Smart Farming, neue Werkstoffe oder Durchbrüche in der Biomedizin: Wir fördern Ideen, die Ihr nachhaltiges Start-up über sich hinauswachsen lassen. Fragen Sie uns nach einer NRW.BANK-Finanzierung.

Inhalt 22 Biotechnologie hat die Gesundheitsversorgung transformiert Die Biotechnologie wird auch in den kommenden Jahren einen enormen Nutzen für die Arzneimittelindustrie bringen Dr. Simon Moroney, Novartis 26 Die Zukunft der Medikamententherapie Trends und Technologien der kommenden 25 Jahre Dr. Karl Nägler, Wellington Partners 30 Biotechnologie bedeutet Einsatz! Persönliche Einblicke in Impulse, Motivation und Meilensteine Märkte & Technologien 44 Revolutionäre Ansätze in der Medizin Gen- und Zelltherapien verän- dern die Gesundheitsversorgung Dr. Matthias Wilken, Dr. Pablo Serrano, BPI 46 Zelltherapie „off the shelf“ Spitzentechnologie in die Breite tragen Dr. Werner Lanthaler, Evotec Biotechnologie hat die Gesundheits- versorgung transformiert Dr. Simon Moroney, Novartis Seiten 22–24 3 Editorial Sehen – und gesehen werden Einführung & Grundlagen 8 Wenn die Biotechindustrie wüsste ... Hände statt den Kopf schütteln! Dr. Holger Bengs, BCNP Consultants 9 I want to survive! Why life sciences and biotech- nology in particular play an important role for myself (and all of us) Karin Hofelich, GoingPublic Media 10 Von Pferdekutschen und Rennwagen Eine Reise durch die Geschichte der Biotechnologie 14 25 Jahre am Puls der Biotechnologie 18 Erfolgsgeschichten für die „Biotech Hall of Fame“ Die „Ruhmeshalle“ der deut- schen Biotechnologie ist im Juni dieses Jahres mit zehn Gründungsmitgliedern an den Start gegangen Dr. Claudia Englbrecht, BIO Deutschland Revolutionäre Ansätze in der Medizin – Gen- und Zelltherapien Dr. Matthias Wilken (links), Dr. Pablo Serrano, BPI Seiten 44–45 Zelltherapie „off the shelf“ – Spitzen- technologie in die Breite tragen Dr. Werner Lanthaler, Evotec Seiten 46–48 4 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Inhalt Einführung EU-weiter Zwangs- lizenzen durch die EU-Kommission Dr. Andrea Schüssler, HUBER & SCHUESSLER Seiten 106–107 Wohin floss das Biotechgeld? Eigenkapitalfinanzierungen globaler Biotechfirmen Dr. Julia Schüler, BIO.ASPEKTE; Frank Schwarz, Cohesion Bureau Seiten 110–112 Inception, Purpose, Impact … und dann? Deutsche Biotechnologie aus CFO-Sicht Prof. Dr. Dirk Honold Seiten 114–115 6 ls 03-2023 „Biotechnologie“ SONDERWERBEFORM 86 Who is Who in Life Sciences 33 Branchenplayer stellen sich vor Unternehmen Investoren Inkubatoren Acceleratoren Technologiezentren Businessplanwettbewerbe Berater Rechtsanwälte Börsen Recht 104 Alles Gute zum 25. Geburts- tag, RL 98/44/EG! Biopatente – ethische Heraus- forderung und rechtliche Regelungen im Wandel der Zeit Dr. Christiane Maxien, Wallinger Ricker Schlotter Tostmann 106 Einführung EU-weiter Zwangs lizenzen durch die EU-Kommission Ist gut gedacht auch gut gemacht? Dr. Andrea Schüssler, HUBER & SCHUESSLER Finanzierung 108 The advantage of early-stage biotech investing Early-stage biotech venture funds outperform their late- stage counterparts and other venture investment strategies Selina K. Greuel, Philipp S. Steinbach, Merlin M. Greuel, Bioscience Valuation 110 Wohin floss das Biotechgeld? Eigenkapitalfinanzierungen glo- baler Biotechfirmen in den vergangenen fünf Jahren Dr. Julia Schüler, BIO.ASPEKTE; Frank Schwarz, Cohesion Bureau 114 Inception, Purpose, Impact … und dann? Deutsche Biotechnologie aus 25-jähriger CFO-Sicht Prof. Dr. Dirk Honold 116 Nasdaq Nordic supports the shift towards more sustainable capital markets ESG is not about a sustainability strategy – it is about a sustainable business strategy Maria Groschopp Dellwik, Nasdaq Case Studies 118 Resistenzen gegen Immun- therapien durchbrechen CatalYm GmbH: Entwicklung eines neuen Ansatzes gegen Tumorresistenzmechanismen 120 Der Netzwerkeffekt für die datengesteuerte Medizin SOPHiA GENETICS entwickelt ein globales Datenaustausch- netzwerk für Gesundheits- einrichtungen 122 Das volle AAT-Potenzial ausschöpfen AATec Medical: Atemwegstherapien mit Alpha- 1-Antitrypsin 23137930

Einführung & Grundlagen Hände statt den Kopf schütteln! Deutschland hat eine gute Position in der Biotechnologie erreicht und ist ein Vorbild für Nachhaltigkeit und Innovation. Hiesige Start-ups zeichnen sich durch ihre Bereitschaft aus, neue Wege zu gehen. Sie sind die Quelle frischer Ideen und disruptiver Technologien für Gesundheitswesen, Umweltschutz, Landwirtschaft und Chemie, in Kooperation mit Mittelstand und Großunternehmen. Damit sie dieses Potenzial auch in Zukunft ausschöpfen können, ist aber eine Sache besonders wichtig. Von Dr. Holger Bengs Rohstoffe zu ersetzen. Alle sind gefordert, gige Innovationen zu machen. Dabei darf auch der Mittelstand als Biotechgeber und -nehmer seine Chancen noch besser nutzen. Damit das gelingt, ist aber eines zentral wichtig: Die Menschen müssen sich ken- nen – nur so sind mehr Innovationen mög- lich. Sich technikverliebt auf dem Flur und auf Fachkonferenzen einzukerkern ist keine Option. Netzwerken ist unsere neue Lebensversicherung! Kontakte, in ver- schiedenen Winkeln des Daseins, bieten Lösungen, Produkte und Märkte. Der ungewollte Zufallsfund hat mehr Poten- zial. So mancher Abwärtsstrudel – Nokia, Kodak, Quelle – wäre im Austausch mit scheinbar fremden Disziplinen erspart geblieben. Biochemie und künstliche Intelligenz kreuzen sich genauso wie Chemie und Engineering. Viele Start-ups kennen keine Fabrik von innen, was die Umsetzung höherer Technology Readi- ness Level erschwert. ist Die erste Stufe branchenübergreifenden Austauschs Information. Die Life- Sciences-Series von GoingPublic hat hier bereits 25 Jahre lang Großartiges geleis- tet. Aktuelle Themen werden aufgegriffen, Positionen und Handelnde dargestellt, Menschen über Social Media miteinander vernetzt und durch Treffen der persön- liche Austausch ermöglicht. Dabei galt und gilt: Hände statt den Kopf schütteln! Mein Beitrag mit der ersten GoingPublic- Sonderausgabe Biotechnologie 1999 ist m o c . e b o d a . k c o t s – s k r o w r o m a t e m © : o t o F D as Besondere an der Biotechbran- che ist: Wie keine andere Hightech- industrie bringt sie seit Jahren einen kontinuierlichen Strom an Gründungen junger Unternehmen hervor; andere schauen demütig. Nicht jede Gründung muss ein mit Milliarden bewertetes Einhorn werden. Unternehmertum sollte in aller Breite Blick der Gesellschaft auf den Gescheiter- ten, keinen neidischen auf den Erfolg- reichen, und zwischen den Unternehmen muss es auch optimal stimmen. Junge Unternehmen brauchen Entscheidungen, um sich schnell zu entwickeln, Konkurrenz fernzuhalten und Liquidität zu schonen. Die Lebensversicherung Für die Medizin wurde bereits viel erreicht; doch Biotechnologie strahlt deutlich weiter ab. Sie wird gebraucht, um mit erneuerbarem Kohlenstoff aus Bio- masse, Recycling und Kohlendioxid fossile 8 ls 03-2023 „Biotechnologie“ rückblickend ein bescheidener Impuls an- gesichts heutiger Themenvielfalt. Doch wer weiß: Nur mit diesen Erfahrungen kam mir als als Chemiker womöglich die Idee zum ECP als interdisziplinärem Industry Speed Dating Event. Es bringt im nächsten Februar bereits zum achten Mal internationale Entscheider aus Biotech- nologie, Chemie, Industrie, Finanzen und Digitalem zusammen – für mehr Innovatio- nen. Der Blick über den Tellerrand hilft, Wissen optimal zu verwerten. Wenn die Biotechindustrie wüsste, wo sie heute schon überall gebraucht wird ... nicht aus- zudenken, welche Potenziale dann erst noch freigesetzt würden. GoingPublic und seiner Fangemeinde wünsche ich viele weitere gemeinsame Jahre und uns allen den Mut, noch mehr in fremde Welten einzutauchen; Wissen gehört an den Markt – in unsere Köpfe. Im persönlichen Gespräch funktioniert es am besten. ZUM AUTOR Dr. Holger Bengs ist Geschäftsführer bei der BCNP Consultants GmbH, Initiator des ECP und seit 25 Jahren GoingPublic-Fan.

Einführung & Grundlagen Rennwagen Eine Reise durch die Geschichte der Biotechnologie Der Begriff Biotechnologie wurde erstmalig 1919 von Károly Ereky verwendet. Er beschrieb den tierischen Organismus als biotechnologische Arbeitsmaschine, die Lebensmittel erzeugt. Die Biotechnologie könne Lösungen für Nahrungsmittel- und Energieknappheiten bieten, so Ereky später. Von Urs Moesenfechtel m o c . e b o d a . k c o t s – i o d u t s t i v © : n o i t a r t s u l l I In den 1960ern der genetische Code entschlüsselt. S eitdem hat sich viel getan: 1926 fand James Currie einen Weg, Zitronen- säure fermentativ aus Zucker statt aus Zitronen herzustellen. 1928 entdeckte Alexander Fleming Penicillin, das 13 Jahre später schließlich industriell hergestellt werden konnte. Ebenso bedeutend war die Entschlüsselung der Struktur des Vitamins B12 durch Dorothy Hodgkin; B12-Mangel verursacht bösartige Blutarmut. In der Mitte des 20. Jahrhunderts nimmt die Biotechno logie richtig Fahrt auf. Durch molekularbiologische, genetische bzw. gentechnische Entdeckungen, Erkenntnis- se und Methoden werden neue Herstel- lungsverfahren für chemische Verbindun- gen, Diagnosemethoden, die Züchtung - er Materialien und vieles mehr möglich. seither Biotechnologie sämtliche Lebensbereiche. Food, Feed, Fuel, Fibre – in allen wirtschaftlichen Kernsektoren ist sie präsent. Dass die transformiert 10 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Innovationen auf Biotechnologie beruhen, ist aber vielleicht nicht jedem bewusst; auch nicht, als beispielsweise 1968 das erste biologisch aktive Vollwaschmittel auf den Markt kommt. 1997 wurde erstmals biotechnologisch hergestelltes Labferment in Deutschland zugelassen. Moderne Käseproduktion wäre heute ohne diese technische Errungenschaft nicht denkbar! In den 1950er-Jahren wird schließlich die DNA-Struktur aufgeklärt, in den 1960ern der genetische Code entschlüsselt. Aller- spätestens ab diesem Zeitpunkt ist Bio- technologie auch aus dem Gesundheits- bereich nicht mehr wegzudenken. 1976 gelang es Genentech, dem ersten Biotech- unternehmen weltweit, das menschliche Wachstumshormon Somatostatin von einem Bakterium herstellen zu lassen. Bis heute wird es zur Tumorbehandlung ein- gesetzt. 1978 begann Genentech mit der biotechnologischen Herstellung von Humaninsulin; zuvor war es umständlich und kostenintensiv aus tierischen Quellen gewonnen worden. 1983 erfand Kary B. Mullis die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) – man stelle sich nur vor, wie die Coronapandemie ohne die Möglichkeit von PCR-Tests verlaufen wäre. Im Jahr 1990 startete die Entschlüsselung des Humangenoms: der Schlüssel schlecht- hin zur Diagnostik und Behandlung zahlreicher Krankheiten. 1990 führten William French Anderson und Michael Blaese die erste somatische Gentherapie durch. Biotechnologie Die gewonnenen Erkenntnisse und Errun- genschaften führten zu einem regelrech- ten Biotechboom in den 1980er- und 1990er-Jahren – nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland. Vorreiter hierzulande waren 1984 QIAGEN, 1989 Miltenyi Biotec, 1992 MorphoSys, 1993 Evotec und 1994 Medigene. Starke Impulse für den weiteren Aufbau der Biotech- branche gingen ab 1995 von Biotech- clustern und Biotechwettbewerben aus. Neben dieser stark vertretenen roten Bio- tech kommen mittlerweile viele weitere Farben hinzu. Biotech ist heute auch: Herstellung von Milch (bzw. Käse) aus Mikroorganismen oder Fleisch aus Zell- kulturen, der Einsatz von Enzymen zur Textilveredelung oder die Herstellung von Biokraftstoffen aus Biomasse. Auch diese Entwicklungen nahmen in den 1990ern ihren Anfang. Der erste aus künstlichen Fleischzellen hergestellte Burger wurde schließlich 2013 vorgestellt.

Einführung & Grundlagen folgte Von Pferdekutschen und Rennwagen Die Geschichte der Biotechnologie ist eine von Pferdekutschen und Rennwagen. Manchmal verlaufen Entwicklungen in rasantem Tempo, mal in ermüdender Langsamkeit. So hatte der Boom der 1990er-Jahre zu einer Vielzahl von Biotech- IPOs geführt. Die Aktienkurse von Bio- techunternehmen schossen in die Höhe, die Branche galt als vielversprechendes Investitionsziel. In den frühen 2000er-Jah- ren jedoch eine ernüchternde ­Phase.­Profitable­Produkte­auf­dem­Markt­ waren­ rar,­ Unternehmen­ verbrannten­ Geld in der Produktentwicklung und -for- schung.­Dies­führte­zu­einem­Einbruch­der­ Biotechaktien und einer Konsolidierung der Branche. Das Blair-Clinton-Interview zur DNA-Patentierung 2000, die Anschläge vom­11.­September­2001­taten­ihr­Übriges.­ Der Neue Markt, 1997 gegründet, musste 2003­bereits­wieder­schließen.­Die­Lehmann- Brothers-Pleite­2008­bedingte­schließlich,­ nachdem sich die Branche wieder erholt hatte,­einen­weiteren­­Einbruch.­ Rasanter Innovationsanstieg Während sich an den Börsen die Ge- schwindigkeiten­abwechselten,­konnten­in­ der­ Forschung­ bahnbrechende­ Erfolge­ verzeichnet werden. So wurde 2004 mit „Avastin“ ein monoklonaler Antikörper entwickelt, 2005 genehmigte die FDA den ersten­Krebsimpfstoff,­2006­stellte­Shin’ya­ Yamanaka erstmalig induzierte pluri- potente Stammzellen her. 2007 wird ­CRISPR/Cas­ erstmals­ beschrieben.­ Ab­ Mitte der 2000er-Jahre nahm die Biotech- branche­ dann­ auch­ an­ der­ Börse­ wieder­ Fahrt auf. Weitere Fortschritte in der Krebsforschung,­Immuntherapie­und­per- sonalisierten Medizin führten zu einer neuen­ Welle­ von­ Investitionen.­ Große­ Pharmaunternehmen­begannen,­Allianzen­ mit­Biotechfirmen­einzugehen.­2017­­wurde­ die­ erste­ zellbasierte­ Gentherapie­ zur­ ­Behandlung­ von­ Krebs­ zugelassen,­ 2018­ der­ Medizinnobelpreis­ für­ die­ Entwick- lung­von­Krebsimmuntherapien­vergeben.­ Auch grüne Biotechnologie wurde endlich konkret: So nahm 2012 die erste Versuchs- anlage zur Produktion von Bioethanol aus Stroh­ ihren­ Betrieb­ auf.­ In­ jüngster­ Zeit,­ insbesondere­ während­ der­ COVID-19-­ Pandemie,­hat­die­Biotechbranche­erneut­ an­ Bedeutung­ gewonnen,­ da­ sie­ bei­ der­ Entwicklung von Impfstoffen und Thera- 12 ls 03-2023 „Biotechnologie“ AUSGEWÄHLTE MEILENSTEINE DER BIOTECHNOLOGIE SEIT 1999 (DEM JAHR, IN DEM DIE ERSTE AUSGABE „BIOTECHNOLOGIE“ BEI GOINGPUBLIC MEDIA ERSCHIEN) IPO Evotec an der Frankfurter Wertpapierbörse IPO MorphoSys an der Frankfurter Wertpapierbörse IPO Medigene an der Frankfurter Wertpapierbörse Beginn des Rahmenprogramms Biotechnologie (BMBF) (bis 2005) Vollständige Entschlüsselung des Humangenoms Schließung des Neuen Markts Testung der ersten mRNA-Impfstoffe gegen Krebs FDA-Zulassung „Avastin“ (humanisierter monoklonaler Antikörper) Gründung von BIO Deutschland Der milliardenste „Biotech-Acre“ wurde angelegt Veröffentlichung der Hightech-Strategie für Deutschland Erstmalige Herstellung von induzierten pluripotenten Stammzellen FDA-Zulassung „Gardasil“ (Vakzin gegen Human-Papillom-Virus) Nutzung humaner Hautzellen zur Erzeugung embryonaler Stammzellen Entdeckung der Funktion des CRISPR/Cas-Systems Lehman-Brothers-Pleite Next-Generation-Sequencing-Plattformen (NGS) kommen auf den Markt FDA-Zulassung „Sipuleucel-T“ (erster gentherapeutischer Krebsimpfstoff) Erzeugung der ersten synthetischen Zelle NGS ermöglicht erstmals die Sequenzierung eines Humangenoms in weniger als einer Woche und unter 2.000 USD CRISPR/Cas9 wird erstmals beschrieben EMA empfiehlt Zulassung für erste Gentherapie „Glybera“ 1999 2000 2001 2002 Wissenschaftlicher Durchbruch des Jahres: RNA-Interferenz 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Wissenschaftlicher Durchbruch des Jahres: Krebsimmuntherapie FDA-Zulassung „KEYTRUDA“ (PD-1-Inhibitor) 2014 Erster internationaler Gipfel zur Genom-Editierung 2015 IPO Editas Medicine an der Nasdaq 2016 FDA-Zulassung von „SPINRAZA“ (Antisense-Oligonukleotide) IPO BRAIN an der Frankfurter Wertpapierbörse IPO InflaRx an der Nasdaq 2017 FDA-Zulassung der CAR-T-Zelltherapie „KYMRIAH“ IPO MorphoSys an der Nasdaq 2018 IPO Moderna an der Nasdaq 2019 IPO BioNTech an der Nasdaq 2019/20 Beginn der Coronapandemie 2020 2021 2022 IPO CureVac an der Nasdaq Doudna/Charpentier erhalten Chemie-Nobelpreis für Entwicklung von CRISPR/Cas9 Coronapandemie beschleunigt mRNA-Impfstoff-Entwicklung FDA-Zulassung von Gentherapie gegen erbliche Netzhauterkrankung Coronapandemie ebbt ab peutika eine entscheidende Rolle gespielt hat;­ Stichwort­ BioNTech.­ Dies­ brachte­ ­einen­erneuten­Anstieg­der­Börsenbewer- tungen hervor, auch wenn derzeit wieder ein­wenig­Ebbe­herrscht. Raketenstart in ein neues Zeitalter Was­für­ein­schneller­Ritt­durch­eine­über­ tausendjährige Geschichte. Und das Tempo steigt: In der Landwirtschaft, der Energiegewinnung und im Novel-Food- Sektor gewinnt die Biotechnologie immer mehr­ an­ Fahrt­ und­ verheißt­ eine­ noch­ vielversprechendere­ Zukunft.­ Selbst­ an­ der Börse, trotz derzeit weniger IPOs und Kurvenchaos,­ gibt­ es­ oft­ Momente­ des­ Aufschwungs!­Erheben­wir­also­unser­Glas­ auf die nächsten 25 Jahre voller Innovation, Fortschritt und unendlicher Möglichkei- ■ ten in der Welt der Biotech nologie.

Einführung & Grundlagen Biotechnologie 2001 „Durchatmen“: Der Kollaps des Neuen Markts und erhebliche Kurseinbrüche bei börsennotierten Biotechs prägten das Jahr 2001. GoingPublic wagt daher einen Blick über nationale Grenzen. Biotechnologie 2003 „Eine Lanze für die Biotechnologie“: Ein schonungsloser Ausleseprozess prägte in diesem Jahr das Bild der Biotechnologie in Deutschland, erstmals seit Langem gab es kein IPO. Biotechnologie 1999 „Bio! ... Biotech! ... Biotechnolo- gie!“: Die DNA-Entschlüsselung rückt das Thema Biotechnologie auch in Deutschland verstärkt ins Interesse der Anleger. Eine ganze Reihe erster deutscher Biotech- unternehmen steht vor dem Bör- sengang. Die GoingPublic Media AG veröffentlicht erstmals ein eigenes Sonderheft zum Thema Biotechnologie. Biotechnologie 2000 „Biotech-Stock-Picking: Am Anfang steht die Analyse“: Euphorie und Hausse am Neuen Markt erfassen um die Jahrtausendwende auch den Biotechsektor. Das Anleger- wissen über die junge Branche weist jedoch immer noch große Lücken auf. Biotechnologie 2002 „Biotechnologie im Markttest“: Die ökonomischen Realitäten haben die Biotechnologie 2002 vollends eingeholt. Aktienkurse, VC-Investitionen und die Zahl der Neugründungen sind teils drama- tisch zurückgegangen. Biotechnologie 2004 „Zwischen Amnesie und Autopsie“: Die erste Marktzulassung eines (einlizenzierten) Medikaments durch ein deutsches Biotechnolo- gieunternehmen setzt ein positi- ves Signal in Deutschland. Weitere Good News folgen: Erstmalig seit drei Jahren gelingt mit Epigeno- mics wieder ein Börsengang. 14 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Einführung & Grundlagen Biotechnologie 2011 „Strategie ist alles“: Die Mehrzahl kleiner und mittlerer Biotechs steckt in den roten Zahlen, kämpft ums Überleben. Die Schere zwi- Branchenerholung und der brei- ten Masse derer, die Geld brau- chen, geht weiter auseinander, Joint Ventures erweisen sich als neue Markteintrittschancen. Biotechnologie 2013 „Mit Fantasie und Energie gegen Klagemonotonie“: Das Wehklagen Kapitalmärkten ebbt nicht ab, ist aber auch enervierend. Dabei gibt es Unternehmen wie MorphoSys, Evotec, Phenex, die sich – unab- hängig der Lage – am Markt durch- setzen. Biotechnologie 2015 „Blick über den Teich“: Infrastruk- tur, Technologietransfer, Internati- onalisierung, Finanzierung – alles geht in Deutschland unangemes- sen langsam voran. Andere Län- IPOs nicht in Deutschland statt. Dabei haben fast alle geliefert: Wissenschaftler, Gründer, Wirt- schaftsförderer. Nur gesellschaft- lich-politisch hinkt Deutschland hinterher. 3 September 2015 – 12,50 EUR (D) – www.goingpublic.de/lifesciences Life Sciences Serie c i l b u P g n o G i 3 September 2016 – 12,50 EUR (D) – www.goingpublic.de/lifesciences Life Sciences Serie c i l b u P g n o G i Technologie - Finanzierung - Investment Technologie - Finanzierung - Investment Biotechnologie 2015 17. Jahrgang Biotechnologie 2016 18. Jahrgang Die Schlüsselfrage Lost in Science Biotech & Börse Zu viel Schatten – trotz Licht Value-based Healthcare Bestandsaufnahme Biotech Biotech und Finanzierung – Big Data & Digitalisierung: Die Branche nimmt Fahrt EY-Report identifi ziert Leuchttürme, Welchen Beitrag können wir für ein Die US-Kultur honoriert rotes Tuch oder grünes Licht? die Produktion der Zukunft auf – aber wohin? moniert zu wenig Momentum patientenorientiertes System leisten? Innovationen einfach mehr! Biotechnologie 2012 „Missing real life:“ Die Biotechno- logie und ihre Potenziale, gerade in den Bereichen personalisierte Medizin, Prävention und Diagnos- tik oder nachhaltige Produktion, auch im Sektor Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen, sind in der Mitte der Bevölkerung noch lange nicht angekommen. Gleichzeitig passiert Großes: Doudna und Charpentier haben die geniale Idee, den CRISPR-Mechanismus als molekularbiologisches Werk- zeug zu nutzen. Biotechnologie 2014 „1% für die Zukunft“: Trotz bishe- riger Erfolge kann man mit dem Erreichten eigentlich nicht zufrie- den sein: Zu viel Potenzial kann sich nicht entfalten. Stimmen, die Biotechbranche strategisch zu fördern, werden lauter. Mehr Schlüsselpersonen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Ge- sellschaft müssten dazu an einem Strang ziehen – so wie zu Beginn, in den 1990ern. Biotechnologie 2016 „Lost Traction?“: Die gesellschaft- liche Stellung der Biotechnologie ist hierzulande nach wie vor nicht hoch genug – obwohl Deutsch- land eines der innovativsten Län- der weltweit ist. Es scheint, als wä- ren wir ohne Traktionskontrolle unterwegs. 16 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Einführung & Grundlagen „Biotech Hall of Fame“ Die „Ruhmeshalle“ der deutschen Biotechnologie ist im Juni dieses Jahres mit zehn Gründungsmitgliedern an den Start gegangen Die Biotechnologiebranche war in der Pandemie stolz auf BioNTech; endlich eine große Erfolgsgeschichte aus Deutschland, die auch weltweit Anerkennung fand. Aber ist es wirklich so, dass es sonst keine großen Erfolgsgeschichten gibt? Nein, ganz und gar nicht – sie sind nur nicht so bekannt. Das soll die 2023 eröffnete virtuelle Biotech Hall of Fame ändern. auf die vielen anderen Unternehmen bzw. die Unternehmerinnen und Unternehmer zu richten, die die deutsche Biotechnolo- giebranche stark machen. Diese sind so divers wie die Biotechnologie selbst. Um sie zu würdigen, wurde diesen Sommer die digitale Biotech Hall of Fame eröffnet. bemerkenswerte und (wirtschaftlich) er- folgreiche Geschichte vorzuweisen haben. Die „Ruhmeshalle“ ist im Juni dieses Jahres mit zehn Gründungsmitgliedern an den Start gegangen, die wir hier kurz vorstellen möchten. Gladbach in einer Baracke am Rande ei- Wald- nes stücks. Der ursprüngliche V e r k a u f s - schlager des Unternehmens waren Magnetic Activated Cell Sorter (MACS), die Zellen 400-mal schneller sortieren konnten als herkömm- liche Geräte. Die Baracke wird heute über- ragt von den Gebäuden des Hauptquar- tiers eines Weltunternehmens. Deutschlands erstes dauer- haft erfolgrei- ches und bis heute größtes Biotechnologie- unternehmen ist QIAGEN, die als Spin-off der Universität Düsseldorf 1984 gegründet wurde. Ursprünglich auf die Aufreinigung von DNA-Proben speziali- siert, bietet QIAGEN heute voll integrierte „Sample-to-Insight-Lösungen“ an, von der Probenanalyse bis zur bioinformatischen Auswertung. Etwa 6.200 QIAGENer, wie sie sich nennen, versorgen ihre Kunden welt- weit und erzielten 2022 einen Umsatz von mehr als 2 Mrd. USD. Fünf Jahre später nahm Miltenyi Biotec seinen Anfang mit einem Startkapital von 10.000 DM und vier Mitarbeitern in Bergisch- Schon z w e i Ja hre n a c h der Gründung 1992 in München hatte MorphoSys eine Bibliothek von 10 Mrd. e k z t i P e n i l o r a C © : o t o F ZUR AUTORIN Dr. Claudia Englbrecht ist Biologin und bei BIO Deutschland e.V. für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation, den Technologietransfer und die Deutschen Biotechnologietage verantwortlich. . V . e l d n a h c s t u e D O B © I : n o i t a r t s u l l I D as Jubiläumsheft Biotechnologie der Plattform Life Sciences blickt bereits auf 25 bewegte Jahre deut- sche Biotechnologiegeschichte zurück. Als 1999 die erste Ausgabe erschien, zählte die Branche laut EY-Report 279 Entrepreneurial Life Sciences Companies (ELISCOs). Einige auch heute noch sehr erfolgreiche deut- sche Biotechpioniere waren damals schon längst am Start. Über die Jahrzehnte ist die Branche kontinuierlich gewachsen, trotz Platzen der Dotcom blase, Finanzkrise, Pandemie und Krieg. Aktuell zählen wir rund 750 Biotech- unternehmen mit Hauptsitz in Deutsch- land und noch einmal fast 200 weitere Unternehmen, die hierzulande als Töchter ausländischer Muttergesellschaften tätig sind. Viele davon arbeiten wirtschaftlich. Die Resonanz bei Politik und Öffentlich- keit auf den Erfolg von BioNTech hat uns gezeigt, dass es wichtig ist, den Blick auch 18 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Einführung & Grundlagen menschlichen Antikörpern, die Human Combinatorial Antibody Library (HuCAL) etabliert, die zu Forschungszwecken und zur Entwicklung neuer Therapien einge- setzt werden sollte. 2017 dann wurde vom Lizenzpartner Janssen der erste Antikörper zugelassen. 2019 erteilte die FDA erstmals eine Zulassung für ein Medikament aus der eigenen Entwicklungspipeline zur Behandlung einer bestimmten Art von Blutkrebs. Mit Spannung erwartet werden nun für Ende 2023 die Phase-III-Daten für einen weiteren Wirkstoff zur Behandlung Wucherung des Bindegewebes im Kno- chenmark, die die Blutbildung dort sukzessive einschränkt. 1993 wurde Evotec Bio- S y s t e m s , heute Evo- tec, in Ham- burg gegründet. Die Kernkompetenz des Unternehmens liegt in den frühen Phasen der Wirkstoffforschung und -entwicklung. Diese Phasen überspannen als Brücke („BRIDGES“) zwischen akademischer und industrieller Forschung einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren. Evotec gehört heute zu den erfolgreichsten Unterneh- men des TecDAX und hat neben seinem Hauptsitz in Hamburg 17 weitere Standorte. Das Thema Nachhaltig- keit stand bei Politik und Industrie noch kaum auf der Agenda, als 1993 in Darmstadt das Bio- technology Research And Information Network – B.R.A.I.N. – ins Leben gerufen wurde. Die Gründer waren Pioniere der Nachhaltigkeit, die sich von Anfang an des „Werkzeugkastens der Natur“ bedienten, um biologische Lösungen für Synthesen anzubieten, die einst klassischer Chemie bedurften. BRAIN Biotech gehört deshalb heute zu den führenden Unternehmen auf dem Gebiet der industriellen Biotechnologie. Ebenfalls noch vor der Jahrtausendwende gegründet wurde das Unternehmen Biospring aus Frankfurt am Main. 1997 als Spin- off der Universität Frankfurt als einfacher 1) www.biodeutschland.org/de/biothek-article/biontech- story-helden-und-hindernisse.html 20 ls 03-2023 „Biotechnologie“ „Oligoa n - bieter“ ge- startet, ist es heute ein Weltmarktführer für GMP- guide-RNA, die für das Genome-Editing gebraucht wird, und Europas größter Hersteller für synthetische RNA- und DNA-Wirkstoffe. Neben Standorten in Deutschland expandiert Biospring auch in den USA und Asien. Den Blockbuster-mRNA-Coronaimpfstoff aus Deutschland haben neben BioNTech ermöglicht, unter anderem PlasmidFactory aus Bielefeld. Das Unternehmen ist so alt wie das Jahrhundert und wächst in hohem Tempo he- ran. Der Um- satz hat sich in jedem der drei vergan- genen Jah- re verdop- pelt. Besonders für mRNA-Impfstoffe und CAR-T-Zelltherapien werden die hoch- wertigen Plasmide und Plasmidderivate des Bielefelder Unternehmens in aller Welt immer stärker nachgefragt. Auf dem Ge- biet der An- t i i n fe k t i v a ist AiCuris aus Wuppertal erfolgreich unterwegs, die 2006 als Ausgründung aus dem Unterneh- men Bayer startete. Seit 2017 ist der proprietäre Wirkstoff Letermovir auf dem Markt, der als Prophylaxe vor Knochen- marktransplantationen verabreicht wird, um Infektionen mit dem Cytomegalievirus zu verhindern. Für dieses wichtige und erfolgreiche Medikament wurde AiCuris 2018 mit dem Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten geehrt. Weitere Wirkstoffe sind in der Pipeline. B i o - t e c h - insider hatten die 2008 als universitäres Spin-out gegründete BioNTech schon lange auf dem Schirm – hatte sie doch GO-Bio gewonnen, rekordverdächtige Finanzie- rungsrunden vorzuweisen und dazu noch 2019 eines der wenigen Biotech-IPOs hingelegt. Ab Ende 2020 wusste dann die ganze Welt, wer BioNTech ist. Der exem- plarische Werdegang des Unternehmens, der in vielen Teilen typisch für den oft langwierigen Weg eines deutschen Bio- techtherapieentwicklers ist, wurde in der „BioNTech Story“ zusammengefasst. Last but not least ist CeGaT unter den ersten Zehn der Hall of Fame. Gegründet 2009 in Tüb i n g e n , war das Un- ternehmen schon lan- ge vor der P a n d e m i e mit humangenetischer Diagnostik am Start und nutzte als Erstes überhaupt die Next-Generation-Sequencing-Technologie erfolgreich für diese Zwecke. Bereits im zweiten Geschäftsjahr erreichte das Unternehmen den Break-even und über- schritt damit die Wirtschaftlichkeits- schwelle. 2011 wurde CeGaT mit dem Deutschen Gründerpreis in der Kategorie bestes Start-up ausgezeichnet. Ausblick Die individuellen Geschichten der zehn Gründungsmitglieder der Biotech Hall of Fame (Link siehe unten). Sie sind nur der Anfang. Unter den Hunderten deutschen erfolg reiche Unternehmensgeschichten. Vorschläge für weitere Nominierungen nimmt die Geschäftsstelle von BIO Deutschland gerne entgegen. Biotech Hall of Fame biotech-hall-of-fame.html BioNTech-Story BIO Deutschland Biothek biothek.html m o c . e b o d a . k c o t s – i o d u t S k o o C t r A © : o t o F

Einführung & Grundlagen - heitsversorgung transformiert Die Biotechnologie wird auch in den kommenden Jahren einen enormen Nutzen für die Arzneimittelindustrie bringen Biotechnologie. Der Wandel wird deutlich, wenn wir die größten Produkte der Branche von damals und heute betrachten. Abgesehen von den COVID-Impfstoffen und -Arzneimitteln waren sechs der zehn umsatzstärksten Produkte im vergangenen Jahr Proteine – fünf Antikörper und ein Fusionsprotein. Dies sind alles Medikamente, die mehrere Mrd. USD pro Jahr einbringen. Bis auf eine Ausnahme wurden diese Substanzen von Biotechunternehmen entdeckt. Viele andere Proteine sind in der Liste der 50 umsatzstärksten Medikamente vertreten. Im Jahr 1998 war das noch undenkbar – kein einziges Protein Abb. 1: Die zehn umsatzstärksten Pharmazeutika, 2000 und 2022 2000 Prilosec Lipitor Prevacid Prozac Zocor Celebrex Zoloft Paxil Claritin 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 2022 Humira Keytruda Eliquis Dupixent Eylea Biktarvy Revlimid Stelara Imbruvica 10. Glucophage Opdivo Ohne Impfstoffe und Medikamente für COVID-19; Proteine sind rot hervorgehoben, alle anderen sind kleine Moleküle Quellen: Drug Topics, March 19, 2001; Drug Discovery & Development, April 18, 2023 D er Erfolg von Proteinarzneimitteln beruht auf den gleichen Kriterien wie der aller anderen Arzneimittel: Wirksamkeit, Sicherheit, Verabreichung und Herstellung. Vor 25 Jahren war es schwer vorstellbar, dass Proteine, die damals sehr teuer in der Herstellung waren, jemals kommerziell attraktiv sein 1) Nature Reviews Drug Discovery, 9(2010), S. 867–882. 2) „Investigating the origins of recent pharmaceutical innovation”, Nature Reviews Drug Discovery, July 5, 2023. 22 ls 03-2023 „Biotechnologie“ könnten, und niemand hätte geglaubt, dass Medikamente, die infundiert werden müs- sen, jemals mehr als Nischenprodukte sein würden. Die Lehre für die Zukunft ist, dass Herausforderungen, die heute technisch schwierig oder kommerziell unvernünftig erscheinen, gelöst werden können. Wenn Wirksamkeit und Sicherheit gewährleistet sind, besteht ein enormer Anreiz, Probleme bei der Herstellung oder Verabreichung zu lösen. Es ist daher eine vernünftige Annahme, dass viele Zell- und Genthera- pien in Zukunft genauso erfolgreich sein werden, wie es therapeutische Proteine heute sind. Unternehmerische Biotechnologie- angeführt Der Wandel in der Branche ist zum - nehmern zurückzuführen. In den 1990er- Jahren stammte etwa ein Drittel der Arzneimittel von Biotechunternehmen1, heute etwa zwei Drittel der vermarkteten Arzneimittel2. Dies sollte nicht über- raschen, wenn wir uns ansehen, wo die Forschungs- und Entwicklungsmittel aus- gegeben werden. Die dramatische Expan- sion der Biotechindustrie in den letzten 25 Jahren bedeutet, dass ein größerer Teil der Forschung und Entwicklung (F&E) in diesen kleineren Unternehmen durchgeführt wird. In den 1990er-Jahren stammte etwa ein Drittel der Arzneimit- tel von Biotechunter- nehmen, heute etwa zwei Drittel der vermarkteten Arzneimittel. ZUM AUTOR Dr. Simon Moroney ist stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender der Novartis AG und Aufsichtsratsvorsitzender des belgischen Agtechunternehmens Biotalys. Von 1994 bis 2019 war er CEO der MorphoSys AG.

Einführung & Grundlagen m o c . e b o d a . k c o t s – S M A E R D I A © : n o i t a r t s u l l I Dieser Anstieg der F&E-Investitionen kleinerer Unternehmen ist nicht auf staat- liche Finanzierungsinitiativen oder eine stärkere Beteiligung der Pharmaindustrie zurückzuführen: Er basiert hauptsächlich auf Investitionen des privaten Sektors in der Biopharmabranche. Diese Inves- titionen stammen von internationalen Investoren, die nach den überdurch- schnittlichen Renditen streben, die Bio- techunternehmen liefern können. Es steht zwar außer Frage, dass das Investitionsumfeld derzeit ungünstig ist – der frühere Strom der Börsengänge ist versiegt, die Investitionen sind zurück- gegangen und viele Unternehmen kämp- fen ums Überleben. Doch die Erfahrungen zeigen, dass wir uns in einem zyklischen Bedingungen verbessern werden. In schwierigen Zeiten sind die Unter- nehmen gezwungen, ihre Aktivitäten auf die für ihre Zukunft wichtigsten Bereiche zu konzentrieren – aber die Bedeutung der Fokussierung geht über schwierige Zeiten hinaus. In kleinen Unternehmen wird sie oft als riskant empfunden. Jeder ist sich der hohen Fluktuationsrate in der Arz- 3) EY Deutscher Biotechnologie-Report 2022 und Beyond Borders: EY Biotechnology Report 2022 24 ls 03-2023 „Biotechnologie“ und -entwicklung neimittelforschung bewusst. Die Lösung wird oft als Zahlen- spiel gesehen – je mehr präklinische Projekte eine Firma hat, desto größer ist die Chance, klinische Kandidaten zu entwickeln und insgesamt erfolgreich zu sein. Doch mehr Projekte bedeuten zwangs- pro Projekt sowie mehr Zeit bis zum Abschluss. Die Ergebnisse sind oft ent- täuschend. Gleichzeitig bleibt der Ein- druck, dass das Unternehmen sein Risiko- Projekte höher ist. Die Bedeutung der Fokussierung wird Zu den kleinen Mole- külen, die das ursprüng- liche Rückgrat unserer Industrie bildeten, kön- nen wir heute Proteine, Nukleinsäuren, Gen- therapie und Zelltherapie hinzufügen. in Zukunft noch größer sein. Im Vergleich zu früher hat sich die Bandbreite der Modalitäten mehr als verdoppelt. Zu den kleinen Molekülen, die das ursprüngliche Rückgrat unserer Industrie bildeten, kön- nen wir heute Proteine, Nukleinsäuren, Gentherapie und Zelltherapie hinzufügen. In den letzten 30 Jahren hat sich die Anzahl der Optionen für Biotechunterneh- men, sich an der Erforschung und Ent- wicklung neuer Therapien zu beteiligen, drastisch vervielfacht. Institutionelle Investitionen Deutsche Biotechunternehmen können in dieser Zukunft eine entscheidende Rolle spielen – aber dazu müssen wir uns stärker an den Regionen orientieren, die über eine erfolgreiche Biotechindustrie verfügen. Ein Beispiel ist Massachusetts: Dort gibt es etwa doppelt so viele Biotechunterneh- men wie in Deutschland. Diese Firmen nehmen insgesamt etwa zehnmal mehr Kapital auf als vergleichbare Unterneh- men in Deutschland3. Das ist wahrschein- lich der größte Unterschied zwischen Massachusetts und Deutschland. Damit unser Sektor dem von Massachu- setts ähnlicher wird, müssen die deut- schen Unternehmen für professionelle Biotechinvestoren attraktiver werden. Sie müssen davon überzeugt sein, dass die Geschäftspläne direkt auf die künftige Maximierung des Umsatzes und des Gewinns ausgerichtet sind. Eine biophar- mazeutische Industrie in großem Maß- stab braucht solche Investoren. Auch wenn wir vor Herausforderungen stehen, sollten wir die Zukunft der Biotech- industrie ohne Zweifel zuversichtlich sehen. Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass fast jede pharmazeutische Behand- lung für eine bestimmte Krankheit verbes- sert werden kann. Es besteht kein Anlass zu der Annahme, dass sich dieser Trend nicht fortsetzen wird – und genau wie zuvor werden kleine Unternehmen große Durchbrüche erzielen. Für jeden Unternehmer, der in dieser Branche tätig ist, bietet sich eine riesige Chance. Es sprechen gute Gründe für Optimismus: für die Biotechindustrie in diesem Land und vor allem für die Patienten, die auf bessere Behandlungen hoffen.

Einführung & Grundlagen - tentherapie Trends und Technologien der kommenden 25 Jahre Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick in die Zukunft werfen: Wie wird die Medikamententherapie im Jahr 2048 aussehen? Was wird machbar sein, befördert durch Digitalisierung, Big Data und KI? Welche Technologien können sich in einer Zukunft beweisen, in der immer mehr Menschen gesund altern wollen? Wie lässt sich gleichberechtigter Zugang zu immer komplexeren Therapien ermöglichen? Gentherapie wird ein zentraler Therapieansatz sein, der Antworten auf diese Herausforderungen liefert, aber auch tiefgreifende ethische Fragen aufwirft. Von Dr. Karl Nägler von Krankheitsprozessen. Schon heute werden mehr und mehr Gentherapien zugelassen – derzeit rund 16 allein durch die EMA –, inkl. erster In-vivo-Gentherapien, und Gentherapien der zweiten Generation (Genomeditierung mittels „CRISPR“ und der klinischen Entwicklung. In Industrienationen altert die Gesell- schaft. Immer mehr ältere Patienten der Silver Society leben länger mit Mehr- facherkrankungen. Sie benötigen Kombi- nationen von Wirkstoffen unterschied- licher Klassen. Neben hoher Effektivität werden Verträglichkeit, ein geringes Inter- aktionspotenzial sowie eine unkomplizierte Verabreichung zunehmend wichtiger, um unterstützt ZUM AUTOR Dr. Karl Nägler als Risikokapitalinvestor seit über 20 Jahren junge Unternehmen im Life-Sciences- Bereich. Er ist seit 2020 Managing Partner bei der Münchner Wellington Partners. Vorher war er bei Atlas Venture, Ventech und Gimv beschäftigt. m o c . e b o d a . k c o t s – a b p o p i © : o t o F J e besser man Trends erkennt und die- se mit technologischen Innovationen in Verbindung bringt, desto präziser lassen sich Hypothesen über zukünftige Entwicklungen aufstellen. Dabei spielt es zunächst eine untergeordnete Rolle, ob diese technologischen Fortschritte bereits in ihrer Funktionalität ausgereift und breit anwendbar sind. Wenn wir Annahmen zur Entwicklung der Medikamententherapie in den nächsten 25 Jahren aufstellen wollen, lohnt es sich daher, relevante Trends und den damit einhergehenden Innovations- bedarf zu betrachten, um Technologien zu Anforderungen zumindest ansatzweise begegnen. Betrachten wir als ersten Trend Digitali- sierung, Big Data und KI. Mit deren Hilfe wird die Biopharmaforschung und -ent- wicklung zunehmend zu einem rationalen „Engineering-Prozess“, weg vom empiri- schen „trial and error“, was bereits heute Entwicklung von besseren Produkten führt. KI wird nicht nur die Wirkstoff- - ser Verständnis von Ätiologie, Pathophy- siologie und individueller Prädisposition von und für Krankheiten verbessern. Eine wird, ist die Gentherapie, insbesondere die Genomeditierung. Diese ermöglicht präzise Änderungen in der DNA und damit Korrekturen, Verbes serungen oder sogar Ergänzungen (beispielsweise die Codie- rung für ein therapeutisches Protein). individualisierbar und somit eine präzise Antwort auf das detaillierte Verständnis 26 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Einführung & Grundlagen Therapietreue und -erfolg sicherzustellen. In Zukunft wird es „intelligente“ Medika- mente geben, in denen unterschiedliche Wirkstoffe ein- und ausgeschaltet werden können, die individualisierbar sind, sich den Bedürfnissen anpassen und eine lange Wirkdauer haben. Zum Beispiel könnten genetische Kassetten eingesetzt werden, um Therapeutika bedarfsgerecht in bestimmten Geweben zu produzieren. Solche Medikamente versprechen Heilung bei hoher Sicherheit und Komfort – bei heutigen Therapieansätzen eher die Ausnahme. Schon heute werden unterschiedliche therapeutische Modalitäten kombiniert, z.B. in CAR-T-Zell-Therapien oder Antikörper- Wirkstoff-Konjugaten (ADCs). Genetische Schaltkreise und Safe-Harbour-Insertio- nen durch die Genomeditierung (ex vivo und in vivo) sind bereits in der präklini- schen Entwicklung. Einige der Werkzeuge, die notwendig sind, um die oben genann- ten intelligenten Medikamente herzustel- len, existieren demnach bereits. Gleichberechtigter Zugang zur In Anbetracht solcher hochwirksamen, aber auch teuren Therapeutika werden Diskussionen über einen gleichberechtig- ten Gesundheitszugang bei Kostenkon- trolle zunehmen. Heilung und Prävention - lung – auch aus gesundheitsökonomi- scher Sicht werden sie Ziel therapeuti- scher Interventionen. Zukünftig bedeutet Prävention nicht nur die frühe Diagnose und/oder Anpassung des Lebensstils, son- dern umfasst auch den vorsorglichen the- In Anbetracht hochwirk- samer, aber auch teurer Therapeutika werden Diskussionen über einen gleichberechtigten Gesundheitszugang bei Kostenkontrolle zunehmen. ls 28 03-2023 „Biotechnologie“ „intelligente“ Medikamente m o c . e b o d a . k c o t s – a t e v s , © : o t o F Technik eindeutig weiter als der gesell- schaftliche Diskurs. Über ethische Fragen und Bedenken im Zusammenhang mit der Gentherapie und insbesondere präven- tiven Eingriffen (in die Keimbahn) sollte dringend vorab eine Übereinkunft erzielt werden. Fazit Wie sieht sie nun aus, die Medikamen- tentherapie im Jahr 2048? Die Biopharma- forschung nutzt verstärkt KI und Big Data. Von diesen technologischen Fortschritten und die Genomeditierung. Mit dem stei- genden Alter der Patienten gewinnen „intelligente“ Medikamente an Bedeutung, die komplexe, sich selbst regulierende - ziente Heilung und präventive Therapie stehen dabei im Mittelpunkt. „Therapeutische Prävention“ durch Genomeditierung wird vielerlei Krankheiten verhindern können. Folglich wird die Gentherapie zu einer wegweisenden Technologie, die Krankheiten nicht nur heilen, sondern auch ihr Auftreten verhindern kann. Wir als Gesellschaft müssen uns in einem transparenten Dis- kurs darüber einig werden, was ethisch vertretbar ist und wo rote Linien verlaufen. Nur so kann auch das Vertrauen in die Medikamententherapie der Zukunft ge- stärkt werden. rapeutischen Eingriff: „präventive Korrek- turen“. Insbesondere gentherapeutische Methoden ermöglichen Heilung und die Beseitigung genetischer Risikofaktoren. In begrenztem Umfang werden dafür auch Keimbahneingriffe durchgeführt werden. Zunächst beschränkt sich die Anwendung dieser jungen Technologien aufgrund von Risiko-Nutzen-Abwägungen und ihren hohen Entwicklungskosten auf seltene genetisch bedingte Erkrankungen. Im Zuge eines besseren Verständnisses der - sungswege und steigenden Wettbewerbs werden aber zunehmend auch nicht- vererbte Krankheiten mit größerer Inzi- denz durch gentherapeutische Methoden behandelt. Genomeditierung zur Vermeidung von Volkskrankheiten wird tatsächlich bereits verfolgt: Verve Therapeutics erprobt die Genomeditierung des Enzyms PCSK9 zur Senkung von LDL-Cholesterin derzeit nur an Patienten mit familiärer Hypercho- lesterinämie, aber mit der ausdrücklichen Absicht, den Ansatz zur Vermeidung von Atherosklerose zu machen. verfügbar breit Und auch die präventive Gentherapie wurde schon versucht: der umstrittene Eingriff in das Gen CCR5 bei den „CRISPR- Babys“, um einen Schutz gegen das HI- Virus zu erreichen. Hier ist der Stand der

Einführung & Grundlagen Persönliche Einblicke in Impulse, Motivation und Meilensteine Die Macherinnen und Macher der Biotechnologie zeichnen sich durch ein außergewöhnliches Engagement aus! Sie eint die an die Grenzen des Möglichen. P assend zum Thema „25 Jahre Biotech – What’s next?“ haben wir mit langjährigen und neuen Vertreterinnen und Vertre- tern über ihre Biotechfaszination, ihre Ideen, Konzepte und Innovationen, ihren Rückblick – und selbstverständlich auch über die Zukunft – gesprochen, insbesondere über die für sie entscheidenden Antriebe und Motivationen, ihre Innovationen und Beiträge zur Entwicklung der Biotechnologie, die Momente, die ihrer Meinung nach die Biotechnologie- branche maßgeblich vorangebracht oder gehemmt haben, Ereignisse, die sie als bedeutende Meilensteine für die Entwicklung der Biotechnologie ansehen – und schließlich, welche Trends, Herausforderungen und Perspektiven sie in dieser sich ständig wandelnden Branche ausmachen können. Wir konnten selbstverständlich nicht alle wichtigen Personen befra- gen, die für die Biotechentwicklung im deutschsprachigen Raum relevant waren, sind und womöglich sein werden, aberzumindest einige, die mit ihrem Mut, ihrer Ausdauer und ihren visionären Ideen Meilensteine setzten, und einige, die den Staffelstab über- nommen haben, um mit frischen Ideen die Biotechnologiebranche von morgen zu prägen. Die Antworten veranschaulichen ein- drücklich die enorme Bandbreite der Biotechaktivitäten der ver- gangenen und kommenden Jahre. Oft wurden tiefe, berührende Einblicke in private Erlebnisse und Erfahrungen gewährt. Wir sind den Interviewten sehr dankbar dafür, dass sie diese mit ihren Leserinnen und Lesern teilen. Wir verstehen die Antworten einzelner Personen auch als Wertschätzung gegenüber all jenen, die hier leider nicht vertreten sind. Aus Platzgründen können wir auch nur Ausschnitte der wesentlich längeren Interviews wiedergeben. Die vollständigen Interviews werden online abrufbar sein. Univ.-Prof. em. Dr. Dr. h.c. Detlev Riesner, Mitgründer und ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender der QIAGEN N.V. Anbieter von Probenvorbereitungs- und Testtechnologien für die Forschung in Life Sciences. Unternehmenssitz: Venlo, Niederlande und Hilden, Deutschland. Gründer vieler weiterer Biotechnologieunternehmen Mein wesentlicher Impuls war, Wissenschaft und Wirtschaft optimal zu verbinden, ohne Forschung und Lehre an der Universität zu vernachlässigen. Ich wollte zeigen, dass die Mitgründung von QIAGEN kein glücklicher Zufall war, sondern ein Anfang. Impuls und Motor lassen sich bei mir kaum trennen. Der Impuls setzt den Anfang, z.B. 2019 als Seed- Investor bei der Priavoid GmbH. Der Motor ist für das Durchhaltevermögen verantwortlich. Die wichtigsten positiven Meilensteine in der Biotechnologie waren für mich die Überwin- dung des Platzens der Blase Anfang 2000 und die Erkenntnis, dass ein IPO das Wachstum - stützen kann. Hinzu kommen die Auffassung, dass eine integrierte Betrachtung von Therapie, Diagnose und Medizintechnik notwendig ist, sowie die Anerkennung der Bedeutung und des und Biotechnologie im Kontext des Klima- problems. Die viel zu engen Vorschriften bis hin zu Ver- boten für Biotechanwendungen sehe ich nega- tiv. Besondere Hemmnisse sind die von Juristen der EU ohne Sachverstand durchgesetzten Ein- schränkungen der Anwendung der Gentechno- zur Verfügung stehende Wachstumskapital. In der Szene der Neuroscience hat der Milliarden- verlust der Pharmabranche in der Alzheimer- und verwandten Forschung zu einer gewissen Lähmung auch bei Venture Capital geführt, die erst langsam überwunden wird. Meine Prognose für die Biotechnologie lau- tet, dass neben den Biologics, die ein Ergebnis der „klassischen“ Biotechnologie sind, Zell- und Gentherapie (siehe CRISPR/Cas) an Bedeutung gewinnen werden. Die Medizin wird sich zu einer personalisierten Medizin entwickeln. 30 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Univ.-Prof. em. Dr. Dr. h.c. Detlev Riesner Industrielle Biotechnologie ersetzt schon jetzt zahlreiche herkömmliche, rein chemische Methoden. Vorangehen werden die Kombina- tionen aus Physik, Chemie und Biologie, die die Erfordernisse der Umwelt und des Klimas inte- grieren können. Medizin, die Therapie nicht mit einer individuellen Diagnose verbinden kann, wird an Bedeutung verlieren.

Einführung & Grundlagen Dr. Viola Bronsema, Geschäftsführerin von BIO Deutschland e.V. Branchenverband der Biotechnologieindustrie in Deutschland. Sitz: Berlin, Deutschland Als ich mit dem Studium der Biologie begonnen habe, wollte ich auf Forschung und Lehre abzie- len. Im Krebsforschungszentrum, einer Stiftung des öffentlichen Rechts, habe ich sehr viel gelernt, vor allem fachlich über Journalismus, Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit, aber eben auch, dass der öffentliche Dienst (öD) mit seinen Grenzen und seiner Bürokratie nicht mein bevorzugtes Umfeld ist. In Zukunft habe ich dann immer die Gestaltungsmöglichkeiten einer Position im privatwirtschaftlichen Kontext der Sicherheit, die der öD bieten kann, vorgezogen. Ich bin Gesinnungsbiologin mit Grundlagen aus dem Leistungskurs in der Oberstufe im Gymnasium in Hamburg, dem Grundstudium in Mainz und dem Studium der Molekularbiologie in Heidelberg. Das heißt, dass ich mich für die Themen ihrem Verständnis in der Gesellschaft beitragen wollte. Doch ein Leben in der öffentlichen oder industri- ellen Forschung kam für mich perspektivisch nicht infrage – das wurde mir im Laufe meines einsamen Forscherinnenlebens während der Doktorarbeit klar. Die Arbeit beim BIO Deutsch- land e.V. ist mein Traumjob, weil ich mich mit interessiere und gern zu dem Mandat der Unternehmerinnen und Unter- nehmer gemeinsam mit unserem Team in der Geschäftsstelle in Berlin für bessere Rahmen- bedingungen für die Biotechnologieindustrie in Deutschland und Europa einsetzen kann. Bio- technologie ist – neben der Digitalisierung – die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. In den vergangenen 25 Jahren hat sich in der Biotechnologie sehr viel getan. Ganz bedeutend war meiner Meinung nach die Ende der 1990er- Jahre entwickelte, automatische Sanger-Sequen zie- rung. Das „automated sequencing“ hat das Zeitalter der vielen Genomsequenzierungen mit der Ver- öffentlichung des humanen Genoms 2001 erst ermöglicht. Unser Wissenszuwachs um Genom- architekturen und Gene hat die Forschung extrem beschleunigt. Hemmend für die Biotechnologie in Deutschland ist auf jeden Fall die fehlende Begeis- terung. Bei uns werden, was Biotechnologie und Gentechnik angeht, immer noch sehr gern (nicht nachgewiesene) Risiken in den Vordergrund gestellt und viel zu selten das große Potenzial gesehen. Das Potenzial der Biotechnologie ist riesig, zur Bewältigung vieler aktueller und zukünftiger Herausforderungen beizutragen. In der Medizin Dr. Viola Bronsema wird die Biotechnologie noch dominanter, als sie schon ist; ich denke da an Gen- und Zellthe- rapien. Die Genomeditierung wird die Züchtung von klimaangepassten und resistenten Nutz- Alternativen zu herkömmlichen Lebensmitteln werden den ökologischen Fußabdruck man- cher Produkte deutlich verkleinern. Die stoff- liche Nutzung von Biomasse und vor allem die Kreislaufnutzung von Ressourcen wird sich ver- bessern. Trotz vieler Herausforderungen hier- zulande bin ich optimistisch, dass unser Stand- ort eine wichtige Rolle bei der Anwendung der Biotechnologie übernehmen wird. Prof. Dr. Michael Braungart, Entwickler des Designprinzips Cradle to Cradle®, CEO der BRAUNGART EPEA – Internationale Umweltforschung GmbH Etablierung des Designprinzips Cradle to Cradle® für die Circular Economy. Unternehmenssitz: Hamburg Die Empörung darüber, wie primitiv unsere Chemie-, Biotechnologie und Verfahrenstechnik angesichts ihrer Möglichkeiten ist, hat mich dazu motiviert, das Cradle-to-Cradle-Prinzip zu entwickeln. Wenn wir so weitermachen, werden wir eines Tages für die Reparatur der Zerstö- rung derart viel Geld ausgeben müssen, dass für Neues gar keine Mittel mehr vorhanden sind. Ich kann den konkreten Zeitpunkt nicht mehr benennen, aber irgendwann wurde mir klar, dass die Menschen, die „Nachhaltigkeit“ propagieren, meine größten Feinde sind. Sie wollen das Bestehende optimieren, anstatt sich zu fragen: Was ist das Richtige? Machen wir das Falsche richtig – und damit alles richtig falsch? Wir alle haben immer noch nicht verstanden, dass wir unsere Umwelt nicht dadurch schützen, indem wir sie „weniger zerstören“. Wir sollten also versuchen, diesem Planeten, so wie es alle anderen Lebewesen auch sind, nützlich zu sein und nicht weniger schädlich. Wir müssen den Menschen als Chance für diesen Planeten verstehen. Ich möchte nicht wie die Titanic tatenlos auf einen Eisberg zusteuern und dann auch noch sagen: „Ich habe mich darum bemüht, nicht mit ihm zusammenzustoßen.“ Entweder ändern wir die Dinge jetzt,oder wir lassen es bleiben. Ich ent- scheide mich für die erste Option. Wir laufen in Europa Gefahr, in vielen Bereichen den Anschluss zu verlieren. Ein Grund dafür ist, dass wir in unserer Kultur die Natur romantisieren. Wir reden von der „Mutter Natur“ und bleiben dadurch ihre „Kinder“. Wir verstehen uns also nicht als erwachsene, gleichberechtigte Partner. Das führt dazu, dass wir als „Kinder“ keine „Erwach- senenverantwortung“ für unser Tun übernehmen. Als einen der größten negativen Meilensteine der Biotechnologie betrachte ich die Aktivitäten der Firma Monsanto: Das war und ist einfach gesagt eine kriminelle Vereinigung. Sie hat maß- geblich zu dem schlechten Ruf der Gentechnik beigetragen. Positive Meilensteine der Biotechnologie sind für mich alle diejenigen, die Menschen r e u a b a G l e a h p a R © : o t o F Prof. Dr. Michael Braungart Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt haben. Häu- Unternehmen der Bioökonomie, beispielsweise solche, die Dämmstoffe aus Pilzen herstellen, oder die, die Industrie-Kohlendioxid dazu nut- zen, Algen zu züchten, die dann an als Futter- mittel verwendet werden. Algen spielen aus meiner Sicht auch eine Schlüsselrolle bei einer biotechnologisch hergestellten Grundernäh- rung für den Menschen. 32 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Einführung & Grundlagen Dr. Jan Schmidt-Brand, CEO der Heidelberg Pharma AG Entwicklung von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten (ADCs) zur Behandlung onkologischer Erkrankungen. Unternehmenssitz: Ladenburg, Deutschland Seitdem ich 1993 als Jurist bei Knoll in unsere Industrie eingestiegen bin, hat es mich fasziniert, wie aus einer ersten Idee innovative Therapien und Medikamente entstehen. Es ist unbestrit- ten, dass die Entwicklung neuer Behandlungen eine Disziplin für Langstreckenläufer ist. Bis sich aus einer Idee ein marktreifes Produkt ent- wickelt hat, braucht es einen langen Atem. Für Tumorpatienten neue Behandlungsoptionen zu eröffnen und dabei den Aufbau eines erfolgrei- chen, innovativen, deutschen Unternehmens zu gestalten, motiviert mich jeden Tag aufs Neue. Für mich stellen Antibody Drug Conjugates (ADCs) eine Schlüsseltechnologie dar. Durch sie Krebszellen eingebracht werden, um diese dann gezielt zu vernichten. Unsere eigene Tech- nologieplattform mit dem Zellgift Amanitin wirkt darüber hinaus auch auf ruhende Krebs- zellen und bei Patienten, die wegen Resistenzen auf keine Behandlung mehr ansprechen. Ich neige nicht zu Euphorie, aber wir stehen heute an einem Punkt in der Entwicklung, von dem wir bis vor wenigen Jahren nicht zu träumen wag- ten: Die Behandlung von schweren Krankheiten wie Krebs wird in Zukunft individualisiert und punktgenau immer besser möglich sein – quasi mit dem Florett nur den erkrankten Zellen den Todesstoß versetzen. Trotz einer weitverbreiteten Technologie- skepsis in unserer Gesellschaft, ist die Biotech- nologie-Forschung in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau und braucht den interna- tionalen Vergleich nicht zu scheuen. Viele Biotechunternehmen können während der - bel arbeiten und sind auf Finanzierungen durch Investoren angewiesen. Was wir auch brauchen, sind gute Rahmen- allem aus privatem Kapital. Nur so können die merische Umsetzung wissenschaftlichen Fort- schritts bereitgestellt werden. Eine Gesetz- Dr. Jan Schmidt-Brand gebung, die die notwendige Kontrolle ausübt, ohne die Unternehmensführung durch übermä- ßige Regularien zu stark einzuschränken, wäre wünschenswert. Ich würde dem Entwicklungs- standort Deutschland eine höhere Flexibilität und größeren Freiraum für wirtschaftliche Entwicklungen wünschen. Individuelle Ambition und unternehmerische Leistung schaffen Fortschritt und Wohlstand. Das sollte ein Ansporn für uns alle sein, eigene Dr. Ulf Grawunder, PhD, CEO der T-CURX GmbH Entwicklung von CAR-T-Zellprodukten für hämatologische und solide Krebsindikationen. Unternehmenssitz: Würzburg, Deutschland Dass ich ein Teil der Biotechnologie wurde, war Zufall; es gab nicht „den“ Impuls. Aber als in den USA und Deutschland die ersten Bio- für die spannenden Entwicklungen in diesem Feld. Und ich beobachtete die Börsenentwick- lungen. Als Wissenschaftler habe ich dann einige dieser neuen Firmen in Due Diligences kennen- gelernt. Investoren sind auf mich zugekommen und haben mich nach meinen Einschätzungen dieser Firmen befragt. Später bin ich dann nach Basel zurückgekehrt, in das von Roche ich eigentlich meine akademische Karriere weiterverfolgen. Doch plötzlich entschied sich Roche, das Institut zu schließen. Ich stand auf der Straße. Das war letztlich positiv. Ich grün- dete mein erstes Unternehmen. Die europäische Biotech-Pharma-Branche, sowohl in der Industrie als auch in der Forschung, hat während der Corona-Pandemie gezeigt, wozu sie in der Lage ist, wenn es wirklich hart auf hart kommt. Seit dem Ende der 1990er-Jahre gab es nicht nur Höhen, sondern auch einige Tiefen: Die Euphorie der Anfangsjahre, des Neuen Markts, dann: das Platzen der Blase, 9/11, Finanz- krise 2008. Jetzt, mit dem russischen Angriffs- krieg auf die Ukraine: Energieengpässe. Ebenso: die Änderung der Zinspolitik; mal sehr hohe Bewertungen, dann wieder freier Fall. Aber: Es geht immer weiter und letztlich nach oben! Vieles von dem, was ich machen durfte, hat enorm viel Energie gekostet. Zum Beispiel der Weg zum Exit und die Integration einer weite- ren Firma von mir – da war ich nah an einem Burnout. Nach diesem Kraftakt habe ich mei- nen Lebensstil komplett geändert; man wird nicht jünger. Wenn man älter wird, nehmen auch die „Einschläge rechts und links“ zu: Freunde, Kollegen, Verwandte versterben! Diese Erfahrungen sind für mich der Antrieb, weiterzumachen. Klinische Studien vorberei- ten, Fundraising … es gibt viel zu tun. Ich bleibe optimistisch. Es ist zwar gerade - zierung, aber viele Fonds haben viel Geld 34 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Dr. Ulf Grawunder geraist. Wir müssen jetzt solide Unternehmen in Europa aufbauen, und zwar als Front-Runner – nicht den USA hinterherlaufen. Durch die Personalisierung der Medizin werden die kurativen Möglichkeiten immer vielfältiger. Gleichzeitig werden diese Thera pien immer teurer und die Marktsegmente dadurch immer kleiner. Die Herausforderung der Zukunft - tingtechnisch schafft, das Geld im Gesund- heitsmarkt besser, gerechter, zu verteilen.

Einführung & Grundlagen Entwicklung von Immuntherapien und Impfstoffen. Unternehmenssitz: Mainz, Deutschland Der Tumor eines jeden Krebspatienten ist einzigartig. Die Behandlung sollte es daher auch sein. Mit seinem Konzept der individu- alisierten Krebstherapie auf mRNA-Basis hat mich Ugur Sahin 2011 bei einem Treffen in Mainz überzeugt. BioNTech konzentrierte sich zu dieser Zeit auf die Entwicklung maß- geschneiderter Krebstherapien und hatte hier Pionierarbeit geleistet, in einer Zeit, als nicht viele an die Technologie glaubten. Ich dachte mir: Das kann funktionieren und ich möchte ein Teil davon sein. Laufbahn mit krebskranken Menschen zu tun. Leider habe ich dabei auch einige Male gese- hen, wie stark sie von einer Standardtherapie gezeichnet waren. So entstand der Wunsch, zu neuen Therapien beizutragen. Wissenschaft und ihr Innovationspotenzial haben mich schon immer fasziniert und tun es heute noch jeden Tag. Etwas, das sich heute nach Science-Fiction anhört, kann morgen schon Science-Fact sein und dazu beitragen, das Leben von Menschen zum Positiven zu verändern. Ein Beispiel: Zu meiner Studienzeit habe ich eine Publikation über den Einsatz gelesen. Diese Antikörper sind mit einem Toxin oder einem radioaktiven Isotop markiert, um Krebszellen gezielt anzugreifen. Was wir heute als Antikörper-Wirkstoff-Konjugate oder zielgerichtete Radionuklidtherapien kennen, war damals noch ein reines Forschungs- konzept. Heute haben wir Medikamente, die genau das tun und Menschen helfen können. Diese Faszination dafür, innovative medizi- nische Forschungskonzepte zu den Menschen zu bringen und in die Realität umzusetzen, hat mich bis heute nicht losgelassen. Einer der wichtigsten Biotechmeilensteine ist für mich ein eigener: die erfolgreiche Entwicklung, Zulassung und Vermarktung des stoff ist eine Sprunginnovation und das erste jemals zugelassene mRNA-Produkt. Ich bin sehr dankbar, dass ich an diesem wirklich revolutionären Mammutprojekt mitwirken konnte, das auf einer Technologie beruht, in die unser Team Jahrzehnte an Grundlagen- forschung, Technologieentwicklung und trans- lationaler Forschung investiert hat. Damit beginnt ein neues Kapitel in der Medizin- geschichte. Wenn es um die nächsten Meilensteine geht, so bin ich besonders auf personalisierte Krebstherapien gespannt, sei es auf Basis von mRNA oder kombinatorischen Ansätzen wie CAR-T-Zelltherapien mit RNA. Starke Partner- Sean Marett schaften werden weiterhin entscheidend sein, da innovative Unternehmen und große Pharmaunternehmen gemeinsam mehr errei- chen können, sowohl mit Blick auf klinische Kollaborationen als auch auf Lizenzverein- barungen und strategische F&E-Deals. Zudem bin ich überzeugt, dass Firmen mit Ansätzen punkten können, die künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen erfolgreich anwen- den. Wir glauben, dass so die Erforschung und Entwicklung von Produktkandidaten präzise informiert, optimiert und teilweise vielleicht auch beschleunigt werden kann. Wir haben vor mehr als zehn Jahren in eigene Fähigkeiten investiert und nun mit der Übernahme von InstaDeep diesen Bereich weiter ausgebaut. Hier sehe ich auch noch viel Potenzial für unsere Branche. Dr. Sebastian Rakers, Mitgründer und CEO der BLUU Seafood GmbH Entwicklung und Produktion von zellbasiertem Fisch in Europa. Unternehmenssitz: Berlin, Deutschland Der Impuls zur Gründung eines eigenen Unter- nehmens kam mit der Vorstellung des In-vitro- Burgers 2013 und der sich anschließenden Gründung eines ersten, amerikanischen Start- ups, das sich speziell auf die Kultivierung von Fisch fokussierte. Diese Nummer konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Das können wir in Europa auch, dachte ich – mit Sicherheit sogar besser. Wir müssen aktiv werden, wenn wir unse- ren Nachkommen eine lebenswerte Erde hinterlassen möchten. Hier einen positiven Beitrag mit biotechnologischen Verfahren leis- ten zu können, ist mein täglicher Antrieb. Den Einsatz erdölfressender Bakterien bei Havarien oder auch die Herstellung serum- freier Zellkulturmedien halte ich für eine der wichtigsten Meilensteine der Biotechnologie der letzten Jahre. Negativ sind aus meiner Perspektive die erzeugten Abhängigkeiten von potenzial. Die Biotechnologie ist eine Schlüssel- technologie. Eine Zukunft ohne ihren Einsatz ist für mich auf vielen Gebieten unvorstellbar. Wir sollten ihr Potenzial nutzen, aber auch mit Bedacht ihre Auswirkungen auf unsere Umwelt und auf die Gesellschaft genau ab- wägen. kultivierter Fisch auf den Markt kommen und sich etablieren, einfach weil es hier Alter- nativen braucht. Ein Schlüssel für den Erfolg 36 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Dr. Sebastian Rakers werden Purpose, Mitarbeiter/innen und natür- lich auch Kooperation sein. Wir brauchen

Einführung & Grundlagen Emmanuel Ladent, CEO der Carbios S.A. Entwicklung enzymatischer Lösungen für das Recycling von Kunststoffabfällen und zur Herstellung biologisch abbaubarer Kunststoffe. Unternehmenssitz: Saint-Beauzire, Frankreich Ich bin in der Nähe des Atlantischen Ozeans aufgewachsen und ein begeisterter Taucher. Dadurch habe ich die zunehmende Verunreini- gung der Strände durch Plastikmüll aus erster Hand miterlebt. Die Verschmutzung der Ozeane ist für mich eine Herzensangelegenheit. Carbios bot mir die Chance, der Plastikverschmutzung den Kampf anzusagen und so einen wesent- lichen Beitrag zum Schutz der Umwelt und zum Erhalt des Planeten zu leisten. Meine Motivation sind meine Kinder. Sie inspirieren mich jeden Tag dazu, weiterhin alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Umwelt zu schützen. Ich möchte ihnen und den künftigen Generationen eine bessere Welt hinterlassen. Wir bei Carbios setzen uns unermüdlich für den Erhalt unseres schönen Planeten ein – das ist unsere gemeinsame Mission und unser Antrieb. Der Einsatz von Enzymen zum Abbau von Plastik ist ein bedeutender Durchbruch, der im Jahr 2020 durch eine Veröffentlichung auf der Titelseite von Nature auch wissenschaft- lich anerkannt wurde. Ich bin der festen Über- zeugung, dass internationale Zusammenarbeit der Schlüssel zur Lösung von Umweltfragen ist. Eine weitere Voraussetzung zur erfolg- reichen Entwicklung und Etablierung von Innovationen ist die erfolgreiche Knüpfung von Partnerschaften zwischen kleinen und großen Unternehmen. Im Hinblick auf die globalen Trends glaube ich fest, dass die Transparenz in Bezug auf eine nachhaltige Herstellung von Produkten für Verbraucher erhöht werden muss. Der Zugang zu korrekten Informationen ist wichtig, um sicher nachhal- tige Kaufentscheidungen treffen zu können. Auch der Einsatz der Lebenszyklusanalyse zur Berechnung des ökologischen Fußabdrucks von Produkten und Prozessen wird immer bedeutender. Es ist heute unumstritten, dass reduziert werden Kohlenstoffemissionen Emmanuel Ladent müssen, um den Klimawandel aufzuhalten. Die Lebenszyklusanalyse könnte branchen- übergreifend dazu beitragen, gesetzte Klima- ziele zu erreichen. Wie für jede neue Methode oder jeden neuen Ansatz müssen auch hier einheitliche internationale Standards verein- bart und eingesetzt werden, um faire Ver- gleiche anstellen zu können. Dr. Anne-Kristin Heninger, Mitgründerin und CEO der Seamless Therapeutics GmbH Entwicklung eines neuen Gene-Editing-Ansatzes auf der Basis von Rekombinasen. Unternehmenssitz: Dresden, Deutschland Wir von Seamless Therapeutics wollen die Gentherapie revolutionieren. Dabei setzen wir auf Rekombinasen, eine äußerst vielseitige Klasse von Enzymen. Uns ist es gelungen, - programmieren, dass sie an einer beliebig aus- gewählten Zielsequenz im humanen Genom - nehmen können, darunter Inversion, Exzision, Substitution und Insertion von sowohl kleinen als auch größeren DNA-Fragmenten. Dieser bemerkenswerte Durchbruch eröffnet uns die Möglichkeit, diese Enzyme zur Behandlung verschiedener schwerwiegender Erkrankun- gen einzusetzen und die bestehenden Limita- tionen im Gene-Editing-Bereich zu adressieren. Wir sehen in dieser Technologie den nächsten großen Meilenstein in der Behandlung schwerer genetischer Erkrankungen. Um das Potenzial des Gene Editing mög- lichst umfassend auszuschöpfen, kann auch der Einsatz von maschinellem Lernen sinnvoll sein. Dabei wird Algorithmen beigebracht, sämtliche Kombinationsmöglichkeiten durch- zurechnen, wodurch sie es den Forschenden ermöglichen, bei diesen Ergebnissen anzuset- zen und sie fortzuführen. Bei der Anwendung von Gene-Editing-Technologien wird, auch vor dem Hintergrund ethischer Aspekte, am Ende stets ein Mensch abwägen und entscheiden, welche Möglichkeiten umsetzbar sind. In der Biotechnologie im Allgemeinen und im Gene Editing im Besonderen haben wir als ent- wickelnde Unternehmen die Verantwortung, fundierte und ausgewogene Entscheidungen zu treffen, die auch ethische Aspekte einbezie- hen, da unsere Technologien unmittelbare Auswirkungen auf das Leben von Menschen haben können. Entscheidend für das Gelingen von Gene- Editing-Technologien wird es sein, gesunde DNA-Sequenzen präzise wiederherzustellen, ohne DNA-Doppelstrangbrüche zu verur- sachen – und das optimalerweise an allen zu behandelnden Stellen im Genom. Neben der Sicherheit klinischer Kandidaten spielt beim Gene Editing auch eine und Wirksamkeit 38 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Dr. Anne-Kristin Heninger entwickelt werden können. Auf der Grundlage unserer Technologie sehen wir uns dazu in der Lage, die Entwicklungszeit unserer Rekom- binasekandidaten im Vergleich mit anderen Gene-Editing-Technologien schlank zu halten Sicherheit zu verbessern. Weiterhin von erheb- licher Relevanz wird die erfolgreiche gewe- Enzymen sein.

Einführung & Grundlagen Philipp Baaske, Mitgründer und CEO der NanoTemper Technologies GmbH Entwicklung und Herstellung von Instrumenten und Technologien für die Proteinforschung. Unternehmenssitz: München, Deutschland Meine Mutter hatte Brustkrebs. Meine Fami- ten zu bekämpfen, einen starken „Impact“ zu liengeschichte ist durch Krebs gezeichnet. Krebs macht mir Angst. Meine Mutter wurde uns diesen Impact. Es geht darum, aufzu- durch Herceptin gerettet, ein Medikament bauen, zu schaffen – zu erschaffen und zu der Biotechnologie; deswegen bin ich in die- erhalten. Es geht nicht darum, zu verkaufen ser Branche. Ich möchte etwas gegen das und Geld zu maximieren. tun, wovor ich Angst habe. Unser Unterneh- AlphaFold, die Verschmelzung von künst- men macht das Unsichtbare sichtbar – um licher Intelligenz mit biologischem Leben – das Unheilbare heilbar zu machen. Unsere das war für mich ein wichtiger Meilenstein. biophysikalischen Instrumente ermöglichen Menschengemacht. Mit ChatGPT und Co. es bereits mehr als 20.000 Wissenschaftlern, jetzt noch mehr befeuert – Tools, um unsere Philipp Baaske ihre biotechnologischen Produkte „zu Produktivität zu steigern. In den letzten Jah- sehen“, besser zu verstehen, was passiert, ren wurden Medikamente mit Lichtgeschwin- - fentlich schnellere, vielleicht sogar bessere digkeit entwickelt, mutige Entscheidungen getroffen, durch Unternehmertum „at its Medikamente. Das ist mein persönlicher best“. Mit den Geldströmen und der Auf- Hebel im Kampf gegen den Krebs. merksamkeit der Pandemie konnten wir weit all sein. Umso wichtiger ist die Ethik, die Wir wollen mit unserem Unternehmen ein nach vorne springen. Ich erwarte ein golde- Akzeptanz der Biotechnologie in unserer Beispiel für den „ehrlichen Kaufmann“ sein: nes Zeitalter der Biotechnologie. Wir sind Gesellschaft. Wir müssen mit positivem Bei- Unser Wort steht, unser Handschlag zählt. jetzt an der Schwelle, Leben programmieren spiel vorangehen; offensichtlich nicht von eine starke Innovationsfähigkeit. Krankhei- zu können. Die Biotechnologie wird immer mehr Lebensbereiche durchdringen – über- aller Leben zu verbessern. s n u a r B a n n A © : o t o F Peter Llewellyn-Davies, 1. Vorsitzender der BIOTECH AUSTRIA (Interessensvertretung der österreichischen Biotechnologiebranche) sowie CEO und CFO der invIOs GmbH Entwicklung von Krebstherapeutika auf der Basis von Immuncheckpoints sowie der Immunsystemaktivierung. Unternehmenssitz: Wien, Österreich Ich begann meine Karriere als Investmentban- Eine Herausforderung bleibt, dass das große ker in London und wechselte dann in den Potential der Biotechbranche in Europa nicht deutschsprachigen Raum. Im Jahr 2005 kam ich entschlossen genug entwickelt und ausgebaut erstmals auf den Geschmack der Biotechnolo- wird. Es fehlt an Investitionen und Investoren, giebranche. Für mich waren zwei Sachen aus- die diese großen Chancen realisieren. Dem schlaggebend: Erfahrungen mit Krebs in mei- Wachstum der Branche entspricht leider nicht nem persönlichen Umfeld und der Wunsch, ei- eine parallele Entwicklung der europäischen nen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten VC-Branche. Ein Verband wie BIOTECH AUSTRIA und insbesondere schwerkranken Kindern zu kann Potentiale hebeln. helfen. Als Führungskraft bin ich von der Her- Für die Zukunft der Biotechnologie sehe ich ausforderung und dem Potenzial motiviert, wis- auch die Genomik als einen wichtigen Faktor. Peter Llewellyn-Davies senschaftliche Erkenntnisse in innovative Medi- Durch das immer bessere Verständnis des menschliche Genom präzise zu bearbeiten, um kamente und Behandlungen umzusetzen. menschlichen Genoms und der Krankheitsursa- genetisch bedingte Krankheiten zu heilen oder Als besonders positiven Meilenstein sehe chen erwarte ich große Fortschritte in der Prä- gänzlich zu verhindern. Dies stellt uns aber ich den Durchbruch bei Immuntherapien, ins- zisionsmedizin. Patienten werden immer mehr auch vor neue Herausforderungen: Ethische besondere Checkpoint-Inhibitoren, was zu be- Behandlungsmöglichkeiten bekommen, die Fragen, der Schutz genetischer Informationen merkenswerten Fortschritten bei der Krebsbe- handlung geführt hat. Hier will invIOs mit neuen und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Parallel er- und die sichere Verwaltung großer Datensätze sind nur einige der Themen, die dabei angegan- Ansätzen zu Behandlungserfolgen beitragen. öffnen neue Technologien die Möglichkeit, das gen werden müssen. 40 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Einführung & Grundlagen Patrice Sellès, CEO der Biotalys AG Innovation des Lebensmittelschutzes mit proteinbasierten Biokontrolllösungen. Unternehmenssitz: Gent, Belgien Ich bin ein Optimist und glaube, dass Tech- nologie die Welt zum Besseren verändern kann, zum Beispiel für besseres und gesün- deres Essen. Meine Neugierde als Naturwis- senschaftler hat mir schließlich den Anstoß beschäftigen. Wie können wir die Welt ernäh- ren? Was können wir tun, um unsere Lebens- mittelkette zu verbessern und sicherer zu machen? Meine treibende Kraft hierfür ist die Zusammenarbeit mit einem großartigen Team, mit dem ich viel mehr erreichen kann, als es mir allein möglich wäre. Zusammen packen wir ehrgeizige Ziele an, wie die Verän- derung landwirtschaftlicher Praktiken, um unsere Abhängigkeit von Chemikalien in der Agrarindustrie zu verringern. Die wissen- schaftliche Entwicklung im Bereich Biotech- nologie in den letzten Jahren bestätigt uns auch darin, dass Biologie-basierte Lösungen viele Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit liefern. Die Zulassung von Impf- stoffen auf RNA-Basis war ein gutes Beispiel dafür, wie wir uns mit der Biotechnologie gegen neue Herausforderungen behaupten können und hat gezeigt, dass bahnbrechende Innovationen schnell und gleichzeitig sicher zum Patienten gebracht werden können. Ins- besondere die synthetische Biologie wird in Zukunft ungeahnte Möglichkeiten bieten. Ich glaube, dass die vollständige Programmie- rung von Mikroorganismen oder Zellen (z.B. ihrer DNA) für digitale, medizinische oder industrielle Anwendungen zum Mainstream wird. Damit dies gelingt und zum Nutzen aller eingesetzt werden kann, braucht es allerdings eine Politik mit Weitsicht, die die langfristige Zukunft unseres Planeten und des Lebens auf der Erde im Blick hat und für fundierte wissenschaftliche Empfehlungen Patrice Sellès offen ist. Neben der Rolle der Politik sehe ich der Öffentlichkeit zu zeigen, was wir tun, und zu erklären, wieso alternative, nachhaltige Lösungsansätze notwendig sind, um eine gute Zukunft für unseren Planeten zu s ichern. Dr. Leila Jaafar-Thiel, Gründerin und CEO der Nuclidium AG Entwicklung personalisierter Krebstherapien auf der Basis von Kupferisotopen. Unternehmenssitz: Basel, Schweiz Mein Team und mich treibt an, dass Patien- ten mit soliden Tumoren oft nicht akkurat oder erst sehr spät diagnostiziert werden. Dadurch kommt es nicht selten zu einer Einschränkung der Behandlungsmöglich- keiten. Standardbehandlungen sind oft auch schnell in ihren Möglichkeiten erschöpft, da viele solide Tumore Resistenzen entwickeln. Das wollen wir mit innovativer Radiophar- mazie ändern und alternativ zur Chemo- therapie zielgerichtetere und schonendere Behandlungen entwickeln. das klinisch etablierte Lutetium (Lu-177) setzen, eignen sich auch andere Radionu- klide für radiopharmazeutische Programme. So können auch Actinium-225 (Ac-225) und Kupferisotope (Cu-61, Cu-64 oder Cu-67) verwendet werden. Bei Nucli dium nutzen wir Cu-61 für unsere diagnos tische und Cu-67 für unsere therapeutische Pipeline, womit wir einen echten theranos tischen Ansatz verfol- gen, der auf demselben Element, nämlich Kupfer, beruht. Durch die Marktzulassung der ersten Radiopharmazeutika, Pluvicto und Lutathera, in den Jahren 2018 und 2022 in den USA und der EU hat die Branche große Schubkraft gewonnen. Mit der kommerziellen Zulassung und der dadurch gestiegenen Nachfrage nach Radiopharmazeutika für die klinische Entwicklung und Patientenbehandlung ist es aber bereits zu Engpässen in der Patienten- versorgung mit Lutetium gekommen. Ein Mangel an Ausgangsmaterialien setzt nicht nur die weitere klinische Entwicklung unter Druck, sondern ist vor allem für Patienten problematisch. Ansätze, die auf das leichter verfügbare Ausgangsmaterial Kupfer setzen, könnten Abhilfe schaffen. Mit diesem Material sind auch kürzere Herstellungs- zeiten und leichtere Produktionsmöglich- keiten verbunden. Wie andere Sparten der Biotechnologie muss auch die Radiopharmazie ihren Nutzen und ihre Wirtschaftlichkeit – besonders Biotechbranche in den letzten Jahren – 42 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Dr. Leila Jaafar-Thiel immer wieder neu unter Beweis stellen. In der Radiopharmazie wird nicht nur entschei- dend sein, wer seine Produkte als Erstes für den Markt entwickelt, sondern auch, wer diese im Markt halten kann. Entscheidend dafür ist, wie die nachhaltige Versorgung mit Radionukliden sichergestellt wird. langfristig

Märkte & Technologien Revolutionäre Ansätze in Gen- und Zelltherapien verändern die Gesundheitsversorgung Eine neue Art von Arzneimitteln verändert derzeit die Art und Weise, wie Krankheiten behandelt, ja gar geheilt werden können. Es handelt sich um Gen- und Zelltherapien, die nach Jahrzehnten der Entwicklung nun allmählich in die wenige Daten, zu unsicher, zu elitär. Fährt der Zug dieser innovativen Therapien an Deutschland vorbei? V or 25 Jahren befand sich das Gebiet der Gen- und Zelltherapien noch in seinen Anfängen und stand vor zahlreichen technischen wie auch wis- senschaftlichen Herausforderungen. Die zellen war schwierig, denn es mangelte an effektiven Transportmitteln für die Er b- Abb. 1: Was sind ATMP? (TEPs) Ein biotechnologisch bearbeitetes Gewebe- produkt („tissue-engineered product“; TEP) ist ein biologisches Arzneimittel, das biotechno- logisch bearbeitete Zellen oder Gewebe ent- hält oder aus ihnen besteht. Es dient der Regeneration, der Wiederher stellung oder zum Ersatz menschlichen Gewebes. Gentherapeutika Ein Gentherapeutikum ist ein biologisches Arznei mittel, dessen Wirkstoff eine Nuklein- säure (Träger der Erb infor mationen) enthält oder daraus besteht. Es wird eingesetzt, um eine Nukleinsäuresequenz zu regulieren, zu reparieren, zu ersetzen, hinzuzufügen oder zu entfernen. Die therapeutische, prophylak- tische oder diagnostische Wirkung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der rekombinanten Nuklein säure sequenz, die es enthält, oder mit dem Produkt, das auf Basis dieser genetischen Information gebildet wird. Somatische Zelltherapeutika Ein somatisches Zelltherapeutikum besteht aus Zellen oder Geweben, die substanziell bearbeitet wurden, sodass biologische oder strukturelle Merkmale oder physiologische Funktionen verändert wurden. Außerdem kann es aus Zellen oder Geweben bestehen oder sie enthalten, die im Empfänger im Wesentlichen nicht dieselbe Funktion ausüben wie im Spender (auch: nicht-homologer Gebrauch). Diese Zellen oder Gewebe üben pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungen aus. Quelle: Paul-Ehrlich-Institut 44 ls 03-2023 „Biotechnologie“ informationen, den sogenannten Vektoren. Auch das Verständnis der Genregu lation und der langfristigen Auswirkungen war technischen begrenzt. Trotz dieser Herausforderungen begannen in den späten 1990er-Jahren die ersten klinischen Studien. In dieser Zeit gab es auch Rück- schläge. Die technologischen Herausfor- derungen und die Notwendigkeit, Sicher- heitsbedenken anzugehen, begrenzten zu- dem die Fortschritte. Dennoch legten die Forschungen und Experimente in dieser Zeit den Grundstein für die beeindrucken- den Erfolge, die wir derzeit in diesem Bereich sehen. Die innovativen Prinzipien, die heute in der Patientenversorgung eingesetzt wer- den, zielen darauf ab, genetische und zelluläre Defekte auf molekularer Ebene zu behandeln. Diese neuartigen Therapie- ansätze werden in Europa unter dem Begriff der Advanced Therapy Medicinal Products (ATMPs; siehe hierzu Abb. 1) zu- sammengefasst und werden seit dem Jahr 20081 zentral von der Europäischen Arz- neimittelagentur (EMA) für alle Mitglied- staaten der Europäischen Union reguliert. Derzeit werden EU-weit 14 Gentherapeu- tika, zwei Zelltherapeutika sowie zwei biotechnologisch bearbeitete Gewebepro- dukte mit einer zentralen EU-Zulassung in der Versorgung eingesetzt, 15 davon als Arzneimittel Leiden (Orphan Drugs). seltene gegen 1) Für die Europäische Union wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien verabschiedet. Sie findet seit dem 30. Dezember 2008 unmittelbar in den EU-Mitgliedstaaten Anwendung. In Deutschland ist es möglich, Patien- tinnen und Patienten über die Genehmi- gung von nicht routinemäßig hergestell- ten ATMPs nach § 4b Arzneimittelgesetz (AMG) unter den dort genannten Bedin- gungen mit solchen Produkten auch ohne EU-Zentralzulassung zu versorgen. Das Paul-Ehrlich-Institut als zuständige Zulas- sungsbehörde weist in dieser Kategorie für Deutschland ein somatisches Zell- therapeutikum sowie sechs biotechnolo- gisch bearbeitete Gewebeprodukte aus. Marktwachstum Im Jahr 2022 wurden fünf neue Zell- und Gentherapien von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA zugelassen, für die nächsten Jahre sind bereits mehr als 50 weitere In-vivo- und Ex-vivo-Zell- und ZU DEN AUTOREN Dr. Matthias Wilken ist Geschäftsführer Market Access, Märkte und Versorgung beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI e.V.). Dr. Pablo Serrano ist Geschäftsfeldleiter Innovation & Forschung / Biotechnologie im BPI e.V..

Märkte & Technologien Zelltherapie „off the shelf“ Spitzentechnologie in die Breite tragen das Feld nicht nur in der Tiefe, sondern auch in der Breite systematisch erschließen – mit neuen Zelltypen, innovativen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC)1 vorbei – und an neuen Partnerschaften. Von Dr. Werner Lanthaler chung in einem mehrere Wochen dauern- den Prozess für jeden einzelnen Patienten personalisiert – und kosten deshalb ab etwa 0,5 Mio. EUR aufwärts. Dabei bedeu- tet die allogene Ableitung aus Spender- zellen noch lange nicht, dass dieser Wirk- stoff in großer Menge bereitgestellt wer- den kann. Tatsächlich ist jede Produkti- müssen – ähnlich wie bei einer Organ- transplantation – für den Erfolg der Behandlung auch die Gewebemerkmale zwischen Spender und Empfänger passen. Dennoch markieren die ersten Zulas- sungen wichtige Meilensteine, die Zellthe- rapie als therapeutische Modalität aus dem individuellen Heilversuch heraus etabliert haben. Aber sie zeigen auch: Die personalisierte Form der Zelltherapie ist nicht skalierbar und wird deshalb kleinen Patientenpopulationen vorbehalten bleiben. Daran werden auch neue Vergütungssysteme n e t k e t i h c r A e n e H © i : n o i t a r t s u l l I Laborneubau auf Evotecs Manfred Eigen Campus in Hamburg: Im „iPSC Lighthouse“ entstehen ab 2024 zusätzliche Kapazitäten für die Forschung und Entwicklung mit induzierten pluripotenten Stammzellen. D ie Fortschritte im Bereich der Zell- therapie sind groß. Vor etwa sechs Jahren wurde die erste autologe Zelltherapie von der FDA zugelassen, seit 2018 gibt es sie auch in Deutschland. Bei der autologen Zelltherapie wird Material, außerhalb des Körpers aufbereitet und dem Patienten wieder verabreicht. Vor nicht ganz einem Jahr kam mit der Zulas- sung der ersten allogenen Zelltherapie der nächste Durchbruch. Therapeutische Zellen von einem Spender anstatt vom Patienten abzuleiten ist ein großer Schritt hin zu besserer Verfügbarkeit. Tausende weitere Zelltherapien sind in der Entwick- lung, fast im Monatstakt kommt eine Zulassung hinzu.2 Trotzdem stehen wir noch ganz am Anfang auf dem Weg, das wirkliche Poten- zial dieser Modalität zu entfalten. Autologe Zelltherapien werden vor der Verabrei- 1) Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen oder auch iPSC) sind pluripotente Stammzellen, die direkt aus adulten Zellen generiert werden können. Die iPSC-Technologie wurde im Labor von Shinya Yamanaka in Kyoto, Japan, entdeckt, dem es im Jahr 2006 gelang, mit einer Kombination aus vier spezifischen Genen kodiert mit Transkriptionsfaktoren adulte Zellen in pluripo- tente Stammzellen umzuwandeln. Im Jahr 2012 erhielt er zusammen mit Sir John Gurdon den Nobelpreis für diese Entdeckung. Der Einsatz von pluripotenten Stammzellen ist sehr vielversprechend im Bereich der regenerativen Medizin. Da sie sich unendlich vermehren lassen und in jegliche anderen Zelltypen des Körpers umgewandelt werden können (z.B. Neuronen, Herz-, Pankreas- und Leberzellen), stellen sie eine Ressource als Ersatz für durch Krankheit beschädigte Zellen dar. Evotecs iPSC-Infrastruktur zählt zu den umfangreichsten und ausgereiftesten iPSC-Plattformen der Branche. Evotec hat ihre iPSC-Plattform in den vergangenen Jahren mit der Zielsetzung entwickelt, iPSC-basiertes Wirkstoffscreening so in den industriellen Maßstab zu übertragen, dass es den höchsten industriellen Standards an Durchsatz, Reproduzierbarkeit und Robustheit entspricht, und iPSC-basierte Zellen auch für Zelltherapieansätze nutzbar zu machen. 2) American Society of Cell & Gene Therapies (2023): Gene, Cell, + RNA Therapy Landscape Report Q2 2023; asgct-citeline- q2-2023-report.aspx von ZUM AUTOR Dr. Werner Lanthaler ist seit März 2009 Vorstandsvorsitzender Evotec. Während seiner Amtszeit entwickelte sich das Unternehmen von einem spezialisierten Wirkstoffentwickler zu einem hochinnovati- ven Forschungs- und Entwicklungsdienst- leister mit mehr als 5.000 Mitarbeitern an 17 Standorten weltweit. ls 46 03-2023 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien den Erfolg. Neben einer eigenen Plattform für die Zelllinienentwicklung und GMP- Herstellung ist Evotec deshalb auch in ver- schiedene Partnerschaften eingebunden. So werden Evotecs Betazellen in Verbin- dung mit dem sogenannten Cell Pouch System von Sernova entwickelt, einem kanadischen Biotechnologieunternehmen. Diese Kombination könnte bereits im Jahr 2024 in die klinische Erprobung starten. Unabhängig von der Partnerschaft mit Sernova hat Evotec eine Technologie vom ebenfalls kanadischen Unternehmen panCELLa einlizenziert, mit der sich Zellen vor dem Immunsystem des Patien- ten verstecken, aber trotzdem als sichere Therapie verabreichen lassen. Zudem bestehen weitere Partnerschaften mit Pharmaunternehmen über Zelltypen und Indikationen hinweg. Erfolgsgeschichte (neu) schreiben 1982 war mit Humaninsulin schon einmal ein Diabeteswirkstoff der Wegbereiter für eine neue Modalität: Biologika. Auch heute sollte es wieder unser Anspruch sein, Erfolge in der Spitzentechnologie bestmög- lich in die Breite zu übersetzen. Vielleicht ist es diesmal eine iPSC-Betazelltherapie, die einer medizinischen Innovation zum Durchbruch verhilft. Personalisierte Zelltherapieanwendun- gen erhalten aufgrund einzelner Erfolge zu Recht viel Beachtung – diese Erfolge dür- fen uns jedoch nicht den Blick auf eine breitere Nutzbarkeit der Modalität verstel- len. Auch in dieser Hinsicht darf man auf die Nationale Strategie für Gen- und Zelltherapien gespannt sein, die vom Bun- desforschungsministerium initiiert sowie vom Berlin Institute of Health (BIH) ent- wickelt wird und im Frühjahr 2024 vorgestellt werden soll. Mit den richtigen Schwerpunkten kann das Jahr 2024 dann für Zelltherapie das sein, was das Jahr 1990 für das Internet war. Wenn eine Technologie einmal etabliert ist, geht es nur noch um den Zugang. Übertragen auf den Patienten- zugang bedeutet das, dass wir das Feld systematisch in seiner ganzen Breite be- stellen müssen, die diese therapeutische Modalität bereithält: Zelltypen, Medical Herstellungsverfahren. Komplementäre Partnerschaften sind ein Muss, um Netz- werkeffekte zu nutzen – und einen frühen Vorsprung auch ins Ziel zu fahren. E S c e t o v E © : o t o F Der Evotec Cell Accelerator in Modena, Italien: seit 2022 Evotecs Produktionsanlage für die cGMP-Herstellung von Zelltherapien im klinischen Maßstab nichts ändern, bei denen der sechs-, Behandlung nur fällig wird, wenn die Therapie anschlägt. Autolog, allogen, iPSC Dabei kann Zelltherapie viel mehr – für viele mehr. Die Transplantation funktio- nierender Zellen bietet als regenerativer Ansatz Potenzial weit über den onkologi- schen Bereich hinaus. Auch mit Beta- zellen (Diabetes), Photorezeptor- oder Retina-Pigment-Epithelzellen (Ophthal- mologie) und Kardiomyozyten (Herzinsuf- spannende Möglichkeiten, mit denen für viele dieser Krankheitsbilder erstmals eine funktionelle Heilung greifbar wird. - terte Medizin muss auch der Gesellschaft in der Breite zur Verfügung stehen. Daher muss Zelltherapie „entpersonalisiert“, also der individuelle Patient aus dem Herstellungsprozess entfernt werden. Erst wenn sie eine größere Menge, Tausende oder Zehntausende Dosen in konsistenter Qualität herstellen und „off the shelf“ Die Zelltherapie kann viel mehr – für viele mehr. 48 ls 03-2023 „Biotechnologie“ verschiedenen Patienten verabreichen können, wird Zelltherapie skalierbar – und für ein Gesundheitssystem leistbar. Mit induzierten pluripotenten Stamm- zellen verfügen wir heute bereits über die dafür benötigte Schlüsseltechnologie: ethisch abgeleitete, weil in das Stammzell- stadium zurückprogrammierte Zellen, die sich theoretisch in jeden menschlichen Zelltyp differenzieren und dann als Thera- peutikum einsetzen lassen. iPSC-Zelltherapie Kompetenzen ergänzen Zelltherapien sind einer Organtransplan- tation nicht unähnlich: Genau wie fremdes Gewebe werden auch transplantierte Zellen vom Immunsystem als körperfremd erkannt und haben eine Abstoßungsreaktion zur Folge, der mit Immunsuppressiva entge- gengewirkt werden muss. Doch auch für diese Hürde existieren bereits technische Lösungen, damit für Patienten langfristig wirksam und verträg- lich ist. Die Therapie kann beispielsweise mit einem Device verabreicht werden, das die therapeutischen Zellen vom Immun- system abschirmt. Alternativ können die therapeutischen Zellen selbst dahin gehend verändert werden, dass das Immunsystem des Patienten sie nicht mehr als fremd erkennt. Die Entwicklung einer „Off-the-shelf- Zelltherapie“ bis zur Marktreife erfordert Expertise aus unterschiedlichen Bereichen – daher sind Partnerschaften kritisch für

Märkte & Technologien Mit der Radioligandentherapie erreicht der Kampf gegen Krebs ein neues Niveau Die Radioligandentherapie ist eine Form der Krebstherapie, die sich von herkömmlichen Behandlungsmethoden unterscheidet. Ihr Hauptmerkmal besteht darin, dass radioaktive Substanzen, die als Radioliganden bezeichnet werden, mithilfe von Trans- Von Holger Garbs . m o c . e b o d a . k c o t s – a d e m i i . r e b e r h c s r e t e p © : n o i t a r t s u l l I D ie Geschichte der Radioliganden- therapie ist eng mit der Entwick- lung der Strahlenmedizin und der Nuklearmedizin verbunden. Bereits die Entdeckung radioaktiver Elemente wie Radium und Polonium durch Marie und Pierre Curie im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert bildete die Grundlage für die Entwicklung der Radiotherapien. Diese Ele- mente strahlen ionisierende Strahlung aus und können zur Krebsbehandlung einge- setzt werden. Erste Anwendungen in der Krebsbehandlung erfolgten in den frühen 1900er-Jahren. Damals begannen Ärzte und Forscher, Radium zur Behandlung von Krebs einzusetzen. Dies gilt als eine Vorläu- fermethode zur Radioligandentherapie, bei der Radium direkt in Tumore einge- führt wurde. In den 1950er-Jahren wurden schließ- lich radiomarkierte Substanzen entwickelt, - ten. Dies führte zur Entstehung der Radio- ligandentherapie, bei der die radioaktiven Substanzen gezielt an Krebszellen abgege- ben wurden. Die Radioligandentherapie wurde ein wichtiger Bestandteil der Nukle ar medizin, die sich auf die Verwendung von radioakti- ven Substanzen zur Diagnose und Behand- lung von Krankheiten spezialisiert hat. „Die moderne Radioligandentherapie - dung mit der etablierten therapeutischen Wirkung radioaktiver Strahlung“, sagt Dr. Manfred Rüdiger, Geschäftsführer der Ariceum Therapeutics GmbH. Bestrahlun- gen von außen seien ein wichtiger Bestand teil moderner Therapien, könnten aber nur eingesetzt werden, um lokal begrenzte Tumore zu behandeln. „Im fort- geschrittenen Stadium einer metastasier- ten Erkrankung oder auch, wenn Metasta- sen vermutet werden, aber noch nicht nachweisbar sind, ist das Konzept einer systemischen Strahlentherapie mit Radio- liganden vielversprechend.“ Im Laufe der Zeit wurden immer spezi- 50 ls 03-2023 „Biotechnologie“ gezielt an bestimmte Rezeptoren oder Marker auf Krebszellen binden konnten. Dies erhöhte die Wirksamkeit und redu- zierte die Nebenwirkungen. „Moderne ‚Targeted Radiopharmaceuticals‘, wie beispielsweise die bereits zugelassenen Lutathera und Pluvicto von Novartis, sind sehr erfolgreiche Beispiele für diese Ent- wicklung“, ergänzt Dr. Germo Gericke, Chief Nach der Zulassung von Lutathera und Pluvicto von Novartis hat die Forschung zu Radioliganden weltweit einen enormen Aufschwung erfahren. Die Therapie wurde ursprünglich von Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Universitätsklinik Heidelberg erforscht. Das DKFZ hatte die Rechte zur weiteren Entwicklung und Vermarktung der Therapie 2014 exklusiv an die ABX GmbH in Radeberg vergeben. Diese lizen- zierte die Rechte 2017 an die US-Firma Endocyte, die wiederum ein Jahr später von Novartis übernommen wurde. Bei Pluvicto kommt eine radioaktive Variante des Schwermetalls Lutetium zum Einsatz, das Isotop Lutetium-177. Dieses wird gezielt zu einem auf Prostatakrebs- zellen vorkommenden Rezeptor transpor- Antigen (PSMA). Aufgenommen von den Krebszellen sorgt die Strahlung des Iso- tops für entscheidende DNA-Schäden in der Zelle. In der Folge stirbt diese ab. Schon nach wenigen Tagen ist die Radio- aktivität des Isotops abgeklungen. - ckelt und im November 2013 zugelassen wurde, verabreicht radioaktives Radium- 233-Dichlorid. „Radium verhält sich im menschlichen Körper ähnlich wie Kalzium

Märkte & Technologien E S i h c n u M l s e g o o n h c e T e p o t o s I i M T I © : o t o F die Wirksamkeit von Satoreotide in allen Modellen (Zellkultur und Tiermodelle) wesentlich besser ist als von Agonisten des Rezeptors“, so Dr. Rüdiger. Im Unterschied zu Firmen, die sich auf eine Ligandenart spezialisieren (Antikörper, Biologics, kleine Moleküle), nutzt Ariceum Therapeutics, was jeweils am geeignetsten erscheint. „Ebenso bei den Isotopen, wo wir mit Alphastrahlern, Betastrahlern und, soweit wir wissen, als einzige Firma mit Strahlern arbeiten, die sogenannte Au- gerelektronen erzeugen“, erklärt Dr. Rüdiger. Diesen Ansatz hat das Unternehmen zu- letzt durch den Zukauf der Theragnostics Ltd. erhalten und will damit nach eigener Aussage in den nächsten Monaten diag- nostische und therapeutische Studien beginnen. Partner bei diesen Projekten sind AstraZeneca und das Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. „Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir mit NEPHROSCAN ein bereits von der FDA zugelassenes Diagnostikum für Nierenerkrankungen im Portfolio haben“, so Dr. Rüdiger. NEPHROSCAN wird aktuell von GE Health vermarktet. Allein für das Lead-Molekül, wel- ches Ariceum im kleinzelligen Lun- genkarzinom ent- wickelt, liegt das Potenzial für EU und USA nach Schätzung von Dr. Rüdiger im Be- reich von 1 Mrd. bis 1.5 Mrd. USD. „Und die Projekte, die wir mit der Augertechnologie angehen wollen, liegen in vergleichbaren Größen- ordnungen.“ Dr. Manfred Rüdiger, Geschäftsführer, Ariceum Therapeutics GmbH 52 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Personalisiert einsetzbar Heute wird die Radioligandentherapie zur Behandlung verschiedener Krebsarten verwendet, darunter Schilddrüsenkrebs, neuroendokrine Tumoren und Prostata- krebs. Die Therapie wird oft bei Krebs- arten eingesetzt, die resistent gegenüber anderen Behandlungsmethoden sind oder sich bereits in fortgeschrittenen Stadien und auf andere Organe ausgebreitet haben. Dies kann dazu beitragen, das Tumor- wachstum zu kontrollieren. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene radioaktive Isotope und Radioliganden entwickelt, um die Effektivität der Radioligandentherapie zu verbessern. Ein bekanntes Beispiel ist die Verwendung von radioaktivem Jod zur Behandlung von Schilddrüsenkrebs. Ein wesentlicher Vorteil ist die Ziel- genauigkeit der Therapie: Radioliganden werden so entwickelt, dass sie sich an bestimmte Zielmoleküle auf oder in Krebs- zellen binden. Dies ermöglicht eine präzise Zielsetzung und minimiert die Schädigung gesunder Zellen und Gewebe. Da gesun- des Gewebe weniger betroffen ist, können die Nebenwirkungen der Therapieform im Vergleich zu herkömmlichen Strahlen- und Chemotherapien geringer sein. Die radioaktive Substanz, die an die Krebszellen bindet, fungiert dabei als lokale Strahlenquelle. Dies bedeutet, dass die Strahlung hauptsächlich in der Nähe der Krebszellen abgegeben wird, was die Belastung des umgebenden gesunden Gewebes reduziert. Die Therapie kann entweder als intravenöse Infusion oder mittels oraler Einnahme erfolgen, je nach der Art der radioaktiven Substanz und dem zu behandelnden Krebstyp. Ein wei- terer Vorteil: Die Therapie kann auf den i ndividuellen Patienten und seinen Tumor zugeschnitten werden, da sich die Aus- wahl des Radioliganden und die Dosis entsprechend anpassen lassen. Aufgrund ihrer gezielten Wirkweise mit weniger schwerwiegenden Nebenwir- kungen verbunden sein als herkömmliche Strahlen- oder Chemotherapie. Die Aus- wahl des geeigneten Radioliganden kann auf der Grundlage von Tumorm arkern und molekularen Eigenschaften des Tumors erfolgen. Dabei kann die Radioliganden- therapie auch in Kombination mit anderen Krebstherapien wie Chemotherapie, Immuntherapie oder gezielten Therapien eingesetzt werden, um synergistische Effekte zu erzielen. Nicht ohne Risiken Allerdings ist die Radioligandentherapie nach wie vor ein sich entwickelndes Feld; Forscher arbeiten ständig an der Verbes- - rung neuer Anwendungen. Die Behand- lungsmethode wird auch in klinischen Studien und in der Praxis weiterhin erforscht und angewendet. Entsprechend ist auch die Radioliganden- therapie nicht ohne Risiko. Da die Thera- pieform radioaktive Substanzen verwendet, besteht die Gefahr einer Strahlenexposition für den Patienten und das medizinische Personal. Umso wichtiger sei es, die Strah- lendosis genau zu kontrollieren, um Schä- den an gesundem Gewebe zu minimieren – denn obwohl die Radioligandentherapie darauf abzielt, Krebszellen gezielt zu tref- fen, kann es dennoch zu einer gewissen Schädigung des umliegenden gesunden Gewebes kommen. Experten weisen auch darauf hin, dass die langfristigen Auswirkungen der Radio- ligandentherapie auf den Körper noch nicht vollständig verstanden sind, da sie eine relativ neue Behandlungsmethode ist. Eine glorreiche Zukunft? Sowohl die akademische Forschung als auch Pharma- und Biotechindustrie inves- tieren im großen Stil. So sind seit 2018 allein etwa 4 Mrd. USD an Risikokapital in den Grundlagen und zellulären Mechanismen besser zu verstehen und darauf aufbauend neue Therapien zu entwickeln. Gleichzeitig erleben wir eine enorme Beschleunigung der technischen Entwicklung“, unterstreicht Ariceum-CMO Dr. Gericke.

Märkte & Technologien Das verborgene Potenzial des angeborenen Immunsystems Über viele Jahre hinweg setzte die Krebstherapie vor allem auf das adaptive Immunsystem. Doch in jüngster Zeit etabliert sich zunehmend die Erkenntnis, dass das angeborene Immunsystem vielversprechende Alternativen bietet. Es ist die erste Instanz bei der Abwehr von Krankheitserregern und spielt auch bei der Bekämpfung von Tumorzellen eine entscheidende Rolle. Insofern dienen die Zellen des angeborenen Immunsystems als interessanter Angriffspunkt, um eine effektive und Ansätze, mit ersten vielversprechenden Ergebnissen in klinischen Studien, die hohe Ansprechraten in Patienten mit hämatologischen Tumoren zeigen. zu unterscheiden, wie es bei CD3-T- Zell- Engagern mitunter der Fall ist. Der Einsatz von Zellen des angeborenen Immunsys- tems, natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und Makrophagen, könnte diese Sicher- mieren. Natürliche Killer im Rampenlicht Dieses Potenzial wurde inzwischen auch von zahlreichen Biotechnologieunter- nehmen erkannt, die sich nun auf die Entwicklung entsprechender Therapien - den sich allerdings noch in der prä- klinischen oder frühen klinischen For- schung. Dabei hat sich gezeigt, dass der ZUM AUTOR Dr. Arndt Schottelius ist Chief Scientific Officer bei Affimed mit über 25 Jahren Erfahrung in der biopharmazeutischen Forschung und Entwicklung. Vor seiner Zeit bei Affimed war er Executive VP & Head Research & Development bei Kymab Ltd, Chief Development Officer der MorphoSys AG und Medical Director Immunology Development bei Genentech, Inc. Der Experte für angeborene Immunität promo- vierte an der Universität Freiburg. d e m i f f A © : n o i t a r t s u l l I ICE verbindet Zelle des angeborenen Immunsystems (links) mit Tumorzelle (rechts), um die Abtötung der Tumorzelle einzuleiten. T umore sind heterogen und anpas- sungsfähig. Zudem besitzen sie „Fluchtmechanismen“ – sie können sich also unserem Immunsystem entzie- hen, dessen Aufgabe neben der Abwehr von Krankheitserregern auch die Eliminie- rung von Tumorzellen ist. Immuntherapien zielen daher darauf ab, das Immunsystem zu aktivieren und die Fluchtmechanismen des Tumors zu schwächen, um ihn anschließend zu zerstören. Vor allem bei hämatologischen Tumoren wird dieser Ansatz verfolgt. Doch auch rund zehn Jahre nachdem Immuntherapien als ent- scheidender Durchbruch der Krebs- nicht alle Patienten von diesem Potenzial. Die derzeit zugelassenen Therapien helfen nur einem Teil der Patienten nachhaltig. Woran liegt das? Immuntherapie mit Fokus auf Die meisten Immuntherapien vernachläs- sigen bisher das angeborene Immunsys- tem. Sie konzentrieren sich zu stark auf die Aktivität des adaptiven Systems, obwohl bekannt ist, dass sich beide angeborenes Immunsystem auch die Akti- vität des adaptiven Systems stärkt. Zu den Ansätzen mit Fokus auf das adaptive Immunsystem gehören u.a. T-Zell-Therapien die an T-Zellen und Tumore binden. Diese verursachen jedoch immer wieder schwere Nebenwirkungen, darunter das Zytokin- Freisetzungssyndrom. Ein Grund hierfür könnte eine verminderte Fähigkeit sein, zwischen gesunden und bösartigen Zellen 54 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Auf dem Weg zu einem global führenden Biosimilar-Entwickler Formycon setzt auf nachhaltiges Wachstum im Biosimilar-Segment Bereits 2026 könnten die weltweiten Einsparungen durch Biosimilars auf mehr als 100 Mrd. US$ pro Jahr ansteigen, prognostiziert das Healthcare-Analyseinstitut IQVIA Seit ihrer Einführung vor rund 15 Jahren haben Biosimilars eine beeindrucken- de Erfolgsgeschichte geschrieben. Mit 75 zugelassenen „biosimilaren“ Medika- menten in der Europäischen Union (USA: 41) und mittleren bis hohen zwei- stelligen jährlichen Wachstumsraten sind Biosimilars aktuell das am schnellsten wachsende Segment im Pharmamarkt. Auch für die kommenden Jahre wird für die Nachfolgeprodukte biologischer Arzneimittel weiteres dynamisches Wachstum prognostiziert. „Biosimilars sind kein kurzfristiger Hype, sondern werden mit den Jahren weiter an Bedeu- tung gewinnen“, sagt Enno Spillner, CFO der Formycon AG. Denn der Erfolg der Biosimilars bedeutet mehr Wettbewerb und generiert hohe Einsparungen für die Gesundheitssysteme. Schon ab 2026 könnten dem Healthcare-Analyseinstitut IQVIA zufolge die jährlichen Einspa- rungen durch Biosimilars auf mehr als 100 Mrd. US-Dollar weltweit ansteigen. Dadurch werden mehr Menschen Zu- gang zu solchen hochwirksamen The- rapien erhalten, die für die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen wie beispielsweise Autoimmunerkrankungen oder Krebs eingesetzt werden. Formycons Vision ist es, den Zugang zu wichtigen Arzneimitteln zu verbes- sern. Hierfür hat sich das Unternehmen aus der Biotech-Hochburg Martinsried bei München ganz auf die Entwicklung von Biosimilars spezialisiert und gehört damit zu den wenigen unabhängigen Biosimilar-Entwicklern weltweit. Dabei erfordert die hohe Komplexität biolo- gischer Wirkstoffe und deren Herstel- lungsprozesse ein besonderes wissen- schaftliches und regulatorisches Know- How. Expertinnen und Experten aus über 30 Nationen und unterschiedli- chen Disziplinen arbeiten bei Formycon in der Biosimilar-Entwicklung. Etwa sechs bis acht Jahre liegen zwischen der Auswahl des Moleküls und der Ein- reichung der Zulassungsunterlagen bei Was sind Biosimilars? – –

Märkte & Technologien Unlösliches löslich machen Neue Lösungen für die Arzneimittelentwicklung sind gefragt Geringe Wasserlöslichkeit von hydrophoben Wirkstoffen und damit verbundene Probleme mit Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit sind nach wie vor eine der größten Hürden in der Arzneimittelentwicklung. Besonders bei neu entwickelten entwickelten Wirkstoffe davon betroffen. Doch es existiert eine Lösung. Von Dr. Eva Prieschl-Grassauer Abb. 1: Biopharmazeutisches Klassifizierungssystem Quelle: Marinomed Biotech AG U m eine gute Verfügbarkeit im Körper (Bioverfügbarkeit) und damit die benötigte Wirksamkeit zu gewähr- leisten, ist eine entsprechende Resorption im Zielgewebe von größter Bedeutung. Daher werden Arzneistoffe hinsichtlich ihrer zu erwartenden Bioverfügbarkeit - zierungssystem“ (engl.: „biopharmaceu- welches die voraussichtliche Bioverfüg- barkeit eines Arzneistoffs in Abhängigkeit setzt von dessen Löslichkeit und seiner Fähigkeit, durch das Gewebe des Intestinal- trakts zu diffundieren. Das BCS beschreibt vier Klassen, wobei in die erste Wirkstoffe mit hoher Löslichkeit und Permeation fallen, während die vierte Wirkstoffe mit niedrigem Permeationsvermögen und geringer Löslichkeit einschließt. Geringe Löslichkeit entspricht schlechter Bioverfügbarkeit Geringe Wasserlöslichkeit kann sowohl bei systemischer – und hier speziell bei oraler – Gabe als auch bei lokaler Anwen- dung von Medikamenten ein limitierender Faktor sein. Oral anwendbare Arzneimit- telformen, z.B. Tabletten oder Kapseln, sind aufgrund der vergleichsweisen kosten- günstigen Herstellung und der hohen Patien- tenakzeptanz bevorzugte Darreichungs- formen. Diese Arzneistoffe müssen das Darmepithel passieren, um über den Blut- kreislauf in ihr Zielgewebe zu gelangen. Fettlösliche (= schwer wasserlösliche) 58 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Arzneistoffe durchdringen in gelöstem Zustand die lipophile Zellmembran zwar leicht – allerdings ist im wässrigen Milieu des Verdauungstrakts die Anzahl gelöster, lipophiler Moleküle stark limitiert. Die ungelösten Wirkstoffpartikel werden dann durch den kontinuierlichen Verdauungs- prozess ausgeschieden, bevor sie resor- biert und wirksam werden können. Zusätzlich kann bei oral verabreichten Arzneimitteln die Resorption durch gleichzeitig zugeführte Nahrungsmittel oder Verdauungsprobleme aufgrund von Stress und Krankheit sowohl positiv als Auch über andere systemische Routen, z.B. als Infusion, verabreichte Arzneistoffe müssen in gelöster Form vorliegen, um Gefäßverschlüsse zu vermeiden und im Körpergewebe optimal aufgenommen zu werden. Zusätzlich muss eine therapeu- tisch wirksame Konzentration am Zielort gewährleistet werden können. Bei lokaler Anwendung auf Haut und Schleimhaut mithilfe etwa von Cremes oder Nasensprays ist der Verbleib des ZUR AUTORIN Dr. Eva Prieschl-Grassauer ist Immuno- login und verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Arzneimittelentwicklung. Sie ist Mitbegründerin der Marinomed Biotech AG und seither CSO des Unternehmens.

Märkte & Technologien Neuartige Therapien mit (r)evolutionärem Potenzial Neuartige Therapien, sogenannte Advanced Therapies, stellen einen hochmodernen Bereich in der Medizin dar und bieten das Potenzial für innovative und transformative Lösungen bei der Behandlung zahlreicher Krankheiten. Die entsprechenden Therapien basieren unter anderem auf gen- und zelltherapeutischen Ansätzen, mRNA sowie anderen proteinbasierten Therapien. Da Advanced Therapies eine Personalisierung der Medizin ermöglichen, werden sie immer bedeutender – aber können sie die Patientenversorgung, wie wir sie kennen, auch (r)evolutionieren? liche Substanzen zu erforschen und zu nutzen. Mit dem wachsenden Verständnis biolo- gischer und chemischer Zusammenhänge wurde auch die Nutzung von sogenannten Small-Molecule-Wirkstoffen ermöglicht, z.B. von Paracetamol. Biotechnologische Fort- schritte erlauben heute zudem den viel- seitigen Einsatz von proteinbasierten Wirkstoffen, etwa Antikörpern. Werden Antikörper und Zytostatikum kombiniert, z.B. in Form von Antibody-Drug-Conjugates (ADCs), sind wesentlich zielgerichtetere Arzneimitteltherapien umsetzbar. Die Advanced Therapies ermöglichen indes einen personalisierten Ansatz, der auf dem eigenen Verteidigungsmechanismus des menschlichen Körpers basiert und das Immunsystem auf die Bekämpfung vorhan- dener Krebszellen trainiert, beispielsweise im Rahmen von Krebsimmuntherapien. i G A s o d e M © : o t o F D as gleichermaßen evolutionäre wie revolutionäre Potenzial der unter dem Begriff „Advanced Therapies“ subsumierten Therapieansätze wird vor allem bei Betrachtung eines größeren Zeit- horizonts deutlich. Vor vielen Jahrhunder- Abb. 1: Behandlungsarten in der Onkologie auf dem Weg zu personalisierten neuartigen Therapien Strahlentherapie Zielgerichtete Therapie Neuartige Therapien 1900 1940 1980 2010 2020 Chemotherapie Immuncheckpointinhibitoren individualisiert zu personalisiert Quelle: Frontiers: Evolution of Cancer Pharmacological Treatments at the Turn of the Third Millennium 60 ls 03-2023 „Biotechnologie“ ZUM AUTOR Christoph Prußeit ist Apotheker und studierte Pharmazie an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Er startete seine Arbeit 2012 bei der BerlinApotheke Schneider & Oleski OHG (heute: MediosApotheke Anike Oleski e. Kfr.). Als spezi- alisierter Apotheker übernahm er dort unter- schiedliche Leitungspositionen und schließlich die Geschäftsführung eines Medios- Herstellbetriebs in Berlin. Seit Januar 2019 ist er als Vorstandsmitglied bei der Medios AG in Berlin tätig. In seiner Funktion als Chief Innovation Officer bei Medios verantwortet Prußeit unter anderem das Geschäftssegment Patientenindividuelle Therapien. Er verfügt selbst über umfangreiche Praxiserfahrung in der Herstellung patientenindividueller Therapien unter Einhaltung höchster Qualitätsstandards gemäß der Good Manufacturing Practice (GMP). Medios ist der führende Anbieter von Specialty Pharma Solutions in Deutschland und deckt dabei alle relevanten Aspekte der Versorgungskette in diesem Bereich ab: von der Arzneimittelversorgung bis zur Herstellung pati- entenindividueller Therapien einschließlich der Verblisterung. Im Mittelpunkt steht die optima- le Versorgung der Patienten über spezialisierte Apotheken.

Märkte & Technologien Das Potenzial der Advanced Therapies spiegelt sich auch in den entsprechenden Investitionen der Pharmabranche und dem Marktvolumen wider, das für 2026 global auf rund 30 Mrd. EUR geschätzt wird. Die weitere Zunahme ernsthafter Erkrankungen – bei zunehmender Präva- lenz ist beispielsweise bereits 1,5% der globalen Bevölkerung an Krebs erkrankt – und der gleichzeitig erhöhte ökonomische Druck auf Gesundheitssysteme weltweit stellen große Herausforderungen dar. Positive Entwicklung bei Gentherapien Der gentherapeutische Ansatz birgt eine Vielzahl an Möglichkeiten und hat derzeit den größten Anteil auf dem Markt für neu- artige Therapien. Sein klinischer Nutzen wurde mit der Zulassung mehrerer Gen- therapieprodukte überzeugend belegt. Es wird erwartet, dass sich im Jahr 2026 welt- weit rund 1.560 Gentherapeutika in der Von den derzeit getesteten Gentherapien haben die meisten die Phase der vorklini- schen Entwicklung erreicht, während sich einige Präparate mit Wirksamkeitsnach- weis bereits in der späten Phase der klini- Markt verfügbar sind. Fortschritt bei Zelltherapien Ebenfalls stark an Bedeutung gewonnen hat die Zelltherapie – insbesondere im Bereich der Onkologie, wo CAR-T-Zell- therapien bei der Behandlung bestimmter Blutkrebsarten bemerkenswerte Erfolge erzielen. Derzeit existieren weltweit rund 60 zugelassene Zelltherapien, während weitere rund 1.900 in der Entwicklungs- Abb. 2: Marktentwicklung bei neuartigen Therapien 30 Mrd. EUR 24 Mrd. EUR 19 Mrd. EUR 13 Mrd. EUR 16 Mrd. EUR 2022 23F 24F 25F 26F mRNA-Therapien Gentherapien Zelltherapien Quelle: Medios AG, Schätzwerte des Unternehmens 62 ls 03-2023 „Biotechnologie“ phase sind. Für 2026 wird mit insgesamt 3.390 Zelltherapien in der Entwicklungs- phase gerechnet. befanden, rechnen Experten damit, dass es 2026 mehr als doppelt so viele sein werden. : o t o F i G A s o d e M © Hoffnungsträger mRNA Auch die mRNA-Technologie ist für die personalisierte Medizin sehr vielverspre- chend, da sie unter anderem die Produktion von therapeutischen Proteinen in entarteten Zellen des Patienten ermöglicht. Der mRNA-basierte Ansatz kann in verschie- denen Anwendungsgebieten zum Einsatz kommen, z.B. in Form von Tumorvakzinen zur Bekämpfung von Krebs oder Impfungen gegen Infektionskrankheiten. Es wird erwartet, dass diese Technologie entscheidend für die zukünftige Gestal- tung neuartiger Therapien sein wird. Während sich 2022 noch ca. 280 mRNA- Therapien weltweit in der Vorbereitung Zukunftsaussichten Wenngleich neuartige Therapien ein (r)evolutionäres Potenzial bergen, sind für ein nachhaltiges Wachstum gewisse Herausforderungen zu bewältigen. Hohe Kosten für Forschung und Entwicklung, die Durchführung klinischer Studien und die Herstellung sowie Verabreichung dieser Therapien können einer breiten Akzeptanz hinderlich sein. Zudem sind die Gewährleistung einer langfristigen Sicher- heit und Wirksamkeit, das Entsprechen komplexer regulatorischer Anforderun- gen und die Einführung passender Kostenerstattungsverfahren weiterhin entscheidend für die Geschwindigkeit des Fortschritts im Bereich Advanced Therapies. Nicht zuletzt bedarf es auch versierter Experten, die über alle notwendigen Pro- duktionsvoraussetzungen und die Logis- tik für die Patientenversorgung verfügen. Sie sollten einerseits eine fundierte Erfahrung in der patientenindividuellen Herstellung von Infusions- und Injektions- arzneimitteln in kleinsten Chargen und - alisiertes Versorgungsnetzwerk aus betrieben und kooperierenden Spezial- apotheken besitzen. Nur damit lassen sich die großen Potenziale der neuen Therapieoptionen zeitnah in die Realität umsetzen.

Märkte & Technologien Key insights from this year‘s BCG report on revolutionary drug discovery molecular targets, increasing the probability of success in selecting promising lead structures and reducing the timeline and associated costs. How are AI-supported drug discovery methods adopted and how can the pharma/biotech industry and i nvestors capitalize on this fundamental change? A recent study provides answers. Analysing the use of AI across different therapeutic areas reveals a bias towards commercially attractive, well-validated or data-rich therapeutic areas, especially oncology (37%), COVID-19 (23%) and infectious disease (12%). panies; i.e. biotech companies which have built their value proposition primarily around AI tools and methods. process cases” offering value in the early phases of the drug discovery process (Fig 1, A.). - tions as a measure of the relative impact cases illustrates a clear bias in favour of AI applications to understand diseases and to facilitate small molecule drug dis- covery (AI use cases one and two). Approxi- mately 80% of all publications describing AI applications in drug discovery from 2018 to 2022 fall into these two categories, with annual growth rates of 54% and 25%, respectively. Although the absolute num- ber of publications for AI use in vaccine and antibody discovery and safety and toxicity applications (AI use cases three to number of publications are impressive (vaccines: 46%; antibodies: 51%; safety and toxicity: 23%), indicating AI’s expected future impact in these areas. ABOUT THE AUTHORS Dr Thomas Meier is managing partner at Viopas Venture Consulting. With offices in Basel, Zürich and Munich, the firm provides strategic, operational, business and finance advice to life sciences companies and investors. Dr Meier has an academic background in neurosciences and an extensive track record as an entrepreneur, CEO and board member. www.viopasventure.ch Dipl. Wirt.-Ing. Werner Böing is the CEO and a co-founder of evisory. The firm advises on strategy, business models, technology and other business matters in the field of digital health. Mr Böing served for over ten years on the Roche Diagnostics board and has a track record in technology and data- driven innovation. He is currently a member of multiple advisory and supervisory boards. www.evisory.ch m o c . e b o d a . k c o t s – f f o k n e d o r o G © : o t o F in machine R ecent progress in AI, with major advances learning, neural networks, deep learning and other areas, is anticipated to fundamen- tally change the landscape of drug dis- from 2018 to 2022, a recent comprehensive report commissioned by The Wellcome Trust and authored by the Boston Consulting Group (BCG report)1 describes how the value of AI in drug discovery can be unlocked. In this article, we summarize spur interest in this revolutionizing area of pharma research2. 1) “Unlocking the Potential of AI in Drug Discovery”, BCG Global, June 2023, and references cited therein: www.bcg.com/publications/2023/unlocking-the-potential- of-ai-in-drug-discovery 2) Disclosures: The authors emphasize that this manuscript extensively refers to and uses data, analyses, interpreta- tions and conclusions published in the BCG report; the authors have not conducted any independent research on this topic. Readers are advised to consult the original report for methodology, additional data and further discussion. 64 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Märkte & Technologien Interview mit Janik Jaskolski, Mitgründer und Geschäftsführer, Semalytix Über die Bedeutung von künstlicher Intelligenz (KI), Natural Language Processing (NLP), Large Language Models (LLMs) & Co. für die Lebenswissenschaften. Plattform Life Sciences mit Janik Jaskolski, Mitgründer und Geschäftsführer von Semalytix. m o c . e b o d a . k c o t s – k c o t s r r u M © : n o i t a r t s u l l I Herr Jaskolski, wie ist die Geschichte von KI und NLP in der Biotechnologie? In den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren waren KI und NLP noch junge Technologien mit begrenztem Nutzen für die Biotechnologie, die sich hauptsächlich sondere die Analyse von Patientenerfahrun- weiterzuentwickeln. Um den vollen Wert der gen verspricht, die jahrzehntelange Kluft KI in den Biowissenschaften auszuschöp- zwischen dem, was die Pharmaindustrie fen, müssen Wege gefunden werden, um so- entwickelt, und dem, was Patienten als Lebensqualität auswirkt und welche Ziele wohl die geltenden Datenschutz- bestimmungen als auch strenge Regulie- rungsstandards für die Gewinnung von sie wirklich erreichen wollen, zu minimieren. Erkenntnissen und Beweisen anzuwenden. Welche Vorteile bieten KI, NLP und LLMs in Life Sciences? Die Entwickler von Arzneimitteln können KI, NLP und LLMs sind kein Strohfeuer, „they are here to stay“! Oder nicht? KI, NLP und vor allem LLMs verändern die ein besseres Verständnis der Patienten in Lebenswissenschaften und ermöglichen eine stärker auf die Patienten ausgerichtete eine tiefere Analyse von bisher ungenutzten Gestaltung klinischer Studien umsetzen, Daten wie Patientenaussagen, klinischen bisher unbekannte unerfüllte Bedürfnisse Notizen und Forschungsdokumenten. Diese ermitteln und sogar die Wahrscheinlichkeit Technologien sind nicht nur auf dem Vor- der Zulassung von Arzneimitteln erhöhen, marsch, sondern führen uns in eine Zukunft indem sie zeigen, dass sie genau wissen, was der personalisierteren und prädiktiveren die anvisierte Patientengruppe wirklich - ren vom besseren Zugang zu Informationen, Gesundheitsfürsorge, die auf einem umfas- senden Verständnis sowohl strukturierter als auch unstrukturierter Daten beruht. auf grundlegende Datenanalysen und Vor- der einfacheren Erkennung von Wechsel- hersagen konzentrierten. Erst Mitte der wirkungen zwischen Medikamenten und 2000er-Jahre wurde damit begonnen, sie in der prinzipiell verbesserten Erkennung von Herr Jaskolski, vielen Dank für die interessanten Einblicke. größerem Umfang einzusetzen, um biologi- wichtigen Mustern in Labortests und klini- sche Daten zu untersuchen, Arzneimittelfor- schen Dokumenten. Das Interview führte Holger Garbs. meln zu verfeinern und molekulare Wirkun- gen vorherzusagen. Im Laufe der Zeit haben sich diese weiterentwickelt, nun helfen sie bei der Bewältigung komplexer Pro bleme Welche Herausforderungen sind damit verbunden? Um reale Patientenerfahrungsdaten aus wie der Analyse genetischer Informationen, sozialen und anderen Quellen für diese dem Aufspüren potenzieller Arznei- Zwecke zu nutzen, kämpft NLP noch immer mittelkandidaten und der wirtschaftlichen mit dem Verständnis nuancierter, mehrdeu- Erschließung der personalisierten Medizin. tiger oder schlecht strukturierter natür- licher Sprache. Daher ist es von entschei- Und wie gestaltet sich die aktuelle Situation? Heute hat die Entwicklung von KI, NLP und dender Bedeutung, überwachte KI-Modelle in Kombination mit generativen Modellen zu LLM die Biotechnologie wie auch die Arznei- verbinden, um die Wahrscheinlichkeit von mittelentwicklung bereits revolutioniert Halluzinationen in diesem sensiblen Bereich und ungeahnte Möglichkeiten eröffnet, zu verringern. Diese Modelle müssen einem Patientenerfahrungen durch die Analyse kontinuierlichen Lernprozess unterzogen verschiedener unstrukturierter Daten wie werden, um sich mit der Evolution der von Erfahrungsberichte von Patienten, klinische den Patienten verwendeten Sprache und Notizen und Feedback zu verstehen. Insbe- der Entstehung neuer verfügbarer Daten 66 ls 03-2023 „Biotechnologie“ ZUM INTERVIEWPARTNER Janik Jaskolski ist Mitgründer und Geschäftsführer von Semalytix, mit akade- mischem Hintergrund kognitiver Informatik. Er ist Thought Leader für KI-, NLP-, und LLM-Applikationen für patienten- fokussierte Medikamentenentwicklung. in

Standort Deutschland Bekenntnis zur Biotechnologie Gesundheits- und Wirtschaftspolitik ist gefordert: Deutschland muss als Biotechnologiestandort für Investitionen attraktiver werden Versorgungssicherheit ist keine Selbstverständlichkeit mehr. In der Vergangenheit gab es vermehrt Lieferengpässe bei Arzneimitteln, die Patientinnen und Patienten erheblich verunsicherten. Solche Engpässe könnten sich auch auf Therapien auswirken. Die Gesundheits- und Wirtschaftspolitik muss daher dringend handeln, um die Verfügbarkeit lebenswichtiger Medikamente zu gewährleisten. gut angelegt: In der über 40-jährigen Firmenhistorie musste Amgen noch nie einen Lieferengpass melden. Logistik Produktion und Logistik sind zentrale Faktoren im Amgen-Modell: Amgen hat ein Netzwerk aus hochqualitativen Produk- tionsstätten aufgebaut, in Form eigener Werke und solcher von sorgfältig ausge- wählten Partnern. Das gibt dem Unterneh- men die nötige Flexibilität. Es schafft die Grundlage dafür, dass Amgen vollständig getestete Produkte höchster Qualität je nach Bedarf ausliefern kann. Durch diese Back-up-Kapazitäten in Betrieb zu nehmen, um eventuelle Lieferschwierigkeiten eines Standorts zu kompensieren. Darüber ZUM AUTOR Manfred Heinzer ist seit September 2020 Vice President & General Manager der Amgen GmbH in München. Als führendes unabhängiges Biotechnologieunternehmen ist Amgen mit etwa 24.000 Mitarbeitern in rund 100 Ländern vertreten. Deutschland ist für Amgen außerhalb der USA der zweit- wichtigste Markt sowie ein wesentlicher Forschungsstandort. n e g m A © : o t o F A mgen-Studien zur Arzneimittelver- sorgung zeigen: Über die Hälfte (51%) der Patientinnen und Pati- enten, die regelmäßig verschreibungs- hat bereits die Erfahrung gemacht, dass ihr Medikament nicht lieferbar war. Aber auch Menschen, die nicht ständig auf Arz- neimittel angewiesen sind, verlassen die - schriebene Medikament. Seit 2019 ist deren Zahl um 10% auf 44% gestiegen.1, 2 Die Lie- ferengpässe bei Arzneimitteln bereiten den Deutschen große Sorge. Mehr als ein Drittel (36%) der Menschen in Deutschland befürchtet, dass die Arzneimittelversor- gung in den nächsten fünf Jahren nicht für 1) Amgen-Studie zum Biotechstandort und zur Arznei mittel- versorgung, Marktforschungsinstitut Toluna, April 2023. 2) Amgen-Studie zu Biosimilars und Versorgungs sicher- heit, Marktforschungsinstitut Toluna, Dezember 2019. 3) Amgen-Studie zur Wertigkeit von Gesundheit und innovativen Therapien, Marktforschungsinstitut Toluna, August 2022. alle sichergestellt ist.1 Dieser Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr (27%) gestiegen.3 Die Ursachen der fragilen Versorgungslage sehen die Befragten vor allem bei den Ein- sparmaßnahmen im Gesundheitssystem (47%) sowie bei den fehlenden Produk- tionsstandorten in Europa (46%).1 optimale Patientenversorgung haben. Das nehmen wir bei Amgen seit jeher sehr ernst: „Jede Patientin und jeder Patient, zu jeder Zeit“ – das ist unsere Maxime. Seit Jahrzehnten investieren wir in unsere Prozesse. Sie sind sehr komplex und berücksichtigen eine Vielzahl an mög- lichen Produktionsrisiken – seien es Naturkatastrophen, geopolitische Heraus- forderungen, Lieferantenprobleme oder weitere Risiken wie Cyberangriffe und Fäl- schungen. Zudem sind die Investitionen 68 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Standort Deutschland Vom Ringen und Springen der deutschen und europäischen Biopharmabranche Was sind die zurzeit wesentlichen Hürden der deutschen und europäischen Biopharmabranche – und wie könnten diese überwunden werden? Ein Dialog zwischen Dr. Sabrina Kuttruff-Coqui, CFO von AiCuris, und Dr. Thomas Taapken, CFO von InflaRx. Deutschland wird oft als „Land der Dichter und Denker“ be- zeichnet. Meiner Meinung nach ist das nicht nur historisch stimmig: Der weltweit bedeutsamste COVID-Impfstoff stammt schließlich von hier. Möglich wurde seine Entwicklung durch unser besonderes Mindset, aus dem Innovationen entstehen. Es ist eine Mischung aus Neugier, Kreativi- tät, kritischem Denken und Gründlichkeit. Die Grundlage dafür sehe ich in unserem exzellenten Bildungssystem und unseren renommierten akademischen Einrich- tungen. Richtig. Diese Ressourcen gilt es zu schätzen, zu schützen und zu fördern. Aber unsere „bürokratische Gründlichkeit“ hemmt unsere Innovati- onskraft teils erheblich. Damit wir hoch Deutschland ausbilden und danach halten können, müssen wir verschiedene Hürden Unsere ,bürokratische Gründlichkeit‘ hemmt unsere Innovationskraft teils erheblich. 70 ls 03-2023 „Biotechnologie“ funktionierende überwinden. Zum einen müssen wir sehr bedacht sein, die Qualität der naturwis- senschaftlich-technischen Ausbildung in Schulen und Universitäten zu bewahren und zu verbessern – die Konkurrenz schläft nicht! Zum anderen müssen wir aber auch die Anbindung der akademischen For- schung an die Industrie verbessern, um attraktive Perspektiven für Wissenschaft- ler anbieten zu können. Unternehmens- gründungen müssen stärker gefördert werden, beispielsweise durch Kurse für Gründer, Inkubatoren und Acceleratoren an akademischen Ein- richtungen sowie ein motivierendes Umfeld für junge Start-ups in diesem Bereich. Deshalb haben wir bei AiCuris den AiCubator ins Leben gerufen, um mit akademischen Gruppen schon ganz früh in Kontakt zu treten, sie zu un- terstützen und auch Zugang zu anderen Technologien zu bekommen. Was unser Unternehmen aber am meisten hemmt, sind die langwierigen und komplexen regulatorischen und bürokratischen Pro- zesse: Hier sind die USA unserer Erfah- rung nach schneller als Europa. Vor allem in Deutschland braucht man für viele Stu- dien neben der Genehmigung der Zulas- sungsbehörde und Ethikkommission auch eine der Strahlenschutzbehörde. Kommt man dann mit einer genehmigten klini- schen Studie zu den Studienzentren, trifft man auf eine erstaunliche Autonomie und komplexe Entscheidungsstrukturen – auf Ebene des Bundeslandes und der Klinik. Für einen Vertragsabschluss zwischen Zentrum und Sponsor bestehen deutliche Unterschiede im europäischen Vergleich: Frankreich benötigt dafür 24 bis 76 Tage, Deutschland mit 128 bis 298 Tagen mehr als viermal so lang. Wir haben den AiCubator ins Leben gerufen, um mit akademischen Grup- pen schon ganz früh in Kontakt zu treten, sie zu unterstützen und auch Zugang zu anderen Tech- nologien zu bekommen. Dr. Sabrina Kuttruff-Coqui, CFO, AiCuris Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel: Wir haben in der Hochzeit der Pandemie in den Niederlanden unsere COVID-Studie in einer Woche durch die Klinikverwaltung genehmigt bekommen – in Deutschland haben wir weitere fünf Mo- nate benötigt. Es müsste mehr um einfa- chere Lösungen gerungen werden. Wie vom Verband Forschender Arzneimittel- hersteller (vfa) vorgeschlagen, könnte man bei der Einrichtung von Studien- zentren vermehrt auf standardisierte Ver- träge zurückgreifen. Allein diese Ände- rung könnte mehrere Wochen Verhand- lungszeit einsparen.

LAB

Standort Deutschland Potenziale Was brauchen Biotech-Start-ups? Für die Translation ihrer Ideen fehlt es Biotechunternehmen in Deutschland teilweise noch an wichtigen Strukturen und Rahmenbedingungen. Hier gilt es, zu Ökosystemen wie in den USA oder in Israel aufzuholen. Start-ups aus den Lebenswissenschaften benötigen reichlich Unterstützung, um im hoch regulierten Gesundheitssystem erfolgreich zu sein und ihre innovativen Ideen im Life-Sciences-Bereich in den Markt zu bringen. Von Tatjana Kasper I n der Pre-Seed-Phase der Start-ups haben sich für uns drei Schwerpunkte dieser dringend benötigten Unterstüt- zung herauskristallisiert. - Das Experimentieren ist ein grundlegender, unverzichtbarer Prozess in der Wissen- schaft. Es ermöglicht uns, neue Ideen zu entwickeln, Hypothesen zu testen und bahnbrechende Lösungen zu entwickeln. Einer Sandboxumgebung kann hier die entscheidende Bedeutung zukommen: Sie schafft einen geschützten Raum, in dem Forschende bedenkenlos kreativ sein kön- nen. In dieser Umgebung werden Risiken akzeptiert und Fehler als Lernchancen betrachtet. Außeruniversitäre Beispiele für diesen experimentellen Ansatz sind das Gründerprogramm Entrepreneur First oder der Berliner Innovation Network for Advanced Materials e. V. (INAM) sowie das Programm BioMed X aus Heidelberg. Unabhängig vom Standort bleibt es weiterhin wichtig, die Produkt-Journey der Start-ups im nächsten Schritt zu verstetigen und zu konkretisieren. - rung und Hebung von Biotech-Start-ups im universitären und institutionellen Umfeld sind aus ökonomischer Sicht eine umfassende Potenzialanalyse und Aktivie- rung des Mindsets für den Transfer von - halb von Universitäten und Instituten ist enorm wichtig, um die Gründenden in jeder Phase der Vorgründung zu begleiten 74 ls 03-2023 „Biotechnologie“ und zu enabeln. Diesen Ansatz verfolgen wir über lokale Hubs in Göttingen und ebenso München: Es ist elementar, früh- zeitig in die unternehmerische Bildung von Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftlern zu investieren, wenn die Trans- lation von Ideen in den Markt funktionie- ren soll. Der Gedanke dabei ist, aus der deutschen Unternehmenstradition von Namen wie Siemens, ZEISS und Sartorius zu lernen und das wissenschaftliche sowie das unternehmerische Mindset zu fördern – frei nach der Maxime: „Mindset follows skillset.“ Unsere Erfahrung zeigt, dass erfahrene Mentorinnen und Mento- ren sowie Beraterinnen und Berater aus der Biotechbranche – vom CEO über den Syndikus bis zur Laborleiterin – wertvolle Ratschläge und Optionen aufzeigen kön- nen und so als Vorbild agieren. Kapitals Eines der größten Hindernisse für erfolg- reiche Ausgründungen eines Biotech- Start-ups ist der Bedarf an Kapital, sei es über öffentliche Fördermittel oder durch Private Equity. Insbesondere forschungs- intensive und hoch regulierte Ideen des klassischen Drug Development bringen einen hohen Kapitalbedarf mit sich – hin- gegen ist die Suche nach einem strate- gischen Investor, sobald die öffentlichen Fördermittel nicht geeignet und nicht aus- reichend sind, sehr zeitaufwendig. Somit sind auch die Befähigung der Gründen- den, einen starken Finanzierungsplan zu entwickeln, die Unwägbarkeiten und De-Risking-Szenarien einkalkuliert, sowie eine Grundüberzeugung für die Inves- torensuche als „Projekt ohne Ende“ not- wendig. Wichtig ist ebenso, dass bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Bewusstsein für eine realistische Ein- schätzung ihres eigenen Marktwerts bei der Investorensuche relevant ist. Getreu dem Motto „Nach dem Finanzierungs- closing ist vor dem Finanzierungsclosing“ ist es unabdinglich, als Start-up lieben zu lernen, ins Fundraising zu gehen. ZUR AUTORIN Tatjana Kasper, gelernte Bilanzbuchhalterin und studierte Betriebswirtin (B.A. Human Resour ces & Innovationsmanagement) an der Leuphana Universität Lüneburg, ist Ge schäfts- führerin sowohl der Life Science Valley GmbH als auch der Life Science Factory GmbH. Ihr Hauptziel besteht darin, Trans- lationen im Bereich Life Sciences bedarfs- gerecht zu unterstützen. Sie verfügt über ein- schlägige Entrepreneurship-Essentials-Expertise durch eine Zertifizierung an der Harvard Business School (Online). Sie ist Finanzexpertin und Businessgeneralistin mit dem Fokus auf der Schaffung von nachhaltigem Mehrwert. Sie verfügt über Erfahrungen im Bereich Inves tor Relations (SDAX), Finance, Business Develop- ment & Lean Project Management und ist be geistert davon, Potenziale zu heben und Men schen wie auch Organisationen weiter zu- entwickeln.

Standort Deutschland Kooperation Leipzigs Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI bringt innovative Therapien voran Die Medizin hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt – insbesondere im Bereich der Immuntherapien sowie der innovativen Zell- und Gentherapien. Diese vielversprechenden Therapieansätze sind in der Lage, bislang schwer behandelbare Krankheiten wirksamer anzugehen, teilweise sogar mit Potenzial zur Heilung. Doch zwischen Perspektive und Realität besteht eine wesentliche Hürde: Hohe Kosten und komplexe Zulassungsverfahren bremsen die breite Anwendung dieser Therapien. Eine Integration verschiedener Lösungen ebnen. Leipzig zeigt sich dabei als Vorreiter. Von Urs Moesenfechtel intensivere Zusammenarbeit und die nahtlose D erzeit treiben viele akademische Forschungseinrichtungen und phar- mazeutische Unternehmen die Ent- wicklung von Zell- und Gentherapien (ZGT) voran: Denn diese gelten nicht nur als zukünftige „Wunderwaffe“ gegen Krebs, sie könnten auch für zahlreiche Erbkrank- heiten zum Gamechanger werden. Jüngst entwickelte gentherapeutische Arzneimit- tel nutzen beispielsweise adenoassoziierte Viren (AAV), die selbst keine Krankheiten verursachen, aber defekte menschliche Gene durch funktionale Gene ersetzen. A llein diese Art ZGT könnte gemäß Annahmen zur Behandlung von etwa 7.000 erblichen Krankheiten eingesetzt werden. - Doch wie bei den meisten modernen The- rapien ist der technische und personelle Aufwand, der für die Entwicklung, Zulas- Die Herstellungs kosten pro patientenindividuel- lem Zelltherapeutikum liegen zwischen 200.000 und 300.000 EUR. 76 ls 03-2023 „Biotechnologie“ m o c . e b o d a . k c o t s – a e d h s e r f i © : o t o F sung und Einführung von ZGT aufgebracht werden muss, enorm. Die Herstellungs- kosten pro patientenindividuellem Zell- therapeutikum liegen zwischen 200.000 und 300.000 EUR. Gentherapeutika für sehr seltene Erkrankungen liegen mit bis zu 2 Mio. EUR noch einmal deutlich darüber. Behandlungsmethoden wie Chemothera- pie oder die Stammzelltransplantation mit dauerhafter Immunsuppression sind zwar ähnlich zeit-, personal- und kostenintensiv – vor allem angesichts gesellschaftlicher Folgekosten wie Arbeitsausfällen und Gesundheitssystem bereits fest veran- kert. Dadurch stehen ZGT großen Bevölke- rungsgruppen noch nicht zur Verfügung. ZGT wären wirtschaftlich konkurrenz- fähiger, würden der Zeitaufwand und die damit verbundenen Kosten für die Grund- lagenforschung, die frühe Medikamenten- entwicklung, GLP-Studien, Präklinik, Her- stellung von Prüfmustern, klinische Prü- fungen und kommerzielle Anwendungen optimiert. Das ließe sich durch eine bessere Verzahnung und ganzheitliche Integration dieser Elemente an einem Ort bzw. aus einer Hand erreichen. Bisher ist aber ein Ineinandergreifen, besonders in Europa, eher die Ausnahme solches

Standort Deutschland Innovation mit Tempo – Bayern zeigt sein Potenzial Die Biotechnologiebranche hat in den letzten 25 Jahren in Deutschland und weltweit einen beispiellosen Wandel durchlaufen. Im digitalen Zeitalter und mit neuen Technologien geht es in rasantem Tempo weiter. Gerade Bayern zeigt auf diesem Gebiet weiterhin enormes Potenzial. Von Prof. Dr. Ralf Huss der Verarbeitung und Nutzung großer Datenmengen neue Wege in der Patienten- versorgung. Das aufstrebende Münchner Start-up deepc widmet sich der verbesserten bild- gebenden Diagnostik und hat eine ent- sprechende Software entwickelt. Diese soll Radiologen dabei unterstützen, auch komplexe Diagnosen schneller und KI- assistiert zu stellen. Die klinische Anwen- dung einer solchen „Unterstützungssoft- ware“ ist komplex. Für ein Unternehmen ist es durchaus anspruchsvoll, den jeweils zieren und schließlich zu validieren, um heitsdienstleistungen erbracht werden, grundlegend verändern. Diese digitale Transformation ermöglicht eine präzisere Diagnostik, personalisierte Therapie- m o c . e b o d a . k c o t s – t e r o c e d s © : o t o F E ine der bemerkenswertesten Ent- wicklungen der letzten Jahre ist der Gentherapien nach vielen Jahrzehnten Aufstieg der Immun-, Zell- und Forschung und Entwicklung. Diese Ansätze ansätze und eine engere Patientenbe- haben die medizinische Landschaft grund- treuung. legend verändert. Aktuell repräsentieren sie auch klinische Meilensteine in der personalisierten Medizin, gezielt und Automatisierte Diagnostik Eine wichtige Rolle bei der rechtzeitigen effektiv gegen schwere Erkrankungen bei Entdeckung und Behandlung von Krank- P atienten vorzugehen. heiten spielt eine intelligente Diagnostik. All diese Errungenschaften werden In den letzten Jahren hat sich diese Diszi- begleitet und beschleunigt durch die fort- plin zu einer mehr und mehr datengetrie- schreitende Digitalisierung. Sie hat in der benen Wissenschaft entwickelt. Eine Medizin bereits einen tiefgreifenden Wan- daten- und algorithmusgestützte Diagnos- del herbeigeführt und wird diesen noch tik ermöglicht eine präzisere Charak- weiter ausbauen. Durch die zunehmende terisierung von Gewebeproben und Bild- Integration von künstlicher Intelligenz, informationen und unterstützt so die Big-Data-Analysen und natürlich auch Entwicklung auch individueller Therapie- telemedizinischen Lösungen wird sich ansätze. Somit eröffnet die enge Verknüp- besonders die Art und Weise, wie Gesund- fung von Pathologie und Radiologie mit ZUM AUTOR Seit 1. Januar 2023 ist Prof. Dr. Ralf Huss neuer Geschäftsführer der BioM Biotech Cluster Development GmbH. Der Patho- loge verfügt über langjährige Erfahrung sowohl in der akademischen Forschung als auch in internationalen Pharmaunter neh- men. Neben den Schwerpunkten Immu- nologie sowie Krebs- und Stammzell- forschung setzt Prof. Dr. Huss auf die Digitalisierung in der Medizin. So war er zuletzt als stellvertretender ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Augsburg auch Direktor des Instituts für Digitale Medizin (IDM). 78 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Der Life Science Hub Mainz Mit einem modernen Campus investiert die Stadt in die Zukunft und stärkt den Life Science Hub Mainz. In verkehrsgünstiger und stadtnaher Lage stehen Flächen bereit. Dort können sich Start-ups, Unternehmen und Forschungsrich- tungen gründen und ansiedeln. Ingelheim am Rhein Wiesbaden Mainz Bingen am Rhein R h e i n Haupt- bahnhof Mainzer Dom Frankfurt am Main Flughafen Frankfurt Darmstadt Kurz bis mittelfristig verfügbare Areale Campus von Uni, Unimedizin und Hochschule Perspektivische Areale Bahn/Straßenbahn Kaiserslautern Autobahn Mannheim Ludwigshafen Heidelberg Weitere Entwicklungsperspektive

Standort Deutschland Interview mit Steffen Schuster, CEO, ITM Die Welt der Radiopharmazie ist eng mit ITM Isotope Technologies Munich SE (ITM) verbunden. Das bedeutende Wachstum dieses Sektors in den letzten Jahren ist wesentlich auch dem Engagement dieser privat geführten Unternehmensgruppe zuzuschreiben. Wir sprachen mit CEO Steffen Schuster über sein Engagement für ITM und die zukünftigen Entwicklungen des Weltmarktführers aus Bayern. Kann denn mit den von ITM entwickelten Radionuklidtherapien eine vollständige Remission erreicht werden? Unser Anspruch ist, Patientinnen und Patienten vollständig zu heilen, und einige Beispiele zeigen bereits, dass das möglich ist. Aber wir können kein Heilsversprechen abgeben. In den allermeisten Fällen kommt der Krebs irgendwann wieder. Eine Therapie mit einem zielgerichteten Radio- pharmazeutikum, z.B. auf Basis des Radio- nuklids Lutetium-177, lässt sich aber auch ZUM INTERVIEWPARTNER Steffen Schuster ist seit Dezember 2011 Chief Executive Officer der ITM Isotope Technologies Munich SE. Während seiner Zeit bei ITM hat er die Entwicklung und Produktion von medizinischen Radioisotopen und Radiopharmazeutika international stark ausgebaut und ITM erfolgreich von einem reinen Radioisotopenhersteller zu einem globalen Biotechnologie- und Radio phar- ma zieunternehmen geführt. Vor seiner Tätigkeit bei ITM war Schuster als General Partner bei TVM Capital sowie als Finanzvorstand der börsennotierten cycos AG tätig. E S i h c n u M i l s e g o o n h c e T e p o t o s I M T I © : o t o F Herr Schuster, der ITM-Claim lautet „Passion for Precision“. Was bedeutet er Ihnen? In meinem früheren Berufsleben durfte ich mich mit vielen spannenden Dingen im Venture-Capital-Bereich beschäf- tigen – Software, Hardware, Semicon- ductors ... Bis mir jemand etwas zeigte und sagte: „Schau mal, was die da in Mün- chen machen: linkes Bild: 42 Metastasen, rechtes Bild: alle Metastasen weg. Keine Chemo- und keine Immuntherapie, das ist was völlig anderes – zielgerichtete Radio- nuklidtherapie!“ Alles, was ich bis dahin weniger relevant. So bin ich 2011 zu ITM gekommen und arbeite seither mit Leiden- schaft daran, dass Krebspatienten besser und länger leben können. Unser Therapieprinzip basiert auf einem Targeting-Molekül, das mit einem Radionuklid gekoppelt wird und als Radio- pharmazeutikum zielgerichtet einzelne Tumorzellen adressieren kann. Damit erreichen wir eine sehr präzise Tumor- behandlung. Die Herstellung dieser ziel- gerichteten Therapie ist hier allerdings nicht marginal. Es müssen dabei zwei sich widersprechende Ansätze miteinander „verheiratet“ werden: die Richtlinien für die GMP-Produktion der „Pharmawelt“, bei der man mit Unterdruck arbeitet, und die Gegebenheiten der „Strahlenschutz- welt“. Bei der Herstellung von medizi- nischen Radionukliden wird nämlich Überdruck benötigt. Das widerspricht sich natürlich auf den ersten Blick. Um diese beide Welten miteinander verbinden zu können, bedarf es äußerster Präzision. Das ist auch Teil meiner Arbeit – mit Präzi- sion daran zu arbeiten, das richtige Umfeld dafür zu schaffen. 82 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Standort Deutschland E S i h c n u M i l s e g o o n h c e T e p o t o s I M T I © : n o i t a r t s u l l I Heilungschancen mit zukünftigen Therapien, die z.B. auf dem energiereicheren Alpha- strahler Actinium-225 basieren, noch weiter erhöhen lassen, ist noch Spekulation. Vor wenigen Monaten eröffnete ITM die weltweit größte Anlage zur Produk- tion von Lutetium-177. Ein Gramm des radioaktiven Isotops wird dort nun pro Jahr hergestellt. Wie viele Patienten können mit diesem Gramm versorgt werden? Mehrere Hunderttausend Patientinnen und Patienten weltweit pro Jahr, je nach Erkrankungsphase und konkreter Thera- pieform. Mit unserem neuen Werk wollen wir die Lutetium-177-Mengen stetig erhö- hen, sodass wir zukünftig Patientendosen im Millionenbereich bereitstellen können. Bereits jetzt sind mehrere Therapiean- sätze auf dem Markt verfügbar, die auf Radionukliden basieren. Weitere kommen derzeit hinzu, beispielsweise im Bereich der Prostatabehandlung. Daher gehen wir auch von einem zukünftigen immensen Wachstumsmarkt aus. Laut Prognosen wird der weltweite Onkologiemarkt von 286 Mrd. USD im Jahr 2021 auf etwa 600 Mrd. USD im Jahr 2031 anwachsen und der Anteil von Radiotherapeutika daran bis zum Jahr 2031 um das Zwanzigfache ansteigen und etwa 25 Mrd. USD aus- machen. Dieser prognostizierte Anstieg wird vor allem darauf zurückgeführt, dass wir unsere Kapazitäten zur Herstellung von Lutetium-177 ausbauen. Das bedeutet: Wir besitzen die zentrale Industriepositi- on, die dieses Wachstum überhaupt erst ermöglicht. Wir sind Teil einer Entwick- lung, die wir maßgeblich selbst befördern und die zu diesen positiven Steigerungen führen wird. Zudem entwickeln wir neue Targeting-Moleküle, neue Zielstrukturen und bringen dadurch neue Medikamente auf den Markt. Wir haben erforschen ls 84 03-2023 „Biotechnologie“ mehrere vielversprechende Kandidaten in der Pipeline, die beispielsweise gegen Glioblastome oder Prostatakrebs einge- setzt werden sollen, und wir können neben Lutetium auch Actinium und weitere Radionuklide einsetzen, je nach Indikation. Das Thema Radiopharmazeutika erfreut sich einer enormen Aufmerksamkeit; es herrscht ein regelrechter Hype um diesen Markt. Dabei steht dieser Markt erst am Anfang. Den Sie nun über das neue ITM-Werk in Neufahrn bedienen. Welche Bedeutung hat der Standort Deutschland für Ihr Unternehmen? Der Standort Deutschland hat eine im- mense Bedeutung für uns als pharmazeu- tisches Biotechunternehmen und die Medikamentenherstellung. Insbesondere im Bereich der Radiopharmazeutika nimmt Deutschland weltweit eine Spitzen- position ein. Es stammt z.B. ein PSMA- Molekül vom Deutschen Krebsforschungs- zentrum in Heidelberg. Wir verfügen hier in Deutschland über zahlreiche Pioniere und Experten in der Nuklearmedizin. Deutschland ist unser vorrangiger Stand- ort und wird es daher auch in den kom- menden Jahrzehnten bleiben. Dennoch hat ITM erst kürzlich ein Head- quarter in Princeton eröffnet und ein Lieferabkommen mit POINT Biopharma Global abgeschlossen. Ist Neufahrn nur ein Modell für künftige, umfangreichere Vorhaben Ihres Unternehmens, die dann jedoch nicht mehr am Standort Deutsch- land realisiert werden? Wir schließen zusätzliche Produktions- kapazitäten im Ausland nicht aus – schließlich kommt es beim Versenden von Lutetium-177 aufgrund seiner kurzen Halb- wertzeit stets zu Aktivitätsverlusten, und unser Hauptanliegen ist ja, unsere Medi- kamente direkt und schnell zu den Patien- tinnen und Patienten zu bringen. Daher werden wir zukünftig auch in den USA eine zusätzliche Produktionsstätte etablieren. Wir setzen grundsätzlich auf die Erweite- rung unserer Kapazitäten. Gegenwärtig antworten wir jedoch auf die wachsende Nachfrage mit dem Standort in Neufahrn. Unsere dortigen Produktionskapazitäten und unser globales Logistiknetzwerk ermöglichen es uns, den von uns prog- nostizierten weltweiten Bedarf an Lutetium-177 zumindest für die kommen- den Jahre zu decken. Die Eröffnung unseres Standorts in Princeton verein- facht unseren Zugang zum Markt in den USA, der unser wichtigster Einzelmarkt ist. Um unsere Medikamente in den Markt zu bringen, bauen wir dort gerade die Funktionen Sales, Market Access und Medical Affairs auf. Planen Sie für Ihre weitere Unterneh- mensentwicklung eine weitere Kapital- erhöhung, z.B. durch einen Börsengang? Dank der starken und erfahrenen Inves- toren, die bei uns bereits an Bord sind, für die kommenden Jahre. Private Equity erleichtert uns das Geschäftsleben wesentlich – im Vergleich zu den - bunden sind. Wir sind also nicht zu einem IPO gezwungen, könnten es aber durch- aus umsetzen. Das ist eine recht luxuriöse Situation. Welche Entwicklungen stehen bei ITM an? Unsere Radioisotopenplattform haben wir durch Lutetium, Gallium, Terbium, Actini- um und weitere laufende Projekte bereits gut etabliert. Unsere Medikamentenent- wicklung ist in vollem Gange und unsere umfangreiche und vielseitige Pipeline wird kontinuierlich ausgebaut. Unser umzusetzen, Innovationen voranzutreiben und neue Targeting-Moleküle mit diesen Radioisotopen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Wir streben an, auch weiterhin auf dem Gebiet der Radio- pharmazeutika eine führende Position einzunehmen. Herr Schuster, herzlichen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Urs Moesenfechtel.

Sonderwerbeform Steckbriefe Who is Who in Life Sciences 33 Branchenplayer stellen sich vor Mit dem Who is Who „baut“ die Plattform Life Sciences eine Brücke zwischen den Life Sciences und dem Kapitalmarkt. In Form von standardisierten Fragebögen bieten die Steckbriefe Informationen für eine erste Kontaktaufnahme. Weitere Branchenplayer entdecken Sie hier: Börsennotierte Unternehmen Abivax Evotec SE Formycon AG Immunic Therapeutics S. 87 S. 87 S. 88 S. 88 BioPark Regensburg S. 94 Innovations- und Gründerzentrum S. 95 Baker Tilly Blättchen Financial Biotechnologie (IZB) Weinberg Campus Accelerator S. 95 Technologiezentren & Acceleratoren Corporate-Finance-Berater/ Anwälte/Weitere Berater Advisory GmbH COHESION BUREAU Viopas Venture Consulting GmbH WALLINGER RICKER SCHLOTTER TOSTMANN WTS Advisory S. 101 S. 101 S. 102 S. 102 S. 103 S. 103 Nicht-börsennotierte Unternehmen Investoren & Förderbanken Amgen GmbH BioLizard nv c-LEcta GmbH FGK Clinical Research GmbH Galimedix Therapeutics, Inc. Mallia Therapeutics GmbH Rentschler Biopharma SE Secarna Pharmaceuticals GmbH & Co. KG Semalytix sterna biologicals GmbH T-CURX GmbH S. 89 S. 89 S. 90 S. 90 S. 91 S. 91 S. 92 S. 92 S. 93 S. 93 S. 94 Bayern Kapital GmbH High-Tech Gründerfonds NRW.BANK MIG Capital AG (MIG) Cluster & Wirtschaftsförderer BioM Biotech Cluster Development GmbH S. 96 S. 96 S. 97 S. 97 S. 98 biomindz Standortentwicklungs- S. 98 gesellschaft Mainz mbH biosaxony e.V. Cluster Gesundheitswirtschaft S. 99 S. 99 Berlin-Brandenburg – HealthCapital Life Science Nord S. 100 Steckbriefe sind eine Sonderwerbeform. Für den Inhalt ist allein der Inserent verantwortlich. Es fand keine redaktionelle Prüfung statt. Unsere Life-Sciences-Plattform lebt vom Netzwerk und vom Austausch. Sprechen Sie Ihre Partner von morgen an! DAS WHO IS WHO der Plattform Life Sciences im Internet: ls 86 03-2023 „Biotechnologie“

Börsennotierte Unternehmen Formycon ist ein führender konzernunab- hängiger Entwickler qualitativ hochwer- tiger biopharmazeutischer Arzneimittel, insbesondere Biosimilars. Dabei fokussiert sich das Unternehmen auf Therapien in der Ophthalmologie, Immunologie und Immun-Onkologie sowie auf weitere chronische Erkrankungen. Mit seinen Biosimilars leistet Formycon einen be- deutenden Beitrag, um möglichst vielen Patienten den Zugang zu wichtigen und bezahlbaren Arzneimitteln zu ermöglichen. Derzeit hat Formycon sechs Biosimilars in der Entwicklung. Immunic ist ein Biotechnologieunternehmen, das selektive, oral verfügbare Therapien zur Behandlung chronischer Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen entwickelt. (IMU-838), poten- ter Aktivator des Nukleären Rezeptors 1 (Nurr1) und Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH)-Inhibitor, wird als Behandlungs- option der nächsten Generation für Multiple Sklerose (MS) und andere chronisch-entzündliche Autoimmunerkran- kungen entwickelt. IMU-856 könnte einen einzigartigen Behandlungsansatz für Pati- enten mit Magen-Darm-Erkrankungen darstellen, da der Wirkmechanismus auf die Regeneration der Darmwandarchitektur und die Wiederherstellung der Darmbarriere- funktion abzielt und gleichzeitig die volle Immunkompetenz aufrechterhält. IMU-381 ist ein Molekül der nächsten Generation, das speziell auf die Bedürfnisse von Magen- Darm-Erkrankungen zugeschnitten ist. ls 88 03-2023 „Biotechnologie“ Formycon ist in der Lage, die Wertschöpfungskette von der frühen Analytik über die technisch-pharmazeutische Entwicklung und klinische Studienphasen bis zur Erstellung & Einreichung der Zulas- sungsunterlagen abzudecken. Eigentümerstruktur 54% Ankerinvestoren (ATHOS KG, Active Ownership Capital, Wendeln & Cie. KG, DSP), 6% Gründer & Management, 40% Streubesitz (nach eigener Einschätzung) Partner Formycon verfolgt das Ziel, die Biosimilar-Kandidaten eigenständig bis in marktnahe Entwicklungsstadien zu entwickeln und sie dann zur globalen Vermarktung vollständig oder teilweise in Kom- merzialisierungspartnerschaften zu überführen. Die Projekt- und Kommerzialisierungsrechte für FYB206, FYB208 und FYB209 liegen vollständig bei Formycon. Für FYB202 wurde eine globalen Kommer- zialisierungspartnerschaft mit Fresenius Kabi abgeschlossen. FYB203 GmbH. An dem bereits zugelassenen Biosimilar FYB201, das von Coherus BioSciences, Inc. in den USA und von Teva Pharmaceutical Industries Ltd. in der EU und weiteren Territorien vermarktet wird, ist Formycon zu 50% beteiligt. Formycons Entwicklungspipeline umfasst neben dem bereits in den USA, der EU und in UK zugelassenen FYB201 (Referenzpro- dukt Lucentis®) die spätphasigen Biosimilar-Kandidaten FYB202 (Referenzprodukt Stelara®) und FYB203 (Referenzprodukt Eylea®). FYB206 (Referenzprodukt Keytruda®) sowie die beiden bislang unveröffentlichten Biosimilar-Kandidaten FYB208 und FYB209 Immunic Therapeutics Immunologie Chronische Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen Notiert am Nasdaq Stock Market (Nasdaq: IMUX) Partner Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl für Pharma- zeutische und Medizinische Chemie, Prof. Dr. Daniel Merk City of Hope, Kalifornien, USA, Department of Molecular Imaging & Therapy, Prof. Dr. Zuoming Sun Universitätsklinikum Erlangen, Virologisches Institut – Klinische und Molekulare Virologie, Prof. Dr. Manfred Marschall - förmiger MS und Phase-2-Studie in progressiver MS laufend IMU-856: positive Ergebnisse aus Phase-1b-Studie in Zöliakie: Verbesserung der Pathophysiologie hinsichtlich Histologie, Krank- heitssymptomen, Biomarkern und Nährstoffaufnahme; erster klinischer Wirksamkeitsnachweis für neuen Therapieansatz für Magen-Darm-Erkrankungen IMU-381: in der präklinischen Entwicklung Alleinstellungsmerkmale Entwicklung von selektiven Therapien, die eine verbesserte Wirksamkeit, Sicherheit und Selektivität aufweisen Vidofludimus Calcium kombiniert entzündungshemmende, antivirtale und neuroprotektive Eigenschaften mit einem vorteilhaften Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil; daher Potenzial für medizinische Vorteile gegenüber derzeit zu- gelassenen MS-Medikamenten Fraunhoferstr. 15 82152 Martinsried/Planegg +49 89 86 46 67-100 / -110 E-Mail ir@formycon.com X: @formycon LinkedIn: formycon Xing: formyconag www.formycon.com 230 Mitarbeitende Sonstiges Formycon ist Mitglied in folgenden Netzwerken/ Vereinen: UN Global Compact, Medicines for Europe, BIO Deutschland Lochhamer Schlag 21 Telefon +49 89 2080 477 00 E-Mail info@imux.com LinkedIn: immunic-therapeutics X: @ImmunicInc Facebook: ImmunicInc YouTube: Immunic Therapeutics www.imux.com 2016/80 Dr. Daniel Vitt, CEO and President Jessica Breu, Head of IR and Communications

Nicht-börsennotierte Unternehmen c-LEcta GmbH c-LEcta uses its proprietary technology platform ENESYZ® to deve- lop customized enzymes and microbial production strains that meet the requirements of a wide variety of manufacturing processes in industry. Kerry Group Partners DSM, BASF, novozymes, Roche, symrise New enzyme products are developed at c-LEcta using the company‘s unique technology platform, ENESYZ. The heart of the cient and targeted engineering of enzymes. Our enzyme products are used in the pharmaceutical industry as processing aids for the production of biopharmaceuticals and vaccines or as biocatalysts for the production of active chemical ingredients. For the food industry we provide enzymes for pro- duction of food ingredients and additives or as process aids in the production of foods and beverages. amfep, BIO Deutschland e.V., Vereinigung deutscher Biotechnologie- Unternehmen (VBU), Bio Saxony e.V. FGK Clinical Research GmbH Contract research organization offering a complete range of clinical development and consulting services to biotech, medical device and pharmaceutical companies. Partners We work with a network of carefully selected companies to comple- ment our own services. This allows us to operate across borders and provide services required for drug development and performance of multinational clinical trials. We are also able to offer eSolutions. Services - Regulatory Affairs - Project Management and Monitoring - Medical Safety/Pharmacovigilance - Data Management, eSolutions - Biostatistics and Programming - Medical Writing - Quality Assurance Unique Selling Point As an owner-driven CRO for more than 20 years, we are specialized in the collaboration with biotech and medical device companies. rience of staff members stay at FGK in the long run. BVMA, Bio Deutschland, ImmPact Bavaria Perlickstraße 5 04103 Leipzig, Germany Telephone +49 341 355 2140 E-Mail contact@c-lecta.com LinkedIn: c-lecta-gmbh Twitter: @cLEcta www.c-lecta.com 2004/125 Thomas Pfaadt CFO Heimeranstr. 35 80339 Munich Germany +49 89 893 119-0/-20 E-Mail info@fgk-cro.com fgk-cro.com 2002/approx. 230 FGK Management Team c-LEcta is a global biotechnology company spe- cializing in the development, production and distribution of enzyme products. The company uses world-class enzyme engineering and pro- duction technologies to provide its partners in the food and pharmaceutical industries with su- perior biotechnological solutions for innovative industrial applications. Product development is based on the proprietary enzyme technology platform ENESYZ® and is carried out both in- house and in close cooperation with industry partners worldwide. c-LEcta supplies its pro- ducts to more than 400 customers in over 40 countries. Since 2022 c-LEcta is part of the Kerry Group. Kerry is the world’s leading taste and nutrition partner for the food, beverage and pharmaceutical markets. The company employs 22,000 people across over 150 locations and uses its broad range of ingredient solutions to innovate with its customers and create great tasting products, with improved nutrition and functionality, while ensuring a better impact for the planet. FGK Clinical Research GmbH is a Europe- based Contract Research Organization with Hungary. We provide full service for Phase I–IV clinical studies. Our international client base includes biotechnology, medical device and pharmaceutical companies. FGK has the right size to handle multi-country, multi- center studies with hundreds of patients or single country studies with a few patients, but is still small enough to guarantee a per- sonal service to the sponsor. With our 230 - latory experts, we have all the knowledge and experience to guide our clients through the clinical trial process, from planning and ls 90 03-2023 „Biotechnologie“

Nicht-börsennotierte Unternehmen Rentschler Biopharma SE Full-Service-Dienstleistungsunternehmen vom Konzept bis zum Markt, Prozessentwicklung und Produktion von Biopharmazeutika Unabhängiges, international tätiges Familienunternehmen Strategische Allianzen Leukocare AG, München, DE Vetter, Ravensburg, DE Rentschler Biopharma SE Erwin-Rentschler-Str. 21, 88471 Laupheim, Germany Rentschler Biopharma Inc., Milford, USA Rentschler ATMP Ltd., Stevenage, UK Technologie Säugetierzellkultur in Edelstahlbioreaktoren bis 3.000 L und Single- Use-Bioreaktoren bis 2.000 L Telefon +49 7392 701-0 Zelllinien-, Prozess- und Formulierungsentwicklung, Analytik- Entwicklung und Testung, GMP-Produktion, begleitende Bera- tungsleistungen sowie Regulatory Support Alleinstellungsmerkmale Biotechnologie-Pionier mit knapp 50 Jahren Erfahrung in Ent- wicklung und Produktion von Biopharmazeutika, 100% Fokus auf Kundenprojekte, best-in-class Formulierung im gesamten Herstel- lungsprozess berücksichtigt vfa bio, BIO Deutschland, BioPharma Cluster South Germany, MassBio E-Mail communications@rentschler-biopharma.com LinkedIn: Rentschler Biopharma SE www.rentschler-biopharma.com 1872/rund 1.200 Dr. Latika Bhonsle-Deeng, Sen. Dir. Corporate Communications Secarna Pharmaceuticals GmbH & Co. KG viral, neurodegenerative, neurodevelopmental, neuromuscular as well as cardiometabolic diseases. The Company has progressed programs have already reached clinical development stage. Secar- na plans to move selected in-house programs into IND-enabling studies and subsequently into clinical phase 1/2 studies by 2024 and is actively looking to partner further existing projects. Am Klopferspitz 19 82152 Planegg/Martinsried Telephone +49-89-215 46-375 E-Mail info@secarna.com Privately held. Secarna generates revenues from technology access fees, R&D funding, license fees, and milestone payments. LinkedIn: Secarna Pharmaceuticals Partners Secarna’s LNAplus™ platform and ASOs have been validated by in-house projects and in collaborations with top tier industry as well as academic partners. Partnerships include Denali Therapeutics, Inc., Evotec SE, Firebrand Therapeutics, Inc., Guangzhou Sun Yat- sen University (SYSU), Lipigon Pharmaceuticals AB and SciNeuro Pharmaceuticals. The Company‘s versatile business model is set to accommodate the best mix of in-house development and partner collaborations, addressing the core pillars of a successful partner- ship portfolio. Unique Selling Point Proprietary 3rd generation ASO platform LNAplus™ encompassing all aspects of drug discovery and pre-clinical development, proven - screening system, best-in-class high throughput screening and www.secarna.com 2015/17 Alexander Gebauer, MD, PhD, CEO & Managing Director Konstantin Petropoulos, PhD, MBA CBO & Managing Director Gemeinsam treiben wir Medizin voran, um Leben zu schützen. Rentschler Biopharma SE ist ein führendes Auftragsentwicklungs- und Produktions- unternehmen (CDMO) und ausschließlich auf Kundenprojekte fokussiert. Das Unter- nehmen bietet Prozessentwicklung und Produktion von Biopharmazeutika ein- schließlich Adenovirus-assoziierter-(AAV-) Gentherapien sowie damit verbundene Beratungsleistungen, Projektplanung und regulatorische Unterstützung an. Rentschler Biopharma ist ein unabhängiges Familien- unternehmen und beschäftigt etwa 1.200 Mitarbeitende am Hauptsitz des Unterneh- mens in Laupheim, Deutschland sowie einem zweiten Standort in Milford, MA, USA. Rentschler ATMP Ltd. mit Sitz in Stevenage, UK, ist auf Zell- und Genthera- pien spezialisiert. Secarna Pharmaceuticals is the leading independent European antisense oligo- nucleotide (ASO) drug discovery and development company. Secarna’s mission is to leverage its proprietary LNAplus™ ASO discovery platform to discover, re- addressing a variety of targets deemed un- druggable by current approaches to patients in need. Secarna seeks to estab- lish ASO therapeutics as the third pillar in drug development, next to small molecules and antibodies, and expand the universe of druggable targets. Combining technical excellence with antisense drug discovery and development expertise supported by a global network of highly recognized KOLs, Secarna is paving the path for a new gene- ration of ASO therapeutics. ls 92 03-2023 „Biotechnologie“ i l i e g o o n h c e t o B m u r t n e z r e d n ü r G d n u - s n o i t a v o n n I B Z I © : o t o F

Nicht-börsennotierte Unternehmen/Technologiezentren & Acceleratoren T-CURX GmbH T-CURX’ proprietary CAR-T solutions address market challenges (scalability, costs and turnaround), and maximize anti-tumor patients T-CURX is a privately owned company backed by several European institutions and industry partners. Partners T-CURX offers selected partners the opportunity to discover and develop additional therapies based on its proprietary technological platforms Non-viral Sleeping-Beauty transposon-based gene transfer offers 8 patent families for technology and pipeline best-in-class potential in different cancer indications (AML) including solid tumors Unique Selling Proposition Proprietary virus-free transposon-based CAR-T technology is less complex in manufacturing and results in lower COGS, short turn- around time and high scalability for larger cancer indications BioPark Regensburg Branchenschwerpunkte Biotechnologie, Medizintechnik, Pharma, Analytik, Gesundheit, Informationstechnologie, Sensorik, Energietechnik, Optik, Maschi- nenbau Welche Leistungen bietet Ihr Technologiezentrum? Startup- und Wirtschaftsförderung, internationales Standortmarketing (Messeauftritte und Delegationsreisen), Acclerator-Programm für Gründer, Einbindung in Branchenverbände, regionaler Lotsendienst und Partnering-Veranstaltungen, thematische Arbeitsgruppen, Cross-Clustering, Kinderbetreuung und Facility Management (S2-Labore, Werkstätten und Büros). 35 687 Precision Sensing GmbH, Fraunhofer ITEM, Tumorzentrum Regensburg BIO Deutschland e.V., Bundesverband Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzentren e.V. (BVIZ), Arbeitskreis Deutscher BioRegionen, Forum MedTech Pharma e.V., Cluster Biotechnologie Bayern, Businessplan Wettbewerb Nordbayern, Stadtmarketing Regensburg, Regensburg Business Development, Bayern International, Bayern innovativ, Invest-In-Bavaria Friedrich-Bergius-Ring 15 97076 Würzburg Am Klopferspitz 19 82152 Martinsried Telephone +49 931 250 99 712 E-Mail info@t-curx.com LinkedIn: T-CURX GmbH www.t-curx.com 2017/16 Dr. Ulf Grawunder, CEO Am BioPark 13 93053 Regensburg +49 941 920-460 / -4624 E-Mail info@biopark-regensburg.de LinkedIn: biopark-regensburg-gmbh XING: bioparkregensburggmbh YouTube: BioPark Regensburg www.biopark-regensburg.de 24.11.1998/13 Dr. Thomas Diefenthal, Geschäftsführer Dr. Ilja Hagen, Clustermanager Healthcare Regensburg T-CURX GmbH is a private German early- stage biopharmaceutical company focused on identifying, developing and commer- cializing next generation CAR-T cell thera- pies in cancer indications of high medical need. The Company´s proprietary CAR-T technologies were developed in the labs of co-founder Prof. Michael Hudecek at Universitätsklinikum Würzburg that are centered around a novel Sleeping Beauty (SB) Transposon system approach and are exclusively licenced to T-CURX. T-CURX has a development pipeline of 4 programs, development I), the 2nd CAR-T program (novel target) in AML is ready for clinical trial application. (Ph The application of its proprietary techno- logies will overcome limitations of current CAR-T cell therapies and lower complexi- ties and costs in manufacturing. In unmittelbarer Nähe zu zwei Hochschulen mit 33.000 Studenten und vier Kliniken mit 110.000 Patienten jährlich betreibt die Stadt Regensburg zwei Technologie- und Gründerzentren mit über 30.000 m2 Fläche, direkt an der Autobahn A3 gelegen. Neben Gründern, angesiedel- ten Firmen und außeruniversitären For- schungseinrichtungen haben hier vier nach der European Cluster Excellence ihren Sitz. Im BioPark Regensburg sind auf 18.000 m2 aktuell 35 Mieter mit 687 Beschäftigten aus den Bereichen Biotech, Medtech, Pharma und Analytik sowie der Gesundheitswirtschaft tätig. Von hier aus wird das Netzwerk BioRegio Regens- burg mit den Branchen Life Sciences und Healthcare mit insgesamt 66 Firmen und 5.340 Beschäftigten gesteuert. ls 94 03-2023 „Biotechnologie“

Investoren & Förderbanken Bayern Kapital ist die Venture-/Growth- Capital-Gesellschaft des Freistaats Bayern. Wir begleiten innovative High-Tech-Unter- nehmen im Freistaat über verschiedene Wachstumsphasen, von Seed bis Later Stage, mit Beteiligungskapital in Höhe von 0,25 bis 25 Mio. EUR. Bayern Kapital verwaltet spezialisierte Beteiligungsfonds mit einem Volumen von rund 700 Mio. EUR. Seit der Gründung 1995 wurden rund 475 Mio. EUR eigenes Beteiligungskapital in rund 300 Start-ups und Scale-ups aus Branchen wie Life Sciences, Software & IT, Werkstoffe & Neue Materialien, Nanotechnologie sowie Umwelttechnologie investiert. So sind in Bayern über 10.000 Arbeitsplätze dauerhaft in zukunftsfähigen Unternehmen entstan- den. Das aktive Portfolio umfasst derzeit knapp 100 Unternehmen. Der HTGF ist ein Seed-Investor für innova- tive Technologien und Geschäftsmodelle. Wir unterstützen erfolgreich die besten Gründerinnen und Gründer, deren Ideen ganze Industrien revolutionieren können und das Leben der Menschen verbessern. Von der Gründung bis zum Exit. seit 2005 am Markt 4 Fonds erfolg- reich initiiert > 300 Jahre Investmenter- fahrung sowie starke HighTech- und Grün- dungsexpertise im Team rund 1,4 Mrd. EUR under Management in rund 700 Start-ups investiert rund 5 Mrd. EUR Portfolio > 170 Exits ls 96 03-2023 „Biotechnologie“ Verwaltetes Kapital 700 Mio. EUR Early Stage Seedfonds: junge, bayrische Tech-Unternehmen, die am Anfang der Produktentwicklung stehen Innovationsfonds: innovatives Geschäftsmodell und eine inter- national skalierbare Wachstumsstrategie Innovationsfonds EFRE: junge, bayrische Tech-Unternehmen außerhalb von München, die ein neues Produkt und/oder Produktionsverfahren entwickeln oder die Markteinführung und Later Stage Wachstumsfonds: Unternehmen, die bereits eine Series-A-Finan- zierungsrunde abgeschlossen haben und im Anschluss weiteres Eigenkapital suchen Scale-Up Fonds: bereits erfolgreich etablierte, stark expandierende Tech-Unternehmen, die sich in einer kapitalintensiven Phase be- Beteiligungsvoraussetzungen Erfüllung der KMU-Kriterien Ein Innovationsvorhaben mit hohem F&E-Anteil muss in wesent- lichen Teilen vom Beteiligungsnehmer selbst in Bayern durchge- führt werden. Beteiligung grundsätzlich nur in Kooperation mit einem weiteren Beteiligungsgeber bzw. einem Coach Partner Bayern Kapital arbeitet mit allen anderen am Markt tätigen Angels etc.) sowie mit den Bundesinitiativen ERP-Startfonds der KfW/Coparion und dem High-Tech Gründerfonds zusammen. Verwaltetes Kapital Rund 1,4 Mrd. EUR under Management Wir investieren in Start-ups aus den Bereichen IndustrialTech, DigitalTech, Life Sciences und Chemie oder angrenzenden Geschäftsfeldern. Dein Start-up ist höchstens drei Jahre alt. Hauptsitz ist in Deutschland oder es gibt eine deutsche Betriebsstätte, wenn das Unternehmen im europäischen Ausland ansässig ist. Wir investieren bis zu 1 Mio. EUR in der Seedrunde. Insgesamt können wir über alle Finanzierungsrunden 4 Mio. EUR investieren. Unsere Start-ups werden Teil der #HTGFFamily – einem der stärksten Netzwerke im HighTech-Venture-Bereich. Wir verstehen uns als Plattform, die jungen Start-ups neben auf ihre individuellen Bedürfnisse. BioTech, ClimateTech, KI, Digital Health, IT- Infrastruktur und DeepTech. Bisher wurden mehr als 170 Exits erfolgreich realisiert. Ländgasse 135 a 84028 Landshut Telefon +49 871 92 32 50 E-Mail info@bayernkapital.de LinkedIn: bayern-kapital-gmbh www.bayernkapital.de 1995 Andreas Huber, und Senior-Beteiligungsmanager High-Tech Gründerfonds Management GmbH Standort Bonn Schlegelstr. 2 53113 Bonn Standort Berlin Münzstraße 15 10178 Berlin Standort München Werk 1.4, Am Kartoffelgarten 14 81671 München Telefon +49 228-82300-100 E-Mail info@htgf.de Facebook: HTGF.VC YouTube: HTGF.VC X (ehemals Twitter): HTGF LinkedIn: High-Tech Gründerfonds Instagram: htgf.vc www.htgf.de Wir sind Mitglied und/oder Partner zahlreicher Netzwerke und Organisationen. Außerdem veranstalten wir den HTGF Family Day (FD), Private Investor Circles (PIC) und verschiedene Pitch Days. 2005/mehr als 80

Cluster & Wirtschaftsförderer BioM Biotech Cluster Development GmbH BioM fördert die Biotechnologiebranche in München und Bayern. Dazu vernetzen und unterstützen wir alle relevanten Partner aus Wissenschaft, Medizin, Wirtschaft, Politik und Finanzierung. Partner BioM kooperiert eng mit Vertretern von Biotech- und Pharmaunter- nehmen sowie Dienstleistern, Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Kliniken, Technologietransferstellen, Investoren und der Politik und bringt diese vielfältigen Partner zusammen. Technologie Die Entwicklung innovativer Therapeutika, Diagnostika und der zugrundeliegenden Technologien, insbesondere in den Bereichen Immun-, Gen- und Zelltherapie und Digitalisierung, sind die Kernkompetenzen der Region. Coaching von Gründenden, Start-ups und KMU Vorgründungswettbewerb m4 Award Inkubator MAxL (Munich Accelerator Life Sciences & Medicine) Matchmaking, Networking und Partnering Vermittlung von internationalen Investoren und Industriepartnern Repräsentation der bayerischen Biotechnologie weltweit Jobbörse, Events, Fortbildungen, News, Report „Biotech in Bavaria“ Alleinstellungsmerkmale Mit über 500 Unternehmen im Biopharmasektor, weltweit renommier- ten Universitäten und Forschungseinrichtungen ist Bayern der führende Biotechnologiestandort in Deutschland. h c a l r ö G s a k u L © : o t o h P gesellschaft Mainz mbH Biotechnologie Life Science Pharma Personalisierte Medizin Diagnostik und Analytik Partner Landeshauptstadt Mainz TechnologieZentrum Mainz / Plattform Biotechnologie RLP MWG RLP MWVLW RLP / RLP.gold Biotechnologie-Akademie RLP Unterstützung bei Ansiedlungsinteresse – ca. 30 ha Ansied- Zugang zum Ökosystem und Vermittlung von Ansprechpartnern am Standort Internationales Standortmarketing Technologie Ein wesentlicher Schwerpunkt am Standort Mainz liegt in der medi- zinischen Biotechnologie, mit starkem Fokus auf der Immunologie, Onkologie und Alternsforschung sowie individualisierter Medizin und mRNA-Technologie. Alleinstellungsmerkmale Mainz überzeugt durch exzellente Forschung, hohe (über)regionale Vernetzung mit Life-Science-Unternehmen im Rhein-Main-Gebiet sowie zentraler Lage und optimaler Verkehrsanbindung an die Weltmärkte. Seit 25 Jahren ist BioM die Netzwerkor- ganisation der Biotechnologiebranche in München und Bayern und agiert im Auf- trag des Bayerischen Wirtschaftsministe- riums. BioM schafft ein einzigartiges Öko- system in Medizin und Biotechnologie als Grundlage für Innovation, Wachstum und Wertschöpfung in Bayern. Start-ups und Unternehmen der Biopharma- branche umfangreiche Services und eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten. Neben unserer maßgeschneiderten Bera- tung für Gründende unterstützen wir ausgewählte bayerische Start-up-Teams aus den Bereichen Life Sciences und Healthtech mit MAxL (Munich Accelerator Life Sciences & Medicine), unserem Inku- bator. MAxL bietet High-End-Infrastruk- tur, ein strukturiertes Inkubations- und Coaching-Programm sowie Zugang zum umfangreichen BioM-Netzwerk. Durch die Erfolge insbesondere in der Corona-Pandemie ist der Wissenschafts- und Biotechnologiestandort Mainz welt- weit in den Fokus gerückt. Die Stadt Mainz nutzt dieses Momentum gezielt und wird den Standort erfolgreich weiterentwickeln. Damit Startups und Unternehmen am Life-Science- und Biotechnologiestandort Mainz erfolgreich gründen und wachsen können, wurde mit der biomindz Stand- ortentwicklungsgesellschaft Mainz mbH eine Gesellschaft in kommunaler Hand gegründet. Ziel ist es, die Landeshaupt- stadt Mainz dabei zu unterstützen, sich zu einem international sichtbaren Biotech- nologiestandort weiterzuentwickeln. Unser Versprechen: In Mainz kann man erfolgreich forschen, gründen und nach- haltig wachsen – zum Wohle der Menschen! ls 98 03-2023 „Biotechnologie“ Am Klopferspitz 19a Martinsried 82152 Telefon +49 89 89 96 79-0 E-Mail info@bio-m.org LinkedIn: BioM Biotech Cluster Development GmbH X: @BioM_Munich YouTube: @BioMTV www.bio-m.org 1997/21 Sonstiges BioM – your gateway to the Bavarian biotech community Prof. Dr. Ralf Huss, Geschäftsführer, BioM Schillerplatz 18 55116 Mainz Telefon + 49 6131 126280 E-Mail info@biomindz.com LinkedIn: biomindz www.biomindz.com 2023/4 i i z d n m o b © Felix Wälder, Geschäftsführer biomindz Standortentwicklungsgesellschaft Mainz mbH : o t o h P

LSN initiiert strategische Projekte und unterstützt die Förderung von Unternehmen, Wissenschaft und Institutionen, um die Inno- vations- und Wettbewerbsfähigkeit der Region zu stärken. Mit einer Vielzahl eigener Events sowie nationalen und internatio- nalen Messebeteiligungen werden unterschiedliche Formate zum Austausch und Wissenstransfer entwickelt und umgesetzt. Der Einsatz zahlreicher Informationskanäle unterstützt die Sichtbarkeit und Positionierung der Unternehmen und Einrichtungen im In- und Beratungs- und Vernetzungsmöglichkeiten. Netzwerk Der Förder- und Industrieverein Life Science Nord e.V. ist das Rückgrat einer starken Branchenregion. Mit seinen über 280 Mitgliedern vertritt er die Interessen der Life-Science-Branche in Hamburg und Schleswig-Holstein. Neben einem breiten Spektrum aus global führenden Biotech- und Medtech-Unternehmen, einer in der LSN-Region vier große Forschungsfamilien, 14 Forschungs- einrichtungen, darunter weltweit Einzigartige wie das DESY, sowie acht Hochschulen und zwei der deutschen Top-10-Unikliniken. Arbeitskreis der BioRegionen BIO Deutschland e. V. Council of European Bioregions (CEBR) Nordic Mentor Network for Entrepreneurship (NOME) Programm „go-cluster“ TransferAllianz e.V. Cluster & Wirtschaftsförderer l l r e m o K n e t s r o T , e t r e o K a n i t s i r h C : d r o N e c n e c S e f i L © i : o t o F Life Science Nord (LSN) ist das länder- übergreifende Branchennetzwerk für die industrielle Gesundheitswirtschaft – Bio- technologie, Pharma und Medizintechnik – in Hamburg und Schleswig-Holstein. Herausragende Merkmale des Clusters sind die breite Unternehmensbasis und die vollständigen Wertschöpfungsketten von der Grundlagen- und angewandten Forschung über klinische Studien bis zum marktfähigen Endprodukt. Die intensive, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Forschern, Klinikern und Industriepart- nern spiegelt sich in innovativen Produk- ten, nachhaltigen Projekten und neuen Technologien wider. Die Arbeit der LSN Management GmbH wird von den beiden Bundesländern Hamburg und Schleswig- Holstein aktiv gefördert. 2021 wurde Life Science Nord zum dritten Mal in Folge vom European Secretariat for Cluster Analysis (ESCA) mit dem GOLD Label „Excel in Cluster Excellence“ aus- gezeichnet. ls 100 03-2023 „Biotechnologie“ Falkenried 88 20251 Hamburg Telefon +49 40 593 62 61-0 E-Mail info@lifesciencenord.de LinkedIn: lifesciencenord X: @lifesciencenord www.lifesciencenord.de 2004/18 I E H P A R G O T O H P r e m m o S a g n I © I E H P A R G O T O H P r e m m o S a g n I © : o t o F : o t o F Dr. Jürgen Walkenhorst, Geschäftsführer Juliane Worm, Director Innovation & Technologies m o c . e b o d a . k c o t s – n o n e z K © : n o i t a r t s u l l I

Corporate-Finance-Berater/Anwälte/Weitere Berater COHESION BUREAU Partner Chris Maggos, Sophie Baumont, Sam Cage, Natasha Drapeau, Frank Hoerning Andersen, Frank Schwarz, Jacob Thrane Schwerpunkte Biotech Medtech Greentech Financial Services Leistungen Strategic Consulting Investor Relations Media Relations AC Immune, Crossject, EG 427, Mithra, PolTReg, Vaccentis Röderstraße 34 65183 Wiesbaden Telefon +49 611 580 2929 0 E-Mail frank.schwarz@cohesionbureau.com https://cohesionbureau.com Genf, Kopenhagen, London, Mailand, New York, Paris, Zürich Viopas Venture Consulting GmbH Ownership Structure Viopas Venture Consulting is controlled by its Managing Partners. The company is headquartered in Switzerland with a fully-owned subsidiary in Germany. Managing Partners , longstand- ing track record as a venture capital investor, invested in and managed more than 20 life science companies, Chairman of the BoD of Marinomed AG Thomas Meier, PhD, dynamic life science entrepreneur and inter- nationally recognized neuroscientist with excellent track record in clinical research of orphan diseases. Executive CEO and CSO posi- tions, Partner at Board Advisors Deutschland AG , serial entrepreneur with strong track record in company building and exits (ex-CEO and founder of 4-Antibody AG and NBE Therapeutics AG). Co-founder/CEO of T-CURX GmbH, Vice President of Swiss Biotech Association Daniel Pajer, Swiss CPA, EMBA, former Equity Partner at PwC, - business planning. Board of Directors of Raiffeisenbank Basel. , 20+ year track record as CFO of seve- ral German, Swiss and US biotech companies with particular focus and M&A/exits. Member of Harvard Alumni Association Comprehensive development expertise in oncology, immunology, ophthalmology, rare diseases, neurology and neuromuscular diseases Complimentary team expertise in CMC/drug development, digital counsel to investors interested in the healthcare sector, including Frank Schwarz Chris Maggos Poststrasse 20, CH-8610 Uster Thiersteinerallee 17, CH-4057 Basel Am Klopferspitz 19, D-82152 Martinsried Telephone +49 173 565 26 97 E-Mail Info@viopasventure.ch LinkedIn: Viopas Venture Consulting GmbH www.viopasventure.ch 2020/7 Other Company references: Marinomed AG, DyCare, Santhera AG Simon Nebel, PhD, MBA, Founder, Managing Partner, CEO COHESION BUREAU bietet strategische Beratung, die nahtlos in die Ausführung von Dienstleistungen für Investor Rela- tions und Finanzkommunikation auf den europäischen Märkten und in den USA integriert ist. Unser Ziel ist es, Ihr Unter- nehmen dabei zu unterstützen, den Kontakt mit der globalen Investoren- gemeinschaft und den wichtigsten natio- nalen und internationalen Medien zu verbessern. Für Ihr Unternehmen sind Ländergrenzen, kulturelle Unterschiede oder Sprache keine Hürden – und für uns sind sie es auch nicht. Unser internationales Team aus erfah- renen Fachleuten für Unternehmens- strategie, Finanzierung, Kommunikation und Business Development teilt eine Leidenschaft: das Unterstützen innovativer Unternehmen auf ihrem Wachstumsweg. Viopas Venture Consulting was founded by a team of industry professionals com- bining the expertise of serial entrepre- neurs, venture capital fund managers and senior C-level Bio-Pharma executives. pharmaceutical All team members contribute their subs- tantial industry track record of managing and investing in life science companies, developing products, assessing medical devices, diagnostics, services and research tools, and providing expertise in development of pharmaceu- tical products for a wide range of diseases, such as immunology, oncology, ophthal- mology, neurology, neuromuscular condi- tions and rare diseases. As entrepreneurs we share our knowledge with the next generation of inspiring and talented leaders to produce innovative patients. ls 102 03-2023 „Biotechnologie“

Recht Alles Gute zum 25. Geburtstag, Biopatente – ethische Herausforderung und rechtliche Regelungen im Wandel der Zeit RL 98/44/EG – was wie der Name eines Droiden aus dem Star-Wars-Universum klingt, ist die EU-Biopatentrichtlinie 98/44/ 1 Mit ihr wurden die „Spielregeln“ für Von Dr. Christiane Maxien vor, sondern sei erst durch gentechnische Eingriffe hergestellt worden – und somit „menschengemacht“.4 1988 erteilte das USP- TO dann schließlich auch erstmals ein Patent auf ein transgenes Tier („Harvard-Maus“).5 Es folgten weitere Biopatente auf z.B. gen- Rice“) oder auf die Isolierung und Züchtung von embryonalen Stammzellen.6 1998 entdeckte Myriad Genetics die „Brustkrebsgene“ BRCA1 und BRCA2 und isolierte diese. Mehrere Patentente sicher- ten Myriad Genetics z.B. die exklusive Vermarktung der Tests auf diese Gene. Dagegen formierte sich massiver Wider- stand. 2013 entschied schließlich der US Supreme Court, dass natürlich vorkom- mende Gene bzw. Gensequenzen dem Patentschutz nicht zugänglich sind, da die bloße Isolierung natürlich vorkommender darstelle.7 ZUR AUTORIN Dr. Christiane Maxien ist Partnerin bei Wallinger Ricker Schlotter Tostmann mit über zehn Jahren Erfahrung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtss chutzes. Dr. Maxien ist dabei spezialisiert auf die strate- gische Betreuung von IP-Portfolios mit inter- nationalem Fokus. m o c . e b o d a . k c o t s – n g i s e D a r u t p O © : n o i t a r t s u l l I D ie EU-Mitgliedstaaten haben zehn Jahre für die Verabschiedung der Richtlinie gebraucht – und selbst 25 Jahre später ist die Diskussion um und über Biopatente nicht zu Ende. Vergangenheit verstehen, um Zukunft zu begreifen Ursprünglich war das Patentrecht gedacht für den Schutz „toter“ Materie, deren Verwendung und Herstellung. Es erlaubt Patentinhabern, Dritten zu verbieten, die 1) https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/ 2) Das Patent ist ein sogenanntes Ausschließlichkeitsrecht. 3) Robinson, D./Medlock, N. (2005): Diamond vs. Chakra- barty: A Retrospective on 25 Years of Biotech Patents. In: Intellectual Property & Technology Law Journal, 17(10). 4) Diamond vs. Chakrabarty, 447 U.S. 303 (1980). 5) US 4,736,866. 6) Z.B. US 4,683,195; US 6,200,806. 7) „Association for Molecular Pathology vs. Myriad Genetic“; 569 U.S. 12-398 (2013). 2 Im Falle von Biopatenten geht es um den Schutz - zen, Tieren etc. Ein einfaches Erstrecken der Prinzipien des Patentrechts auf lebende Materie warf (und wirft auch heute noch) ethische Fragen auf. Heute gilt das „Chakrabarty-Patent“ als das erste moderne Biopatent. Das US- Patent- und Markenamt (USPTO) wies die zugrunde liegende Patentanmeldung, mit - rium beansprucht wurde, zurück, da lebende Organismen nicht patentfähig seien.3 1980 urteilte der US Supreme Court, dass Chakrabarty ein Patent erhält. Die Begründung: Das Bakterium, welches „erfunden“ wurde, komme nicht in der Natur 104 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Recht Einführung EU-weiter Zwangs- Ist gut gedacht auch gut gemacht? Die EU-Kommission hat Anfang des Jahres eine Neuregelung der Zwangslizenzvergabe vorgeschlagen. Doch bei vielen Interessenverbänden regt sich dagegen Widerstand: Sie stellen die grundsätzliche Frage, ob eine Neuregelung überhaupt notwendig ist, und kritisieren Fehlstellen in der Entwurfsfassung der neuen Verordnung. tiert (z.B. in Deutschland § 24 Abs. 1 PatG). Eine Zwangslizenz setzt nicht die gesamte Wirkung des Patents aus, sondern der Lizenznehmer erhält das nichtausschließ- - nerhalb der mit ihr verbundenen Beschränkungen und Bedingungen zu nutzen. Zudem hat der Schutzrechts- inhaber Anspruch auf eine angemessene Vergütung vom Zwangslizenznehmer, die sich unter anderem am wirtschaftlichen Wert des Schutzrechts bemisst. Trotz der bereits europaweit bestehen- den Möglichkeit der Zwangslizenzierung gab es bisher nur sehr wenige konkrete Anwendungsfälle. bestand dafür schlicht keine Notwendigkeit oder aber die Voraussetzungen für die Beja- hung einer Zwangs lizenz waren nicht gegeben. Eines der wenigen Beispiele für einen solchen Ausnahmetatbestand ist die Erteilung einer Zwangslizenz auf ein AIDS-Medikament (Raltegravir) durch den BGH 2017. Das Medikament stellte für Entweder ZUR AUTORIN Dr. Andrea Schüssler ist Gründungs- partnerin von HUBER & SCHUESSLER, einer Münchner Patent- und Rechtsanwaltskanzlei mit Spezialisierung unter anderem auf Life Sciences. www.patservice.de lizenzen weltweit in den allermeisten nationalen Gesetzen dafür vorgesehen, ein konkretes Marktversagen zugunsten übergeordneter Interessen des Allgemein- wohls auszu gleichen. Von Marktversagen spricht man, wenn z.B. der Rechteinhaber eines patentgeschützten Produkts, für das es auf dem Markt keine Alternative gibt, dieses Produkt gar nicht oder nicht in genügender Menge auf den Markt bringt, um die ausreichende Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, aber gleich- zeitig keine Lizenzen an Dritte vergibt, um diesen Mangel auszugleichen. Dann ist es im Sinne des übergeordneten Allgemein- wohls gerichtlich möglich, eine Zwangs- lizenz zu erteilen. Dies ist allerdings ein schwerwiegender Eingriff in geistige Eigentumsrechte, der in der Regel nur selten gewährt wird. Die meisten EU-Mitgliedstaaten haben die Erteilung von Zwangslizenzen in ihren nationalen Rechtssystemen implemen- m o c . e b o d a . k c o t s – s n o i t a r t s u l l I - Q M © : o t o F In den meisten Ländern werden Einzel- personen oder Unternehmen gewerb- liche Schutzrechte eingeräumt, die ihnen das ausschließliche Recht zur Nutzung - gen, Innovationen oder kreativen Werke gewähren. Schutzrechte sollen einen Innnovationsanreiz darstellen und es dem Inhaber ermöglichen, Forschungs- und Entwicklungs kosten amortisieren. Schutzrechte sind Eigentumsrechte, die vielfältig als Einnahmequellen verwertet werden können. Dazu zählen Lizenzierun- gen an Dritte, der Verkauf an Dritte oder ihr Einsatz zur Sicherung der Unterneh- zu Zwangslizenzen Diese Eigentumsrechte können unter bestimmten Voraussetzungen aber durch die Erteilung von Zwangslizenzen einge- schränkt werden. Bisher sind Zwangs- 106 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Finanzierung biotech investing Early-stage biotech venture funds outperform their late-stage counterparts and other venture investment strategies to whether there may be biotech investment strategies that shield against market turbulences in the biotech sector. We propose that investing in private early-stage biotech assets or companies may be a successful strategy to partially mitigate public markets’ systematic risk. In fact, we suggest that investing in early-stage biotech companies is superior to strategies that invest primarily in late-stage biotech companies, public or private. for all investment strategies are conside- rable, as indicated by the 25th and 75th m o c . e b o d a . k c o t s – r i a a b o z © : o t o F I n two previous publications in this jour- nal, we showed that early-stage value gains are higher than predicted by the resolution of development risk1, whereas late-stage (clinical) value gains are often less than expected2. Therefore, we hypo- thesize that venture funds investing in early- stage assets should provide higher returns compared to other funds. We argue that funds with a focus on early-stage biotech 1) M. M. Greuel et al. (2022), Exploiting market ineffi- ciencies in early-stage biotech investing, Plattform Life Sciences 3/2022, pp. 116–117. 2) P. S. Steinbach et al. (2023), Comparing late-stage vs. early-stage investment strategies, Plattform Life Sciences 2/2023, pp. 26–27. 3) Source: PitchBook, retrieved August 2023. Please note that PitchBook defines “early-stage” as seed, series A and series B funding if funds are obtained within five years after company foundation, and “late-stage” >= Series C, or if funding is obtained after more than five years past company foundation. In most cases, funds’ investment strategies are not “pure plays”, i.e., neither do funds invest only early-stage nor late-stage; often we find combinations of both strategies. Thus, the differen- tiation is based on the dominant strategy. We follow the categorization as suggested by PitchBook. 108 ls 03-2023 „Biotechnologie“ companies indeed provide higher returns than their peers. We analysed returns for three different in- vestment strategies over the past 20 years3: biotech venture funds that focus on early-stage investments, biotech venture funds that focus on late-stage investments, venture funds that do not invest in biotech. Table 1 shows the rates of return for the three investment strategies under consi- deration. Comparing the medians of all observations suggests an internal rate of return (IRR) of 24.90% for the early-stage biotech strategy, compared to just 9.72% for the late-stage biotech strategy and 18.63% for all other venture investment strategies excluding biotech. The variances ABOUT THE AUTHORS Selina K. Greuel, MD/PhD, studied medi- cine at the Charité University Hospital in Berlin and is now pursuing her MBA stu- dies at the University of Cambridge, UK. She worked for Bioscience Valuation as Healthcare Analyst and was recently promo- ted to Lead Scientific Analysis. Philipp S. Steinbach, MS, received his Bachelor’s in Finance from the Frankfurt School of Finance & Management, Germany, and his Master’s in Finance from the University of Innsbruck, Austria. He began his career as Financial and Business Analyst at Bioscience Valuation and is now Lead Financial Analysis as well as Engagement Manager at the company. Merlin M. Greuel, MD, MGH, BA, received his BA in Psychology from Stanford University, USA, his Master’s in Global Health from the Uni ver sity of Barcelona, Spain, and his MD from Heidelberg University, Germany. After beginn ing his career as Healthcare Analyst at Bioscience Valuation, he now works for the company as Director and Lead Disease Assessment.

Finanzierung vergangenen fünf Jahren Zwischen 2018 und 2022 investierten Anleger insbesondere in den USA und in China rekordverdächtige Summen in Biotechunternehmen. Welche Technologien und Indikationen standen im Zentrum des Interesses der Investoren? Hat die Kapitalallokation die Bedürfnisse des Gesundheitssystems adressiert? IPO-Runden war bei den Investments ins- gesamt ausgewogen. Bei Betrachtung nach einzelnen Jahren traten allerdings deutliche Verschiebungen auf: So erfolgte 2022 kein einziges großes IPO in diesem ZU DEN AUTOREN Dr. Julia Schüler betreibt seit 2020 den Think Tank BIO.ASPEKTE, der sich auf Wissen rund um Biotech fokussiert. Zuletzt erarbeitete sie in Kooperation mit Roland Berger die Biotechstudie für das Land Rheinland-Pfalz. Seit 1996 arbeitet die Biologin mit Promotion in BWL freiberuflich als Analystin, Autorin und Beraterin, unter- brochen von einer Anstellung bei EY (2001 bis 2009, Industrieanalystin, Aufbau und Etablierung des renommierten Deutschen Biotechnologie-Reports, Mitarbeit am glo- balen Bericht) Interims- Geschäftsführung der Clusterinitiative BioRN Network. Zu ihren Kunden gehörten u.a. BioNTech, MIG, Medtronic, Pharmacia (heute Pfizer), Prognos und WifOR. Frank Schwarz ist Kommunikations- und Investor-Relations-Experte mit mehr als 25 Jahren Erfahrung. Er ist Mitgründer von Cohesion Bureau, einer paneuropäischen PR-/IR-Agentur mit Schwerpunkt im Life- Sciences-Sektor. sowie der m o c . e b o d a . k c o t s – k o o t i k o o t © : o t o F Ü ber mangelndes Investoreninteres- se konnte sich die internationale Biotechszene in den vergangenen fünf Jahren wahrlich nicht beklagen: Mit insgesamt fast 500 Mrd. USD (inkl. Nach- - talmittel in den Sektor. Um Trends heraus- zuarbeiten, fokussiert diese Analyse die eher frühen und gleichzeitig hochvolumi- gen Finanzierungen, das heißt Risiko- kapitalrunden (VC) und Börsengänge (IPOs) mit einem Volumen von mehr als 200 Mio. USD. 211 Runden von 173 Biotech- - ter Technologie kategorisiert wurden, bilden das Untersuchungssample. Abb. 1 zeigt die jeweiligen Top-Ten-Finanzierun- gen auf. Therapieentwicklung Über drei Viertel dieser globalen Bio- techinvestitionen erlösten Unternehmen, die Therapeutika entwickeln. Dabei ste- hen klassische Biotechansätze wie Anti- körpermedikamente, Zell- und Genthera- pien sowie RNA-basierte Wirkstoffe im Vordergrund. Ein mittlerweile zunehmend bedeuten- der Trend sind die Zell- und Gentherapien (ZGT), auf deren anwendende Firmen bei den betrachteten Finanzierungen knapp entsprechenden bereits auf dem Markt jährliche Wachstumsraten von ca. 50% aus – aktuell die höchsten unter den Bio- techansätzen. Die Verteilung auf VC- und 110 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Finanzierung Abb. 2: Globale Biotech-VC- und IPO-Finanzierungen 2018 bis 2022 Unterstützende Segemente 5% Synthetische Biologie 2% Diagnostik & Analyse 15% Zell- & Gen- therapie 24% IT-/KI-basierte Therapeutika- entwicklung 8% Nach Technologie ( 68,6 Mrd. USD) Zielgerichtete kleine Moleküle zur Therapie 20% Biologika (insb. Antikörper- therapien) 18% RNA- basierte Therapien 8% Nicht anwendbar 12% Nicht (inkl. 4% für Diagnostik) 15% Onkologie (davon 14% für Diagnostik) 35% Nach Indikation ( 68,6 Mrd. USD) Andere 2% Neurologie & Psychiatrie 4% Kardiovaskular 4% Autoimmun 5% Altern 5% Infektionen 11% Gen- defekte 7% wie Bioproduktion (Resilience), Drug Deli- very, Automatisierung und Instrumente sowie Dienstleistungen für die Medika- mentenforschung einwerben. Die Verteilung der Investitionen nach me- dizinischen Indikationen zeigt, dass 35% die sich auf die Bekämpfung von Krebs- erkrankungen spezialisieren. Davon ent- Krebserkennung. Bei den therapeutischen Ansätzen konnten mit 34% die ZGT-Firmen am meisten Kapital einwerben, paritätisch gefolgt von denjenigen im Segment Biolo- gika/Antikörper (23%) und solchen mit SM-Fokus (23%). Die Analyse der einzelnen Jahre zeigt 2020 mit 27 Onkologie-IPOs einen Peak, der 60% aller IPO-Erlöse auf sich zog (36% SM-Fokus, 34% Biologika, 20% ZGT). Im Analysezeitraum verteilten sich in die- ser Indikation insgesamt 45% aller Mittel auf IPOs und nur 26% auf VC-Runden. Die Auswirkungen der Coronapande- - kanter Teil der Finanzierungen (11%) in - onskrankheiten beschäftigen. An dritter und vierter Stelle stehen Investments in Firmen mit Fokus auf die Therapie von Gendefekten und auf das Altern; letzteres allerdings hauptsächlich getragen von der bereits erwähnten Superrunde von Altos Labs. Gesellschaften mit Fokus auf der Therapie von Entzündungskrankheiten (einschließlich Autoimmunerkrankungen), kardiovaskulären Problemen und neurolo- gisch-psychiatrischen Störungen erhiel- ten weitere klar erkennbare Anteile. - treiber? Die Analyse belegt die anhaltend starke investorenseitige Fokussierung der Finan- zierung von Firmen, die sich der Krebs- bekämpfung verschrieben haben. Ist der große medizinische Bedarf – vor allem im Einzelschicksal – stark nachvollziehbar, liegen die wahren Kostentreiber im Gesundheitssystem allerdings bei ganz anderen Erkrankungen. So standen im Jahr 2020 Krebserkrankungen in den USA wie in Deutschland erst an vierter Stelle der Krankheitskosten. Mit direkten Kosten von 305 Mrd. USD führt in den USA die Behandlung von Alz- heimer, gefolgt von Diabetes mit 237 Mrd. USD, Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit 216 Mrd. USD und dann erst Krebserkrankungen mit 200 Mrd. USD. In Deutschland waren laut Statistischem Bundesamt Herz-Kreis- lauf-Erkrankungen sowie psychische und Verhaltensstörungen mit jeweils 13% Anteil (56 Mrd. EUR) die größten Kosten- verursacher 2020. Erkrankungen des Ver- dauungssystems schlugen mit 47,5 Mrd. EUR, onkologische Erkrankungen mit 39 Mrd. EUR zu Buche. Der starke Fokus der Investoren auf Krebsindikationen ist einerseits die Folge einer über Jahrzehnte erfolgreich etablier- ten „patient advocacy“, andererseits getrieben von der Aussicht auf erhebliche Renditepotenziale hochwirksamer und gleichzeitig enorm kostspieliger Therapie- ansätze. Die Krux ist dabei, dass die Kosten für das System potenziell weiter steigen, während an anderer Stelle ein ungedeck- ter medizinischer Bedarf durch stark stei- gende Fallzahlen das System im Bereich Herausforderungen stellt. Dass sich aber auch jenseits der Onko- logie Geld verdienen lässt, belegt das Antirheumatikum Humira: Es führt die Liste der weltweit umsatzstärksten Medi- kamente an. Natürlich werden auch andere Indikationen von für die Krebsbehandlung können; siehe mRNA. Dennoch bleibt es eine Herausforderung für das System, mehr Geld in die Produktentwicklung für die Therapie vermeintlich weniger lukra- tiver, gesellschaftlich und volkswirt- schaftlich aber hochrelevanter Krank- heitsgruppen zu lenken. 112 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Finanzierung Inception, Purpose, Impact Deutsche Biotechnologie aus 25-jähriger CFO-Sicht Seit 1998 erlebe ich die deutsche Biotechnologie, die noch heute auf dem Fundament der damals gegründeten und Finanzierungsherausforderungen, der Zusammenarbeit mit Corporates, der Umstellung von Geschäftsmodellen und weiten Wegen zum Markt geprägt. Was aber führte in der Zusammenschau zu Erfolgen in der Branche? tionen in der industriellen Bioökonomie zu einem neuen Star. Dabei galt es, die harte Nuss zu knacken, die Schnittstelle zwischen Start-up und Großunternehmen sowohl in der direkten Bezahlung als auch dem Upside von künftigen Erfolgen fair zu teilen. Die Prämierung des Unternehmens- gründers mit dem deutschen Umweltpreis 2008 für ein waschaktives Enzym, welches das Waschmittel Persil von Henkel wesentlich umweltfreundlicher werden ließ, veranschaulichte die positive Wir- kung der Biotechnologie: Ihr direkter Im- pact machte sie für die breite Öffentlich- keit sichtbar. Bis heute zeigt sich jedoch, dass eine beidseitig vorteilhafte und faire ZUM AUTOR Prof. Dr. Dirk Honold ist seit über 25 Jahren als CFO für und als Serial Entrepreneur von Start-ups tätig und sitzt in diversen Aufsichtsräten sowie Beiräten. Seine wis- senschaftliche Arbeit konzentriert sich auf die Stärkung des Ökosystems der Start-up- Finanzierung durch Innovationsfinanzierung und (Corporate) Venture Capital sowie auf wertorientierte Führung mit Zukunfts- potenzialen. m o c . e b o d a . k c o t s – l d a e m a d a m © : o t o F 2 000 begleitete ich die november AG beim zweiten deutschen Biotech- börsengang als CFO. Es herrschte eine gewisse Goldgräberstimmung, denn Verluste waren über den Kapitalmarkt viel Zukunft ein. Family-and-Friends- Programme brachten relativ sicher hohe Gewinne, eine Verdoppelung des ersten Kurses gegenüber dem Ausgabepreis war keine Seltenheit. Die Verschiebung des ersten deutschen Biotech-IPOs von MorphoSys AG aufgrund einer Patentklage machte jedoch schlagartig deutlich, wie anspruchsvoll die Lage tatsächlich wurde, als die deutsche Biotechnologiebranche auf den internatio- nalen Märkten Fuß zu fassen begann. Es folgten IPOs von Evotec AG und Medigene AG sowie weitere Biotech-IPOs in Deutsch- land, die heute noch das Börsenparkett prägen. harte Nuss! Nach dem Platzen der Dotcomblase wurde spätestens ab 2002 auch die Finanzierung der Biotechnologie schwieriger. Geschäfts- modelle erfuhren sogleich eine Risiko- reduzierung, indem sie zur Umsatzerzie- lung auf hybride oder stärker service- orientierte Ansätze umgestellt wurden. Verlockend wurden Finanzierungen mit Verlagerungen, M&A oder Kooperationen mit anderen Unternehmen in den USA oder Asien. Die B.R.A.I.N. AG entwickelte sich durch eine Vielzahl von Koopera- 114 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Finanzierung - ESG is not about a sustainability strategy – it is about a sustainable business strategy With a unique position in the capital market ecosystem, Nasdaq Nordic links together investors and corporates allowing investors access to sustainable investments and giving corporates access to capital to transform their businesses. Fig. 1: Nasdaq Sustainable Debt Market – allocation of sustainable bond proceeds per UN SDG Source: Nasdaq Nordic T he Nordics has a long history of being at the forefront of sustainabi- lity with experience and knowledge regarding sustainable technologies as well institutional investors and one of the most active retail trading segments in the world. The core and foundation of Nasdaq and Nasdaq Nordic are supporting companies in accessing capital. Over time, ESG and sustainable investments have had an esca- lating impact on the capital markets as well as companies’ ability to succeed. T oday, creating a strategy for sustainability is not enough – companies that aim to succeed also need to develop sustainable business strategies. Our role as an exchange is not to determine and assess what is or is not sustainable in the same way as we are not the ones to decide what is or is not a good investment. A key role of the exchange is instead to provide transparency between listed companies and investors – creating integrity and credibility for the capital markets and thereby supporting investors in making informed investment decisions. Historically, the focus of transparency has have a much wider perspective when they look at investments, and for many of them, sustainability has gone from something that is nice to have to something that they need to have. 116 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Investments in sustainability are not only about allocating capital to the most sustainable companies; they are just as much about allocating capital to companies that are on a journey to become more sustainable as well as to new companies with new technologies that will make our world more sustainable. The IEA estimates that nearly 50% of the technologies needed to reach net zero by 2050 are still under development, and the stock market has an important role in supporting and allocat- ing capital to projects and companies that focus on building a more resilient future and scale up the green transition. With new requirements that companies and investors must adhere to, many are looking for tools and services facilitating the understanding of these, planning the sustainability strategy ahead and ABOUT THE AUTHOR Maria Groschopp Dellwik is Head of Listings & Strategy at Nasdaq in Stockholm. She has many years of experience in capital markets and listings.

Case Studies Resistenzen gegen Immuntherapien CatalYm GmbH: Entwicklung eines neuen Ansatzes gegen Tumorresistenzmechanismen Die CatalYm GmbH entwickelt mit ihrem Hauptkandidaten „Visugromab“ ein Medikament, durch das eine starke antitumorale Immunreaktion bei nicht ansprechenden Tumoren ausgelöst werden soll. Von Urs Moesenfechtel Der „Growth Differentiation Factor 15“ (GDF-15) ist ein im menschlichen Körper vorkommendes Protein. Es spielt eine wesentliche Funktion bei einem im- munsuppressiven Mechanismus, der den Fötus vor dem Immunsystem der Mutter schützt. Im gesunden Erwachsenen spielt GDF-15 nur eine untergeordnete Rolle – Tumore machen es sich jedoch zu eigen und bilden es in größeren Mengen als üblich. So verhindern Tumorgewebe und schützen sich vor Immunangriffen. CatalYm hat einen neuen GDF-15-getriebe- nen Resistenzmechanismus von Krebszellen gegen Checkpointinhibitorbehandlungen entdeckt, den das Unternehmen für ein neu- artiges Therapiekonzept nutzt. Mit seinem Hauptkandidaten Visugromab (früher bekannt als „CTL-002“) entwickelt das Unternehmen einen humanisierten monoklonalen Anti- körper, der das von Tumoren produzierte tion von Immunzellen in den Tumor ver- stärken soll. Ebenso soll durch ihn eine Verbesserung der Aktivierung und Antigen- präsentation durch dendritische Zellen und Makrophagen sowie des Primings von T-Zellen durch dendritische Zellen und damit eine Steigerung der Tumorabtötung durch T-Zellen erreicht werden. KURZPROFIL CATALYM GMBH Hauptsitz: Innovations- und Gründerzen- trum IZB, Planegg/Martinsried, München Branche: Biotechnologie, Medikamentenentwicklung Internet: www.catalym.com ls 118 03-2023 „Biotechnologie“ Visugromab durchbricht Therapieresistenz durch … Lymphknoten ERHÖHUNG von T-Cell E Priming und Proliferation P Blutgefäß VERBESSERUNG der r r Infiltration von antitumoralen o oralen Effektorzellen l / m Y a t a C n n a m e M © l VERSTÄRKUNG der Aktivierung und Maturierung von APCs Tumor REDUKTION von immunosuppressiven ven Zellen im Tumormikromilieu : n o i t a r t s u l l I l / m Y a t a C n n a m e M © l : o t o F erweitern - schen-Phase-II-Entwicklung für mehrere solide Tumorindikationen einschließlich nichtklein- zelligem Lungenkarzinom, Blasenkrebs, Haut- krebs und Leberzellkarzinom in stark vorbe- handelten und checkpointinhibitorresistenten Patienten. Das langfristige Ziel besteht darin, die Anwendung aber auch bereits in früheren Behandlungslinien zu untersuchen, um bes- sere Beahndlungserfolge zu erzielen und die Resistenzbildung gegenüber Checkpointin- hibitoren bereits frühzeitig zu verhindern. Erste Ergebnisse aus der Phase-I/II-Studie haben gezeigt, dass Visugromab in Kombina- tion mit Checkpointinhibitoren in bestimmten Tumorindikationen langanhaltende Tumor- massereduktion in austherapierten Patienten erreichen kann und die bestehende Thera- pieresistenz durch die Neutralisierung von GDF-15 durchbrochen wird. Damit kann der Behandlungshorizont und -erfolg für aktuelle und zukünftige Immuntherapien möglicher- weise deutlich erweitert werden. „Bestehende oder entwickelte Resistenzen gegenüber PD-1-basierten Checkpointinhibi- toren stellen ein großes Problem für lang- anhaltende Therapieerfolge in vielen soliden ! Tumoren dar. Mit unserem Produkt- kandidaten haben wir einen neuen An- satz entwickelt, der das Leben von Pati- enten als Teil von neuen Kombinati- onstherapien durch sein differenziertes und komplemen- täres Wirksamkeits- - ausragend gute Verträglichkeit deutlich ver- bessern kann“, so CEO Dr. Phil L’Huillier. Dr. Phil L’Huillier, CEO Im November 2022 gab das Unternehmen eine überzeichnete Serie-C-Finanzierungs- runde in Höhe von 50 Mio. EUR (49 Mio. USD) bekannt. Die Finanzierungsrunde wurde von den neuen Investoren Brandon Capital und Jeito Capital angeführt. Auch die bestehen- den Investoren Forbion, Novartis Venture Fund, Vesalius Biocapital III, Bayern Kapital, BioGeneration Ventures und Coparion betei- ligten sich an dieser Runde. Die Finanzierung unterstützt die Ausweitung von CatalYms Phase-II-Entwicklungsprogramm für Visugro- mab in checkpointinhibitorresistenten und checkpointinhibitorrefraktären Patienten.

Case Studies SOPHiA GENETICS entwickelt ein globales Datenaustauschnetzwerk für Gesundheitseinrichtungen SOPHiA GENETICS, gegründet im Jahr 2011 und mit Hauptsitz in Rolle, Schweiz, ist ein Healthcareunternehmen im Bereich datengesteuerte Medizin und hat ein globales Netzwerk aufgebaut, das mit über 750 Institutionen in mehr als 72 Ländern und medizinisches Fachpersonal im Kampf gegen Krebs und seltene Krankheiten zu unterstützen. Von Urs Moesenfechtel S OPHiA GENETICS hat es sich zur zu einer umfangreichen Sammlung Aufgabe gemacht, Nutzern Zugang verschiedenster Patientendaten auf globa- ler Ebene zu verschaffen und dadurch Medizinern und Forschern dabei zu helfen, schneller und kostengünstiger zu arbeiten. Die unternehmenseigene cloudbasierte Software-as-a-Service-Plattform SOPHiA DDM und die damit verbundenen Lösun- gen, Produkte und Dienstleistungen wer- den derzeit von einem breiten Netzwerk von Krankenhäusern, Laboren und bio- pharmazeutischen Einrichtungen genutzt, um die Gesundheitsergebnisse und die Wirtschaftlichkeit weltweit zu verbessern. SOPHiA GENETICS’ Börsengang Die Plattform ermöglicht es, in kurzer Zeit zuverlässige Erkenntnisse aus Daten zu gewinnen. Der Nutzerfokus liegt auf der Kombination genomischer und phäno- SOPHiA GENETICS möchte nach eigenen typischer Daten, um Krankheiten wie Angaben die Demokratisierung der daten- Krebs und Erbkrankheiten besser erken- gesteuerten Medizin vorantreiben und nen und Behandlungsentscheidungen wie dadurch einen gleich- auch die Entwicklung von Medikamenten berechtigten Zu- gang zur Gesund- heit sversorg u n g weltweit ermögli- chen, so CEO Dr. Jurgi Camblong. „Wir sind davon überzeugt, dass durch die Bereit- stellung der richti- gen Informationen zur richtigen Zeit Dr. Jurgi Camblong, Mitgründer und CEO, SOPHiA GENETICS optimieren zu können. KURZPROFIL SOPHIA GENETICS SA Gründung: 2011 Unternehmenssitz: Rolle, Schweiz Filialen: Boston, USA; Bidart and Pessac, Frankreich Sektor: Gesundheitswesen/IT/SaaS Mitarbeiter: 450 Market Cap: 165 Mio. USD (19.9.2023) Internet: www.sophiagenetics.com 120 ls 03-2023 „Biotechnologie“ I S C T E N E G A H P O S © i : o t o F tige Gesundheitslösungen geschaffen werden können.“ Plattform SOPHiA DDM Auf der Plattform SOPHiA DDM aufbau- ende, individualisierte Softwarelösun- gen werden bei den unterschiedlichsten Problemstellungen eingesetzt. So nutzt der andalusische Gesundheitsdienst beispielsweise die Software SOPHiA DDM Hereditary Cancer Solution unter anderem dazu, Aluinsertionen, eine bestimmte Art genetischer Mutation, bei Eierstockkrebsfällen nachzuweisen. Die Analyse von etwa 1.000 Erbgutkrebs- proben pro Jahr. Aber nicht nur in der und in den richtigen Händen die Patien- Onkologie, sondern auch im Bereich der tenversorgung verbessert und nachhal- Herzgesundheit wird die Software des

Case Studies Das volle AAT-Potenzial ausschöpfen AATec Medical: Atemwegstherapien mit Alpha-1-Antitrypsin Die AATec Medical GmbH setzt auf die breiten entzündungshemmenden und antiviralen Effekte von Alpha-1-Antitrypsin, einem natürlichen, im menschlichen Körper vorkommenden Protein. Das Unternehmen entwickelt industriell gentechnisch hergestelltes AAT für die Behandlung verschiedener Erkrankungen der Atemwege. Von Urs Moesenfechtel A temwegserkrankungen wie aller- gisches Asthma, Virusinfektionen, aber auch das akute Atemnot- syndrom („Acute Respiratory Distress Syndrome“; ARDS) sind weltweit auf dem Vormarsch. Der heutige Lebensstil, die - tragen zu dieser Entwicklung bei, die Menschen, Gesellschaften und Volkswirt- schaften in fast allen Regionen vor große Herausforderungen stellt. Entwicklung von Atemwegstherapeutika Das Münchner Start-up AATec Medical hat sich das Ziel gesetzt, wirksame, sichere und kostengünstige Atemwegstherapeutika zu entwickeln, um entzündliche Erkran- kungen der Lunge zu behandeln und einen Beitrag zur Bekämpfung künftiger viraler Bedrohungen mit pandemischem Poten- zial zu leisten. Es nutzt dafür die breiten entzündungshemmenden und antiviralen Effekte von Alpha-1-Antitrypsin (AAT). AAT ist ein im menschlichen Körper natürlich vorkommendes Protein, das vor- wiegend in der Leber produziert wird und im Blut zirkuliert. In der Lunge reguliert es unter anderem die Aktivität verschiede- ner Enzyme und schützt das Gewebe vor übermäßigen Entzündungen. Neue wis- senschaftliche Daten belegen, dass AAT gleichzeitig über breite antivirale Eigen- schaften verfügt. KURZPROFIL AATEC MEDICAL GMBH Gründung: 2022 Rechtsform: GmbH Standort: München Sektor: Biotechnologie/Pharmazie Anzahl Mitarbeiter: fünf Internet: www.aatec-medical.com 122 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Bisherige, herkömmliche AAT-Produkte werden ausschließlich aus menschlichem Plasma hergestellt und müssen aufwendig auf mögliche Krankheitserreger unter- sucht werden. Plasmaspenden sind darü- ber hinaus weltweit knapp. AAT-Produkte sind daher teuer, nur begrenzt verfügbar und werden ausschließlich beim AAT- Mangel, einem schweren genetischen Defekt, eingesetzt. AATec hat eine indus- trielle, gentechnische Herstellungsme- thode entwickelt, die die Einschränkun- gen der Plasmaproduktion überwindet und dadurch eine wesentlich kosten- günstigere Herstellung von AAT-Produk- ten in gleichbleibend hoher Qualität ermöglicht. Auf Basis vorliegender Daten zur Machbarkeit bereitet das Unternehmen für den ersten Produktkandidaten, ATL- 105, derzeit eine klinische Proof-of- Concept-Studie vor, die voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2024 begin- nen wird. ATL-105 soll im ersten Schritt für ARDS und virale Infektionen der Atem- wege entwickelt werden. Um die lokale Anwendung des Medikaments zu erleich- tern und seine Wirksamkeit optimal zu nutzen, wird der Produktkandidat für die inhalative Verabreichung entwickelt. Langfristig strebt das Unternehmen eine AAT-basierte Produktplattform an, mit der weitere Anwendungsgebiete wie Transplantation, AAT-Mangel und sys- temische entzündliche Erkrankungen erschlossen werden sollen. Therapeutisches Potenzial bestätigt Die Technologie des Unternehmens ist durch ein Portfolio von Patenten geschützt und basiert auf Forschungsarbeiten der Mitgründer Dr. Manfred Stangl, Leiter der Nieren- und Pankreastransplantation am Klinikum der Universität München und m o c . e b o d a . k c o t s – i r i i v _ m © : o t o F Dr. Michael Strassmair, Leiter der Abtei- lung für Handchirurgie der Facharztpraxis Manus Sana in den Räumen des Klinikums Starnberg/München und Chief Medical ein erfahrener Biotechmanager und eben- falls Mitgründer, leitet das Unternehmen. „In unserer präklinischen Forschung haben wir das therapeutische Potenzial von Alpha-1-Antitrypsin in verschiedenen Indikationen bestätigt. In Kombination mit einer inhalativen Anwendung werden wir einen entscheidenden Unterschied in der zukünftigen Behandlung von Entzündungs- und Infektionskrankheiten der Atemwege machen“, so Dr. Jankowsky. Im Juli 2023 gab das Unternehmen eine bekannt, die von privaten Investoren, unterstützt wurde. Mit diesen Mitteln soll die Technologie von AATec skaliert, das Team erweitert und die klinische Entwick- lung von ATL-105 für den Start im Jahr 2024 vorbereitet werden.

Investment stock market What are the cornerstones for their success? today? Fig. 1: Growing proportion of FDA biologic drug approvals 70 60 50 40 30 20 10 0 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 NME Biologic Per cent biologics Source: Bryan, Garnier & Co 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% emergence and evolution of the biotech- nology industry have been deeply inter- twined with these advances in biological drugs. Thus, as the biotech sector grew, riding on the wave of biological advance- harness this external expertise. The biotech sector has seen - technology Index was seen at the turn of the millennia when the human genome W hen juxtaposed with other R&D-heavy sectors like semi- conductors or software, the pharmaceutical industry stands out. Pharma companies allocate roughly 25% of their revenue to R&D, in contrast to the 15% typically set aside by other research- intensive sectors. This substantial invest- ment is largely driven by the inherent risks and challenges in drug development. A staggering 90% of drugs do not make it past the clinical development phase. One of the reasons for this high attrition rate is As more common or ‘low-hanging fruit’ medical conditions receive ample atten- tion and solutions, pharmaceutical compa- nies are venturing into more challenging terrains. This has led to a squeeze on their R&D’s internal rate of return (IRR): from a to a mere 2% in 2019. However, the sub- sequent two years saw a resurgence in this metric, thanks in part to the rapid develop- ment of COVID-19-related drugs. The engine of innovation for the Approximately 25 years ago, leading pharmaceutical companies predominantly relied on their in-house research, with most new drug approvals stemming from internal efforts. Yet, in the recent decade, this trend has seen a marked shift. A signi- originate from external sources, mainly from cooperation with biotech compa- nies. This shift can largely be attributed to the rise in the approvals of biological drugs, which are derived from living orga- nisms. These drugs stand in contrast to the traditional small molecules, which are crafted through chemical synthesis. The 124 ls 03-2023 „Biotechnologie“ ABOUT THE AUTHOR Alex Cogut has been Head of Healthcare Equity Research at Bryan, Garnier & Co, based in Amsterdam. He was previously Co-Head of Life Sciences Research at Kempen & Co, which he had joined in 2014 in a corporate finance life sciences role. He has extensive experience in European bio- tech and medtech. Cogut leads Bryan Garnier’s team of healthcare analysts based across Europe and the UK. Alex has a master’s degree from Rotterdam School of Management, Erasmus University (MSc Finance and Investments).

Investment Finanzierung von Biotechinnovationen Die Rolle von BB Biotech Anlageansatz als Investmentgesellschaft hat BB Biotech in den letzten 30 Jahren den klinischen und kommerziellen Börsenhypes um die Coronaimpfstoffe notiert der Sektor auf historischen Tiefstständen. Von Dr. Daniel Koller gebunden sind – z.B., dass Einzelpositio- nen nicht die 10%-Schwelle überschreiten dürfen –, ist das Portfoliomanagement von Gewichtungen eingehen. Auch erfolgen ausgelegte Anlagestrategie zulässt. Eine Besonderheit ist die Dividendenpolitik: Seit 2003 hat BB Biotech an ihre Aktionäre mehr als 2 Mrd. CHF an Dividenden aus- geschüttet. Zugleich hat sich seit 2000 be- dingt durch Rückkaufkaufprogramme die Anzahl der Aktien halbiert. der Fachexpertise der Investoren der mit Abstand am weitesten entwickelte Markt m o c . e b o d a . k c o t s – a b p o p i © : o t o F D ie Biotechbranche hat mit ihren Innovationsschüben die Medika- mentenentwicklung in den letzten drei Jahrzehnten entscheidend geprägt. für Biotechinvestments. Der Entscheid, Was mit den ersten zugelassenen Arzneien den Börsengang von BB Biotech im auf Basis von Antikörpern begann, ist November 1993 mit einem Emissionserlös heute die Vorreiterrolle bei Medikamenten, von über 400 Mio. CHF durchzuführen, bei denen verschiedene gentherapeu- Biotech hat diese Entwicklung von ihren erwies sich in vielerlei Hinsicht als der richtige Schritt, um sowohl für die eigene Anlagestrategie als auch für die Aktionäre Anfängen begleitet. Die Bellevue Group AG einen Mehrwert zu generieren. lancierte 1993 im Jahr ihrer Gründung als Finanzdienstleister und Broker mit BB Bio- tech ein börsennotiertes Anlagegefäß, um Im Vergleich zu klassischen Anlagefonds europäischen Anlegern den Zugang zur noch ist die Aktie von BB Biotech täglich an der jungen Biotechbranche zu erleichtern. Börse handelbar. Im Gegensatz zu Fonds, Damals wie heute sind die USA hinsicht- lich der Anzahl der investierbaren geliste- die bei ihren Anlageentscheidungen an ZUM AUTOR Dr. Daniel Koller kam 2004 zu Bellevue Asset Management und ist seit 2010 Head Investment Management Team der BB Biotech AG. Von 2001 bis 2004 war er als Investment Manager bei equity4life Asset Management AG und von 2000 bis 2001 als Aktienanalyst bei UBS Warburg tätig. Er absolvierte ein Studium in Biochemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Biotechnologie an der ETH und bei der Cytos Biotechnology AG, Zürich. Zürich und promovierte 126 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Investment - Bedarf an weiteren Finanzierungen, um die Branche zukunftsfest zu machen Die Biotechnologiebranche in Deutschland hat in den vergangenen 25 Jahren einen eindrucksvollen Aufstieg zur Schlüsselindustrie erlebt. Ihre Innovationskraft verdankt sie ihrer starken Ausrichtung auf Forschung und Entwicklung. Doch hat sie auch das Potenzial, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland angesichts anstehender Transformationen zu sichern? Das hängt maßgeblich vom zukünftigen Investorenverhalten ab. Von Sven-Roger von Schilling Abb. 1: Umsatz der deutschen Biotechindustrie in den Jahren 1999 bis 2022 Mio. EUR 30.000 26.038 25.138 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 3.401 4.013 1.115 3.030 3.704 6.951 4.782 4.442 383 588 796 787 752 775 827 945 1.007 960 992 989 1.085 1.170 9 9 9 1 0 0 0 2 1 0 0 2 2 0 0 2 3 0 0 2 4 0 0 2 5 0 0 2 6 0 0 2 7 0 0 2 8 0 0 2 9 0 0 2 0 1 0 2 1 1 0 2 2 1 0 2 3 1 0 2 * 4 1 0 2 5 1 0 2 6 1 0 2 7 1 0 2 8 1 0 2 * * 9 1 0 2 0 2 0 2 1 2 0 2 2 2 0 2 Quellen: Statista, BIO Deutschland; EY Z wischen 2008 und 2022 hat sich die Anzahl der deutschen Biotechunter- nehmen von etwa 400 auf rund 750 nahezu verdoppelt. Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl der Beschäftigten in der Biotechbranche von knapp 10.000 auf fast 47.000 vervielfacht. Darüber hinaus konnten die deutschen Biotechunterneh- men ihre Umsatzkraft erheblich steigern. Im Jahr 2009 betrug der Umsatz noch knapp unter 1 Mrd. EUR, während er im Jahr 2022 auf mehr als 25 Mrd. EUR an- stieg, was der COVID-19-Pandemie geschul- det war und vor allem auf dem Umsatz von BioNTech beruht – dieser wuchs von 482 Mio. EUR im Jahr 2020 auf 19,0 Mrd. EUR anno 2021. Nicht zuletzt haben sich auch die Ausgaben für Forschung und Entwick- lung (F&E) deutlich erhöht, was als Indi- kator für die wachsende wirtschaftliche Bedeutung der Branche gelten kann. Im Jahr 2008 betrugen die F&E-Ausgaben knapp 800 Mio. EUR, während sie 2022 auf 3,8 Mrd. EUR angestiegen sind. Einhergehend mit der Zunahme ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung haben Biotechunternehmen in den zurückliegen- den Jahren bedeutend mehr Kapital auf- genommen. Auf europäischer Ebene verachtfachte sich die Kapitalaufnahme (Fremd- und Eigenkapital) von knapp 2 Mrd. EUR anno 2008 auf 16 Mrd. EUR im Jahr 2020. Die Kapitalaufnahme deutscher Biotechunternehmen versechsfachte sich von knapp 500 Mio. EUR im Jahr 2016 auf über 3 Mrd. EUR, um dann aber bis 2022 128 ls 03-2023 „Biotechnologie“ in wieder auf 813 Mio. EUR zurückzukom- men. Sowohl auf europäischer Ebene als auch bei deutschen Biotechunternehmen dominiert die Aufnahme von Eigenkapital, welches jeweils mehr als 90% des auf- genommenen Kapitals ausmacht. Biotech- unternehmen durchlaufen ihrem Lebenszyklus dabei eine typische Abfolge von zunächst privatem Risikokapital (Ven- ture Capital) über dann IPOs, den Verkauf des Unternehmens oder den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit Big Pharma zur Finanzierung des sehr inves- titionsintensiven Geschäftsmodells. 48% des 2022 von deutschen Biotech- unternehmen aufgenommenen Kapitals war Risikokapital. 21 Biotechunternehmen realisierten Venture-Capital-Finanzierun- gen zwischen 1,5 Mio. und 67,5 Mio. EUR; durchschnittlich wurden rund 19 Mio. ZUM AUTOR Sven-Roger von Schilling blickt auf lang- jährige Erfahrung als CFO börsennotierter Techunternehmen zurück. Als Partner der WTS Advisory berät er börsennotierte wie auch privat gehaltene Unternehmen bei IPO- und M&A-Themen.

Investment Abb. 3: M&A-Transaktionen der deutschen Biotechindustrie in den Jahren 2006 bis 2022 Transaktionswert in Mio. USD Anzahl Transaktionen 27 4.570 26 26 26 21 17 17 19 16 16 13 1.750 1.700 9 960 610 680 14 1.370 7 840 810 30 25 20 20 2.610 15 10 5 0 5.000 4.500 4.000 3.500 3.000 2.500 2.000 11 1.500 9 1.000 500 0 120 160 270 260 130 200 210 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Quelle: White & Case M&A Explorer Kooperationen und Allianzen mit Pharmaunternehmen wurden in den letzten Jahren tatsächlich mehr gesucht als Unter- nehmenskäufe. Die Anzahl der abgeschlos- senen derartigen Kooperationen sank zwar von dem Höchstwert 101 im Jahr 2017 auf mittlerweile nur noch 44 anno 2022, aber der Wert der Allianzen bzw. das Dealvolumen erreichte 2022 mit 14,2 Mrd. EUR einen noch nie dagewesenen Rekord- wert. Der vorige Rekordwert betrug 7,4 Mrd. EUR und wurde im Jahr 2018 erzielt. Der neue Rekord bedeutet einen Anstieg von mehr als 300% im Vergleich zum Vorjahreswert in Höhe von 3,4 Mrd. EUR (48 Allianzen). Hierbei sind zwei Entwick- lungen zu vermerken: Erstens hat sich die Anzahl der sogenannten Megadeals (potenzielles Dealvolumen: 500+ Mio. EUR) im Vergleich zum Vorjahr von zwei auf nun sechs verdreifacht. Evotec und Immatics schlossen dabei die größten Allianzen ab, interessanterweise beide mit Bristol Myers Squibb, über 5 Mrd. bzw. 4 Mrd. EUR. Zweitens ist das durchschnittliche Deal- volumen von 377 Mio. EUR im Jahr 2021 auf 678 Mio. EUR 2022 gestiegen (+80%). Bedenklich ist, dass die Anzahl der abge- schlossenen Kooperationen 2022 um mehr als die Hälfte gegenüber dem Höchststand 2017 nachgelassen hat – dass es also immer weniger deutschen Biotech- unternehmen möglich ist, sich über den Weg der Kooperationen mit Pharmaunter- Der typische Lebenszyklus von Biotech- unternehmen, mit zunächst einer oder mehreren Venture-Capital-Finanzierungen vor dem Börsengang oder aber dem Unter- nehmensverkauf, wird weiterhin Bestand haben. Allerdings sind die Zeiten vorbei, in denen Biotechunternehmen problemlos Risikokapital beschaffen und schnell an die Börse gehen konnten, bevor sie mit einer klinischen Studie begannen. Venture-Capital- Investoren konzentrieren sich jetzt stärker darauf, ihren bestehenden Portfoliounter- nehmen zu helfen, im schwierigen Finan- zierungsumfeld zu überleben. Wenn sie neue Unternehmen unterstützen, suchen sie nach sichereren Anbietern und erfah- renen Teams. Crossover-Investoren, also Public-Equity-Investoren, die regelmäßig auch an Pre-IPO-Runden teilnehmen, haben ihre Pre-IPO-Investitionen mittlerweile reduziert und fokussieren sich aktuell unter Risikogesichtspunkten stärker auf börsennotierte Unternehmen. Wenngleich wir langfristig insgesamt durchaus sehr „bullish“ für die deutsche Biotechindustrie gestimmt sind, erwarten wir derzeit jedoch, dass die makroökono- mische Unsicherheit in den kommenden zwölf bis 18 Monaten und die damit ein- hergehende Risikoaversität anhalten wer- den. Für kapitalsuchende Biotechunter- nehmen bedeutet dies unseres Erachtens, dass es in den kommenden zwölf Monaten kaum IPOs geben wird und dass sie sich verstärkt auf Risikokapitalgeber und Big Pharma als Allianzpartner konzentrieren werden. Das Vorhandensein erster klini- scher Daten wird unseres Erachtens ein essenzielles Kriterium bzw. Vorausset- zung für jedwede Finanzierungen und M&A-Transaktionen in der unmittelbaren Zukunft sein. 130 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Investment Verantwortung Unternehmen als Schlüsselakteure in der ESG-Debatte Die ESG-Ziele von Unternehmen stehen zunehmend im Fokus von Investoren, Mitarbeitern und Kunden. Der Frage, wie Unternehmen den mit diesen Zielen einhergehenden Anforderungen auch tatsächlich gerecht werden, kommt dabei eine immer größere Bedeutung zu. Unternehmen sollten nicht nur aufgrund äußerer Erwartungen handeln, sondern auch aus innerer Motivation. Sie müssen selbst zu den Hauptakteuren der Bewältigung globaler Herausforderungen werden. Wie das gelingen kann, ist bei Umwelt- und Governance-Aspekten bereits etabliert. Doch wie verhält es sich dabei, dem „S“ in ESG gerecht zu werden, insbesondere im Kontext von Gesundheit, Bildung und sozialer Gerechtigkeit? Mit Cost-Plus Pricing wäre es möglich, so- zu erzielen. internationalen Partnern Damit innovative Investitionsmodelle, die das „S“ im Fokus haben, aber auch wirk- lich erfolgreich sind, muss ein weiterer Faktor hinzukommen: die Zusammen- arbeit mit lokalen Regierungen, Gesund- heitsbehörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen. So lässt sich sicherstel- len, dass die Investitionen von Unterneh- men effektiv und nachhaltig sind. Gemein- sam können so weitreichende Initiativen ZUM AUTOR Roland Sackers ist Chief Financial Officer und Managing Director von QIAGEN, einem führenden Anbieter von Probenvorbe- rei tungs- und Testtechnologien für die molekulare Diagnostik und Forschung. Er fungiert stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Wirkstoff- forschungsunternehmens Evotec und leitet dort den Prüfungsausschuss (Audit Committee). zudem als N E G A Q © I : o t o F E in konkretes Beispiel ist die weltweite Bekämpfung von Tuberkulose, einer oftmals vernachlässigten und inzwi- schen abermals der tödlichsten Infektions- krankheit der Welt. Die Krankheit trifft vor allem Menschen in Gebieten mit hohen Armutsraten und schlechter Hygiene, da ihre sozioökonomischen und umwelt- bezogenen Lebensbedingungen sie beson- ders vulnerabel machen. Übergreifende Tuberkulose-Screening-Programme in die- sen Gebieten können dazu beitragen, die Krankheit einzudämmen. Investitionen Um beispielsweise eine Krankheit wie Tuberkulose zu bekämpfen, müssen neue Modelle für nachhaltige Investitionen ent- wickelt und implementiert werden. Unter- nehmen sollten dabei eine führende Rolle übernehmen, neue Instrumente und Tech- nologien, aber auch wirtschaftliche Modelle entwickeln. Ein vielversprechendes Modell wäre beispielsweise eine „Cost-Plus-Investition“, bei der Unternehmen ihre Produkte für den Einsatz in ressourcenarmen Gebieten zu einem konzessionierten Preis knapp über ihren eigenen Kosten anbieten. Dieses Modell erweitert den Zugang zu wichtigen Produkten und macht sie erschwinglich für alle, die ihrer bedürfen. Dabei bleibt eine Gewinnspanne, die es den Unternehmen ermöglicht, in künf- tige innovative Forschung und Ent- wicklung zu reinvestieren, um Tests weiterzuentwickeln, mehr Menschen zu erreichen, mehr Krankheiten zu bekämp- fen – und vor allem: mehr Leben zu retten. 132 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Investment Investments in Nordrhein-Westfalen In den letzten Jahren hat sich die Life-Sciences-Branche in Nordrhein-Westfalen dynamisch weiterentwickelt. Die stetig Materialien tätigkeiten der NRW.BANK verändert. Die wichtigsten Entscheidungskriterien sind jedoch zeitlos. Von Dr. Thomas Raueiser m o c . e b o d a . k c o t s – c a . l e g n e © : o t o F D ie einzelnen Teilbereiche der Life Sciences, von der Medizintechnik über die Molekularbiologie bis hin zur Bioinformatik, haben sich in den ver- gangenen Jahren weltweit immer stärker vermischt. In vielen Bereichen sind zudem spannende Entwicklungen zu beobachten. So haben sich beispielsweise die therapeu- tischen Modalitäten in der Onkologie Antikörper, Zelltherapien, ADCs und onko- lytische Viren bestimmen nunmehr das Feld. Darüber hinaus ist das Interesse an thera- peutischen Innovationen in den Gebieten Augenheilkunde oder neurolo gische und kar- diovaskuläre Erkrankungen wiedererwacht. Life Sciences in NRW Dieser weltweite Trend in den Life Sciences lässt sich auch in NRW beobachten. Eine reichhaltige Hochschul- und Forschungs- infrastruktur ist hier der maßgebliche, treibende Faktor. Ebenso bietet das Land mit mittlerweile mehr als 500 Unterneh- men im Bereich Lebenswissenschaften sowie vielen Start-ups in den über das ganze Land verteilten Technologiezentren und Inkubatoren eine hochinnovative Life-Sciences-Branche, die weitere Innova- toren anzieht. Lag der thematische Schwerpunkt der Biotechbranche in NRW vor einigen Jahren noch in der Medizin- technik, so sind inzwischen alle Technolo- giefelder der Life Sciences vertreten. Die Anzahl von Start-ups mit innova- tiven Technologien in NRW steigt entspre- chend kontinuierlich. Sie wird thematisch vielfältiger, diverser, damit aber auch schwerer zu erfassen. Durch frühzeitiges Scouten von vielversprechenden Ideen, Fördern von Talenten und die Schaffung von Netzwerken agiert die NRW.BANK auch in diesem komplexer werdenden Umfeld erfolgreich. Um diese Veränderungen im Detail zu verstehen, künftige Entwicklungen zu prognostizieren und diese für Investment- entscheidungen nutzen zu können, ist seit jeher auch eine kontinuierliche Analyse und Auswertung unerlässlich. Nur so lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse fortlaufend in aktuelle Investmententscheidungen inte- grieren. Die Datenanalyse ermöglicht, inte- ressante Projekte intensiv zu prüfen und zugleich schneller Entscheidungen zu treffen. 134 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Die Schlüssel zum Erfolg Die Grundlage für Investitionsentschei- dungen und die damit verbundenen Prozesse wurden im Laufe der Jahre ebenso komplexer. Dies gilt insbesondere für die Entscheidungsverfahren zur Prüfung potenzieller Beteiligungen. Die zentralen „Schlüsselindikatoren“ haben sich jedoch nicht verändert: Technologische Allein- stellungsmerkmale, Wettbewerbsvorteile eines Produkts und die klare Aussicht auf einen erfolgreichen Verkauf von Unterneh- mensanteilen sind nach wie vor entschei- dend. Langfristige Partnerschaften Auch die Zusammensetzung von Konsor- tien hatte stets eine hohe Bedeutung für Investitionsentscheidungen. Innerhalb eines Konsortiums muss dabei ein gemeinsames Verständnis für den Inves- titionshorizont und die Entwicklungspers- ZUM AUTOR Dr. Thomas Raueiser ist Leiter des Teams Life Sciences & Cleantech des Bereichs Eigenkapitalfinanzierungen der NRW.BANK und Prokurist des Gründerfonds Ruhr. Er ist seit über 20 Jahren in der Venture-Capital- Branche zahlreiche Beiratsmandate für Portfolio unternehmen der Biotech- und Medizint echnik branche der NRW.BANK. tätig und hält

Investment Fette Jahre, magere Jahre 40 Jahre Biotechnologie aus Investorensicht Börsengänge begannen um 1990. Der Trend aus den USA erreichte schon früh Deutschland: Ab Mitte der 1980er-Jahre 1984 von der Siemens AG gegründete TVM Capital. Nach nunmehr 40-jähriger Geschichte ist das Unternehmen heute ein informelles Netzwerk weltweit agierender Risikokapital- und Private-Equity-Firmen mit regionalen Standorten in München, Montreal, Dubai und Singapur. Wir sprachen mit Dr. Helmut Schühsler, Dr. Hubert Birner und Dr. Sascha Berger über die Entwicklung der deutschen Biotechbranche und die damit untrennbar verknüpfte Geschichte von TVM Capital. Herr Dr. Schühsler, Sie sind bereits sehr früh zur Biotechno- logie gestoßen und haben die Branche durch den Aufbau von TVM Capital maß- geblich mitgeprägt. Was war aus Ihrer Sicht für den Aufschwung der Biotech- branche in Deutschland in den Anfangs- jahren entscheidend? Die Biotechentwicklung in Deutschland war von Anfang an von der rasanten Entwicklung der amerikanischen und ab ca. 1990 auch der britischen Bio- Die Grundlagen waren die ausgezeichnete Forschung in Deutschland, die beginnende Technologietransferlandschaft und eine kleine Gruppe von engagierten Akade- Man muss dieses große Rad drehen, wenn man eine Branche aus dem Nichts heraus entwickeln will. Dr. Helmut Schühsler, Chairman & CEO, TVM Capital Healthcare, Dubai/Singapore 136 ls 03-2023 „Biotechnologie“ G A e s r ö B e h c s t u e D i / v h c r A c i l b u P g n o G © i : o t o F Der Neue Markt löste eine große Begeisterung an Unternehmertum im Allgemeinen und insbesondere auch in der Biotechnologie aus mikern und Unternehmensgründern. Vorreiter waren hier insbesondere die Technologietransfergesellschaft der Max- Planck-Gesellschaft, Max-Planck-Innovation, und die Hermann-von-Helmholtz-Gesell- schaft mit Ascenion. Die Innovationen in diesen Forschungsinstitutionen lösten ab ca. 1993 etliche Unternehmensgründun- gen aus. Die Universitäten folgten in großer Zahl. Es war eine Zeit, in der Deutschland den Willen hatte, zur führenden Biotechnologienation in Europa aufzusteigen. Die Ambition in dieser Zeit war groß, unterstützt durch die KfW mit ihrer Tochtergesellschaft Technologie- beteiligungsgesellschaft (TBG). Das TBG- Co-Investment-Modell mit privaten pro- fessionellen Investoren war die entschei- dende Initialzündung für die Entwicklung einer ganzen Branche. Auch spielte der damals initiierte BioRegio-Wettbewerb eine große Rolle: Viele Regionen nahmen an diesem Wettbewerb teil, Ministerien und regionale Verwaltung, Banken, Indus- trie, Start-ups, Privatinvestoren, Venture- Capital-Unternehmen, Medien und auch eigens dafür gegründete Unternehmen wie die BioM AG in München. BioRegio war das wichtigste Einzelprojekt in der Entwicklungsgeschichte der deutschen Biotechnologie. Diese Form der Zusam- menarbeit über alle Teilnehmer an dieser Industrie hatte es noch nie gegeben. Man musste aber auch ein „großes Rad dre- hen“, um die Wachstumsdynamik zu er- zeugen, an der Deutschland damals inter- essiert war. TVM Capital war zu der Zeit der erste und größte institutionelle Investor nach amerikanischem Vorbild mit einem Fokus auf Biotechnologie.

Investment m o c . e b o d a . k c o t s – a n b b u R © i : n o i t a r t s u l l I Biotech ist schon lange nicht mehr nur eine reine Versprechung! sen, Produkte aus Deutschland erreichen den Weltmarkt und lösen zentrale Gesundheitsprobleme: Biotech ist schon lange nicht mehr nur eine reine Verspre- chung! BioNTech ist das allerbeste Bei- spiel für die Bedeutung deutscher Techno- logieentwicklung im globalen Gesund- heitsmarkt. In diese Zeit der stärkeren internatio- nalen Aktivität fällt auch die Abspaltung von TVM Capital Healthcare in Dubai, die sich auf im Gesundheitsbereich in „Emerging Mar- kets“ – insbesondere im Mittleren Osten und nun auch in Südostasien – speziali- siert und seit 2011 ein unabhängiges Unternehmen ist. Infrastrukturinvestments Wir werden die Erfolgsgeschichte von TVM Capital hier vor Ort fortführen. gedacht, dass der Bayer-DIREVO-Deal noch zustande kommt. Und doch: Es ist uns gelungen, am 15. Oktober 2008 DIREVO an Bayer zu verkaufen. Es folgte eine massive Konsolidierung des Markts mit zahlreichen traurigen Insolvenzen. Dennoch lassen sich mit unternehmerisch kreativen Entscheidungen Krisen überste- hen: So entwickelten wir damals zusam- men mit Eli Lilly das neue Konzept der projektfokussierten Finanzierung. Wir waren sicher, dass es sinnvoll ist, ein Medikament, von dem wir überzeugt sind, - zieren. Durch die Eli-Lilly-Kooperation entstand 2012 der Fonds TVM Life Science Innovation I mit 200 Mio. USD und 2018 der Fonds TVM Life Science Innovation II mit 480 Mio. USD. Also ungefähr zu der Zeit, als Sie, Herr Dr. Berger, zu TVM stießen. Welche Themen waren seitdem entscheidend? Ab 2012 nahmen vor allem die internationalen Kollaborationen wieder stark zu. Asien und insbesondere China entwickelten sich stark bis 2020. TVM hat sich in dieser Zeit immer weiter ausdiffe- renziert und sich in Europa und Nord- amerika auf die genannte Finanzierungs- strategie von „Single Assets“ im Bereich Therapeutika und auf Late-Stage-Invest- ments fokussiert. Wir engagieren uns so neben Pharma auch wieder mehr im Bereich Medizintechnik. Wir erlebten eine zunehmende Professionalisierung der Branche und damit auch einen wachsen- den internationalen Wettbewerb. Die Branche wurde in diesen Jahren erwach- 138 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Die Coronapandemie stellte eine weitere deutliche Zäsur dar. Wie konnte sich TVM in dieser Zeit positionieren? Kurz vor der Coronapandemie konnten wir uns unseren bisher größten nach Biotechinvestitionen stieg zu dieser Zeit enorm, da die Bedeutung dieser Bran- che deutlicher wurde denn je. Dies hatte selbstverständlich auch positive Auswir- kungen auf uns. Erfahrene Biotechinvesto- ren sind gefragt und bringen neben drin- gend benötigtem Kapital das Know-how und die Netzwerke, um bahnbrechende Ideen auch erfolgreich weiterzuent- - Art „Tal der Tränen“, aber auch das wird vorübergehen. Die Zeiträume, in denen Boom- und Bust-Phasen auftreten, sind insgesamt kürzer geworden. Wir bleiben aber optimistisch, dass der Markt sich nach einer langen Durststrecke wieder erholen wird – wie so oft in der Geschichte von TVM. Gilt das auch für den Standort Deutschland? Für die deutsche Biotechnolo- gie ist es trotz der BioNTech-Erfolgs- geschichte nicht einfacher geworden. Die Gründe sind hinreichend bekannt. Wir haben in Europa einen strategischen Nachteil durch deutlich weniger institutio- nelles Kapital für Fonds als in den USA, China oder auch anderen europäischen Ländern. Auch der nur rudimentäre Kapi- talmarkt für Biotechnologie in Europa ist keine Hilfe. Dennoch: Gerade im Gesund- heitsbereich, aufgrund der exzellenten wissenschaftlichen Basis wie in den Berei- chen Drug Delivery und Genomics, ist Deutschland gut aufgestellt. Hier gibt es vielversprechende Investmentchancen: Unternehmen, die bisher kaum jemand kennt, die aber an den Technologien der Zukunft arbeiten. Wir sind dem Standort treu verbunden. Wir investieren auch wei- terhin, mit internationaler Unterstützung, in Deutschland und werden die Erfolgsgeschichte von TVM Capital hier vor Ort fortführen. Íhnen allen: ganz herzlichen Dank für diese Einblicke. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für die Zukunft und wir werden gespannt verfolgen, wie sich TVM weiterentwickelt. Dr. Sascha Berger, General Partner, TVM Capital Life Science, München/Montreal Das Interview führte Urs Moesenfechtel.

Investment Investmentchancen im Life-Sciences- Bereich schaffen Symbiose von Innovation und Finanzierung notwendig Innovationen und warum sind dafür gerade heute Partnerschaften so wichtig? Translation in Geschäftsmodelle fehlt: Eine herausragende Innovation allein reicht nicht aus, um im Markt letztlich Fuß fas- sen zu können. Das gilt auch und insbe- sondere für erfolgreiche Start-ups. Eine frühzeitige Symbiose zwischen Start-ups und unterstützenden Einrichtungen kann hier helfen, damit vielversprechende Innovationen frühzeitig von Investoren als solche erkannt und genutzt werden. Translation ist ein zentrales Thema für erfolgreiche Ausgründungen und später für gesunde Unternehmen. ZU DEN AUTOREN Niels Sharman unterstützt seit November 2020 das HTGF Life Science & Chemie Investmentteam. Er hat einen Bachelor- abschluss in Biologie von der Ludwig- Maximilians-Universität München und einen Master in Management von der Technischen Universität München. Er hat Erfahrungen in der pharmazeutischen Industrie gesammelt und für zwei Biotech-Start-ups gearbeitet. Tilmann Petersen ist seit 2009 im Start- up-Ökosystem aktiv. Nach Investorentätigkeit bei einer Familienholding war er Co-Founder und Managementmitglied bei Biotech-, Life-Sciences- und Digitaler-Marktplatz- Start-ups. Als CFO von Pioneers.io trug er zur Vernetzung von Start-ups und etablier- ten Unternehmen bei. m o c . e b o d a . k c o t s – a b p o p i © : o t o F D ie Life-Sciences-Branche in Deutsch- land ist äußerst vielfältig und hoch entwickelt. Die robuste Forschungs- - schaftlerinnen und Wissenschaftler sowie eine starke Industriepräsenz sorgen für zahlreiche medizinische Durchbrüche. Dieses Ökosystem bietet daher etliche Investmentchancen. Doch das VC-Klima in Deutschland zeigt sich derzeit insgesamt sehr durchwachsen. Bis zum zweiten Quar- tal 2023 verzeichnete das Researchportal PitchBook nicht nur einen starken Rück- gang der weltweiten VC-Investitionen; vor allem Deutschland blieb davon nicht unberührt. Die Boomjahre mögen vorüber sein – doch der Markt konsolidiert sich! Ein Blick auf die Fonds der Investoren zeigt, dass Investitionen vorhanden sind als jemals zuvor. Beispielhaft hierfür sind Zahlen aus den USA, die nach ihrem Rekordjahr 2021 mit 28,3 Mrd. USD auch 2022 mit 21,8 Mrd. USD das zweithöchste Niveau in dem Bereich erreicht hatten. Von diesen Mitteln liegen in den USA, aber eben auch in Europa erhebliche Summen noch unangetastet bereit. Zwar hat sich das Dealmaking im Life-Sciences-Bereich verlangsamt, doch auch die Nachfrage nach Gesundheits- dienstleistungen blieb während eines Abschwungs in der Regel stabil, was erklären würde, warum der Rückgang in diesem Sektor nicht so stark ausgefallen ist. Zu den bemerkenswerten Abschlüssen in der ersten Jahreshälfte gehören beispielsweise die Series C von Alentis Therapeutics im Wert von 105 Mio. USD und die Series B von Noema Pharma im Wert von 112 Mio. USD. Transfer von Wissenschaft zu Obwohl also das deutsche Biotechöko- system grundsätzlich hervorragend auf- gestellt und die Fonds der Investoren gut gefüllt sind, werden nicht wesentlich mehr Investmentchancen wahrgenommen. Das liegt maßgeblich daran, dass es oftmals an einer stringenten und strukturierten 140 ls 03-2023 „Biotechnologie“

Investment Biotech & Co. Basket zeigt Investoren honorieren positive Unternehmensnachrichten Positive Nachrichten aus der klinischen Pipeline und die Aussicht auf die mögliche Zulassung von Produkten treiben vor allem die Aktienkurse etlicher Schwergewichte. Rund die Hälfte aller im Basket enthaltenen Firmen erreichte im Berichtszeitraum eine positive Kursperformance. Der im Mai 2022 aufgesetzte Biotech & Co. Basket der Plattform Life Sciences im In- und Ausland will alle börsen- Wertentwicklung abbilden. Darüber hinaus beinhaltet der Basket zwei Unternehmen, die nicht in Deutschland ihren Hauptsitz haben: Marinomed ist ein Biotechnologieunterneh- men aus Österreich, dessen Aktie an deut- schen Börsenplätzen gehandelt wird; das Defence Therapeutics, die Impfstoffe zur Krebsbehandlung entwickelt. Die wichtigsten Zahlen, Trends und Kurs- entwicklungen des Biotech & Co. Basket im Berichtszeitraum (16. Mai bis 31. August 2023): Der Börsenwert belief sich zum Ende des Berichtszeitraums auf rund 47 Mrd. EUR. 2019 an der Nasdaq notierende BioNTech AG und weitere 20,4% auf den im DAX ge- listeten Diagnostikspezialisten QIAGEN. Die Marktkapitalisierung aller im Basket enthaltenen Unternehmen stieg im Untersuchungszeitraum um 10,6%. Positiv wirkten sich die Kursgewinne von drei der fünf Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert aus: BioNTech (+16%), Evotec (+10%) und CureVac (+20%) lieferten eine sehr gute Performance. Immatics (+24%) und MorphoSys (+24%) setzten den Aufwärtstrend vom Frühjahr fort und näherten sich beim Börsenwert der Milliardenmarke. Vier Unternehmen (BioNTech, QIAGEN, Evotec, CureVac) kommen auf eine Marktkapitalisierung von mehr als 1 Mrd. EUR. NASDAQ Biotechnology Index Quelle: stock3.com; Kurse in EUR; Stand: 15.09.2023 Marktkapitalisierung zwischen 50 Mio. und 100 Mio. EUR. 16 Unternehmen schafften im Berichts- zeitraum eine positive Kursperformance. Kurserholung an Die im Basket enthaltenen Biotechaktien haben in der Summe zwischen dem 15. Mai und dem 31. August beim Börsenwert um mehr als 10% zugelegt. Das ist insofern bemerkenswert, als der NASDAQ Biotechno- logy Index als global maßgeblicher Bran- chenindex in diesem Zeitraum einen Verlust von 3,4% verzeichnet hat. Der entscheidende Faktor waren die von positiven Nachrichten getriebenen Kursgewinne bei fünf der sieben Basket-Schwergewichte, die auf eine Markt- kapitalisierung von fast oder deutlich über 1 Mrd. EUR kommen. Dieser Trend signalisiert, dass Investoren positive Nachrichten aus den Unternehmen honorieren und wieder zum Anlass nehmen, Positionen aufzubauen. Zwölf Unternehmen bringen es auf einen Börsenwert von mehr als 100 Mio. EUR. Weitere sieben Titel liegen bei ihrer Schwierig bleibt die Situation bei den Small Caps, die für die Finanzierung ihrer Forschung und Entwicklung in den nächs- ls 142 03-2023 „Biotechnologie“ ten Quartalen auf frisches Fremdkapital an- gewiesen sind. Solange die Zinssätze auf dem anhaltend hohen Niveau verbleiben, werden Branchenanalysten die Bewertung dieser Firmen weiter nach unten diskontie- ren. Beispiele wie die Kursverdoppelung bei 4SC im Berichtszeitraum zeigen jedoch, dass auch Small- und Micro Caps ausge- wählte Investoren anziehen, wenn positiver - nische Produkte kommerzialisieren lassen. - entwicklung des Biotech & Co. Basket hatte der Zuwachs von 3,7 Mio. EUR bei der Markt- kapitalisierung von BioNTech. Wichtigster Kurstreiber war die Zulassung eines auf die Omikronvariante XBB.1.5 angepassten Corona- impfstoffs in Europa und in den USA. Hatten saisonale Effekte im ersten Halbjahr zu stark sinkenden Umsätzen geführt, rechnet BioNTech für aufgrund der sich im Herbst wieder häu- fenden COVID-19-Infektionen im Gesamtjahr mit Impfstoffumsätzen von 5 Mrd. EUR. Im- mer mehr Investoren sehen die Aktie nach

m o c . e b o d a . k c o t s – x p r e f o o r m a J i © : o t o F Veranstalter Event Service Life-Sciences-Events Datum & Ort 04.10.2023 TranslaTUM, München 05.10.2023 Hannover 09.–10.10.2023 Potsdam 12.–13.10.2023 Graz (Österreich) 12.–13.10.2023 Science Congress Center München-Garching 24.10.2023 IZB, Martinsried 24.–25.10.2023 Rotterdam, De Doelen IC (Niederlande) Nucleate https://nucleate.xyz BioRegioN https://bioregion.nds.de/life-science-tag Potsdam Science Park/WFBB Wirtschaftsförderung Brandenburg https://psp-conference-2023.b2match.io BIOTECH AUSTRIA/Human.technology Styria www.biotech-summit-austria.com EUROKONGRESS GmbH www.icpo-forum.org/home.html GoingPublic Media/Plattform Life Sciences https://goingpublic.events/financeday2023/ EUROPABIO www.europabio.org/events 06.–08.11.2023 München 07.–08.11.2023 Berlin Pullman Schweizerhof & digital informa connect https://informaconnect.com/bioeurope Handelsblatt GmbH https://live.handelsblatt.com/event/jahrestagung-health 08.–09.11.2023 Leipzig 08.–09.11.2023 Köln 13.–16.11.2023 Düsseldorf 23.11.2023 München 24.11.2023 München 27.–28.11.2023 Essen 27.–29.11.2023 Frankfurt am Main 05.12.2023 TranslaTUM München Fraunhofer Institute for Cell Therapy and Immunology www.lion-conference.com/ Trans-Global Events Limited www.greener-manufacturing.com Messe Düsseldorf GmbH www.medica.de High-Tech Gründerfonds www.htgf.de/dhpd Bundesverband medizinischer Auftragsinstitute (BVMA) www.bvma.de/symposium/aktuelles-symposium Tech Tour https://techtour.com Deutsche Börse AG www.eigenkapitalforum.com BioM Biotech Cluster Development GmbH www.digimed-bayern.de/symposium-2023.html 08.–11.01.2024 San Francisco, Kalifornien 06.02.2024 Frankfurt am Main J.P.Morgan https://bit.ly/jpmorganconference BCNP Consultants GmbH https://euchempa.zohobackstage.eu/8thECP 20.–21.02.2024 digital BCNP Consultants GmbH https://euchempa.zohobackstage.eu/8thECP 21.–22.02.2024 Lindner Congress Hotel Düsseldorf 27.02.2024 Zürich 28.–29.02.2024 Zürich 05.03.2024 Düsseldorf Cluster Industrielle Biotechnologie e.V. https://bit.ly/cic2024 Sachs Forum www.sachsforum.com Sachs Forum www.sachsforum.com BIO Clustermanagement NRW GmbH https://bit.ly/13bionrw 144 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Nucleate Germany Activator Kick Off Niedersächsischer Life Science Tag 2023 Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen und Data Science im Fokus PSP Conference 2023 – neue Lebensmittel & neue Materialien in der Medizin 1st BIOTECH SUMMIT AUSTRIA 3rd ICPO FORUM for Theranostics in Precision Oncology 25 Jahre Biotech – ein Finance Day zum Jubiläum Wachstumskapital für die Life Sciences: GESTERN – HEUTE – MORGEN EFIB 2023 European Forum for Industrial Biotechnology and the Bioeconomy: Industrial biotechnology for a sustainable and resilient global Europe BIO-Europe 2023 Health 2023 Konkrete Lösungen für die Zukunft der Versorgung Handelsblatt Jahrestagung Leipzig Immune ONcology (LION) Conference Will focus on the latest developments in immune oncology and provide a forum for leading scientists, clinicians, and industry professionals to exchange ideas and discuss new findings in this exciting field The Greener Manufacturing Show 2023 MEDICA 2023 Digital Health Pitch Day 2023 31. BVMA Symposium: „Klinische Forschung neu denken: Vom Patienten bis zur KI“ Tech Tour Growth Sustainability 2023 Deutsches Eigenkapitalforum (EKF) DigiMed Bayern Symposium 2023, „Big Data – Big Outcome?“ Das DigiMed Bayern Symposium ist die öffentliche Jahrestagung des Flaggschiffprogramms „DigiMed Bayern – für die Medizin der Zukunft“. Im Mittelpunkt des Programms steht die datenbasierte personalisierte Medizin am Beispiel der Volkskrankheit Atherosklerose. In diesem Konsortium arbeiten hochkarätige Forschungspartner aus Wissenschaft, Klinik und Informatik zusammen, um Herzinfarkte und Schlaganfälle zu verhindern. 42nd Annual J.P. Morgan Healthcare Conference 8th ECP – The first Industry Speed Dating Event On 6 February you can arrange face-to-face-partnering meetings onsite in Frankfurt along with workshops, pitches and networking 8th ECP – The first Industry Speed Dating Event On 20 and 21 Februrary you can arrange virtual partnerings meetings for fol- low-ups and with participants from worldwide CLIB International Conference CIC2024 5TH ANNUAL EUROPEAN HEALTHTECH CEO FORUM 17TH ANNUAL EUROPEAN LIFE SCIENCES CEO FORUM 13. BIO.NRW Business Angel Congress

Service Unternehmensindex Seite AATec................................................................................................................124 Abivax ................................................................................................................87 ..............................................................................................................54 AiCuris ..........................................................................................................20, 70 Amgen ..........................................................................................................68, 89 Ariceum Therapeutics .........................................................................................50 B.R.A.I.N .............................................................................................................20 Baker Tilly .........................................................................................................101 Bayern Kapital ....................................................................................................96 BB Biotech ........................................................................................................128 BCNP Consultants GmbH .................................................................................... 9 BIO Deutschland ..........................................................................................16, 30 BIO.ASPEKTE ....................................................................................................112 BioLizard.............................................................................................................89 BioM Biotech Cluster Development ..............................................................78, 98 biomindz Standortentwicklungsgesellschaft Mainz..........................................98 BioNTech ......................................................................................................18, 34 BioPark Regensburg ...........................................................................................94 biosaxony ......................................................................................................75 99 Bioscience Valuation ........................................................................................110 Biospring ............................................................................................................20 Biotalys ...............................................................................................................42 BIOTECH AUSTRIA ..............................................................................................40 BLÄTTCHEN FINANCIAL ADVISORY ................................................................101 BLUU Seafood ....................................................................................................36 BRAUNGART EPEA – Internationale Umweltforschung ...................................32 Bryan, Garnier & Co .........................................................................................126 Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI e.V.) ..............................44 Bundesverband Deutscher Innovations-, Technologie .....................................73 und Gründerzentren e.V. (BVIZ) c-LEcta ................................................................................................................90 Carbios ...............................................................................................................38 CatalYm............................................................................................................120 CeGaT .................................................................................................................20 Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg – HealthCapital ...............99 Cohesion Bureau ......................................................................................102, 112 European Chemistry Partnering (ECP) ................................................................. 8 evisory ................................................................................................................64 Evotec .....................................................................................................18, 33, 87 Formycon ............................................................................................................88 Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI .................................76 Galimedix Therapeutics ..............................................................................91, 125 Heidelberg Pharma ............................................................................................34 High-Tech Gründerfonds (HTGF) ................................................................96, 142 HUBER & SCHUESSLER ....................................................................................108 Immunic Therapeutics ........................................................................................88 ................................................................................................................70 Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB) .................................95 invIOs .................................................................................................................40 ITM Isotope Technologies Munich SE (ITM) .....................................................82 Life Science Factory ............................................................................................74 Life Science Hub Mainz ......................................................................................80 Life Science Nord..............................................................................................100 Life Science Valley ..............................................................................................74 Mallia Therapeutics ............................................................................................91 Marinomed Biotech ...........................................................................................58 Medios ...............................................................................................................60 MIG Capital ..................................................................................................31, 97 Miltenyi Biotec ...................................................................................................18 MorphoSys .........................................................................................................18 NanoTemper Technologies .................................................................................40 Nasdaq Nordic .................................................................................................118 Novartis AG ........................................................................................................22 NRW.BANK .................................................................................................97, 136 Nuclidium .....................................................................................................40, 51 NUMAFERM .......................................................................................................39 PlasmidFactory ...................................................................................................20 QIAGEN ........................................................................................................16, 28 Rentschler Biopharma ........................................................................................92 SaxoCell..............................................................................................................76 SciRhom .............................................................................................................41 Seamless Therapeutics .......................................................................................38 Secarna Pharmaceuticals ...................................................................................92 Semalytix ......................................................................................................66, 93 SOPHiA GENETICS ...........................................................................................120 sterna biologicals ...............................................................................................93 T-CURX .........................................................................................................34, 94 TVM Capital .....................................................................................................138 Viopas Venture Consulting.................................................................................64 Wallinger Ricker Schlotter Tostmann, Patent- und Rechtsanwälte (WR) 103, 106 Weinberg Campus Accelerator ..........................................................................95 Wellington Partners............................................................................................25 Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) .....................................................75 WTS Advisory ...........................................................................................103, 130 Vorschau Plattform Life Sciences 4/2023 Circular Bioeconomy (englisch) (Erscheinungsdatum: 25.11.2023, Anzeigenschluss:14.11.2023) 146 ls 03-2023 „Biotechnologie“ Plattform Life Sciences Impressum Plattform Life Sciences 3-2023, Biotechnologie, 25. Jg. Verlag: GoingPublic Media AG Hofmannstr. 7a, 81379 München Tel.: 089-2000 339-0, E-Mail: info@goingpublic.de Internet: www.plattform-lifesciences.de Redaktion: Urs Moesenfechtel (Projektleitung), Holger Garbs Bildredaktion: Andreas Potthoff Bilder: Adobe Stock, Unternehmensbilder Titelbild: © GoingPublic Media, Mongkolchon – stock.adobe.com Mitarbeit an dieser Ausgabe: Dr. Holger Bengs, Werner Böing, Alex Cogut, Dr. Clau- dia Englbrecht, Selina K. Greuel, Merlin M. Greuel, Maria Groschopp Dellwik, Man- fred Heinzer, Karin Hofelich, Prof. Dr. Dirk Honold, Prof. Dr. Ralf Huss, Tatjana Kasper, Dr. Daniel Koller, Dr. Werner Lanthaler, Dr. Christiane Maxien, Dr. Thomas Meier, Dr. Simon Moroney, Dr. Karl Nägler, Tilmann Petersen, Dr. Eva Prieschl-Grassauer, Chris- toph Prußeit, Dr. Thomas Raueiser, Stefan Riedel, Roland Sackers, Dr. Arndt Schottelius, Dr. Julia Schüler, Dr. Andrea Schüssler, Frank Schwarz, Dr. Pablo Serrano, Niels Sharman, Philipp S. Steinbach, Sven-Roger von Schil- ling, Dr. Matthias Wilken Interviewpartner: Philipp Baaske, Dr. Sascha Berger, Dr. Hubert Birner, Prof. Dr. Michael Braungart, Dr. Viola Bronsema, Dr. Jurgi Camblong, Dr. Alexander Gebauer, Dr. Germo Gericke, Dr. Ulf Grawunder, Dr. Anne-Kristin Heninger, Dr. Leila Jaafar-Thiel, Dr. Rüdiger Jankowsky, Janik Jaskolski, Dr. Sabrina Kuttruff- Coqui, Dr. Phil L‘Huillier, Emmanuel Ladent, Peter Llewellyn-Davies, Sean Marett, Michael Motschmann, Dr. Dr. h.c. Christian Patermann, Dr. Jan Poth, Dr. Sebastian Rakers, Prof. em. Dr. Dr. h.c. Detlev Riesner, Dr. Manfred Rüdiger, Prof. Dr. Hermann Russ Dr. Jan Schmidt-Brand, Dr. Helmut Schühsler, Steffen Schuster, Dr. Chris- tian Schwarz, Patrice Sellès, Dr. Thomas Taapken Lektorat: Benjamin Eder Gesamtgestaltung: Andreas Potthoff Redaktionsanschrift: s. Verlag, E-Mail: lifesciences@goingpublic.de Verlagsleitung Life Sciences: Karin Hofelich, Tel: 089-2000339-54 hofelich@goingpublic.de Anzeigen: Gültig ist Preis liste Nr. 2 vom 1. November 2017. Erscheinungstermine 2023: Nr. 1/2023 „Smarte Medizin“ (18.3.), Nr. 2/2023 „Finanzieren & Investieren“ (27.5.), Nr. 3/2023 „Biotechnologie 2023“ (30.9.), Nr. 4/2023 „Circular Bioeconomy“ (englisch- sprachig, 25.11.) Preise: Einzelheft 12,50 EUR, Jahresabonnement 48,00 EUR Abonnementverwaltung: GoingPublic Media AG Plattform Life Sciences Abo-Verwaltung Hofmannstr. 7a 81379 München Tel.: 089-2000339-0 E-Mail: abo@goingpublic.de Druck: Joh. Walch GmbH & Co. KG, Augsburg Haftung und Hinweise: Artikeln, Empfehlun- gen und Tabel len liegen Quellen zu grunde, welche die Redak tion für verlässlich hält. Eine Garantie für die Rich tigkeit kann allerdings nicht übernommen werden. Bei unaufgefor- dert eingesandten Beiträgen be hält sich die Redak tion Kür zun gen oder Nichtab druck vor. 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