben in den letzten zwölf Monaten ein wechselhaftes Bild ab Aufgrund ihrer konjunkturresistenten Wachstumsperspektiven gehören Unternehmen aus dem Gesundheitssektor in jedes zwölf Monate zeigt jedoch, wie die Fondsperformance von der jeweiligen Marktstimmung gegenüber einzelnen Bereichen der Life-Sciences-Industrie abhängt. Von Stefan Riedel Für Investoren ist die Gesundheitsbranche ein unverwüstlicher Dauerläufer. Ihr Wachstum ist nicht an Konjunkturzyklen gekoppelt, sondern entwickelt sich kontinu- ierlich. Die Blue Chips der Branche locken mit dem Charme von robustem Wachstum, - ausschüttungen. Im Gegensatz dazu stehen die meisten kleinen und mittelgroßen Unter- noch vor der Marktreife. Gelingt der Durch- bruch, kommt der große Wachstumsschub. ETFs und aktiv gemanagte Investment- fonds streuen die Risiken von Einzelinvest- ments und ermöglichen es zugleich, an den Wachstumsperspektiven von einzelnen Branchensegmenten in der Breite zu partizi- pieren. Anders als ETFs, welche die Kursent- wicklung der in den jeweiligen Indizes enthal- tenen Unternehmen abbilden, können Fonds in Sachen Performance besser abschneiden als ihre Benchmarkindizes. Allerdings fällt diese Performance je nach Marktphase unterschiedlich aus und hängt davon ab, wie stark einzelne Branchen wie Pharma, Biotechnologie, Medizintechnik oder medi- zinische Dienstleistungen gewichtet sind. Sicherer Hafen Pharma Im Gesundheitssektor hat sich der MSCI World Healthcare Index auf Sicht der letz- ten zwölf Monate am besten geschlagen. Mit einem Minus von 9% hat er Stand 15. Sep- tember den NASDAQ Biotechnology Index, der im selben Zeitraum fast 26% an Wert einbüßte, deutlich abgehängt. Aber auch der S&P 500 verzeichnete mit 13% deutlich höhere Verluste. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Pharmaunternehmen mit rund 40% im MSCI World Healthcare mit Abstand am höchsten gewichtet sind. Entscheidenden Anteil an der Performance hatten die Aktien von Pharmakonzernen aufgrund der Zulassung von neuen Medi kamenten vor einem neuen Umsatz- und Gewinnschub stehen. Diese Ent- wicklung kam Gesundheitsfonds mit einer hohen Gewichtung von Pharmatiteln zugute. Zu den Fonds, die mit diesem Ansatz auf Jahresfrist eine Rendite von mehr als 10% erzielten, zählen der DNB Fund Health Care (LU1660425346) und der BNP Paribas Health Care Innovators (LU0823416762). Biotechs vor dem Comeback Allerdings hat sich in den letzten drei Monaten eine Sektorrotation vollzogen: nämlich von Big Pharma in Richtung Biotechnologie. In diesem Zeitraum legte der NASDAQ Biotech- nology um 17% zu und zählte damit zu den stärksten Branchenindizes. Der S&P 500 (+7,2%) und insbesondere der MSCI World Healthcare (+3,1%) wurden deutlich abgehängt. Auslöser für das Comeback von Biotech ist die wachsende Zahl positiver Nachrichten. So haben etliche Unternehmen vielverspre- chende klinische Daten für Produkte in ver- schiedenen Krankheitsfeldern vorgelegt. Vor allem aber haben Produktzulassungen die Aktienkurse der jeweiligen Unternehmen europäischen Markteinführung von Rocta- vian, der ersten Gentherapie für die Behand- lung von schwerer Hämophilie A. Alnylam steht nach exzellenten klinischen Daten für Patisiran in einer seltenen Erkrankung vor der Zulassung eines Nischenprodukts, das in Zukunft Milliardenerlöse erzielen wird. Diese Unternehmen haben bereits andere Produkte auf dem Markt und zählen wie andere Biotechs aufgrund ihrer weiterhin Abb. 1: Ausgesuchte Healthcarefonds ISIN Perf. lfd. Jahr in % Perf. 1 J. in % Perf. 3 J. in % Perf. 5 J. in % Volumen Ausgabeaufschlag -17,6% -19,5% -8,0% 0,2% -3,6% 6,8% -5,7% 0,3% 4,3% 2,2% -21,1% -28,8% -4,0% 10,1% -0,2% 5,9% -11,7% 10,8% -2,6% -1,4% 19,9% 23,8% 30,1% 52,0% 34,4% 46,8% 36,0% 34,5% 29,4% 38,2% 56,3% 451 Mio. EUR – 702 Mio. EUR 87,9% 1.704 Mio. EUR 71,6% 1.520 Mio. EUR 47,4% 50,5% 36,6% 50,5% 73,2% 33,7% 778 Mio. EUR 1644 173 Mio. EUR 6,7 Mio. EUR 712 Mio. EUR 566 Mio. EUR 5% 5% 5% 3% 0% 3,50% 3,75% 5% 5% 5% Healthcarefonds apo Digital Health DE000A2AQYW4 BB Bellevue Digital Health LU1811048138 BB Bellevue Medtech & Services LU0415391431 BNP Paribas Health Care Innovators LU0823416762 C WorldWide Healthcare Select LU0090908194 Candriam Equities L Biotechnology LU1120766388 DekaLux-BioTech CF DNB Fund Health Care MEDICAL BioHealth UBS Lux Equity Fund LU0348461467 LU1660425346 LU0119891520 LU0067412154 Quellen: Eigene Recherche, ebase, Candriam Equities 126 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Investment Viel los bei den 30 Aktien des „Biotech & Co. Basket“ Börsenwert legt von Mai bis August auf 58 Mrd. EUR zu Im Mai erstellte die Plattform Life Sciences ihren Biotech & Co. Basket aus 30 im In- und Ausland börsennotierten Gesellschaften und ermittelte zum Start Ende April einen kumulierten Börsenwert in Höhe von 54,9 Mrd. EUR. Wie hoch ist der Wert der deutschen Biotechnologie zum 31. August? Wer waren die besten Performer und welche Nachrichten haben die deutschen Biotechbörsianer am meisten bewegt? Ein Zwischenstand. Von Markus Rieger D er von der Plattform Life Sciences zusammen mit AfU Research Ende April 2022 erstmals präsentierte Korb von 30 Aktien soll regelmäßig Vielfalt und Wert der börsennotierten deutschen Biotechnologie darstellen. Neben 24 als „Core Biotech“ einzustufenden Unterneh- men sind sechs weitere enthalten. Eine Aktie (Marinomed) stammt aus Österreich, wird aber auch an deutschen Handels- plätzen rege gehandelt. Einige Ergebnisse vom Stand Ende April: Der Börsenwert des Biotech & Co. Basket belief sich Ende April 2022 auf 54,9 Mrd. EUR. Allein 32,5 Mrd. EUR entfielen auf Deutschlands Vorzei- gewert BioNTech, der seit 2019 an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert. Immatics N.V. (ISIN: NL0015285941) 09.07.2020 - 16.09.2022 (2 Jahre, 1 Tag) BioNTech SE (ISIN: US09075V1026) 05.11.2020 - 16.09.2022 (2 Jahre, 1 Tag) Jan '21 Jul Jan '22 Jul Quelle: guidants.com, Kurse in EUR, Stand 16.9.2022 300,000 250,000 200,000 150,000 143,400 100,000 80,000 65,000 15,000 12,500 10,255 10,000 9,000 8,000 7,250 6,500 5,750 5,000 Die vier größten Unternehmen (BioNTech, QIAGEN, CureVac und Evotec) vereinig- ten 90,7% des gesamten Basket-Werts aufeinander. 34,7% Kursrückgang bedeuteten einen gegenüber dem Jahresende 2021 um 29,2 Mrd. EUR geminderten Börsen- wert, während der DAX trotz Ukraine- krise „nur“ 11,3 % verloren hatte. Lediglich vier Unternehmen (Mainz Biomed, Formycon, Heidelberg Pharma und Medigene) zeigten eine positive Kursentwicklung 2022, 26 lagen im Minus. Genau 50% der Unternehmen notieren im Ausland bzw. hatten hier ihr Primär- listing. Führend ist hier die Nasdaq mit elf Listings, gefolgt von der Euronext (zwei) und der London Stock Exchange (einem). Jan '21 Jul Jan '22 Jul Quelle: guidants.com, Kurse in EUR, Stand 16.9.2022 ls 128 03-2022 „Biotechnologie“

Investment und FYB201 (Ranibizumab, zu 50%) sowie die operative Entwicklungseinheit bioeq GmbH in die Gesellschaft eingebracht. Dadurch wurde die ATHOS KG mit 26,6% mittelbar zum größten Anteilseigner der Formycon AG. Zum 1. Juli wurde der Vor- stand erweitert um zwei erfahrene Pharmamanager und Dr. Stefan Glombitza, zuvor COO, zum CEO berufen. In der Hauptversammlung am 30. Juni wurde dann noch Dr. Thomas Strüngmann in den Aufsichtsrat gewählt. Aussichtsreiche Meldungen von der „Zulassungsfront“ Wochen ab. Gestiegener Börsenwert Die kumulierte Market Cap legte von Mai bis August um 3,00 Mrd. auf 57,9 Mrd. EUR zu. Den größten Wertzuwachs verbuchten BioNTech (+4,0 Mrd. EUR), Formycon (+416 Mio. EUR), Immatics (+336 Mio. EUR) und QIAGEN (+279 Mio. EUR). Die größte Wert- vernichtung fand bei CureVac statt, die satte 1,19 Mrd. EUR an Börsenwert einbüßte (Aktienkurs -39,2%), aber auch Evotec CureVac N.V. (ISIN: NL0015436031) 25.08.2020 - 16.09.2022 (2 Jahre, 1 Tag) Jan '21 Jul Jan '22 Jul Quelle: guidants.com, Kurse in EUR, Stand 16.9.2022 ls 130 03-2022 „Biotechnologie“ Formycon AG (ISIN: DE000A1EWVY8) 21.12.2010 - 16.09.2022 (12 Jahre, 1 Tag) 70,800 60,000 40,000 20,000 10,000 6,000 4,000 2,000 Jan '11 Jan '13 Jan '15 Jan '17 Jan '19 Jan '21 Quelle: guidants.com, Kurse in EUR, Stand 16.9.2022 (-128,5 Mio. EUR, Aktie -24,2%) verloren im dreistelligen Mio.-EUR-Bereich an Börsen- wert. Der Anteil von BioNTech am gesam- ten Basket-Börsenwert (63,0%) hat gegen- über Ende April (59,2%) noch einmal zuge- nommen. Bei den Top Four (BioNTech, QIAGEN, Evotec, CureVac) sind beinahe unverändert rund 91% der kumulierten Marktkapitalisierung konzentriert (90,9% zum 31. August ggü. 90,7% zum 29. April). Fazit Von +72 % bis -95% Aktienkursentwicklung in nur vier Monaten: Die deutschen Bio- techunternehmen zeigen sich einmal mehr von ihrer volatilen Seite. Während der DAX von Mai bis August rund 9% ver- lor, kamen gerade einmal sieben von unse- ren 30 Aktien des Biotech & Co. Basket mit einer Schwankungsbreite von weniger als 10% aus. Positiv: Insgesamt legte der kumulierte Börsenwert um 3 Mrd. auf rund 58 Mrd. EUR (+5,5%) zu. Die Domi- nanz der BioNTech-Aktie (63% der Market Cap) wurde allerdings noch einmal größer. Unterlegt war die turbulente Entwicklung bei vielen Aktien durch umfangreichen inzwischen beim Börsenwert als fünftes deutsches Unternehmen den Sprung über die Mrd.-EUR-Grenze schaffte. 100,000 75,000 55,000 40,000 30,000 20,000 15,000 10,000 9,500 7,500

m o c . e b o d a . k c o t s – x p r e f o o r m a J i © : o t o F Service Life-Sciences-Events Datum & Ort Veranstalter Event 25..09.2022 München 27.–29.09.2022 Straubing 28.09.2022 BioCampus Cologne 28.–29.09.2022 Beaulieu Expo, Lausanne, Schweiz 29.09.2022 QIAGEN Deutschland, Hilden 30.09.2022 Faculty Club G2B, CAMPUS AT HOME, Planegg-Martinsried 04.10.2022 Wuppertal 06.10.2022 Gene Center Munich 06.10.2022 Planegg-Martinsried 06.–07.10.2022 München 10.10.2022 Heidelberg 12.10.2022 Frankfurt School of Finance & Management + online per Live-stream 13.10.2022 Digital 14.–15.10.2022 Berlin 20.10.2022 Potsdam Science Park 20.–21.10.22 AREAL BÖHLER, GEC Campus and digital livestream 24.–26.10.2022 Leipzig 26.–27.10.2022 Vilnius (Litauen) 27.10.2022 Biozentrums der LMU, München 31.10.–03.11.2022 Digital 08.–09.11.2022 Berlin 10.11.2022 Digital 14.11.–16.11.2022 Graz, Österreich 15.–16.11.2022 Maritim Hotel, Flughafen Düsseldorf 17.11.2022 Digital 22.–23.11.2022 Leipzig 23.–24.11.2022 Essen 25.11.2022 München 28.–30.11.2022 Frankfurt Life Science Factory Management GmbH https://lifescience-factory.com/en/bitsandpretzels Global Bioeconomy Alliance www.bioeconomy.world/ktb2022/index.html Tech Tour https://bit.ly/TechTour2022 MCH Messe Schweiz (Basel) AG www.ilmac.ch/de BioRiver www.bioriver.de/bioriver-boost Fördergesellschaft IZB mbH Anmeldung per E-Mail an izb@izb-online.de TechTour https://bit.ly/TechTour2022-2 BioM Biotech Cluster Development GmbH www.digimed-bayern.de/symposium-2022.html High-Tech Gründerfonds Management GmbH www.htgf.de/de/events/htgf-on-tour WISO S.E. Consulting GmbH www.wiso-consulting.de/ www.gesundheitskongress.de/herzlich-willkommen.html BioLabs Heidelberg, Heidelberg Startup Partners, and Life Science Accelerator Baden-Württemberg www.life-science-investors-day.vc Frankfurt School of Finance & Management in Kooperation mit BIO Deutschland & BPI https://bit.ly/HRinLS2022 Sachs Associates www.sachsforum.com Forever Healthy Foundation gGmbH https://forever-healthy.org/summit Standortmanagement Golm GmbH in Kooperation mit Potsdam Transfer | Universität Potsdam, der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg, der Industrie- und Handelskammer Potsdam, der Landeshauptstadt Potsdam und des Fraunhofer Leistungszentrum Funktionsintegration https://bit.ly/PSPConf2022 Global Entrepreneurship Centre https://www.gec-scaleup.com/ Anmeldung: https://bit.ly/GECForum2022 EBD Group https://informaconnect.com/bioeurope EuropaBio www.europabio.org btS e.V. https://bts-sciecon.de/m EBD GmbH https://informaconnect.com/bioeurope Euroforum Deutschland GmbH https://bit.ly/HB-Health-2022 bayern innovativ www.bayern-innovativ.de/biopolymere2022 Acib www.esib.at SLS Partnering GmbH https://dxpx-conference.com Sachs Associates www.sachsforum.com Frauenhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie https://lion-conference.com Tech Tour https://bit.ly/TechTour2022-3 Bundesverband Medizinischer Auftragsinstitute (BVMA) e.V www.bvma.de/symposium/anmeldung-symposium Deutsche Börse www.eigenkapitalforum.com Bits & Pretzels Vertical „Future of Life Sciences“ Key Technologies in the Bioeconomy 2022 Tech Tour NRW Green ILMAC LAUSANNE – Die Plattform für die Chemie- und Life-Sciences- Community 9th BioRiver Boost! Biotech Press Lounge Präsenzveranstaltung mit vier Impulsvorträgen á 15 Min zzgl. Q&A Im Anschluss: Business Lunch Bio-based Scaling & Finance Forum 2022 DigiMed Bayern Symposium 2022 Big Data and AI: Can Medicine Do the Doable? Life Science Pitch Day (Pharma/Biotech) 21. Europäischer Gesundheitskongress München Life Science Investors’ Day | 2022 HR in LIFE SCIENCE & HEALTHCARE 2nd SACHS-BIOPÔLE INVESTMENT SEMINAR: PREVENTION & DIAGNOSTICS The Rejuvenation Startup Summit 2022 PSP Conference 2022 – Biotechnologie & Bioökonomie – Parcours der Zukunft GEC Forum – Scaling for Impact BIO-Europe Leipzig EFIB 2022 – European Forum for Industrial Biotechnology and the Bioeconomy: Extra für unsere Leser: Sichern Sie sich 10% Rabatt mit dem Code MEDIA-EFIB2022! ScieCon München 2022 BIO-Europe Digital Handelsblatt Jahrestagung Health – The Digital Future 2022 Biopolymere - Erneuerbare Rohstoffe für die zirkuläre Bioökonomie esib – The European Summit of Industrial Biotechnology DxPx Conference EU 2022 3rd SACHS-BIOPÔLE INVESTMENT SEMINAR: CELL & GENE THERAPY LION CONFERENCE 2022 Tech Tour Sustainability 2022 30. BVMA-Symposium: Neue Ansätze in der klinischen Forschung – Europa rückt zusammen Deutsches Eigenkapitalforum 2022 Weitere Events: www.goingpublic.de/events 132 ls 03-2022 „Biotechnologie“

Service Unternehmensindex Seite Abivax ...................................................................................................75 AiCuris Anti-infective Cures ..................................................................78 Amgen.............................................................................................16, 78 ASC Oncology .......................................................................................38 Atriva Therapeutics ...............................................................................79 Azenta Life Sciences/GENEWIZ.............................................................24 Baker McKenzie...............................................................................90, 96 Baker Tilly ..............................................................................................90 BB Biotech...........................................................................................118 BIO Deutschland ...................................................................................12 BioLabs Global......................................................................................87 BioM Biotech Cluster Development.......................................................64 BioPark Regensburg..............................................................................86 BioRiver – Life Science im Rheinland ...................................................87 BioRN Life Science Cluster Rhine-Neckar.............................................88 biosaxony........................................................................................24, 88 Bioscience Valuation BSV..............................................................91, 116 BRAIN Biotech.......................................................................................52 Bryan, Garnier & Co............................................................................120 Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI)..................46, 89 Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg – HealthCapital.........89 Destiny Pharma.....................................................................................75 DESY......................................................................................................44 Ebner Stolz ............................................................................................91 Element Materials Technology Group.............................................58, 79 FGK Clinical Research ...........................................................................80 Forever Healthy Foundation..................................................................54 Formycon...............................................................................................76 FORTY51 Ventures ..............................................................................106 Fraunhofer ITEM – Pharmazeutische Biotechnologie..........................80 Fraunhofer IZI........................................................................................24 Galapagos Biopharma Germany ..........................................................81 Global Entrepreneurship Centre (GEC).................................................72 HeartBeat.bio........................................................................................92 Heidelberg Pharma ...............................................................................60 High-Tech Gründerfonds.......................................................................85 HUBER & SCHUESSLER.......................................................................102 Immunic Therapeutics...........................................................................76 Indivumed .......................................................................................36, 81 Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS).......................24 Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) ....................................92 International Centers for Precision Oncology (ICPO) ...........................22 invIOs ....................................................................................................94 iOmx Therapeutics.................................................................................82 ITM ..................................................................................................20, 82 Kinarus ................................................................................................113 Life Science Factory Göttingen .............................................................62 Marinomed Biotech ..............................................................................77 MC Services...........................................................................................40 MIG Capital.........................................................................................108 NEFFA..................................................................................................114 NEUWERK .............................................................................................98 NRW.BANK............................................................................................85 PELOBIOTECH .....................................................................................111 Perfood..................................................................................................50 Pinsent Masons...................................................................................100 PL BioScience ......................................................................................112 Potsdam Science Park ...........................................................................86 Private Universität im Fürstentum Liechtenstein (UFL)......................104 QUANTRO Therapeutics........................................................................92 Rentschler Biopharma.....................................................................68, 83 Secarna Pharmaceuticals......................................................................84 SIX Swiss Exchange ............................................................................122 Spexis ..............................................................................................56, 77 sterna biologicals..................................................................................84 TVM Capital Life Science ....................................................................110 Universitätsklinikum Leipzig (UKL).......................................................24 Xlife Sciences.......................................................................................124 Zellkraftwerk.........................................................................................24 Plattform Life Sciences Impressum Plattform Life Sciences 3-2022, Biotechnologie, 24. Jg. Verlag: GoingPublic Media AG Hofmannstr. 7a, 81379 München Tel.: 089-2000 339-0, Fax: 089-2000 339-39 E-Mail: info@goingpublic.de Internet: www.plattform-lifesciences.de Redaktion: Holger Garbs (Projektleitung), Urs Moesenfechtel Bildredaktion: Andreas Potthoff Bilder: Adobe Stock; Unternehmensbilder; Stefan Hoyer/punctum Titelbild: © vegefox.com – stock.adobe.com Mitarbeit an dieser Ausgabe: Eva Bauer, Oliver Baumann, Dr. Sascha Berger, Julia Braun, Tamara Breitinger, Sascha Oliver Bucher, Dominik Burziwoda, Dr. Claudia Englbrecht, Merlin M. Greuel, Selina K. Greuel, Michael Greve, Dylan van Haaften, Manfred Heinzer, Marc L. Holtorf, Marco Janezic, Prof. Dr. med. Hartmut Juhl, Pierre Kiecolt-Wahl, Dr. Michael Krohn, Dr. Daniel Koller, Dr. Alke Meents, Sara Núñez-García, Dr. Christian Regenbrecht, Thomas Repka, Stefan Riedel, Markus Rieger, Dr. med. Dr. rer. nat. Torsten Schröder, Dr. Andrea Schüssler, Daniel Schuppmann, Dr. Claudia Seitz, Philipp S. Steinbach, Tamás Schweighoffer, Dr. Pablo Serrano, Dr. Julia Traumann, Dr. med. Jeffrey Wager, Dr. Matthias Wilken Interviewpartner: Prof. Dr. med. Richard P. Baum, Alexander Dettmer, Prof. Dr. Horst Domdey, André Hofmann, Prof. Dr. med. habil. Christoph Josten, Prof. Dr. Dr. Ulrike Köhl, Dr. Matthias Kromayer, Dr. Elisabeth Lackner, Peter Llewellyn-Davies, Dr. Frank Mathias, Prof. Dr. Thomas Neumuth, Dr. Jan Schmidt-Brand, Prof. Dr. Kerstin Stangier, Ivonne Wolff Vorschau Plattform Life Sciences 4/2022 Circular Bioeconomy (englisch) (Erscheinungsdatum: 19.11.2022, Anzeigenschluss:8.11.2022) Lektorat: Benjamin Eder Gesamtgestaltung: Andreas Potthoff Redaktionsanschrift: s. Verlag, E-Mail: lifesciences@goingpublic.de 134 ls 03-2022 „Biotechnologie“ Verlagsleitung Life Sciences: Karin Hofelich, Tel: 089-2000339-54 hofelich@goingpublic.de Anzeigen: Gültig ist Preisliste Nr. 2 vom 1. November 2017. Erscheinungstermine 2022: Nr. 1/2022 „Smarte Medizin“ (19.3.), Nr. 2/2022 „Finanzieren & Investieren“ (28.5.), Nr. 3/2022 „Biotechnologie 2022“ (24.9.), Nr. 4/2022 „Circular Bioeconomy“ (englisch- sprachig, 19.11.) Preise: Einzelheft 12,50 EUR, Jahresabonnement 48,00 EUR Abonnementverwaltung: GoingPublic Media AG Plattform Life Sciences Abo-Verwaltung Hofmannstr. 7a 81379 München Tel.: 089-2000339-0, Fax: -39 E-Mail: abo@goingpublic.de Druck: Joh. Walch GmbH & Co. KG, Augsburg Haftung und Hinweise: Artikeln, Empfehlun- gen und Tabellen liegen Quellen zugrunde, welche die Redaktion für verlässlich hält. Eine Garantie für die Richtigkeit kann allerdings nicht übernommen werden. Bei unaufgefor- dert eingesandten Beiträgen behält sich die Redaktion Kürzungen oder Nichtabdruck vor. Nachdruck: © 2022 GoingPublic Media AG, München. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. 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